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Österreichs Unternehmer versuchen es mit der Mauertaktik gegen die 35 Stundenwoche-Bewegung – die Aktiven in der Gewerkschaft wollen es mit verstärkter Mobilisierung versuchen

Nein zum 12-Stunden-Tag in Österreich„… Die Kollektivvertragsverhandlungen für die 125.000 Beschäftigten im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich (Sozialwirtschaft Österreich, SWÖ) wurden am späten Montagabend nach 8 Stunden erneut ergebnislos unterbrochen. Nach insgesamt 38 Verhandlungsstunden bisher haben die Arbeitgeber nach wie vor kein verhandelbares Angebot auf den Tisch gelegt. „Nachdem die Arbeitgeber noch immer kein Angebot vorgelegt haben, das die Arbeitsbedingungen verbessert, erhöhen wir jetzt den Druck“, so Eva Scherz, Verhandlerin für die Gewerkschaft GPA-djp: „Unsere Warnstreikmaßnahmen von letzter Woche werden am 26. und 27. Februar fortgesetzt und ausgedehnt. Wir streben nach einem guten Abschluss, aber wir fürchten auch nicht die Konfrontation.“ „Die Warnstreiks letzte Woche haben eines deutlich gezeigt: Die Beschäftigten stehen geeint hinter der Forderung nach einer 35-Stunden-Woche. Sie sind bereit, dafür zu kämpfen“, erklärt Michaela Guglberger, Verhandlerin für die Gewerkschaft vida und sagt: „Letzte Woche haben wir bei den Warnstreiks gezeigt, was möglich ist. Daran werden wir anknüpfen.“...“ – aus der Mitteilung „KV Sozialwirtschaft: GPA-djp und vida erhöhen nach erfolgloser sechster Runde den Druck“ vom 19. Februar 2020 bei der Gewerkschaft GPA-djp externer Link zur Fortsetzung der Warnstreik-Bewegung in der Branche. Siehe dazu weitere aktuelle Beiträge, in denen unter anderem die Frage zentral ist, ob es wirklich zutrifft, dass die Gewerkschaften bereits gezeigt haben, was möglich ist – und den Hinweis auf unseren letzten Beitrag zum Kampf um die „35“ in Österreich:

„Streiken für die 35-Stunden-Woche: So läuft die Streikbewegung im Sozialbereich“ von Michael Gehmacher am 14. Februar 2020 im Mosakik-Blog externer Link war ein Bericht über die in der oben in der Gewerkschafts-Mitteilung angesprochenen Mobilisierungsaktionen in der letzten Woche, worin unter anderem festgehalten wurde: „… Verhandelt wird von den zuständigen Gewerkschaften GPA-djp und VIDA. Heuer fordern die Gewerkschaften keine Gehaltserhöhung, sondern „nur“ eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Diese würde für die rund 70 Prozent der KollegInnen, die in Teilzeit arbeiten, eine reale Gehaltserhöhung von rund acht Prozent bedeuten. Die Verhandlungsposition der Gewerkschaft bringt aber auch Probleme mit sich. Denn sie würde bedeuten, dass VollzeitkollegInnen dann zwar nur 35 Wochenstunden arbeiten müssten, ihr Gehalt aber auf dem Abschluss von 2019 stehen bleibt. Es gibt Vollzeit arbeitende KollegInnen, die sich nicht oder nur sehr zögerlich der Streikbewegung anschließen, weil sie angesichts der niedrigen Einkommen unbedingt eine Erhöhung brauchen. Nicht umsonst hat unsere Belegschaft dieses Problem bei einer Betriebsversammlung im September 2019 besprochen und der Gewerkschaft rückgemeldet. Trotzdem ist die Streikbewegung bemerkenswert dynamisch. Das liegt auch daran, dass es hier schon seit langem gärt. Bereits 2018 und 2019 gab es Streiks im Sozialbereich, die Stimmung in vielen Betrieben wurde über die Jahre zunehmend kämpferischer. Es ist kein Zufall, dass sich immer mehr KollegInnen außerhalb der offiziellen Gewerkschaften in Basisinitiativen wie „Sozial, aber nicht blöd“ , KNAST, „Raum für Alle“ oder Resilienz engagieren. Die Arbeit von solchen Basisinitiativen hat ein Stück weit zur Stärkung der Streikbewegung beigetragen. Am Mittwoch, den 12. Februar beteiligten sich tausende KollegInnen an einem Warnstreik, der in Wien von einer öffentlichen Streikversammlung vor dem Sozialministerium unterstützt wurde. Streikkomitees und Betriebsratsteams aus 13 Wiener Sozialbetrieben hatten die Kundgebung organisiert, an der rund 1.000 KollegInnen teilnahmen...“

