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Ein Streik für 35 Stundenwoche und Lohnausgleich – wäre ein echter Gegen-Standpunkt zur grün angemalten Rechtsregierung in Österreich und ihrem 12 Stundentag

Nein zum 12-Stunden-Tag in Österreich„… So rühmten sich die Gewerkschaften in den vergangenen Jahren durchaus schon mal damit, in einem ganzen Kalenderjahr keine Streiksekunden verbucht zu haben. Diese Zeiten sind nun offenkundig vorbei, auch wenn es zu Beginn der Verhandlungen so ausgesehen hatte, als wäre eine Einigung schnell zustande gebracht. Knapp vor dem erwarteten Abschluss verkündeten die Kapitalvertreter, dass eine 35-Stunden-Woche aufgrund des Fachkräftemangels völlig inakzeptabel sei. Statt dessen bot man eine allgemeine Lohnerhöhung von 2,35 Prozent an und wies darauf hin, dass eine Arbeitszeitverkürzung ja sowieso nur etwa 30 Prozent der Beschäftigten betreffen würde. Überdies verwies der Verband der österreichischen Sozial- und Gesundheitsunternehmen in einer Presseaussendung darauf, dass die Bundesregierung gefordert sei, »für eine Entlastung der Beschäftigten« und daher für die »Aufstockung der Betreuungskapazitäten seitens der öffentlichen Hand« zu sorgen. Tatsächlich allerdings machte gleich nach Abbruch der Verhandlungen eine Meldung die Runde, wonach eben jene Bundesregierung, genauer gesagt die rechtskonservative ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz, für das Scheitern verantwortlich gemacht werden kann. Das verwundert freilich nicht. Kurz führte 2018 gemeinsam mit dem damaligen Koalitionspartner, der rechten FPÖ, den Zwölf-Stunden-Arbeitstag ein…“ – aus dem Beitrag „Streikfreigabe erteilt“ von Christian Kaserer am 11. Februar 2020 in der jungen welt externer Link – worin auch noch einige Unterschiede etwa zur Tariflandschaft in der BRD verdeutlicht werden. Siehe dazu auch drei gewerkschaftsoppositionelle Beiträge zur aktuellen Auseinandersetzung, einen Aktionsbericht und zwei Beiträge zur Auseinandersetzung mit der Gegenpropaganda von Unternehmen, Rechten und Regierung:

„Sozial-KV: Kürzer arbeiten – besser leben!“ am 11. Februar 2020 beim GLB externer Link zum aktuellen Stand dieser Auseinandersetzung: „… Das Angebot der Arbeitgeber*innen in Höhe von 2,35 Prozent bei gleichzeitigem Verzicht auf die 35-Stunden-Woche ist für den Linksgewerkschafter inakzeptabel. Um den KV-Lohnforderungen Nachdruck zu verleihen braucht es diesen Druck auf die Geschäftsführungen, aber auch auf die Fördergeber*innen. Denn Bund, Länder und Gemeinden entscheiden, wie viel Geld für die Entlohnung und zur Entlastung der krankmachenden Arbeitsbedingungen zur Verfügung stehen. „Die Lohnabhängigen, insbesondere jene des Sozial- und Gesundheitswesens dürfen nicht die Leidtragenden dafür sein, dass Konzerne und Reiche in unserem Land kaum Steuern zahlen. Wenn die Krankmacher am Arbeitsplatz merklich reduziert werden sollen, muss Schluss mit dem ständigen Sparzwang der öffentlichen Hand sein“, so Stingl. Das gelte für die Beschäftigten der Sozialwirtschaft Österreichs, aber auch für jene von Diakonie und Caritas, sowie Gemeinden, Gemeindeverbänden und Ländern. Daher bekräftigt der GLB-Vorsitzende die Forderung nach der 35-Stundenwoche bei vollem Lohn und Personalausgleich. Sie kann neben der Entlastung der Gesundheits-, Pflege- und Sozialbeschäftigten der Einstieg zu einer deutlich spürbaren Verringerung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich sein: „Die rasant gestiegene Produktivität verlangt dringend Neuverteilung der Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Damit aber verkürzte Arbeitszeit nicht trotzdem auf den Rücken der Lohnabhängigen hängen bleibt muss sowohl Lohn-, als auch Personalausgleich von Arbeiterkammer und Gewerkschaft nachprüfbar und vor allem einklagbar sein“...“

