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Dolle Minas gegen Femizide in den Niederlanden: Wenn Feministinnen aus den 70ern ihr Comeback geben müssen…

Dossier

Marsch gegen Femizide am 3. August 2025 in den Niederlanden (Rotterdam) - Plakat von „Dolle Minas“Amsterdam. Niederländische Feministinnen wollen etwas für Gleichberechtigung tun und lassen eine Frauenrechtsbewegung aus den 1970er-Jahren wieder aufleben. Beim Marsch für Frauenrechte in Amsterdam vor rund zwei Wochen zeigten sie ihre Kreativität. Mit schreiend bunten Plakaten, beschrieben mit frechen und witzigen Sprüchen, sowie langen Bannern mit politischen Forderungen zogen sie durch die Stadt. Spätestens internationalen Frauentag haben sie den Niederländern gezeigt: Die Dolle Mina ist wieder da. Das ist nicht nur der Name einer feministischen Bewegung aus den 1970er-Jahren, sondern auch der neuen Gruppe Vorkämpferinnen, die sich an den Idealen von vor einem halben Jahrhundert orientieren. Die Frauen (und auch Männer) von heute haben ihre Vorbilder aus der Versenkung geholt, weil sie glauben, dass Frauenrechte in den Niederlanden und weltweit in Gefahr sind…“ Artikel von Sarah Tekath vom 15.03.2025 in nrz.de externer Link („Dolle Minas sind zurück“) – siehe (leider) mehr zum Thema:

