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Polens Schulsystem vor dem „Burnout“: Mahnwache der polnischen Lehrergewerkschaft zum Schulstart am 1. September

Mahnwache der polnischen Lehrergewerkschaft zum Schulstart am 1. September 2023„Am 31. August enden in ganz Polen die Sommerferien und ein neuer Negativrekord offenbart den maroden Zustand des polnischen Bildungssystems. 26.000 Lehrer wurden im Juli von Schulleitern privater und staatlichen Schulen auf der offiziellen Website der Bildungsbehörde gesucht. Das sind 30 Prozent mehr als vor einem Jahr. Damit setzt sich ein langwieriger Negativtrend fort. (…) Grund sind vor allem die niedrigen Lehrergehälter. Sprachwissenschaftler, Psychologen oder Informatiker können in der Wirtschaft deutlich mehr verdienen als in einer Schule. So liegen die Grundgehälter für Neueinsteiger bei 3690 Złoty brutto (rund 800 Euro), also auf Mindestlohnniveau, und steigen im Laufe der Zeit auch nur geringfügig auf umgerechnet 1000 Euro. In Großstädten, wo die Mieten ähnlich hoch sind wie in Westeuropa, wird das Problem daher besonders deutlich…“ Beitrag von Martin Nowak vom 31. August 2023 bei wsws.org externer Link und mehr daraus/dazu:

  • Weiter im Beitrag von Martin Nowak vom 31. August 2023 bei wsws.org externer Link: „… „Etwa die Hälfte aller Stellenangebote kommt aus Warschau. Kein Wunder: Die Tarife für Lehrer sind in jeder Stadt gleich und die Lebenshaltungs- und Mietkosten variieren in Warschau oder im Karpatenvorland deutlich,“ sagt Górniak. Das gleiche Probleme gibt es in Vorschulen und Kindergärten. Auch dort fehlen im kommenden Schuljahr alleine in Warschau über 500 Pädagogen. Die Stadtverwaltung hat darauf reagiert, indem sie ab dem 1. September Erziehungszuschüsse in gleicher Höhe wie für Klassenlehrer zahlt. Diese 84 Euro (380 Złoty) sind jedoch kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Dahinter steht eine grundlegende Entwicklung. Der polnische Staat hat die Kosten mehr und mehr auf die Kommunen abgeladen. So lag der Anteil der kommunalen Zuschüsse Anfang der 1990er-Jahre noch bei durchschnittlich 20 Prozent, letztes Jahr mussten die Kommunen 60 Prozent der Bildungskosten übernehmen. Die Regierung hat die Auszahlung von ähnlichen Almosen beschlossen. Einen Tag vor der Parlamentswahl erhält jeder Pädagoge eine Einmalzahlung von 1125 Złoty (etwa 250 Euro). Angesichts einer Gehaltserhöhung von 7,8 Prozent in diesem Jahr bei einer mehr als doppelt so hohen Inflationen empfinden das viele Lehrer als Beleidung, wenn nicht als Verhöhnung ihrer Arbeit. (…) Laut der Fachzeitschrift Głos Nauczycielski (Lehrerstimme) geht jeder fünfte Lehrer einem Nebenjob nach. Das Nachrichenportal wydarzenia.interia berichtet von einer Lehrerin, die seit sechs Jahren im Sommer sechs Wochen lang, zehn Stunden am Tag als Küchenhilfe arbeitet. „All dies, damit ich im Winter Strom und Treibstoff bezahlen kann. Mit dem Gehalt einer Landlehrerin ist das nicht möglich.“ (…) In einer Umfrage, die Głos Nauczycielski zu Beginn des Schuljahres unter 33.000 Lehrern durchführte, gaben nur 4 Prozent an, ausgeruht und positiv in das Schuljahr zu starten. 46 Prozent wählten die Antwort: „Ich fühle Verzweiflung, Müdigkeit und Burnout.“ 27 Prozent antworteten: „Ich habe Angst, ich bin sehr besorgt über die Veränderungen im Bildungswesen.“ (…) „Das ist der größte Personalzusammenbruch, an den ich mich erinnern kann, und ich arbeite seit zwanzig Jahren im Bildungswesen“, zitierte Gazetta die Schulleiterin Beata Molik…“
  • Siehe den polnischen Demoaufruf für den 1.9. externer Link auch für Streikposten („WIR HABEN die Nase voll von schlechten Reformen und ihren Folgen!“) und die Bildungsgewerkschaft ZNP: Homepage externer Link und Twitter externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=214802
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