»
Österreich »
»

[Pflegekräfte besonders betroffen] Präsentismus – auch in Österreich das unsichtbare Phänomen

Präsentismus: Arbeiten trotz Krankheit (IG Metall)Krank in die Arbeit zu gehen, schadet der Belegschaft und dem Unternehmen – der aktuelle Arbeitsklima Index zeigt: 53 Prozent der Beschäftigten arbeiten in der Corona-Krise, auch wenn sie krank sind. Geht es um das Coronavirus, sollte allen klar sein: Wer krank ist, bleibt zu Hause, um nicht auch noch die KollegInnen anzustecken. Im beruflichen Alltag scheint diese Devise allerdings nicht zu gelten: Die Krankenstandstage gehen zurück und die allermeisten Befragten geben an, immer mal wieder krank in die Arbeit zu gehen. Laut einer aktuellen Auswertung des Österreichischen Arbeitsklima Index der AK Oberösterreich externer Link ist der Anteil der Beschäftigten, die arbeiten, obwohl sie krank sind, so hoch wie nie zuvor. (…) Die Hauptgründe dafür sind Pflichtgefühl und Zeitstress, aber auch das Home-Office. Dieser Präsentismus (siehe Kasten) wirkt sich gleich mehrfach negativ aus. Bevor das Coronavirus nach Österreich kam, galt hierzulande vielerorts: Krank zur Arbeit gehen, ist durchaus erwünscht. Und wer daheimbleibt, steht schnell unter Verdacht zu simulieren…“ Beitrag von Toumaj Faragheh vom 9. April 2021 beim ÖGB externer Link und dazu:

  • Kranke gehören ins Bett – nicht unter Verdacht oder an den Arbeitsplatz: Die Wirtschaftskammer in Österreich fordert strengere Kontrollen von Krankenständen New
    • Kranke gehören ins Bett – nicht unter Verdacht. ÖGB weist WKÖ-Forderung nach strengeren Krankenstandskontrollen entschieden zurück
      Husten, Fieber, Gliederschmerzen – eigentlich klar: Wer krank ist, gehört ins Bett. Doch die Wirtschaftskammer (WKÖ) sieht das anders. Sie fordert strengere Kontrollen von Krankenständen und stellt damit Millionen Beschäftigte unter Generalverdacht. Für den ÖGB ist klar: Statt Misstrauen und zusätzlichem Druck brauchen die Menschen im Krankheitsfall vor allem eines – Zeit, sich zu erholen. „Kranke gehören ins Bett – nicht unter Verdacht!“, betont Claudia Neumayer-Stickler, Leiterin des gesundheitspolitischen Referats im ÖGB.
      Krankenstände werden bereits kontrolliert
      Schon heute müssen Beschäftigte ihren Krankenstand penibel nachweisen. Ärztliche Bestätigungen und Meldungen an die Arbeitgeber sind Standard. Noch strengere Regeln würden nicht mehr Klarheit bringen, sondern nur zusätzliche Belastung für kranke Menschen schaffen. „Mit pauschalem Misstrauen erreicht man nichts, außer dass Menschen noch häufiger krank in die Arbeit gehen“, so Neumayer-Stickler.
