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Alle zwei Stunden stirbt in Lateinamerika eine Frau eines gewaltsamen Todes
Dossier
„Mehr als 4.000 Frauen sind im Jahr 2022 in Lateinamerika Opfer von Femizid geworden, was dem Tod einer Frau alle zwei Stunden entspricht, so das Observatorium für Geschlechtergleichstellung in der Region. Die Berichte umfassen 26 Länder und Territorien in diesem geografischen Gebiet, die Informationen zur Verfügung gestellt haben. Kuba weist die niedrigste Rate in der Region auf. Nach diesen Schätzungen ist Honduras das Land mit den meisten Verbrechen dieser Art, mit sechs pro 100.000 Frauen, gefolgt von der Dominikanischen Republik, El Salvador und Uruguay. (…) Spezifische nationale Erhebungen in zehn lateinamerikanischen und karibischen Ländern zeigen, dass zwischen 42 und 79 Prozent der Frauen in verschiedenen Situationen geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt sind…“ Übersetzung aus Prensa Latina am 26.11.2023 in amerika21
und dazu:
- Ihre gerechte Strafe. Täter sozial ächten – macht das die Gesellschaft besser?
„Im Repertoire feministischer Interventionen sind sie in den letzten zehn Jahren in Lateinamerika immer wichtiger geworden: die Escraches. So heißen sie in Argentinien und Kolumbien, in Chile und Mexiko auch Funas. Dabei wird öffentlich Anklage erhoben, und zwar außerhalb des staatlichen Justizwesens. Plakate, Graffiti, Sprechchöre und Posts in sozialen Medien machen auf Personen aufmerksam, die wegen patriarchaler Gewalt oder Übergriffen beschuldigt werden. Eine notwendige Strategie, weil der Staat solche Taten nicht angemessen verfolgt, meinen die einen. Unsere Autorin argumentiert: Gerechtigkeit schaffen wir so nicht.
Feministische Escraches sollen Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt, Belästigung oder Missbrauch öffentlich machen. Doch entstanden sind die Escraches in einem anderen Kontext. In Argentinien begnadigten die Regierungen der Unión Cívica Radical (etwa: Radikale Bürgerunion) und der Peronistischen Partei zwischen 1986 und 1990 verurteilte Straftäter der Militärdiktatur (1976-83). Als Reaktion darauf beschlossen die Kinder der Opfer, die Täter unter dem Motto „Wenn es keine Gerechtigkeit gibt, gibt es Escraches“ öffentlich anzuklagen. In Chile wurde die Funa-Kommission gegründet, um auf nicht verurteilte und unerkannt lebende Mitglieder der Pinochet-Regierung aufmerksam zu machen. Weil die damalige staatliche Strafjustiz ihre Verbrechen nicht verfolgte, sollte so eine soziale Bestrafung erreicht werden.
Feminist*innen übernehmen die historische Strategie
Durch die digitalen Medien wurden Escraches einfacher und bekamen eine nie dagewesene Reichweite. Zwischen 2015 und 2020 gab es in der Region eine riesige Welle feministischer Escraches. Das hat verschiedene Gründe: Zwischen den Ländern in unserer Region verbreiten sich neue Ideen und Aktionsformen sehr schnell, generell gewannen die Feminismen an Stärke, und die Formen von Gewalt, denen vor allem Frauen ausgesetzt sind, wurden viel stärker wahrgenommen. (…)
Strafe von unten nach oben umverteilen
Der Hauptgrund für feministische Escraches ist das Bewusstsein, dass die Übergriffe vom staatlichen Justizsystem nicht verfolgt werden. Der moderne Staat ist ein patriarchaler Apparat. (…) Wer nicht vom staatlichen System verfolgt wird, den trifft die soziale Bestrafung von unten. So häufen sich Sprüche wie „Die Angst hat die Seite gewechselt“, „Keine Aggression ohne Antwort“ oder „Feministische Patrouillen“. Sie kündigen das Ende der Straflosigkeit an und fordern, keine Zugeständnisse bei den Vergeltungsmaßnahmen zu machen. (…)
Aber jetzt, wo die erste Aufregung um die Escraches sich ein bisschen gelegt hat, tauchen immer mehr Fragen auf. Auch von denen, die selbst an Escraches beteiligt waren.
Gerechtigkeit ist mehr als Strafe
Je mehr sich die Welle der Escraches über das feministische Territorium ausbreitete, desto größer wurden die Bedenken bei Wissenschaftler*innen sowie Aktivist*innen. Es geht etwa darum, ob die Personen, die Anklage erheben, genug geschützt werden. (…)
Aus einer antipunitivistischen Haltung, die sich generell gegen die Straflogik wendet, muss dringend darauf hingewiesen werden, dass die Escraches mit ihrer sozialen Bestrafung die Kultur der Strafe fördern, selbst wenn es keine juristischen oder institutionellen Strafen sind. Je mehr gestraft wird, desto mehr wird diese Straflogik verbreitet. Und niemand garantiert, dass sich diese Straflogik nicht am Ende gegen die Schwächsten richten wird. Gegen die, die am meisten unterdrückt werden und die der Feminismus eigentlich schützen will. (…) Vor uns liegt eine Herausforderung: die bisherigen Interventionen und Aktionen zu hinterfragen und andere Wege zu suchen, um Gerechtigkeit zu schaffen.“ Artikel von Moira Pérez in der Übersetzung durch Laura Heldin der ila 482 vom Februar 2025
mit dem Schwerpunkt „Feministische Interventionen“ – wir empfehlen das gesamte Heft und am besten ein Abo!
