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Polnischer Amazon-Arbeiter gewinnt vor Gericht den Prozess um Wiedereinstellung: Arbeitsbedingungen sind „eine Abwärtsspirale“

Polnische Gewerkschaft fordert höhere Löhne für Amazon-MitarbeiterAm 10. Juni 2020 erwirkte Maciej Gorajski in Posen ein rechtskräftiges Urteil gegen Amazon Fulfillment Poland. Das Kreisgericht (Gericht zweiter Instanz) gab Maciej seinen Arbeitsplatz wieder und erklärte seine Entlassung wegen Nichterfüllung der Normen für rechtswidrig. Die Höhe der von Amazon zu zahlenden Entschädigung wird Gegenstand weiterer gerichtlicher Entscheidungen sein. In der mündlichen Urteilsbegründung bezeichnete der Richter das bei Amazon angewandte System zur Bewertung der Arbeitsproduktivität als „Abwärtsspirale“ und als nicht konform mit dem Arbeitsgesetzbuch, weil die Normen derart festgelegt werden, dass es immer Arbeiter*innen geben wird, welche sie nicht zu 100% erfüllen…“ – aus dem Bericht „Polen: Gericht bezeichnet Normensystem bei #Amazon als „Abwärtsspirale“ und setzt einen Arbeiter wieder auf seine Stelle ein“ der FAU Berlin am 21. Juni 2020 bei den a-infos.ca externer Link über das Urteil in zweiter Instanz, worin auch noch auf die Ergebnisse der ersten Instanz eingegangen wird. Siehe daraus die Hintergründe:

  • „…. Maciej Gorajski war seit September 2014 bei Amazon als Lagerarbeiter tätig. Sein unbefristeter Arbeitsvertrag wurde von der Firma Ende August 2016 gekündigt. Als Grund dafür gab Amazon an, dass die Mindestergebnisse im Bereich der Produktivität/Leistung nicht zu den erwarteten 100% erreicht worden wären. Die Kündigung unterzeichnete Natalia Kwasna, die 2016 aufstieg und die heute die Abteilung für Personalwesen in Sady im Powiat Poznanski leitet. Im Kündigungsschreiben wurde eine Tabelle mit der anteiligen Zielrealisierung pro Woche abgedruckt, derzufolge Maciej die Erwartungen von Amazon angeblich nicht erfüllte. In manchen Wochen legte man ihm zur Last, die Norm zu 99,68% oder 96,8% umgesetzt zu haben. Im Verlauf von Maciejs Prozess wies sein Bevollmächtigter darauf hin, dass in zehn von den in der Kündigung berücksichtigten 18 Wochen die Erwartungen im Produktivitätsbereich erfüllt worden wären, zweimal sogar zu über 120%, was Amazon aber überhaupt nicht berücksichtigte. Den Gewerkschafter*innen zufolge dient das Bewertungssystem dazu, unbequemen Arbeiter*innen am Zeug zu flicken. Maciej war aktiv im Gewerkschaftsausschuss, und seine Gewerkschaft OZZ Inicjatywa Pracownicza Amazon unterstützte ihn seit Beginn des Prozesses gegen Amazon juristisch. Piotr Krzyzaniak, der ihn vertretende Gewerkschaftsbevollmächtigte, forderte, die Kündigung des Arbeitsvertrags für unwirksam zu erklären, ihm seinen Arbeitsplatz zu den bisherigen Bedingungen wiederzugeben und den Lohn für die Zeit ohne Arbeitsleistung auszuzahlen. Zu Maciejs Verteidigung organisierte die Inicjatywa Pracownicza in Warschau eine Protestkundgebung vor dem damaligen Firmensitz von Amazon. Er hielt dort eine Rede und betonte: „Wir müssen uns diesem Vorgehen der Firma widersetzen, denn falls sie jeden entlassen können, insbesondere die Gewerkschafter*innen, denken sie, dass sie sich alles und mit allen erlauben können, und werden generell aufhören, unsere Ansichten zu berücksichtigen.“ (Video des Protests). Katarzyna Górna vom Umweltausschuss der in der IP organisierten Kunstschaffenden lud Maciej zur Mitwirkung in einem Film ein unter dem Titel „Eine Situation, die in Polen nicht vorkam“, wo er seine Behandlung durch Amazon schilderte…“
  • Siehe auch unser Dossier: Kampf bei Amazon in Poznan/Polen: Flugblätter, Berichte etc. zu den Arbeitsbedingungen und Arbeiterkämpfen
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=174346
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