      Präsentismus: Das eigentliche Problem
      Das wahre Risiko heißt Präsentismus – also krank zur Arbeit zu gehen. In Österreich geben rund 60 Prozent der Beschäftigten an, auch im Krankheitsfall weiterzuarbeiten. Neumayer-Stickler warnt: „Das ist brandgefährlich und kann volkswirtschaftlich teurer kommen als Krankenstände.“ Krankheiten werden verschleppt, Kolleg:innen angesteckt und langfristige Schäden riskiert
      …“ ÖGB-Meldung von Toumaj Faragheh vom 29. September 2025 externer Link, siehe auch:
    • Teilkrankenstand gibt es nicht – aus gutem Grund! Diese Rechte und Pflichten haben Beschäftigte, wenn sie krank sind
      Die Krankenstände sind in Österreich seit Jahren auf einem annähernd gleichen Niveau– was auf den ersten Blick positiv scheint, entpuppt sich bei näherem Hinsehen als großes Problem: Immer mehr Menschen schleppen sich nämlich krank in die Arbeit. Gerade in Krisenzeiten haben viele Angst davor, ihren Arbeitsplatz zu verlieren und setzen damit ihre Gesundheit aufs Spiel. Immer wieder gibt es Rufe aus der Wirtschaft, dass es in Österreich einen „Teilkrankenstand“ geben soll: Nicht jede Erkrankung soll demnach automatisch zum Krankenstand und Arbeitsausfall führen. „Das ist ein Anschlag auf die Gesundheit der Beschäftigten. Wer Teilkrankenstände fordert, nutzt die Arbeitsplatzsorgen der Betroffen aus und will sie unter Druck setzen“, so ÖGB-Arbeitsrechtsexperte Martin Müller. Für oegb.at erklärt der Arbeitsrechtsexperte, welche Rechte ArbeitnehmerInnen haben, wenn sie krank sind…“ Beitrag von Peter Leinfellner beim ÖGB externer Link (aktuell doch ohne Datum)
  • [Präsentismus] Sick Guilt: Wenn das Pflichtgefühl zum Problem wird. Immer mehr Arbeitnehmer:innen arbeiten trotz Krankheit, weil sie sich in der Pflicht sehen
    Viele haben das schon erlebt: Man fühlt sich in der Früh krank, hadert mit sich, ob man nicht doch in die Arbeit gehen sollte und entscheidet sich aber dafür, zuhause zu bleiben – doch wenig später meldet sich das schlechte Gewissen. Man fühlt sich schuldig, nicht in der Arbeit zu sein und deswegen seine Kolleginnen und Kollegen mutmaßlich im Stich zu lassen. Dieses Phänomen wurde als „Sick Guilt”, also das „Sich-im-Krankenstand-schuldig-fühlen”, bekannt, und ist eine Vorstufe des altbekannten Problems namens „Präsentismus”.
    60 Prozent gehen krank zur Arbeit
    6 von 10 Arbeitnehmer:innen in Österreich gehen trotz Krankheit zur Arbeit, das geht aus einer aktuellen AK-Klimaindex-Studie hervor. Dieser Wert ist ein Höchststand seit dem Erhebungsbeginn im Jahr 2008. Viele Betroffene haben Angst vor Kündigung und unangenehmen Fragen.
    „Sick Guilt” führt zu Präsentismus
    Unter Präsentismus versteht man, dass Arbeitnehmer:innen trotz Krankheit oder anderer gesundheitlicher Probleme in der Arbeit erscheinen. „Sick Guilt” ist also die Vorstufe zu Präsentismus und dieser betrifft eine erschreckend hohe Anzahl von Arbeitnehmer:innen in nahezu allen Branchen. Vor allem Frauen und jüngere Menschen haben das Gefühl, in die Arbeit gehen zu müssen, obwohl sie krank sind…“ Beitrag von Toumaj Faragheh vom 17. Oktober 2024 beim ÖGB externer Link – siehe auch:
  • Präsentismus – das unsichtbare Phänomen
    Krank in die Arbeit zu gehen, schadet der Belegschaft und dem Unternehmen – die neue AK-Umfrage zeigt: 60 Prozent der Befragten gehen arbeiten, auch wenn sie krank sind
    Wer krank ist, bleibt zu Hause, um nicht auch noch die Kolleg:innen zu gefährden. Im beruflichen Alltag scheint diese Devise allerdings nicht zu gelten: Die Krankenstandstage gehen zurück und die allermeisten Befragten geben an, immer mal wieder krank in die Arbeit zu gehen. Laut einer aktuellen Auswertung der Arbeiterkammer sind die Ergebnisse alarmierend. 60 Prozent der Befragten gehen krank in die Arbeit.  Präsentismus ist im Einzelhandel und im Bereich Gesundheit- und Soziales besonders ausgeprägt – also in jenen Branchen, in denen es oft Probleme mit den Arbeitsbedingungen gibt. Die Gründe sind vielfältig: Sie reichen von einem tiefen Pflichtgefühl gegenüber Kolleg:innen bis hin zu Ängsten vor Kündigung und Arbeitsplatzverlust. Parallel dazu sind diese Beschäftigten signifikant stärker durch Zeitdruck belastet: 37 Prozent der Krank-Arbeitenden geben an, (sehr) stark unter Zeitdruck zu leiden, während es bei den anderen lediglich ein Fünftel ist.
