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Die „Zoogler“: Wie Google in Zürich eine gewerkschaftliche Versammlung verhindern wollte

Google ist böse„… Eine Gruppe von mehreren Dutzend Mitarbeitenden von Google in Zürich hat sich gestern getroffen, um über Arbeitsrechte und die Möglichkeiten einer Gewerkschaftsbildung zu diskutieren. Das Treffen wurde von Zürcher Google-Mitarbeitenden organisiert. Für einen Vortrag eingeladen waren Vertreter von Syndicom, die über Gewerkschaften in der Schweiz referiert haben. Offenbar aber, habe das hiesige Google-Management zuvor versucht, das Treffen abzusagen, wie ‚Recode‘ berichtet. Vergangene Woche hätte das Management von Google in der Schweiz ein E-Mail versandt, in dem angekündigt gewesen sei, dass das Treffen abgesagt werden, schreibt das Online-Magazin, dem das Mail vorliegt. Google ziehe es vor, nur Veranstaltungen zu diesem Thema durchzuführen, die in Partnerschaft mit dem Leadership-Team von Google organisiert würden. Google würde einen eigenen Event mit Vorträgen über Arbeitsrecht organisieren, der „eine Vielzahl von Referenten und Perspektiven“ mit sich bringe, hiess es weiter…“ – aus der Meldung „Google wollte Gewerk­schafts-Treffen in Zürich verhindern“ am 22. Oktober 2019 bei Inside IT.ch externer Link über den gescheiterten Verhinderungsversuch – der sich im Übrigen durchaus in eine Reihe vergleichbarer Vorgänge in anderen Ländern einreihen lässt… Siehe dazu:

  • Die Google-Gewerkschaft: Nach dem Bällebad in den Arbeitskampf New
    „Die Techfirmen traten an, eine bessere Welt zu erschaffen. In ihrem Hightech-Liberalismus brauchte es keine Gewerkschaften. Doch langsam, aber stetig organisieren sich die ArbeiterInnen bei Google – auch in Zürich. Am ersten Arbeitstag des neuen Jahres 2021 ging eine Nachricht aus den Vereinigten Staaten um die Welt. So meldete die «New York Times» am 4. Januar: «Hunderte Google-Angestellte gründen eine Gewerkschaft.» Das mag manche überrascht haben, vorausgegangen war der Gewerkschaftsgründung aber ein facettenreicher, langer Kampf, nicht nur in den USA. (…) 2015 gab es den ersten nennenswerten Protest von Google-ArbeiterInnen: Erica Baker erstellte eine Tabelle, in der sie ihr Gehalt offenlegte, und schickte diese an KollegInnen, von denen viele sie ebenfalls ausfüllten. Durch die Aktion «Share My Salary» wurde die ungleiche Bezahlung von weiblichen und männlichen TecharbeiterInnen sichtbar gemacht. Baker verliess das Unternehmen kurze Zeit später. Drei Jahre darauf folgte der nächste Protest: Mehr als 3000 GooglerInnen, darunter viele leitende ProgrammiererInnen, hatten einen Brief unterschrieben, in dem sie gegen die Beteiligung des Unternehmens an einem Pentagon-Programm protestierten, das künstliche Intelligenz zur Interpretation von Videobildern und zur Verbesserung der Ausrichtung von Drohnenangriffen verwendet hätte. Der Protest war erfolgreich: Google verlängerte sein «Project Maven» mit dem Pentagon nicht. Als Folge der Hashtag-Kampagne #MeToo fand 2018 weltweit der «Google Walkout» statt. 20 000 Google-ArbeiterInnen legten am 1. November ihre Arbeit nieder und demonstrierten gegen sexuelle Belästigung an ihren Arbeitsplätzen. (…) Die 34 ZeitarbeiterInnen, denen Google im März 2019 eine fristlose Kündigung schickte, bekamen (…) wahrscheinlich keine Abfindung. (…) Die Kündigung zeigte, dass Google eben nicht nur Programmiererinnen und Manager beschäftigt, sondern auch Zeit- und LeiharbeiterInnen. Mit 56 Prozent der bei Google arbeitenden Menschen machen sie sogar die Mehrheit aus. Die Google-ArbeiterInnen waren bereits so gut organisiert, dass sie schnell einen offenen Brief von tausend KollegInnen veröffentlichen konnten, in dem sie nicht nur die Wiedereinstellung der Gekündigten forderten, sondern auch die Unternehmenspolitik kritisierten (…) «Die Kündigungen haben gezeigt, dass wir uns besser organisieren müssen», erzählt