»
Österreich »
»

Belege für systematische Pushbacks nun auch an der deutsch-österreichischen Grenze: NGOs schlagen Alarm

Push-Back Alarm Austria„Dutzende syrische Kriegsüberlebende berichten von formalisierten Pushbacks durch deutsche Beamte im Grenzgebiet zu Österreich. Die Betroffenen sind seit Wochen in Österreich gestrandet, obwohl sie zuvor in Deutschland um internationalen Schutz gebeten hatten. Trotz klarer nationaler und internationaler Vorschriften, die das verbieten, wurden die Betroffenen nur wenige Stunden nach ihrer Ankunft in Bayern an die österreichische Polizei übergeben, oder einfache auf der Straße in Salzburg ausgesetzt. Es geht dabei nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische Praxis und letztlich um den Zugang zum Asylverfahren in Deutschland. (…) Die Aussagen von insgesamt sechs im Detail dokumentierten Vorfällen aus den Monaten November und Dezember 2022, die Pushback Alarm Austria heute auf der Website des Border Violence Monitoring Networks externer Link veröffentlicht, bekräftigen die Vorwürfe von rechtswidrigen Zurückschiebungen und Zurückweisungen an der deutsch-österreichischen Grenze…“ Gemeinsame Pressemitteilung am 30. Mai 2023 externer Link von Pushback Alarm Austria, Border Violence Monitoring Network, Bayerischer Flüchtlingsrat – siehe mehr zum Thema bayerischer Grenzpolizei:

