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Bau-Boom in Serbien: Vorsicht! Lebensgefahr!

Workers Memorial Day„… In einem jüngst veröffentlichten Beitrag des Wirtschafts-Portals Telegraf Biznis erläutert Belgrads omnipräsenter Vizebürgermeister Goran Vesić, dass das Belgrader Stadtbild gegen Ende des gerade vergangenen Jahres durch stolze 324 Baukräne und nahezu 3000 Baustellen geziert worden sei, und dass allein 2019 über 250 Baugenehmigungen für über eine Million Quadratmeter städtischen Baulands erteilt worden seien. Der Immobilienboom hat also in Belgrad ein neues Zuhause gefunden, und das trotz großer gesellschaftlicher Proteste wie im Falle des baupolitischen Flaggschiffs Belgrade Waterfront, das sich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zu einem finanz- und umweltpolitischen Desaster entwickeln wird. Hinter den glänzenden Fassaden der entstehenden Neubauten jedoch verbirgt sich ein Bausektor, der weitgehend unkontrolliert erscheint und auf brutalste Weise die Arbeitskraft und Gesundheit der darin beschäftigten Arbeiter ausbeutet. Im Jahr 2018 beispielsweise verunglückten in Serbien 53 Arbeiter auf ihrem Arbeitsplatz, davon 15 auf den zahlreichen Baustellen, einige von ihnen arbeiteten «schwarz», waren also weder versichert noch ausgebildet oder angelernt. Folgt man den Angaben der serbischen Bauministerin Zorana Mihajlović, waren in 2018 in Serbien offiziell knapp 97.000 Personen im Bausektor beschäftigt. Nimmt man Vergleichsdaten aus der Bundesrepublik für das Jahr 2018, so kamen auf bundesdeutschen Baustellen auf 100.000 im Bausektor beschäftigte Personen 1,1 Unfälle mit Todesfolge. Auf serbischen Baustellen liegt die Unfallrate mit Todesfolge somit um mehr als das fünfzehnfache über derjenigen der Bundesrepublik! Selbst wenn wir die Zahl der auf serbischen Baustellen irregulär beschäftigten Personen großzügig nach oben schrauben und von zusätzlichen 50.000 irregulär Beschäftigten ausgehen, bleibt die Statistik weiterhin das, was sie real ohnehin ist: Ausdruck brutalster Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft, dargebracht auf dem Altar des exorbitanten Profitstrebens einiger weniger Baulöwen und der Profilneurose lokaler Politiker…“ – aus dem Beitrag „Tod am Bau“ von Krunoslav Stojaković am 21. Januar 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link über Auswirkungen und Gründe des Bau-Booms… Siehe dazu auch eine Meldung über die Erlebnisse indischer Bauarbeiter in Serbien:

    • „Serbien: Indische Wanderarbeiter erleben Ausbeutung bei Beschäftigung am Korridor 11“ am 10. Dezember 2019 bei der Internationalen der Baugewerkschaften externer Link berichtete: „… 150 indische Wanderarbeiter, die am Korridor 11 – einem Teil des Straßenbauprojekts Surčin-Obrenovac – arbeiten, wendeten sich mit der Bitte um Unterstützung bei ihrer Beschwerde über schlechte Arbeits- und Lebensbedingungen sowie Ausbeutung durch ihren Arbeitgeber an die serbische Mitgliedsorganisation der BHI (die serbische Straßenarbeitergewerkschaft) ebenso wie an die Partnerorganisation der BHI (die NRO ASTRA Anti-Trafficking). Die Arbeiter kamen vor fünf Monaten in Serbien an – auf Basis einer Arbeitnehmer-Überlassungsvereinbarung zwischen dem US-Unternehmen Idea Capital LLC und seiner serbischen Tochtergesellschaft GP Nikolić, Kraljevo. Hauptauftragnehmer für das Gesamtprojekt Surčin-Obrenovac ist ein chinesischer Auftragnehmer, der die Bauaufträge für die einzelnen Abschnitte des Korridors an diverse Subunternehmer vergeben hat, darunter GP Nikolić, Kraljevo. Was diese indischen Wanderarbeiter betrifft, so hat der Arbeitgeber ihre Pässe einbehalten und in den letzten zwei Monaten keinen Lohn ausbezahlt. In ihren Unterkünften gibt es weder Heizung noch warmes Wasser. Zudem wurde ihnen für den Fall von Beschwerden mit Repressalien gedroht. Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich von Tag zu Tag, und mittlerweile wollen sie nur noch zurück nach Hause, nach Chennai...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161653
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