„KV-Verhandlungen im Sozialbereich: Arbeitskampf für die 35 Stunden-Woche?“ am 04. Februar 2020 beim ArbeiterInnenstandpunkt externer Link zum Thema – und auch zu Erfahrungen, Bedingungen und gewerkschaftlichen Selbstverständlichkeiten: „… Dieses Jahr gestaltet sich die Ausgangslage als durchaus interessant. Die Gewerkschaften (in diesem Fall VIDA und GPA) sind mit der einzigen Forderung nach einer 35 Stunden Woche in die Verhandlungen gegangen. Dass dieser Forderung eine sehr prominente Stellung eingeräumt wird, ist durchaus zu begrüßen. Aber es darf nicht dazu führen, dass das Ganze zu einer Nulllohnrunde führt, was der aktuelle Preis für die Beschäftigten wäre. Das ist vor allem auch wichtig um bei den Beschäftigten eine Spaltung in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigte zu vermeiden. Aktuell würden vor allem Teilzeitbeschäftigte (deren Stunden sich durch die Arbeitszeitverkürzung nicht ändern würden) von der Arbeitszeitverkürzung finanziell profitieren, bei Vollzeitbeschäftigten ist der Enthusiasmus für die alleinige Forderung der Arbeitszeitverkürzung deutlich geringer, weil es – mit der Inflation – eine Reallohnkürzung bedeuten würde. Dabei haben die Beschäftigten im Sozialbereich in den letzten Jahren durchaus gezeigt, dass sie bereit sind auch für die Umsetzung ihrer Forderungen zu kämpfen, sei es durch Demonstrationen auf der Straße oder durch Streiks im Betrieb. (…) Die Sozialarbeiter*innen haben in den letzten Jahren deutlich gemacht, dass sie bereit sind im Rahmen der KV-Verhandlungen einen Arbeitskampf zu führen. Vor allem letztes Jahr, als die Warnstreiks dann nicht wirklich breit durchgeführt wurden und das Verhandlungsergebnis dann doch recht bescheiden ausgefallen ist, hat das zu einer gewissen Enttäuschung gegenüber den Gewerkschaften geführt. Dieses Jahr verspricht ein Kampf für eine 35 Stunden Woche, der nicht nur im Sozialbereich wichtig wäre, sondern gleichzeitig auch vorbildhaft für andere Branchen wäre, wieder einen gewissen Enthusiasmus der Beschäftigten für den Arbeitskampf. Doch um einen faulen Kompromiss zu verhindern braucht es die Organisierung an der Basis und die Wahl rechenschaftspflichtiger Streikkomitees vor allem im Sozialbereich in dem viele Linke beschäftigt sind, sind hierfür die Voraussetzungen besser als in anderen Bereichen. Wesentlich ist auch, dass von der Gewerkschaftsführung erkämpft wird, dass eine etwaige Verhandlung, sei sie nach einem Streik oder auch davor, einer Urabstimmung in den Betrieben zur Annahme vorgelegt wird…“

„Österreichweit Warnstreiks im Sozial- und Pflegebereich!“ am 11. Februar 2020 bei Komintern.at externer Link fasst unter anderem auch Stand und aktuelle Vorbereitung zusammen: „… Dieses Modell nach Arbeitgeber-Ideen würde darüber hinaus auch die gesamte Branche von Betrieb zu Betrieb in unterschiedliche Arbeits- und Einkommensverhältnisse spalten. Das ist inakzeptabel! Jetzt gilt es den Druck zu erhöhen! Ab sofort geht es österreichweit auf breiter Front in Warnstreiks! In Wien etwa findet am Mi, 12.2. um 13.00 eine große öffentliche Streikkundgebung der Beschäftigten dutzender Betriebe vor dem Sozialministerium statt. Quer durchs Land legen Tausende Kolleginnen und Kollegen die Arbeit nieder. Parallel erhöhen auch die Caritas-Beschäftigten die Schlagzahl und führen Protest- und Aktionstage für ihren eng mit den SWÖ-Verhandlungen verknüpften Kollektivvertrag durch. Zugleich wurden ein zweite Streikwelle und weitere Aktionen konkretisiert. Dazwischen liegt noch eine nächste Verhandlungsrunde am 17.2.. Für diese muss gelten: Kein Einknicken, keine faulen Kompromisse, sondern: Arbeitszeit runter, Löhne rauf! Urabstimmung über ein etwaiges Verhandlungsergebnis! Dienstag, 18.2.2020, 17 Uhr: Betriebsräte-Konferenz/gewerkschaftliche Streik- und Aktionskoordination in Wien/ 26.-28.Februar 2020: 2. Streikwelle und/oder Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit österreichweit / Dienstag, 10. März 2020: Demonstrationen in der Nähe zum Frauentag als sog. Frauenbranche für Arbeitszeitverkürzung, in Wien, Oberösterreich und Kärnten…“

„Protestkundgebung: Kollektivvertrag SWÖ“ am 05. Februar 2020 ebenfalls bei Komintern.at externer Link war der Bericht über eine der inzwischen zahlreich stattgefundenen Aktionen, hier eben über die Protestdemonstration in Wien.