  • Fünf Jahre Grenzpolizei: Bayerns „Frontex“ bleibt Streitthema – Söder spricht von Erfolg, Grüne sprechen von Etikettenschwindel New
    „… Fünf Jahre nach der Einführung der bayerischen Grenzpolizei verfügt die Einheit noch immer nicht über die im Wahlkampf 2018 angekündigten 1.000 Stellen für Polizisten. Nach Angaben des Innenministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur gibt es aktuell 819 Einsatzkräfte, darunter die 480 Polizisten, die bereits vor der Einführung als Schleierfahnder in Bayern unterwegs waren. Bis 2025 soll die Zahl der Beamten dann auf 1.000 ansteigen – dies sollte eigentlich bereits 2023 der Fall sein. Die Gründung der bayerischen Grenzpolizei 2018 war eine der ersten Schwerpunktsetzungen von Markus Söder nach dessen Wahl zum Ministerpräsidenten. Anfangs hatte es geheißen, damit solle insbesondere verhindert werden, dass Menschen ohne Einreiseerlaubnis nach Bayern kommen. Die populistisch gefärbte Einführung war damals auch eine Reaktion auf die hohen Zuwanderungszahlen. Passend zum Wahlkampf 2023 fordert Söder nun vom Bund eine Grenzpolizei mit 10.000 Kräften für ganz Deutschland nach bayerischem Vorbild. (…) Schon zum einjährigen Bestehen 2019 nannte Söder die Einheit „eine Art Bayern Frontex“ und sprach von einem „Mega-Erfolg“. Dabei wurden damals im ersten Jahr bei 362 Kontrollen direkt an der deutsch-österreichischen Grenze nur 34 Menschen wegen ausländerrechtlicher Delikte aufgegriffen und an die Bundespolizei übergeben. 15 davon wurden nach Angaben der Bundespolizei direkt an der Grenze zurückgewiesen. (…) Eine Vereinbarung zwischen Bund und Freistaat sieht vor, dass die Grenzpolizisten auch Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze durchführen dürfen, aber nur mit Erlaubnis des Bundes. (…) Bayern geht mit der Grenzpolizei einen Sonderweg. Sie war bereits 1948 eingeführt und unter anderem für die Kontrollen an Grenzübergängen und Flughäfen in Bayern eingesetzt worden. 50 Jahre später, nach dem Wegfall der Grenzkontrollen zur ehemaligen DDR, der Aufhebung der Kontrollen an der Grenze zu Österreich und der Aufweichung der Grenzsituation nach Tschechien wurde sie zunächst aufgelöst. (…) Die neue Gründung der Grenzpolizei war dann von Anfang an auch auf Kritik gestoßen. Teile der Opposition hielten und halten Söders Prestigeprojekt für verfassungswidrig, da der Grenzschutz einzig Sache des Bundes ist. 2020 urteilte dies auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof. Er betonte aber auch, dass zwar die Rechtsgrundlage teilweise gegen die Verfassung verstoße, es aber keine verfassungsrechtlichen Zweifel an der generellen Wiedereinführung der Grenzpolizei gebe…“ Beitrag von Marco Hadem und Sebastian Schlenker vom 2. August 2023 bei MiGAZIN externer Link
  • Tausende Pushbacks nach Österreich? Hilfsorganisationen werfen den Behörden massenhaften Rechtsbruch vor
    „Reisefreiheit im Schengenraum ist einer der Grundpfeiler der Europäischen Union. Doch im vergangenen Jahr hat Deutschland so viele Menschen wie schon lange nicht mehr an seinen Grenzen zurückgewiesen. Mehr als 25.500 Personen wurde die Einreise verwehrt. Das geht aus einer Bundestagsanfrage von Clara Bünger von der Linksfraktion hervor. Die mit Abstand meisten Menschen wurden von Bayern über die Grenze nach Österreich zurückgeschoben, wo seit 2015 wieder Grenzkontrollen stattfinden. Diese sollen sogenannte illegale Migration verhindern. Aber was ist das überhaupt? Wird jemand ohne Pass und gültiges Visum von der Grenzpolizei aufgegriffen, gilt dies als unerlaubte Einreise. Doch jeder Mensch hat das Recht, um Schutz und Asyl zu bitten. Deutsche Polizist:innen sind dann verpflichtet, diese Person an die zuständige Erstaufnahmeeinrichtung weiterzuleiten, sodass eine Prüfung des Asylanspruchs erfolgen kann, und zwar unabhängig davon, ob jemand schon in einem anderen EU-Land registriert wurde. Doch fast 15.000 Menschen hat die Bundespolizei 2022 direkt nach Österreich zurückgeschoben, das waren 64,3 Prozent der unerlaubt Eingereisten. Mehr als 10.000 davon kamen aus kriegsgebeutelten Ländern wie Syrien oder Afghanistan und haben eine sehr hohe Chance auf Anerkennung. Doch laut Bundespolizei habe keiner der Zurückgebrachten den Wunsch nach Asyl geäußert. Daher die Rückschiebungen. Oder sind es illegale Pushbacks? Aussagen von Betroffenen legen das nahe. In erstmals detailliert dokumentierten Berichten, gesammelt von der NGO Pushback Alarm Austria, schildern Menschen aus Syrien, wie sie in Zügen oder zu Fuß im Grenzgebiet angehalten, kontrolliert, auf Polizeistationen gebracht und schließlich nach Österreich zurück überstellt wurden. Alle erklären, sie hätten den deutschen Polizist:innen gegenüber wiederholt gesagt, Asyl beantragen zu wollen. Deutschland sei das Ziel ihrer lebensgefährlichen Flucht über die Balkanroute gewesen, hier haben sie Familie, Freunde, oft die einzigen Menschen, die sie in Europa kennen. (…) Die Vertreter:innen der Betroffenen, darunter Asylrechtsanwält:innen und NGOs, sind sich jedenfalls einig. Sie wollen nicht aufgeben und mit juristischen Mitteln gegen die Zurückweisungen vorgehen. Denn, so formuliert es Karl Kopp von Pro Asyl, „Stacheldraht und Mauern verändern das soziale Gefüge auch im Inneren, schränken ein und zerstören jedes Miteinander. Wir verteidigen hier die Fundamente Europas.“ Artikel von Evelyn Schalk vom 29. Mai 2023 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Pushback Alarm Austria gibt es leider offensichtlich nur auf Fratzebuch externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=212191
nach oben