- Lateinamerika: Getötet, weil sie Frauen waren. Zahl der Femizide weiterhin hoch – Straflosigkeit und mangelnde institutionelle Unterstützung befördern Gewalt
„Camila Ortega, acht Jahre alt, Taxco, Mexiko – tot. Sofía Delgado Zúñiga, zwölf Jahre alt, Bogotá, Kolumbien – tot. Sheyla Cóndor, 26 Jahre alt, Lima, Peru – tot. Weshalb? Weil sie Mädchen oder Frauen waren. Die Rede ist vom Femizid, also der Ermordung von Frauen wegen ihres Geschlechts. Laut der Weltgesundheitsorganisation (2023) hat weltweit etwa jede dritte Frau in ihrem Leben körperliche und/oder sexualisierte Gewalt erlebt. Lateinamerika verzeichnet besonders hohe Raten: sieben von zehn Mädchen und acht von zehn Frauen sind in ihrem Leben in irgendeiner Form mit geschlechtsspezifischer Gewalt konfrontiert, wie ein Oxfam-Report 2024 zum Thema zeigt. Die Gewalt ist allgegenwärtig und äußert sich nicht nur in der häuslichen Sphäre, sondern auch im öffentlichen Raum und zunehmend in sozialen Netzwerken, wo Frauen bedroht und angegriffen werden, resümiert die Organisation. Die Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik (CEPAL) berichtete, dass im Jahr 2023 mindestens 3.897 Frauen in der Region Opfer von Femiziden wurden – das entspricht elf geschlechtsspezifischen Tötungen pro Tag. Für 2024 sind die Zahlen ähnlich besorgniserregend. (…)
Eine der Hauptursachen für die hohe Zahl an Femiziden ist die weitverbreitete Straflosigkeit. In vielen Fällen werden Morde an Frauen nicht als Femizid eingeordnet, da das Motiv des Täters – der geschlechtsspezifische Aspekt – oft nicht eindeutig nachgewiesen werden kann. Zivilgesellschaftliche Organisationen bringen die hohen Zahlen in Lateinamerika mit der noch immer vorherrschenden Machokultur in Zusammenhang. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte (IACHR) verurteilte bereits 2009 den mexikanischen Staat für seine Untätigkeit in Fällen geschlechtsspezifischer Gewalt und forderte umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Femiziden. (…)
Laut Oxfam gehören die Hauptopfer zu historisch benachteiligten Gruppen: junge, mestizische und arme Frauen, die oft wenig Zugang zu Bildung und wirtschaftlichen Ressourcen haben. Diese Frauen sind nicht nur besonders gefährdet, Opfer von Gewalt zu werden, sondern auch von einem Justizsystem, das ihre Rechte nicht schützt. Soziale Bewegungen wie »#NiUnaMenos« (Nicht eine mehr) spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen Femizide. In Argentinien, wo die Bewegung ihren Ursprung hat, mobilisierten Frauen im November erneut Hunderttausende, um auf die andauernde Gewalt aufmerksam zu machen. In Kolumbien und Mexiko setzen Aktive zunehmend auf digitale Plattformen und Schutzapps, die bei Gewalt helfen, Daten zu dokumentieren und Netzwerke zu schaffen. Services wie »Femitaxis«, die auf weibliches Fahrpersonal setzen, bringen Frauen sicher nach Hause. Zwar haben viele Länder Femizidgesetze erlassen, doch die Umsetzung scheitert oft an fehlenden Ressourcen und institutionellen Kapazitäten. Es braucht höhere Investitionen in Präventionsprogramme, Bildung und psychosoziale Unterstützung für Opfer sowie eine Stärkung der Justizsysteme. Die Aufstockung von Mitteln für geschlechtsspezifische Gerechtigkeit ist unerlässlich, insbesondere für ethnische Minderheiten, die besonders stark betroffen sind, fordert auch Oxfam. Feministische Organisationen verlangen zusätzlich einen nachhaltigen Wandel, der Frauen stärkt und patriarchale Strukturen aufbricht, um die Gewaltspirale zu durchbrechen.“ Beitrag Artikel von Sara Meyer in der jungen Welt vom 3. Januar 2025
Siehe auch:
- das Dossier Frauenmorde
bei amerika21 und bei uns:
- Argentinien » Dossier: Frauen in Argentinien gegen die Kettensäge, Femizide und den Machismo: „Ni una Menos“ (Nicht eine weniger)
- Chile » Dossier: Die neue Frauenbewegung in Chile: Proteste erzielen erste Zugeständnisse, nicht nur bei Abtreibung
- Ecuador: Landesweite Empörung in Ecuador nach Femizid an María Belén Bernal
- Kuba: Spätes feministisches Erwachen auf Kuba: Nach dem 16. Femizid allein in 2023 ist die Schweigespirale durchbrochen
- das Dossier: Internationaler Kampf gegen Gewalt gegen Frauen nicht nur am Orange Day 25. November