Christopher Schmidt, der als Senior Software Engineer bei Google in Boston arbeitet. Er gehörte zu den Ersten, die innerhalb des Silicon-Valley-Unternehmens seine KollegInnen gewerkschaftlich organisierten. «Zuerst fingen einige von uns an, sich mit Organizern von traditionellen Gewerkschaften zu treffen. Im Jahr 2020 bauten wir nach und nach unsere Gewerkschaft auf. Wir führten Hunderte Gespräche unter vier Augen mit unseren Kollegen, bis wir Anfang dieses Jahres bereit waren, damit an die Öffentlichkeit zu gehen.» (…) In Zürich beschäftigt Google rund 5000 Personen, der Standort ist einer der wichtigsten des IT-Unternehmens. Auch bei den ZooglerInnen, wie die Beschäftigten genannt werden, sind die Proteste angekommen, erzählt Christine Muhr. (…) Die Googler in Zürich hatten ähnlich gelagerte Probleme wie ihre US-Kollegen. Sie wollten ebenfalls mehr Mitsprache und transparente Entscheidungsprozesse. Deswegen haben sich die Zoogler schnell der US-Bewegung angeschlossen, was nicht schwer war, weil die Google-Mitarbeiter untereinander weltweit gut vernetzt sind.» (…) Die Mitglieder der Alphabet Workers Union und ihre KollegInnen in anderen Ländern stehen jetzt vor zahlreichen Aufgaben: Wie können sie die vielen Themen – von der ungleichen Entlöhnung bis zur betriebsinternen Mitbestimmung – unter einen Hut bekommen? Und wie sollen sie innerhalb der mächtigen internationalen Gewerkschaftszusammenschlüsse ihre Vorstellung der Basisorganisation voranbringen? Was sich zumindest jetzt schon deutlich zeigt: Techunternehmen funktionieren nicht anders als die herkömmlichen. Sie versuchen zwar, sich mit einer alternativen Aura zu umgeben – am Ende sind der Lohn, die Mitbestimmung und die ethische Ausrichtung der Produkte aber auch hier nur Machtfragen.“ Beitrag von Nina Scholz vom 8. April 2021 aus der WOZ 14/2021 externer Link
  • „Schweizer Google-Mitarbeiter mucken gegen ihre Chefs auf“ am 22. Oktober 2019 in Handelszeitung.ch externer Link berichtet zusätzlich unter anderem: „… Der Veranstaltung war ein monatelanger Streit zwischen Google-Mitarbeitern und Führungskräften vorausgegangen. Der Zweck der Veranstaltung sei es gewesen, ihre Rechte inmitten der zunehmenden Spannungen zwischen Mitarbeitern und Managern bei Google besser zu verstehen. Das sagten vier Mitarbeiter von Google, die Anonymität wahren wollen, da sie nicht berechtigt sind, mit der Presse zu sprechen. Bereits im Juni hatten einige der mehr als 2000 Mitarbeiter von Google in Zürich versucht, eine Veranstaltung zum Thema Arbeitnehmerrechte zu organisieren, indem sie Vertreter von Syndicom als Gewerkschaft für Kommunikation und Medien eingeladen hatten. Diese Veranstaltung sei aber auf Wunsch des Zürcher Führungsteams von Google abgesagt worden, so die Mitarbeiter. Im zweiten Anlauf konnte die Veranstaltung nun durchgeführt werden, obwohl auch dieses Mal die Führung von Google Zürich im Vorfeld eingegriffen und die Veranstaltung abgesagt hatte. Dies führte zu einer internen Debatte. Die Zürcher Mitarbeiter wiesen im Vorfeld der Veranstaltung auf einem internen Message Board darauf hin, dass die Arbeitnehmer in der Schweiz «ein gesetzliches Recht haben, sich über Gewerkschaften zu informieren, auch indem sie Gewerkschaftsvertreter in die Betriebsräume bringen». Darum setzten sie den Vortrag für Montag an. Das Management reagierte darauf, indem es den Vortrag cancelte. Cathy McAllister, Site Program Managerin von Google in Zürich, schrieb letzte Woche in einer Nachricht an die Mitarbeiter, dass das Unternehmen «sehr unterstützend für Gespräche über Arbeitnehmerrechte» sei, aber «es vorziehen würde, Veranstaltungen zu diesem Thema auf dem Gelände von Google zu veranstalten, die in Partnerschaft mit uns organisiert würden, so dass wir diesen Vortrag absagen werden»…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156204
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