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Alles unter Kontrolle? Presse, Internetzensur und Überwachung in Russland

Dossier

Alles unter Kontrolle? Länderbericht zur Internetzensur und Überwachung in Russland von Reporter ohne Grenzen (2019)Die russische Staatsführung hat die Presse- und Meinungsfreiheit im Internet in den vergangenen Jahren systematisch eingeschränkt und nimmt dabei verstärkt internationale Plattformen wie Google, Facebook und Twitter in den Blick. Das geht aus einem Länderbericht über Internetzensur und Überwachung in Russland hervor, den Reporter ohne Grenzen heute veröffentlicht. Der Bericht beschreibt das russische System der Massenüberwachung, dokumentiert die Fälle derer, die wegen ihrer Online-Aktivitäten im Gefängnis sitzen und erörtert, inwieweit das Anfang November in Kraft getretene Gesetz über ein abgekoppeltes Internet mit den derzeitigen technischen Möglichkeiten überhaupt umsetzbar ist. (…) In dem heute erschienenen Bericht „Alles unter Kontrolle?“ zeichnet Reporter ohne Grenzen die Entwicklung der Internetzensur in Russland seit den Massenprotesten gegen Wladimir Putin 2011/12 nach…“ Pressemitteilung der Reporter ohne Grenzen vom 28.11.2019 externer Link zum Länderbericht externer Link zur Internetzensur und Überwachung in Russland: „Alles unter Kontrolle?“ – siehe mehr zum Thema:

  • Der Nächste bitte! Reporter ohne Grenzen wird in Russland für unerwünscht erklärt. Nun stehen 254 NGOs auf der schwarzen Liste New
    „Das russische Justizministerium hat die internationale Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) auf die Liste ausländischer und internationaler NGOs gesetzt, deren Aktivitäten auf dem Territorium Russlands unerwünscht sind. Eine entsprechende Information wurde am 14. August auf der offiziellen Website des Ministeriums veröffentlicht. Gründe für die Entscheidung der Generalstaatsanwaltschaft vom 23. Juli 2025 wurden jedoch nicht genannt. Im April 2024 hatten Behörden die ROG-Webseite in Russland blockiert. (…) Laut ROG befanden sich Ende des Jahres 2024 38 Journalist*innen in Haft – darunter auch 19 Ukrainer*innen. (…) Das russische Justizministerium hat 254 ausländische und internationale Organisationen als unerwünscht erklärt (Stand August 2025), was de facto einem Arbeitsverbot gleichkommt. Personen, die mit solchen Organisationen zusammen arbeiten, können strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Erst in der vergangenen Woche wurde die Helsinki-Stiftung für Menschenrechte mit dem Label „unerwünscht“ versehen. Sie ist in Polen registriert.“ Meldung vom 15. August 2025 in der taz online externer Link und dazu:

    • Kreml listet RSF als „unerwünschte Organisation“
      Das russische Justizministerium hat Reporter ohne Grenzen (RSF) am Donnerstag (14.08.) auf die Liste „unerwünschter Organisationen“ gesetzt. Diese Liste umfasst bereits mehr als 250 Organisationen und soll Russland vor angeblichen Bedrohungen schützen. In Wirklichkeit bietet sie dem Kreml einen Vorwand, unabhängige und kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen. RSF verurteilt dieses Vorgehen. „Indem der Kreml Reporter ohne Grenzen, eine Organisation, die sich weltweit für Pressefreiheit einsetzt, für unerwünscht erklärt, sendet er eine klare Botschaft: Wer immer sich dafür einsetzt, die russische Zensur und Propaganda aufzudecken, wird kriminalisiert”, sagt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Aber: Das wird uns nicht zum Schweigen bringen. Wir werden das Vorgehen des Kremls gegen die Presse- und Informationsfreiheit weiterhin dokumentieren und anprangern. Und wir werden uns weiterhin dafür einsetzen, die Verantwortlichen für Verbrechen gegen Journalistinnen und Journalisten in Russland und auch in der Ukraine zur Rechenschaft zu ziehen.”…“ RSF-Pressemitteilung vom 15.08.2025 externer Link
