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Symposium für Gesundheit und Pflege in Bratislava

Bericht von Sabine Moser vom 30. Januar 2014

Am 29.1. organisierte der ÖGB gemeinsam mit der Konföderation der Gewerkschaftsbünde der slowakischen Republik eine Veranstaltung in Bratislava, in der es um die Zukunft der Pflege in der Slowakei und in Österreich geht.

Das Projekt „Arbeitsmarkt+“ ist ein gemeinsames Projekt zwischen den Gewerkschaften in Österreich und der Slowakei, das mit Geldern der Europäischen Union und dem österreichischen Sozialministerium unterstützt wird.

Eingeladen waren Interessierte, Betriebsräte, Gewerkschafter und Menschen aus der Pflege. In der Tat befanden sich hauptsächlich Leute der Gewerkschaften, Betriebsräte und vereinzelt Pflegekräfte im Publikum.

Vortragende waren ebenfalls Vertreter der Gewerkschaft Vida sowie der slowakischen Gewerkschaft SOZ ZaSS. Man muss dazu sagen, dass die Vida vornehmlich ArbeitnehmerInnen aus dem weniger qualifizierten Gesundheits-und Sozialbereich vertritt, hierbei vorrangig Heimhilfen und Pflegehelfer, weniger diplomierte Pflegekräfte, da sich diese vorrangig in der GPA-djp wiederfinden oder in den jeweiligen Gewerkschaften der Gemeindebediensteten (Wien) oder in den Gewerkschaften der Landeskrankenanstalten.

Ziel der Veranstaltung – (übrigens perfekt simultan gedolmetscht und ausgezeichnet organisiert) – war, Informationen auszutauschen und voneinander zu lernen.

Die Informationen waren durchaus bemerkenswert, aber nicht in allen Bereichen neu. So leidet die Slowakei ebenso an einer demografischen Entwicklung, wie sie sich europaweit abzeichnet und der Pflegepersonalmangel zeichnet sich hier wie dort ab.

Obwohl das Pflegepersonal in der Slowakei durchschnittlich höher qualifiziert ist als in Österreich, ist sowohl die Struktur der Gesundheitsversorgung als auch die Bezahlung eklatant schlechter als in Österreich. Bei einem monatlichen Bruttoeinkommen der tertiär ausgebildeten Pflegekräfte zwischen 640-800€ darf es nicht wundern, wenn man sich in Ostösterreich nach einem besser bezahlten Job umsieht.

Durch die Öffnung des Arbeitsmarktes suchen viele jüngere gut ausgebildete SlowakInnen ihr Glück im nahen Ausland. Bei einem generellen Durchschnittslohn von 180€ (netto) darf das nicht verwundern.

Eine Beschäftigung als 24h Betreuerin scheint da durchaus attraktiv. Immerhin kann man dabei mit fast 500€ rechnen, Unterkunft und Verpflegung werden bereitgestellt. Bei einer Arbeitslosigkeit von 14% und den derzeitigen Einkommensunterschieden zwischen Österreich und der Slowakei wird der Brain-Drain noch eine Weile anhalten.

Interessant war, dass dies eine Veranstaltung der Gewerkschaft war und sogar noch mit EU-Geldern unterstützt. Die Anfrage einer Slowakin aus dem Publikum, ob denn die Arbeitsbedingungen einer 24h Pflegerin (2 Wochen mit wenigen Stunden Pause) aus gewerkschaftlicher Sicht tragbar wären, wurde auch von österreichischer Seite vehement verneint. In der Slowakei hingegen würde die slowakische Gewerkschaft ebensolche Arbeitsbedingungen nie zulassen. In Österreich hingegen geht das nur, weil von der Regierung Schüssel 2006 eine Sonderregelung beschlossen wurde, da dieser eine Legalisierung für seine Schwiegermutter brauchte, die von einer Slowakin betreut wurde.

Bei diesem Beispiel zeigt sich, dass man sich derzeit in Österreich mit Hilfe der Gewerkschaft und entsprechenden gesetzlichen Sonderregelungen hilft, um dem wachsenden Pflegenotstand Einhalt zu gebieten.

Auch in der Slowakei zeigt es sich, dass immer mehr gut ausgebildetes Personal fehlt. Dies zeigt sich bereits in einer schlechter werdenden Qualifikation der 24h Pflegekräfte.

Im Jahr 2013 hatten ca. 58.400 Betreuungskräfte eine aufrechte Gewerbeberechtigung, von denen 14.000 ruhend gelegt werden und 44.000 aktiv. Die Herkunftsländer dieser Betreuerinnen sind vorrangig die Slowakei (29.200) und Rumänien (20.200), weniger kommen aus Ungarn und Polen.

Fragwürdig ist auch die Position so mancher Vermittlungsunternehmen, die neben der 24h Pflege auch mobile Hauskrankenpflege anbieten, das jedoch zu einem Preis, der es nur noch für Slowaken und Ungarn interessant macht zu arbeiten. (20€/h als Selbstständige diplomierte Krankenschwester)

Hierbei ist schon zu hinterfragen, welche Arbeitsverhältnisse auch die österreichische Gewerkschaft in Zukunft propagiert. Kollektivvertragsabschlüsse werden so gering wie möglich gehalten, weil alles andere der Wirtschaft schadet. Zugleich fördert dieselbe Gewerkschaft Veranstaltungen für die Pflege, in der generell sehr ausbeuterische Arbeitsverhältnisse vorherrschen. Aber solange sie die SlowakInnen betreffen, handelt sogar die eigene Regierung mit Sonderregelungen.

Mit der Solidarität zwischen österreichischen und slowakischen Pflegekräften ist es leider auch nicht sehr weit, denn würde man Solidarität einfordern, würde das mitunter auch gemeinsame Aktionen wie Streik oder auch sonstige Thematisierung der Lage bedeuten. Dafür wird man die SlowakInnen ebenfalls nicht gewinnen, denn sie verdienen ja genug, gemessen am Einkommen des Heimatlandes. Außerdem mangelt es oft auch an sprachlicher Kompetenz.

Und wo bleiben die österreichischen Pflegekräfte? Diese steigen nach durchschnittlich sechs Jahren aus dem Beruf aus, qualifizieren sich weiter oder wandern ebenfalls aus, zum Beispiel in die Schweiz, wo das Gehalt einer Pflegekraft an die 5000€ beträgt.

Ein Lob der Globalisierung, wobei letztendlich die profitieren werden, die die Schließung der Grenzen, wirtschaftlichen Protektionismus und alle damit verbundenen Konsequenzen propagieren.

Alles schon mal dagewesen. Und was lernen wir daraus?

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=52189
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