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Post in Serbien: Hintergründe eines (dringend notwendigen) erfolgreichen Neun-Tage Streiks im Dezember 2019

Streik in SerbienAnfang Dezember 2019 streikten die Post-Beschäftigten neun Tage lang – auch von einer willkürlichen Entlassungswelle nicht eingeschüchtert. Danach bekamen sie eine ganze Reihe von Zugeständnissen, sowohl, was ihre Lohnforderungen, als auch, was die Streichung der Entlassungen betrifft. Das Ergebnis der Verhandlungen wurde von den Streikenden intensiv diskutiert und obwohl keineswegs alle voll zufrieden waren, mit deutlicher Mehrheit angenommen. Die rund 15.000 Beschäftigten der staatlichen Post in Serbien (die nach privatwirtschaftlichen Grundsätzen geführt wird, ein Modell grob vergleichbar mit  der Deutschen Bahn) hatten bereits 2017 (siehe den Hinweis am Ende dieses Beitrags) mit unabhängiger Gewerkschaftsorganisation einen größeren Streik zumindest mit Teilerfolgen durchführen können – dieses Mal setzten sie direkt auf Verhandlungsdelegationen, die auf Streikversammlungen gewählt worden waren. Und machten mit ihrem Streik gleich drei Dinge auf einmal deutlich: Zum einen die schwierige Lebenslage vieler Menschen in Serbien wurde nachhaltig unterstrichen und zu einem Thema der gesellschaftlichen Debatte. Zum zweiten wurde – etwa durch die Forderung nach personeller Veränderung in der Unternehmensleitung – ein Kampf gegen die systemische Klientelwirtschaft ebenfalls zum gesellschaftlichen Thema, anders, ganz anders, als bei Demonstrationen, die sich allgemein „gegen Korruption“ wenden. Und drittens wurde die Bewegung deutlich, die es – endlich – in der serbischen Gewerkschaftsbewegung gibt. Siehe dazu drei aktuelle und zwei Hintergrundbeiträge, sowie den Hinweis auf einen zentralen unserer bisherigen Beiträge zu den inzwischen jahrelangen Aktionen bei der serbischen Post:

„“We were never this united, and now we must succeed!”- The Self-Organized Strike of Serbia’s Postal Workers“ von Marko Miletic, Tibor Meszmann und Andras Juhasz  am 18. Dezember 2019 bei LeftEast externer Link ist ein ausführlicher Beitrag zum Poststreik im Dezember – der als logische Konsequenz der Tatsache betrachtet wird, dass die Vereinbarungen nach dem Streik im März 2019 von Unternehmen und Regierung nicht eingehalten worden sind. Und auch der Tatsache, dass die Postbeschäftigten von den etablierten Gewerkschaften keinerlei Unterstützung erhalten haben, weswegen sie mit ihrer selbstorganisierten Aktion eben auch in gewisser Weise Geschichte geschrieben hätten innerhalb der jüngeren serbischen Gewerkschaftsbewegung. Dass die Entlassungen rückgängig gemacht worden seien, die Forderungen nach Lohnerhöhungen zwar nur teilweise erfüllt (die unteren Lohngruppen erhalten eine Erhöhung von knapp über 16%), aber das eingeforderte Prinzip verwirklicht worden sei, dass untere Lohngruppen eine deutlichere Erhöhung haben sollen, als obere – das habe sich nach den Debatten in den Streikversammlungen als ausreichend heraus gestellt, die Stimmung der Streikenden mehrheitlich positiv zu gestalten.

„The latest work stoppage in Post of Serbia – workers dissatisfied with proposals from management and authorities“ am 04. Dezember 2019 bei Masina externer Link war eine Meldung zu Streikbeginn, nachdem in zahlreichen Belegschaftsversammlungen das Angebot des Unternehmens, eine 10% Lohnerhöhung für Alle, rundweg abgelehnt worden war. Ein Sprecher der gewählten Verhandlungsdelegation wird darin zitiert, der unterstrich, dass diejenigen, die 238 Euro im Monat verdienen nicht nur dieselbe Erhöhung bekommen können, wie jene, die über 1.300 Euro im Monat haben.

„Post Office ends strike, suspension of workers revoked“ von Snezana Bjelotomic am 13. Dezember 2019 im Serbian Monitor externer Link war die Meldung über die Beendigung des Streiks – inklusive der Berichterstattung über die Rücknahme aller während des Streiks ausgesprochenen Kündigungen.

„Monthly living expenses in Serbia exceed monthly income by 222 dinars“ am 17. Dezember 2019 ebenfalls im Serbian Monitor externer Link ist eine Meldung über die Lebenshaltungskosten in Serbien 2019, die höher lagen als die Einkommen. Das meldet nicht irgendeine linke Gruppierung – sondern das Amt für Statistik Serbiens. Und macht deutlich, warum Lohnstreiks in Serbien eine besondere Bedeutung haben.

„Post of Serbia workers stick to their demands: a 425 € minimum wage“ am 11. Dezember 2019 bei Masina externer Link ist ein Bericht, der über das Zustandekommen der Forderungen der Streikenden informiert und dazu auch die wirtschaftliche Situation im Land und die Entwicklung der Einkommen der Postbeschäftigten darstellt.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=160124
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