„Jetzt gilt’s: Arbeitszeitverkürzung erkämpfen!“ am 18. Februar 2020 bei der Komintern externer Link ist die Stellungnahme – und ein Aufruf – der gewerkschaftsoppositionellen Strömung nach der oben erwähnten 6. Verhandlungsrunde und den beschlossenen neuen Warnstreiks Ende Februar. Darin heißt es unter anderem grundsätzlich zur Arbeitszeitverkürzung: „… Eine Wende, in der sich die Zurückdrängung der Arbeitslosigkeit sowie der sie begleitenden Armut mit einer Verschiebung der gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse und des Zugewinns an emanzipatorischer Lebensqualität verbindet. So ist eine radikale Arbeitszeitverkürzung und gesellschaftliche Umverteilung auf alle Arbeitssuchenden auch zu verstehen: Als sowohl beschäftigungspolitischer Hebel, wie als (über eine rein monetäre Konsumpartizipation hinausgehende) Aneignung der Produktivitätssteigerung seitens der Arbeitenden auch in Form von mehr freier Zeit: fürs Private, für Muße, Genuss und Selbstentfaltung. Last but not least würde eine radikale Arbeitszeitverkürzung auch das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern reduzieren: Sie ermöglicht es Frauen, leichter aus den mannigfach erzwungenen flexiblen Arbeitszeiten und „Zwangs-“ Teilzeit mit zu wenig Lohn für ein selbständiges Leben in Vollzeitbeschäftigung auszubrechen, während männliche Beschäftigte wiederum mehr Zeit hätten, um ihren Teil an Haushalt und Kinderbetreuung zu übernehmen. Entgegen den üblichen Froschperspektiven ist es keine Frage, ob Arbeitszeitverkürzung möglich sei: Gesamtgesellschaftlich findet sie nämlich in Form anwachsender Massenarbeitslosigkeit bereits faktisch statt. Aufgrund der gesteigerten, schneller als die Produktion wachsenden, Produktivität, werden für die Produktion derselben Menge an Gütern und Dienstleistungen immer weniger Arbeitskräfte benötigt – also weniger gesellschaftlich erforderliche Arbeitszeit aufgewandt. Bei einer gegebenen Menge an Produkten bedeutet dies, dass die Werktätigen entweder kürzer arbeiten können oder ein zunehmender Teil der vorhandenen Arbeitskräfte für die Verwertung des Kapitals überflüssig wird...“

„Proteste im Sozialbereich: „Hier ist noch viel Luft nach oben!““ am 14. Februar 2020 bei der SLP externer Link war ein Interview mit Ulli Rathmanner von der Caritas Wien, in dem sie unterstrich: „… Schlecht daran ist unserer Meinung nach, dass auf weitere Forderungen verzichtet wurde, insbesondere eine kräftige Gehaltserhöhung um die Lücke von 18 bis 20% zum österreichischen Einkommensdurchschnitt zu schließen. Vollzeitbeschäftigte müssen so mit einem Reallohnverlust rechnen, was angesichts der niedrigen Löhne und Gehälter in unserer Branche nicht akzeptabel ist. Darüber hinaus fordern wir eine Urabstimmung über das Verhandlungsergebnis, für das wir schließlich im Streikfall viel riskieren und mit dem wir mindestens ein Jahr leben müssen. // Am Dienstag den 11. Februar war bei der Caritas eine Betriebsversammlung. Wie ist die Stimmung? // Die Stimmung war sehr kämpferisch – nach den einleitenden Worten der Betriebsratsvorsitzenden Gabi Wurzer und Josef Wenda zur Forderung einer 35h-Woche gab es viel Applaus. Gabi Wurzer kündigte an, dass bei Stocken der Verhandlungen am 18. Februar für den 24. mit Warnstreiks zu rechnen sei. Wir sollten uns das schon mal dick im Kalender anstreichen. Auf die Nachfrage von einer Kollegin, ob eine Urabstimmung vorgesehen sei, wurde ihr entgegnet, dies sei momentan kein Thema. Ich habe nachgehakt und die Notwendigkeit konkreter Streikvorbereitung bereits jetzt betont. Weiters habe ich eine Urabstimmung über das Verhandlungsergebnis gefordert, weil es um unser Gehalt und unsere Arbeitsbedingungen geht und wir das volle Risiko tragen. Darauf sprang der anwesende GPA-Chefverhandler für Caritas und Diakonie, Andreas Laaber, geradezu an: Dies sei ein Ausdruck des Misstrauens in den schließlich von uns gewählten Betriebsrat. Dieser wisse schon, was er tue. Außerdem seien wir bei den KV-Verhandlungen ja nicht anwesend und würden deren Verlauf nicht mitbekommen, daher könnten wir uns auch kein Urteil zum Ergebnis erlauben. Und es sei ja auch auf Arbeitgeberseite ein gewisser, oft enger Rahmen zu berücksichtigen…“

