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So war der „nettere deutsche Kolonialismus“ der Hohenzollern in Namibia: Es heißt „Reparation für Völkermord“, Frau Bundesregierung

Dossier

Von deutschen Truppen 1905 ermordet: Hereros im Widerstand„… Namibia hat ein Entschädigungsangebot Deutschlands bei den Verhandlungen zur Aufarbeitung der Kolonialzeit abgelehnt. Das Angebot der Bundesregierung, zehn Millionen Euro als Wiedergutmachung zu zahlen, sei für Präsident Hage Geingob weiter »nicht akzeptabel«, zitierte die Zeitung »The Namibian« am Dienstag den Berater des Präsidenten, Alfredo Hengari. (…) Der Völkermord ist unumstritten: Zwischen 1904 und 1908 hatte die deutsche »Schutztruppe« im damaligen Deutsch-Südwestafrika einen Vernichtungskrieg gegen die Herero und die Nama geführt, bei dem bis zu 100 000 Herero und Nama ihr Leben ließen. Hengari sagte der Zeitung zufolge, die deutsche Regierung habe zugestimmt, eine »bedingungslose Entschuldigung« an die namibische Regierung, ihr Volk und die betroffenen Gemeinden zu richten. Allerdings wolle Deutschland nicht den Begriff »Reparationen« benutzen. Stattdessen wolle man von »Heilung der Wunden« sprechen. Das namibische Verhandlungsteam halte diesen Begriff aber für unzureichend. (…) Ähnlich äußerte sich Christian Kopp, Sprecher der Initiative Berlin Postkolonial: »Ein Land, das über 600 Millionen Euro für den Wiederaufbau des Schlosses der für den Völkermord verantwortlichen Hohenzollern in Berlin ausgibt, kann den Opfern kein Almosen von zehn Millionen Euro als Entwicklungshilfe anbieten!«…“ – aus dem Beitrag „Namibia lässt sich nicht abspeisen“ von Martin Ling am 12. August 2020 in nd online externer Link – der auch noch den Hinweis darauf enthält, dass man die Täter-Familie namens Hohenzollern zur Entschädigung für ihre Verbrechen mit heranziehen könnte. Siehe dazu auch einen aktuellen Beitrag zu den Winkelzügen der Bundesregierung im Dienste aristokratischer Banden (und deutscher Tradition, versteht sich) und nun die Einigung (?):

  • Proteste in Namibia verhindern Ratifizierung eines Berliner Versuchs, Entschädigungsforderungen für den Genozid an den Herero und Nama billig abzuwehren New
    „Heftige Proteste haben in Namibia den Versuch der Bundesregierung vorläufig gestoppt, die Forderung nach angemessenen Entschädigungen für den Genozid an den Herero und Nama auszuhebeln. Berlin hatte sich mit der Regierung in Windhoek auf ein vorgebliches Versöhnungsabkommen geeinigt, das den Genozid lediglich politisch, nicht aber juristisch anerkennt und daher keine förmlichen Reparationen, sondern nur freiwillige Zahlungen im Wert der bisherigen deutschen Entwicklungshilfe vorsieht. Bedeutende Organisationen der Herero und Nama weisen es zurück und haben am Dienstag seine Ratifizierung im namibischen Parlament verhindert…“ Bericht vom 23. September 2021 von und bei German-Foreign-Policy.com externer Link als „Die Berliner Reparationsverweigerung (II)“
  • Moralische Verantwortung? In Namibia sorgt das neue Abkommen mit Deutschland für Konflikte 
    „Ende Mai 2021 kamen die Verhandlungen zwischen der namibischen und der deutschen Regierung über die Konsequenzen des Genozids 1904 bis 1908 an Ovaherero und Nama im damaligen Deutsch-Südwestafrika zu einem Abschluss. Doch Interessenvertretungen überlebender Nachfahren kritisieren die Vereinbarung scharf. In dem Abkommen wird von deutscher Seite anerkannt, dass es sich bei dem staatlich verordneten Massenmord in der damaligen deutschen Kolonie um einen Genozid gehandelt hat. 1904–08 hatte das gezielte Vorgehen der »Schutztruppe« gegen den antikolonialen Widerstand zum Tod von bis zu 80 Prozent der dort lebenden Ovaherero und von der Hälfte der Nama geführt. Die Formulierung dieser Anerkennung, dass »die in Phasen des Kolonialkrieges verübten abscheulichen Gräueltaten in Ereignissen gipfelten, die aus heutiger Perspektive als Völkermord bezeichnet würden«, hält sich freilich sorgfältig in dem Rahmen, den Josef Fischer bereits 2003 vorgegeben hatte: Er hatte eine »entschädigungsrelevante Entschuldigung« ausgeschlossen. Dementsprechend »akzeptiert« Deutschland lediglich »eine moralische, historische und politische Verpflichtung, sich