    • Willkür gegen Reporter ohne Grenzen stoppen: Der Deutsche Journalisten-Verband fordert die sofortige Beendigung der Zwangsmaßnahmen gegen Reporter ohne Grenzen in Russland
      „Der DJV reagiert damit auf Berichte, nach denen die renommierte Medienorganisation auf die Liste ausländischer Organisationen gesetzt wurde, die in Russland unerwünscht sind. Kontakte zu den so gebrandmarkten Institutionen werden mit Gefängnisstrafen geahndet. „Im Namen der rund 27.000 Mitglieder des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) protestiere ich auf das Schärfste gegen diese Zwangsmaßnahme gegen Reporter ohne Grenzen, für die jegliche nachvollziehbare Grundlage fehlt“, heißt es in einem Brief des DJV-Bundesvorsitzenden Mika Beuster an den russischen Botschafter in Berlin, Sergei Netschajew. Und weiter: „Die Organisation hat große Verdienste um die Pressefreiheit in aller Welt erworben und steht für kritischen und unabhängigen Journalismus. Für einen Journalismus, den es in Russland nicht mehr gibt, seit Ihr Präsident Wladimir Putin an der Spitze des Staates steht.“ Die Willkürmaßnahme stehe in völligem Gegensatz zu den Grundwerten der Vereinten Nationen, die von Russland als UN-Mitglied anerkannt wurden. Der DJV-Vorsitzende erinnert in dem Zusammenhang an die zahlreichen verfolgten Medienschaffenden in Russland und an die ermordeten Journalistinnen und Journalisten wie etwa Anna Politkowskaja: „Die Presse- und Meinungsfreiheit ist unverzüglich wiederherzustellen.“ Alle inhaftierten Medienschaffenden seien auf freien Fuß zu setzen.“ DJV-Pressemitteilung vom 15. August 2025 externer Link
  • Russland eskaliert weiter gegen NGOs: Rosa-Luxemburg-Stiftung unerwünscht, zudem über 50.000 Internetseiten wegen „extremistisch“ eingestufter Inhalte gesperrt
    • Russland eskaliert weiter gegen NGOs: Rosa-Luxemburg-Stiftung unerwünscht
      Nun wird auch die linkennahe Parteistiftung in Russland kriminalisiert. Was das für ihre Arbeit bedeutet und wie sie in Zukunft weitermachen will.
      Als letzte parteinahe deutsche Stiftung ist jetzt auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS) in Russland zur „unerwünschten Organisation“ erklärt worden. „Wir haben gestern über russische Medien von der Entscheidung der russischen Generalstaatsanwaltschaft erfahren“, sagte RLS-Geschäftsführerin Daniela Trochowski am Dienstag der taz. „Wir bedauern diese weitere Eskalation durch die russische Regierung.“ Die Stiftung stehe „weiterhin an der Seite der linken Opposition in Russland, die unter der Repression des Staates leidet“.
      In einer am Montagnachmittag veröffentlichten Erklärung begründete die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation ihre Entscheidung damit, dass die RLS „Programme und Projekte“ durchführe, „die darauf abzielen, Proteststimmungen zu schüren, die Jugend zu radikalisieren und Organe der Staatsmacht Russlands zu diskreditieren“. Zudem verbreite die der Linkspartei nahestehende Stiftung „kontinuierlich Materialien und Nachrichten ausländischer Agenten sowie ausländischer und internationaler NGOs, deren Aktivitäten in der Russischen Föderation als unerwünscht eingestuft sind“.
      Wie die anderen parteinahen deutschen Stiftungen und auch etliche internationale Menschenrechtsorganisationen, darunter Amnesty International und Human Rights Watch, hatte die RLS bereits im April 2022 ihr Büro in Moskau schließen müssen. Zuvor hatte ihnen das russische Justizministerium die rechtliche Grundlage für die weitere Arbeit in Russland entzogen.