    Krankenstände seit 1980 rückläufig
    Bevor das Coronavirus nach Österreich kam, galt hierzulande vielerorts: Krank zur Arbeit gehen, ist durchaus erwünscht. Und wer daheimbleibt, steht schnell unter Verdacht zu simulieren. Mitte Dezember sorgte die Forderung der Wirtschaft nach strengeren Kontrollen im Krankenstand für Schlagzeilen. Berufsdetektive witterten gleich das große Geschäft und boten unter dem Motto „Ihre Mitarbeiter feiern krank?“ sogenannte Krankenstandsobservationen an.
    Dabei geht die durchschnittliche Anzahl der Krankenstandstage langfristig immer weiter zurück. Laut Fehlzeitenreport erreichten die krankheitsbedingten Fehlzeiten mit 17,4 Krankenstandstagen pro Jahr im Jahr 1980 ihren Höchstwert. Von da an ging es sukzessive nach unten. 1990 waren es durchschnittlich 15,2 Tage, zehn Jahre später waren die Beschäftigten nur mehr rund 14,4 Tage krank, im Jahr 2018 sank der Wert auf 13,1 Kalendertage. Dazu belegen Umfragen der vergangenen Jahre, dass immer mehr Menschen krank zur Arbeit gehen. Die aktuellste ÖGB-Umfrage bestätigt dieses Ergebnis.
    92 Prozent aller Befragten geben in einer Facebook-Umfrage an, schon einmal krank zur Arbeit gegangen zu sein. Viele davon unfreiwillig, weil sie von ihren Vorgesetzten unter Druck gesetzt wurden. Nur 8 Prozent der Facebook-User bleiben bei Krankheit konsequent zu Hause, um sich auszukurieren – auf Instagram sind es 11 Prozent der Befragten, auf Twitter 3 Prozent.
    „Sich krank in die Arbeit zu schleppen, war praktisch Pflicht“
    Der Metallarbeiter Franz*, Anfang 50, kann vom (erzwungenen) Präsentismus ein Lied singen. Sein Chef ist vor einigen Jahren auf die Idee gekommen, „dem Krankenstand“ den Kampf anzusagen. Nicht Gesundheitsförderung war da angesagt, sondern „das Ausspielen der Kollegen gegeneinander“ stand auf der Tagesordnung, erzählt Franz: „Eine Schicht gegen die andere, ein Kollege gegen den anderen. Sich krank in die Arbeit zu schleppen, war praktisch Pflicht“, so Franz. In der Tat, die Krankenstände sanken. Für ihn mit fatalen Folgen. Franz hat Burn-out. Anfang des Jahres begann er eine sechswöchige Rehabilitation. Wann er wieder arbeitsfähig ist, steht derzeit in den Sternen. Auch Alex* hat so seine Erfahrung gemacht. Er steht wenige Monate vor seinem 65. Geburtstag und tritt bald den Gang in die Pension an. Er ist Buchhalter und blickt auf jahrzehntelange Erfahrung zurück. Aktuell ist er im Krankenstand und ärgert sich, weil ihn vor Kurzem sein Chef angerufen und ihn unverhohlen aufgefordert hat, doch endlich wieder in die Arbeit zu kommen. „So lange wie bei Ihnen kann doch keine Grippe dauern“, habe der Chef zu Alex gesagt…“ Beitrag von Toumaj Faragheh vom 11. Oktober 2024 beim ÖGB externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188957
nach oben