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„Kein Corona, nirgends“? Tausende MigrantInnen aus Zentralasien sitzen in Russland fest

Am 18.3.2020 sassen über 100.000 Migranten in Russland fest...„… Dieser Stand vom Donnerstag ist in absoluten Zahlen nicht besonders hoch; für Befürchtungen sorgt aber die seit Anfang dieser Woche starke Dynamik der Fälle. So stieg die Zahl der Infizierten seit Dienstag innerhalb von zwei Tagen um 30 Prozent. Gestorben ist bisher nach offiziellen Angaben niemand an der Infektion. Geographisch konzentrieren sich die neuen Erkrankungsfälle offenbar stark auf Moskau und einige Regionen des europäischen Russlands. Als Reaktion hat die Regierung die Grenzen des Landes faktisch für alle Ausländer gesperrt. Das Einreiseverbot gilt seit Mittwoch und umfasst alle Bürger Europas inner- und außerhalb der EU, außerdem die USA, die Ukraine und Belarus sowie Iran, China und Südkorea. Alle, die noch über die Grenze kommen – russische Bürger und Ausländer mit langfristiger Aufenthaltserlaubnis –, müssen sich einer 14tägigen Quarantäne in der eigenen Wohnung oder im Hotel unterziehen. Gleichzeitig will die Regierung, nach anfänglichem Zögern, jetzt ein umfassendes Testprogramm starten. Alle Einwohner, die seit dem Ausbruch der Pandemie im Ausland waren, sollen auf das Virus untersucht werden, ob sie wollen oder nicht. Wie das in Murmansk ansässige Portal severpost.ru berichtete, hat der Gouverneur des Gebiets den Geheimdienst FSB um Amtshilfe bei der Suche nach Russen mit kürzlichen Auslandskontakten gebeten. Allein im Februar sollen nach Angaben des norwegischen Portals Barentsobserver im kleinen Grenzverkehr mit der arktischen Region Norwegens über 20.000 Russen die Grenze überschritten haben...“ – aus dem Beitrag „Alles im Griff?“ von Reinhard Lauterbach am 20. März 2020 in der jungen welt externer Link zu den aktuellsten Entwicklungen in Russland. Siehe zur aktuellen Entwicklung in Russland drei weitere Beträge – darunter eben einen über die Situation der MigrantInnen aus Zentralasien:

  • „Es gibt keine Corona-Toten in Russland. Punkt“ von Alice Bota am 22. März 2020 in der Zeit online externer Link zu den offiziellen Statistiken: „… Am selben Tag, an dem die Dozentin an einer Lungenentzündung verstarb, meldete sich in Moskau eine junge Frau lautstark mit einem Video auf Youtube zu Wort: Anastasija Wassiljewa. Es war nicht ihr erster Video-Appell an Mediziner. Wassiljewa ist Vorsitzende der Gewerkschaft „Allianz der Ärzte“, die 2018 gegründet wurde und eng mit dem Oppositionspolitiker Alexej Nawalny verbandelt ist. Dieses Mal rief sie die russischen Ärzte auf, nicht länger über den Zustand der Corona-Epidemie in Russland zu schweigen. „In der ganzen Welt tobt ein Ausbruch des neuen Coronavirus. Doch bei uns in Russland tobt ein Ausbruch an Lungenentzündungen. Und wie immer toben die Lügen der Machthaber und die Einschüchterung des medizinischen Personals.“ Es fehle an Schutzausrüstung, an Atemmasken und Aufklärung – selbst wenn Corona die Ursache sei, würde man nur von Lungenentzündungen sprechen, meint Wassiljewa. Die Ärzte wüssten nicht, ob sie Corona- oder Pneumonie-Erkrankte behandelten. Dadurch würden sie das Virus weiter verbreiten. „Ärzte, Pfleger, wir bitte Sie: Bitte beenden Sie Ihr Schweigen!“, flehte Wassiljewa. Das Moskauer Gesundheitsamt reagierte umgehend: Wassiljewa droht eine Anzeige wegen Verleumdung. In diesen Tagen herrscht viel Aufregung über Corona und der russische Staat geht entschieden gegen Falschberichte vor – oder solche, die er dafür hält. Es kursieren tatsächlich viele unbelegte Zahlen und Theorien (und die wildesten haben die russischen Staatssender anfangs selbst in die Welt gesetzt). Aber sagt der Staat die Wahrheit? Anonym berichten Ärzte in Moskau von einem rasanten Anstieg an Lungenentzündungen in ihren Krankenhäusern – ob Corona die Ursache dafür ist, wissen sie nicht. Überprüfen lassen sich die Eindrücke nicht: Die Statistiken über Lungenentzündungen für Februar und März liegen noch nicht vor…“
  • Coronavirus : des milliers de travailleurs d’Asie centrale bloqués en Russie“ am 18. März 2020 beim Courrier International externer Link meldet, dass nach der Schließung der Grenzen zu den drei zentralasiatischen Staaten Uzbekistan, Tadschikistan und Kirgisien die Arbeiterinnen und Arbeiter dieser drei Länder in Russland feststecken, nicht nach Hause können. Das betrifft insgesamt mehrere Hunderttausend Menschen, die in der Regel in Niedriglohn-Bereichen beschäftigt sind, beziehungsweise waren, denn viele kleinunternehmen haben bereits geschlossen. Und wenn sie keine neuen Jobs finden, müssen sie sowohl in Russland bleiben – als auch dies unter faktisch illegalen Bedingungen…
  • „Vorwärts in die Rezession“ ebenfalls von Reinhard Lauterbach am 21. März 2020 in der jungen welt externer Link zum wirtschaftlichen Sofortprogramm der Regierung, das sich als „ganz westeuropäisch“ erweist: „… Das Konzept, das am Mittwoch bekannt wurde, sieht eine Reihe von Maßnahmen vor, um die »bürokratische Belastung der Wirtschaft« zu verringern, berichtete der Kommersant. So sollen alle Steuerprüfungen für drei Monate ausgesetzt werden, ebenso die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Mieten für Geschäftsräume in staatlichem Eigentum. Alle laufenden Insolvenzverfahren werden gestoppt. Freilich bleibt die Frage, ob die Weigerung, einen Totenschein auszustellen, den Verstorbenen wieder lebendig macht. Aufgeschoben ist nämlich nicht aufgehoben. Nach Ablauf der Stundungsfrist sind die betreffenden Steuern, Beiträge und Gebühren nach wie vor in voller Höhe fällig. Ein Erlass ist nicht vorgesehen. Wirtschaftsverbände kritisierten die Maßnahmen der Regierung auch prompt als »zu wenig und zu spät«. Es sei absehbar, dass die Krise nicht in drei Monaten vorbei sein werde. Was die Folgen der Krise für den lohnabhängigen Teil der Bevölkerung betrifft, bleibt die Regierung weitgehend tatenlos: Die Arbeitsmarktsituation soll verstärkt »beobachtet« und von Erwerbslosigkeit Betroffenen sollen Umschulungen angeboten werden, und zwar vor allem in Städten und Regionen, die von einem einzigen Betrieb abhängig sind. Was es aber etwa einem Kranfahrer in einer solchen »Monostadt« nutzen soll, zum Masseur umzuschulen, wenn die Arbeitskräftenachfrage angesichts der einseitigen lokalen Wirtschaftsstruktur bleibt, wie sie ist, ist völlig unklar. Da das allgemeine Einkommensniveau gleichzeitig durch die Erwerbslosigkeit sinkt, verschlimmert sich die Situation noch zusätzlich…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=164771
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