      Seitdem hat die RLS dort keine Mit­ar­bei­te­r:in­nen mehr. Aber die Stiftung arbeite außerhalb Russlands weiterhin mit Ak­teu­r:in­nen der russischen Zivilgesellschaft externer Link zusammen, so RLS-Geschäftsführerin Trochowski. Das sei der russischen Regierung „offenbar ein Dorn im Auge“…“ Artikel von  Von Pascal Beucker vom 22.7.2025 in der taz online externer Link
    • Über 50.000 Internetseiten in Russland gesperrt
      Russland schränkt das freie Internet zunehmend ein. Die Aufsichtsbehörde Roskomnadsor blockierte nach Angaben des Digitalministers Maksut Schadajew zuletzt den Zugang zu 56.000 Seiten, die sich weigerten, von Moskau als „extremistisch“ eingestufte Inhalte zu entfernen.
      Zugleich verteidigte er ein neues umstrittenes Gesetz, das die Suche nach solchen Inhalten unter Strafe stellt. Auf „gewöhnliche Nutzer“ kämen keine Probleme zu, sagte Schadajew. Das fragliche Gesetz wurde heute in dritter und letzter Lesung mehrheitlich durch das Parlament in Moskau verabschiedet.
      Das Gesetz sieht Geldstrafen für die bewusste Suche nach als „extremistisch“ eingestuften Inhalten im Internet vor
      …“ Agenturmeldung vom 22. Juli 2025 im ORF externer Link
  • Angebliche Nawalny-Verbindungen: Russland verurteilt vier Journalisten zu mehrjährigen Haftstrafen. Zwei von ihnen arbeiteten unter anderem für die Deutsche Welle
    „Die russische Justiz hat eine Journalistin und drei Journalisten wegen angeblicher Zusammenarbeit mit dem 2024 gestorbenen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Das Moskauer Gericht unterstellte ihnen eine Zugehörigkeit zu Nawalnys Anti-Korruptions-Stiftung FBK, die in Russland als extremistische Organisation gilt. Sie wurden jeweils zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass meldete. Im Gerichtssaal verfolgten Angehörige und Freunde der Angeklagten, Kollegen und ausländische Diplomaten die Urteilsverkündung, wie das Bürgerrechtsportal „Mediazona“ berichtete. Nawalny, der prominenteste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin in Russland, war im Februar 2024 in einem Straflager am Polarkreis umgekommen. Kurz nach seiner Beerdigung in Moskau wurde die Journalistin Antonina Faworskaja des unabhängigen Mediums „SotaVision“ festgenommen. Sie hatte die langen Menschenschlangen am Grab dokumentiert. (…) „Mit dem Urteil gegen die vier Journalisten zeigt Russland mit aller Härte, dass es ein Unrechtsstaat ist“, erklärte DW-Intendant Peter Limbourg. (…) Die russischen Behörden gehen auch nach Nawalnys Tod gegen alle Personen vor, die ihm und seiner Arbeit verbunden waren. Im Januar wurden drei Rechtsanwälte zu Lagerhaft verurteilt, die ihn in Strafverfahren verteidigt hatten…“ Agenturmeldung vom 15. April 2025 im Tagesspiegel online externer Link
  • Zwischentöne sind selten: Die kritische Publizistik Russlands geht ins Internet
    „Es gibt sie noch – die klassische Printausgabe. Obwohl ihr Informationsgehalt in Russland beschränkt ist und immer mehr Themen einem staatlich verordneten Tabu unterliegen, finden sich einzeln lesbare Blätter, die zumindest keine Fake News publizieren. Doch ihre Zahl schrumpft. Erst im September stellte die seit Jahrzehnten erscheinende Wochenzeitung Sobesednik ihre Publikation bis auf Weiteres ein, weil sie als sogenannter »ausländischer Agent« eingestuft wurde. Dieser Status erschwert journalistisches Arbeiten erheblich und verbietet Werbeeinnahmen. Zwar lässt sich Sobesednik am ehesten der Regenbogenpresse zuordnen, aber die Redaktion hielt sich mit ihrer kritischen Haltung hinsichtlich der gesellschaftlichen Zustände in Russland nicht zurück und lotete lange Zeit geschickt die Grenzen des (noch) Erlaubten aus. Als alleinige Nachrichtenquelle taugt die Presse allerdings längst nicht mehr. Schon vor Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte sich die kritische Berichterstattung ins Internet und zunehmend auf den Messenger Telegram verlagert. Dennoch stellt der Überfall auf die Ukraine vom Februar 2022 eine harte Zäsur dar. Innerhalb kurzer Zeit hat sich die gesetzliche Grundlage für unabhängig arbeitende Medien derart verschlechtert, dass die Durchführung und Publikation von Recherchen zu heiklen Themen nur noch mit erheblichen Einschränkungen möglich ist. Der Krieg setzte eine repressive Dynamik in Gang, die jegliche Form von Gegenrede zu unterdrücken versucht. (…) Journalist*innen, die nach wie vor in Russland tätig sind, laufen Gefahr wegen Verbreitung sogenannter Fake News, der Diskreditierung der Streitkräfte und einer wachsenden Zahl an Verboten zu hohen Haftstrafen verurteilt zu werden. (…) Wer sich innerhalb des schmalen legalen Rahmens bewegen will, ist an immer strengere Regeln gebunden. So müssen sich ab Januar 2025 alle Blogger*innen mit mindestens 10.000 Followern offiziell registrieren und damit ihre wahre Identität preisgeben. Etliche kremlkritische Medien sahen sich spätestens seit Frühjahr 2022 gezwungen, ihren Sitz ins Ausland zu verlegen. Einige davon gelten in Russland inzwischen als »unerwünscht«, weshalb jegliche Form der Zusammenarbeit oder sogar ein Repost als Straftat geahndet wird. (…) Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg entstanden jedoch auch dutzendweise neue russischsprachige Medienprojekte, die ihr Publikum hauptsächlich per Telegram erreichen. Die kritische Berichterstattung erhielt entgegen der staatlichen Zensur nicht nur zahlenmäßig Auftrieb. Die neue Vielfalt der mit bescheidenen Ressourcen professionell betriebenen Telegram-Kanäle stellt einen qualitativen Quantensprung dar. Wo zuvor in den (größtenteils im liberalen Spektrum angesiedelten) russischen Oppositionsmedien der Meinungsjournalismus einen übergroßen Raum einnahm, hat der sorgfältige Umgang mit Fakten nun einen höheren Stellenwert erreicht. (…) Wie schnell die schlechte Informationslage eine Kettenreaktion an Falschmeldungen in Gang setzen kann, zeigte der Fall einer Razzia an einem Treffpunkt für schwule Männer in Moskau. Ein lokales staatsnahes Portal hatte davon berichtet, dass die Polizei einen bekannten Schwulenclub aufsuchen wollte, sich an der Tür geirrt habe und fälschlicherweise in einem benachbarten Wellnesszentrum gelandet sei. In Wirklichkeit war das kein Versehen, sondern Absicht, weil sich dort Männer zum Sex verabreden. Durch die Kriminalisierung sogenannter Propaganda von Homosexualität und das Verbot der »internationalen LGBT-Bewegung« wurden bestehende Netzwerke weitgehend zerstört. Einschlägige NGOs können nicht mehr vor Ort tätig sein und es kostet Mühe, zuverlässige und kompetente Personen zu finden, die bereit sind mit unabhängigen Medien zu sprechen. Davor schrecken mehr und mehr Menschen zurück. Manche Defizite lassen sich durch Kommunikation auf Social Media, Telegram oder WhatsApp kompensieren, aber sie können den direkten Kontakt nicht völlig ersetzen. Für die Verbreitung von Informationen, regionale Vernetzung und Proteste, die es auch in Russland im Jahr 2024 noch gibt, sind digitale Plattformen heutzutage unersetzlich. Doch die russischen Behörden scheuen nicht davor zurück, solche Kommunikationswege im Ernstfall zu blockieren, wie im Januar bei den Protesten in Baschkortostan gegen die Verurteilung des Oppositionellen Fail Alsynow. Bleibt zu hoffen, dass sich für einen ungestörten Informationsfluss letztlich immer Mittel und Wege finden lassen.“ Artikel von Varvara Korotilova vom 14. Dezember 2024 im iz3w-Heft 406 externer Link mit dem Schwerpunkt „Trotz alledem – Kritischer Journalismus“

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=225062
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