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Der Putsch in Mali: Warum er zunächst bejubelt wurde – und warum bundesdeutsche Medien in der eigenen Propaganda gefangen bleiben…

Militärputsch in Mali: Für eine demokratische Zukunft?„… Als das Militär in Mali die Macht übernahm, jubelten die Menschen auf den Straßen. Dem waren wochenlange Proteste und gewaltsame Auseinandersetzungen vorausgegangen. Sie richteten sich nicht nur gegen die abgesetzten Politiker sondern auch gegen die fremden Truppen im Land. „Die Parole „Tod Frankreich und seinen Verbündeten“ war erst vor wenigen Tagen auf den Schildern von Demonstranten in Bamako zu lesen … [,und sie werden] immer häufiger als Besatzungsmacht beschimpft und aufgefordert, das Land zu verlassen“. „Die Forderung eines Abzugs der französischen Truppen findet in allen fünf Sahel-Staaten Gehör“. Die  französische Armee läuft Gefahr, verjagt zu werden, „weil sie als Stütze der korrupten und autoritären afrikanischen Führungseliten wahrgenommen“ wird. Offensichtlich wird auch den westlichen Berichterstattern die Widersprüchlichkeit zwischen den wirklichen Ereignissen und ihrem westlich bestimmten Blickwinkel auf die Ereignisse immer deutlicher. Solch massive gesellschaftliche Verwerfungen und Auseinandersetzungen lassen sich nicht alleine aus einer Islamismus-Theorie erklären. Die westliche Darstellung religiöser Konflikte als Ursache der Unruhe in der Sahel-Zone bekommt Risse. So stellt der Berichterstatter fest, dass im Stamm der Dogon, einem der großen Stämme der Sahel-Zone „die große Mehrheit … mittlerweile muslimisch ist. Andere hängen dem katholischen Glauben an“. Die Religion scheint also dem Stamm selbst weniger bedeutend zu sein, als es bisher den westlichen Berichterstattern war. Jedenfalls scheint dort das Zusammenleben von Christen und Muslimen unproblematisch zu sein. Immer öfter kommen in der Berichterstattung nun die grundlegenden Fragen der Lebensumstände in den Blick westlicher Kommentatoren. „Die gegenwärtigen Auseinandersetzungen sind auch ein Kampf um die immer knapper werdenden Ressourcen“. Dementsprechend geht es bei den Konflikten weniger um religiöse Fragen, wie westliche Berichterstatter es den Medienkonsumenten oft zu erklären versuchen. Denn „insbesondere der Konflikt zwischen den Ackerbauern … und den Viehzüchtern … eskaliert zusehends.“ Da geht es nicht um Glaubensfragen, sondern um die für das Überleben wichtigen Fragen von Wasserrechten und Landnutzung. „Als Reaktion auf die wachsende Unsicherheit im Land bildeten viele der 18 größten Volksgruppen Malis Milizen zur Selbstverteidigung. Immer häufiger eskalieren seitdem Kämpfe um Wasser und Weideland.“ „Die Lage ist heute schlimmer als 2012 … die Sicherheitslage ist eine einzige Katastrophe, die Wirtschaft kollabiert. Der Unmut über die dieses Chaos habe die Menschen schließlich auf die Barrikaden getrieben“...“ – aus dem Beitrag „Menetekel Mali“ von Rüdiger Rauls am 19. September 2020 bei scharf links externer Link über die sozialen Ursachen der Massenproteste in Westafrika und über die politischen Ursachen der Desinformation in (nicht nur, aber vor allem) bundesdeutschen Medien. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Beitrag zu den Perspektiven in Mali und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum Putsch und seinen Folgen:

  • „Quel avenir pour le Mali ?“ von Paul Martial am 18. September 2020 bei der ARC externer Link ist ein Diskussionsbeitrag in der französischen NPA, der neben der Darstellung der Entwicklung zum Putsch auch vor allem die Frage behandelt, welche Möglichkeiten progressive Kräfte in Mali haben, sich innerhalb der Konfrontation der 5. Juni Bewegung (vor allem) des Imam Dicko und eben der Militärjunta eigenständig zu behaupten – und kommt zum Urteil, das werde ausgesprochen schwierig werden…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178355
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