für diesen Völkermord zu entschuldigen und in der Folge die für eine Versöhnung und für den Wiederaufbau erforderlichen Mittel bereitzustellen«. Daraus wird im Weiteren ein »Zuschuss« für »Entwicklung«. Es geht demnach nicht um einen aus schwerem Unrecht und Menschenrechtsverletzungen entstehenden Anspruch der Geschädigten, sondern vielmehr um eine etwas abgewandelte Form der Entwicklungszusammenarbeit. Das hat entscheidende Auswirkungen auf die Verfügungsmöglichkeiten über diesen Entwicklungsfonds. (…) Unmittelbar nach der Unterzeichnung der als Joint Declaration bezeichneten Vereinbarung sickerten Einzelheiten durch, so dass noch vor Beendigung des offiziellen Stillschweigens erste Proteste laut wurden. Dazu zählte vor allem eine gemeinsame Erklärung der Ovaherero Traditional Authority (OTA) und der Nama Traditional Leaders Association (NTLA). Die Einwände von Ovaherero und Nama richteten sich zum einen gegen die als unwürdig empfundene Höhe dieses »Zuschusses« von 1,1 Mrd. Euro, der über 30 Jahre verteilt werden soll. Zum anderen lehnten sie die im Abkommen festgelegte Zuweisung zu einzelnen Bereichen von Infrastrukturmaßnahmen bis zur Erinnerungspolitik ab. Auf all diesen Ebenen fordern Opfergruppen ihre maßgebliche Beteiligung an den Entscheidungen…“ Artikel von Reinhart Kößler aus iz3w 386 vom Sept./Okt. 2021 externer Link
  • [Namibia] Anerkennung des Genozids an den Herero und Nama: Überfällig und doch ein PR-Coup 
    „… Im Juli 2016 verabschiedete der Bundestag die Resolution, den Völkermord an den Herero und Nama von 1904 bis 1908 in „Deutsch-Südwestafrika“ zu anerkennen. Seitdem liefen Verhandlungen darüber, wie die Anerkennung formalisiert werden soll und welche Konsequenzen daraus hervorgehen müssen. Heute, am 28. Mai, kündigte der Außenminister Heiko Maas an, sich mit der Regierung von Namibia über ein Aussöhnungsabkommen geeinigt zu haben. Laut dem Abkommen soll die deutsche Regierung das Kolonialverbrechen eingestehen und ein Investitionsprogramm in Höhe von 1,1 Milliarden Euro (über einen Zeitraum von 30 Jahren verteilt) für die sozialen Projekte in der vom Völkermord betroffenen Regionen zur Verfügung stellen. Damit sollen Gelder in die Wasserversorgung, Elektrifizierung, Bau von Straßen, Schulen und Wohnungen sowie die landwirtschaftliche Entwicklung fließen. (…) Das Ergebnis des Aussöhnungsabkommens ist nur lächerlich und stößt berechtigterweise auf die Unzufriedenheit der Nachfahren von Völkermord-Opfern. So kritisieren die traditionellen Führungsgruppen von Herero und Nama das beschränkte Abkommen und fordern die Regierung dazu auf, es nicht zu bewilligen. Laut den Aussagen der Vertretungsgruppen soll die deutsche Regierung mit der namibischen Regierung hinter geschlossenen Türen verhandelt haben, sodass es den Nachfahren von Opfern des Völkermordes nicht möglich war, an den Gesprächen teilzunehmen. Darüber hinaus wird kritisiert, dass es bei der Anerkennung des Genozids nicht um die Versöhnung geht, sondern der deutsche Staat Reparationszahlungen vornehmen und eine offizielle Entschuldigung vom höchsten Amt aussprechen müsse. Die traditionelle Forderung nach der Rückgabe von Land, das den weißen Farmer:innen gehört, bleibt in diesem Abkommen ausgeklammert. Die Farmer:innen gelten als weiße Siedler:innen, die die Minderheit der Bevölkerung ausmachen. Joyce Muzengua, Sprecherin von Landless People’s Movement (LPM), kritisiert ebenfalls das Abkommen und die Haltung der namibischen Regierung: “Es handelt sich um ein bilaterales Abkommen, das die Herero und Nama nicht einbezieht (…) Die LPM vertritt den Standpunkt, dass, wenn Namibia Geld von Deutschland erhält, dieses an die traditionellen Autoritäten der betroffenen Gemeinden gehen sollte und nicht an die Regierung.”…“ Beitrag von Baran Serhad vom 28. Mai 2021 bei ‚Klasse gegen Klasse‘ externer Link, siehe auch:

    • Volksgruppen in Namibia lehnen Aussöhnungsabkommen mit Deutschland ab: Herero-Gruppen sehen Abkommen zum Völkermord als PR-Coup Deutschlands