„Offener Brief an das gewerkschaftliche Verhandlungsteam“ am17. Februar 2020 bei der GLB externer Link legt diesem „ans Herz“: „… Wir haben unsere Kraft noch nicht ausgeschöpft. Beim Aktionstag wurden die KollegInnen aufgerufen sich nach der letzten Verhandlung stark einzubringen. An manchen Stellen wurde sehr gut und breit mobilisiert, an anderen waren es aber nur sehr symbolische Warnstreiks, bei denen sogar die Bereitschaft der KollegInnen gebremst wurde. Sollten unsere Forderungen in den Verhandlungen nicht auf Gehör stoßen, müssen wir unsere Kampfformen ausweiten. Breite Streiks und auch öffentliche Aktionen, Kundgebungen und Demonstrationen sind nötig. Sollte es hingegen am Montag dem 17.2. zu einem Ergebnis kommen, treten wir für eine Urabstimmung ein und appellieren an Euch, dies zu unterstützen. Für zukünftige Verhandlungen halten wir es für gut, bereits im Sommer in den Betrieben mögliche Forderungen zu entwickeln und dann mit den KollegInnen breit zu diskutieren...“

„»Wir weichen von unserer Forderung nicht ab«“ am 21. Februar 2020 in der jungen welt externer Link ist ein Gespräch von Johannes Greß mit Roman Gutsch (Betriebsratsvorsitzender der CS Caritas Socialis GmbH und Mitglied im Verhandlungsteam für einen neuen Kollektivvertrag in der Sozialwirtschaft Österreichs), in dem dieser unterstreicht: „… In einer Branche mit 70 Prozent Teilzeitanteil und niedrigen Einkommen ist ein deutliches Gehaltsplus das Gebot der Stunde, um beispielsweise der Altersarmut vorzubeugen. Uns ist auch klar, dass 8,6 Prozent von vielen gemeinnützigen Organisationen, die von den Tarifen der öffentlichen Hand abhängig sind, nicht aus der Unternehmenssubstanz finanziert werden können. Die Politik ist gefordert, eine ausreichende Finanzierung sicherzustellen. Folgenlose Sonntagsreden, dass unsere Arbeit wertgeschätzt wird, haben wir schon zu oft gehört. Mehr Geld für den Sozialbereich ist auch volkswirtschaftlich sinnvoll. (…) Der Beschluss ist einstimmig: Wir weichen von der Forderung nicht ab. Es haben Beschäftigte in rund 280 Einrichtungen gestreikt. In einer zweiten Streikwelle, die nächste Woche ins Rollen kommen wird, werden wir die Streiks örtlich und zeitlich ausdehnen. Dabei werden wir weiterhin darauf achten, dass keine Klientinnen und Klienten zu Schaden kommen. Eine Seniorenanimation kann ausfallen, die Verabreichung von Insulin natürlich nicht. Die Kolleginnen und Kollegen machen ihre Arbeit trotz der vielfältigen Belastungen gerne. Die Sicherheit und Versorgung der ihnen anvertrauten Menschen sind ihnen sehr wichtig…“

„Streikbewegung ausweiten!“ am 18. Februar 2020 bei der SLP externer Link ist ein Beitrag, in dem streikende SLP-Aktive ihre Meinung äußern – unter anderem so: „… Unter Schwarz-Blau sind WKO, IV&Co in die Offensive gegen alle Beschäftigten gegangen. Sozialversicherung, 12/60 für uns und Steuererleichterungen für Konzerne und Reiche. Außer uns haben damals auch die Metaller*innen und die ÖBB gestreikt, aber das allein hat nicht gereicht Schwarz-Blau zu stoppen. Jetzt müssen wir gegen Schwarz-Grün in die Offensive um all die Schweinereien rückgängig zu machen. Und dabei gilt es gleich echte Fortschritte bei Arbeitszeit, Löhnen, aber auch im Gesundheitssystem und fürs Klima zu erreichen. (…) Aus irgendeinem Grund verhandeln Caritas&Diakonie immer noch getrennt vom SWÖ. So fällt es den Arbeitgebern nur noch leichter sich gegenseitig bei Löhnen und Arbeitsbedingungen zu unterbieten und wir schauen durch die Finger. Wir wollen gemeinsame Abschlüsse! Als Ersten sollte die Gewerkschaft für gemeinsame Aktionen aufrufen und zB Streiks aufeinander abstimmen…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=163262
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