„Kurz-Regierung hat für Pflege nichts übrig“ von Anne Rieger am 01. Februar 2020 beim GLB externer Link antwortet sozusagen zur Dimension „Zahlenspiele“ der Regierungspropaganda unter anderem so: „… Fängt man an zu rechnen, mit den Zahlen der „Presse“, sieht es so aus: Die Kosten der Pflegeheime betragen etwa die Hälfte der Pflegekosten, also weniger als 3,4 Mrd. Euro. Etwa die Hälfte der Pflegekosten zahlt der Bund, also 1,7 Md. Euro. Nur ein Teil davon sind Lohnkosten. Und plötzlich ist der Betrag überschaubar. Die Arbeitszeitverkürzung würde 8,6 Prozent höhere Lohnkosten ausmachen, schreibt die „Presse“. 8,6 Prozent von 1,7 Mrd. Euro, die der Bund mehr zahlen müsste, sind grob gerechnet nur 146 Mio. Euro, da sind aber alle Kosten gerechnet, die Lohnkosten sind nur ein Teil davon. Damit wird der Betrag nicht nur überschaubar, sondern auch bezahlbar. Und so frage ich mich, wieso kann die Kurz-Regierung nicht die knappen 146 Mio. Euro für Arbeitszeitverkürzung fürs Personal plus zum Beispiel 2,35 Prozent Lohnerhöhung zahlen und das Geschenk an die Reichen von zwei Mrd. Euro um diesen Betrag verringern? Sind die zu Pflegenden und ihre Pfleger*innen der Kurz-Regierung weniger wert als die Reichen?...“

„35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich – kann das gehen?“ von Regina Bruckner am 10. Februar 2020 im Standard.at externer Link wird hier als – selbstverständlich – einer von vielen Beiträgen zum eventuell anstehenden Streik als Beispiel verlinkt, vor allem weil aus der großen Zahl der dazu eingegangenen Kommentare sich einiges über die politische Stimmungslage in Österreich vermuten lässt. In dem Beitrag selbst heißt es unter anderem: „… Denn die Beschäftigten der Sozialbranche (SÖW) fordern ebenfalls eine Arbeitszeitverkürzung – auf 35 Stunden pro Woche –, wie schon seit Jahren. Heuer allerdings mit Vehemenz, am Montag wird weiterverhandelt. Kein Wunder, dass die Arbeitgeber bremsen: Eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich käme im Schnitt einem Lohnplus von 8,6 Prozent gleich. Profitieren würden vor allem die vielen in Teilzeit beschäftigten Frauen. Für die Argumente gibt es viel Verständnis: Die Beschäftigten verdienen trotz anstrengender Jobs – in der Behindertenbetreuung, als Pfleger und als Heimhilfen – nicht gerade üppig. Und die Branche sucht händeringend Fachkräfte. Spricht da nicht alles dafür? Monika Köppl-Turyna, Ökonomin beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria, warnt vor einer kurzfristigen Betrachtungsweise. Die Beschäftigten in der Pflegebranche hätten dann mehr im Börsel. Das wäre erst einmal gut. Die Kosten würden laut früheren Schätzungen aber um zehn Prozent steigen. „Zu bezahlen hat das der Steuerzahler. Steigen die Kosten für die Pflege, bleibt den Österreichern weniger Geld, das in den Konsum fließt.“ Das wiederum hätte gesamtwirtschaftliche Effekte. In der jüngeren Vergangenheit war der Konsum ein wichtiger Treiber der Konjunktur. In der Politik wird das Thema derzeit wie ein rohes Ei behandelt. Unter Türkis-Grün ist die 35-Stunden-Woche, wie sie die Grünen noch im Wahlprogramm forderten, kein Thema. Aber man hat sich die Lösung der Pflegemisere vorgenommen…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=162741
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