      „Ein Verband von Häuptlingen der Volksgruppen der Herero und Nama hat das von Deutschland vorgeschlagene Abkommen abgelehnt, durch das die Bundesregierung die Verbrechen der deutschen Kolonialmacht vor mehr als 100 Jahren im heutigen Namibia als Völkermord anerkennt. Sie fordern, dass die geplante Unterzeichnungszeremonie zwischen Deutschland und Namibia verschoben wird. Die von der Bundesregierung angebotenen Unterstützungszahlungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro über 30 Jahre seien »eine schockierende Offenbarung«, »inakzeptabel« und ein »Affront gegen unsere Existenz«, erklärten Vertreter des von der namibischen Regierung anerkannten Rates der Häuptlinge in einer am Montag veröffentlichten Mitteilung. Der »beleidigende Betrag« werde abgelehnt. Zwar begrüße der Rat die Anerkennung des Völkermords durch die Bundesregierung, das Schuldeingeständnis für die mehr als 100 Jahre zurückliegenden Gräueltaten und die geplante Bitte um Vergebung. Die Reparationsfrage müsse jedoch neu verhandelt werden, hieß es. Die Ovaherero Traditional Authority, eine weitere Herero-Gruppe, hatte das Nachkommen vergangene Woche bereits als PR-Coup Deutschlands und Betrug der namibischen Regierung bezeichnet…“ Meldung vom 31. Mai 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Kolonialismus: Deutschland erkennt Verbrechen an Herero und Nama als Völkermord an 
    Nach jahrelangen Verhandlungen will sich die Bundesrepublik mit dem heutigen Namibia aussöhnen. Es geht um ein Schuldeingeständnis, eine Bitte um Vergebung – und um einen Milliardenbetrag. Mehr als 110 Jahre nach dem Völkermord an den Herero und Nama im heutigen Namibia bekennt sich Deutschland zu seiner historischen Schuld und bittet um Vergebung. (…) In einer gemeinsamen Erklärung erkennt Deutschland die Geschehnisse in der damaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika zwischen 1904 und 1908 als Völkermord an und sagt als „Geste der Anerkennung“ Zahlungen in Höhe von 1,1 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 30 Jahren zu. (…) Über den Wortlaut der Deklaration war seit September 2015 in neun Verhandlungsrunden unter Leitung des CDU-Politikers Ruprecht Polenz und des namibischen Chefunterhändlers Zedekia Ngavirue gerungen worden…“ Artikel von Daniel Brössler vom 28. Mai 2021 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • „Streit über Wiedergutmachung für Kolonialverbrechen in Namibia“ am 12. August 2020 bei den Welt-Sichten externer Link zur offiziellen Reaktion der Bundesregierung (ihrer kriminellen „Majestäten“?) auf die namibische Haltung: „… Das Auswärtige Amt wollte die Erklärung der namibischen Regierung nicht kommentieren und verwies auf die vereinbarte Vertraulichkeit der Gespräche. Beide Seiten seien sich einig, dass die Gespräche weiterlaufen, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Mittwoch in Berlin. Ziel sei unverändert, dass am Ende eine Bitte um Entschuldigung von deutscher Seite stehe. Der Sprecher äußerte sich auch nicht zu einem eventuellen deutschen Angebot, auf die sich die namibische Regierung berufen hat. Regierungssprecher Steffen Seibert ergänzte, die Bundesregierung hoffe, dass die Gespräche „bald“ zu einem Ergebnis kommen. Zuletzt stand im Raum, dass die Gespräche 2021 abgeschlossen werden könnten. Namibische Medien berichteten, die Bundesregierung habe sich bereiterklärt, zehn Millionen Euro an Namibia zu zahlen und eine vorbehaltlose Entschuldigung auszusprechen. Präsident Geingob hatte Anfang Juni bereits angekündigt, ein solches Angebot abzulehnen. Nach einer weiteren Verhandlungsrunde habe er am Dienstag den namibischen Verhandlungsführer Zed Ngavirue beauftragt, über ein neues Angebot zu verhandeln, heißt es in der Erklärung der Regierung. Streitpunkt ist neben der Höhe der Wiedergutmachung auch deren Bezeichnung. Die Bundesregierung lehnt den Begriff Reparationen ab und spricht stattdessen von der Aufgabe, „Wunden zu heilen“. Ngavirue bezeichnet diesen Ausdruck als unangemessen…“
  • Siehe zuletzt zum Thema: Warum die deutsche Kolonialmacht gegenüber den berechtigten Ansprüchen aus Namibia auf das Völkerrecht pochen will: Wer wohl dieses Recht gemacht hat?
  • Und Grundlegend: 100 Jahre nach Ende des deutschen Kolonialismus in Namibia: Völkermord ist Völkermord
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=176768
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