  • Dolle Mina auferstanden: »Dieselbe Scheiße, ein anderes Jahrhundert«. In den Niederlanden gehen Feministinnen wieder im Namen der Sozialistin Wilhelmina Drucker auf die Straße New
    „In den Niederlanden haben Aktivistinnen der feministischen Bewegung »Dolle Mina« am Sonnabend symbolisch den »öffentlichen Raum zurückerobert«. In mehreren Städten verlangten sie mehr Sicherheit für Frauen in Stadtparks und auf den Straßen. Schon in den 1970ern sorgten die Dolle Minas für Wirbel in den Niederlanden, verschwanden dann aber 1978 abgesehen von sehr kurzen Intermezzi von der Bildfläche. Seit Anfang des Jahres setzt eine neue Generation von Frauen gemeinsam mit denen der ersten Stunde den Kampf fort. Ihr Motto: »Dieselbe Scheiße, ein anderes Jahrhundert.« Die Wiedergeburt der Dolle Mina fand in den Metropolen statt, in Amsterdam, Utrecht, Rotterdam, Groningen und Den Haag. Der Wille, sich gegen Hass auf Frauen zur Wehr zu setzen, hat aber inzwischen selbst den hintersten Winkel des Landes erreicht. Kein Wunder, laufen doch Frauen stets und überall Gefahr, von Männern angegriffen, vergewaltigt und umgebracht zu werden. In den Niederlanden mit seinen 18 Millionen Einwohnern wird im Durchschnitt alle acht Tage ein Femizid begangen. Das heißt, eine Frau wird ermordet, weil sie eine Frau ist. Erst jüngst erschütterte der Fall der 17 Jahre alten Lisa das Land. Die junge Frau hatte sich am 20. August im Zentrum von Amsterdam mit Freunden getroffen und machte sich nachts alleine mit dem Fahrrad auf den Heimweg. Auf halber Strecke fand die Polizei später ihre Leiche. Ein 22jähriger sitzt als Verdächtiger in U-Haft. Für viele Frauen war die Tat der Auslöser, sich danach der Dolle Mina anzuschließen. Die Bewegung bezieht sich auf die frühe Feministin, Journalistin und sozialistische Politikerin Wilhelmina »Mina« Drucker (1847–1925), eine Ikone der niederländischen Frauenbewegung. Drucker nahm 1891 am zweiten Kongress der Zweiten Internationalen in Brüssel teil. Mit anderen Genossinnen setzte sie dort durch, dass alle sozialistischen Parteien die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in ihr Programm aufnehmen müssen. Auch wegen ihrer Aufrufe zu öffentlichen Verbrennungen von Korsetts als Symbol der Unterdrückung erhielt Drucker im Laufe ihres Lebens den Beinamen »Dolle Mina«, was übersetzt »Verrückte Mina« bedeutet. In ihrer Heimatstadt Amsterdam erinnert seit 1939 eine Bronzestatue an die sozialistische Frauenrechtlerin. Auf dem Sockel steht ein Zitat aus der von Drucker herausgegebenen Wochenzeitschrift Evolutie (Evolution): »Frauen, haltet die Fackel am Brennen«. Die Losung nahmen sich 1969 erneut Frauen zu Herzen und gründeten die Bewegung Dolle Mina. (…) Die Bewegung fordert unter anderem schärfere Gesetze gegen Stalking als mögliche Vorstufe zu einem Femizid.“ Artikel von Gerrit Hoekman in der jungen Welt vom 12. September 2025 externer Link
  • Femizide in den Niederlanden: Die Dolle Minas sind zurück
    In den Niederlanden bringt der Mord an einer 17-Jährigen das Thema Femizid in die Schlagzeilen. Auch eine feministische Ikone der 1970er tritt wieder auf. „Wir fordern die Nacht zurück“– die Losung ist allgegenwärtig, wenn in den Niederlanden in diesen Tagen die neue kulturelle Saison beginnt. In Bars und Clubs, Kinos und Theatern begegnet man ihr. In mehreren Städten erstrahlten Dienstagnacht Hauswände und markante Bauwerke in Orange, darunter der Amsterdamer Hauptbahnhof oder die Erasmus-Brücke in Rotterdam. (…) Die Dauerpräsenz des Mords und der Vergewaltigung in den Medien, die erst in den letzten Tagen miteinander verknüpft wurden, haben offenbar einen Stein ins Rollen gebracht: In zahlreichen Medien berichteten Mädchen und Frauen von ihren Erfahrungen als Opfer sexueller Belästigung und Gewalt durch Männer – und der Struktur dahinter. (…)
    Wiederkehr der „Dolle Minas“
    Die Debatten vollziehen sich nicht im luftleeren Raum. Erst in diesem Sommer sorgte die Nachricht, dass sich in den vermeintlich so emanzipierten Niederlanden 40 bis 50 Femizide jährlich ereignen, durchschnittlich also etwa jeden achten Tag, für Aufsehen. Auf der politischen Agenda spielt das Thema bislang eine untergeordnete Rolle – was auch einer der Gründe dafür ist, dass in diesem Jahr eine feministische Bewegung der ersten Stunde wieder die Bühne betrat: die „Dolle Minas“. Anfang des Jahres verbrannten sie in Amsterdam ein Korsett, am gleichen Ort, an dem sie dies erstmals 1970 taten. „Dolle Minas“ heißt soviel wie „verrückte Minas“ und bezieht sich auf Wilhelmina Drucker, eine Feministin der ersten Stunde, an deren Monument in Amsterdam die erste Verbrennung stattfand. „Same shit, different century“, heißt es auf ihrer Webiste dazu. „Der Kampf um Freiheit und Gleichheit ist noch lange nicht vorbei.
    “…“ Artikel von Tobias Müller vom 27.8.2025 in der taz online externer Link
  • Gegen die Gewalt an Frauen: In den Niederlanden wird über Maßnahmen gegen Femizide debattiert
    „Ein Jahr nach der Tötung der 22-jährigen Jihaneve aus Zoetermeer hat jetzt ein Gericht in Den Haag das Urteil gesprochen. Der Täter Arnold O., ihr Partner, hatte im Sommer 2024, zwei Wochen nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes, Zweifel an der Vaterschaft geäußert. Als der Streit eskalierte, stach er 258-mal mit einem Messer auf die junge Frau ein. O. filmte die Tat mit seinem Handy. Das Urteil: Fünf Jahre Haft, mit anschließender TBS, einer Maßnahme im niederländischen Strafrecht, bei der psychisch kranke Straftäter nach ihrer Haftstrafe auf unbestimmte Zeit in eine forensisch-psychiatrische Klinik eingewiesen werden, wenn sie weiterhin als gefährlich gelten. (…) Ende 2023 gab das Institut für Frauen- und Emanzipationsgeschichte Atria neue Zahlen bekannt. Durchschnittlich alle acht Tage wird demnach in den Niederlanden eine Frau ermordet. Erhebungen des niederländischen Büros für Statistik CBS bestätigen dies. Im Jahr 2022 stieg die Zahl der weiblichen Opfer von 38 auf 48. Bei sechs von zehn Frauen, die in den letzten fünf Jahren ermordet wurden, war der Täter ein früherer oder aktueller Partner, so CBS. Die Dunkelziffer liegt vermutlich höher, da Femizide statistisch nicht gesondert erfasst werden. Häufig laufen sie unter Rubriken wie Familiendrama oder Beziehungsdelikt. Auch Veilig Thuis, die nationale Beratungs- und Meldestelle für häusliche Gewalt, meldet eine Zunahme von Angriffen auf Frauen. Im Juni dieses Jahres gingen dort 25 127 Anrufe ein, 31 Prozent mehr als im Juni des vergangenen Jahres und ein trauriger Rekord. (…) Am vergangenen Sonntag zogen in Rotterdam mehr als 1000 Menschen durch die Innenstadt, um ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen zu setzen. (…) Anlass für den Protest waren zwei kürzlich verübte Femizide. Die 39-jährige Joeweela wurde am 16. Juli in Gouda auf der Straße vor den Augen ihrer Kinder von ihrem Ex-Mann erschossen. Zwei Tage später wurde in Vlijmen in Brabant eine 38-jährige Frau ermordet. Bei dem Tatverdächtigen handelt es sich um ihren Lebensgefährten. (…) Im Juni 2024 hatte die Regierung den Aktionsplan »Stop Femicide« vorgestellt. Ziel ist es, Warnsignale wie Stalking, psychische Gewalt oder soziale Isolation früher zu erkennen und systematisch zu verfolgen. Der Plan sieht unter anderem Schulungen für Polizei, Gesundheitsdienste und Justiz sowie eine bessere statistische Erfassung vor. Dafür wurden zehn Millionen Euro pro Jahr bereitgestellt. Jihaneve, Joeweela und Sanne hätten derartige Hilfe gebraucht – rechtzeitig, konsequent, systematisch und fundiert. Ob der Plan mehr leistet als symbolische Politik, wird sich daran messen lassen, ob künftig keine Namen mehr dazukommen.“ Artikel von Sarah Tekath vom 8. August 2025 in Neues Deutschland online externer Link

Siehe auch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=230597
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