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Protesttag am 21. September 2020 in Kolumbien: „Lasst uns friedlich gegen Gewalt und antisoziale Politik demonstrieren“. Die Polizei antwortet: „Nein.“

Dossier

Protesttag am 21. September 2020 in KolumbienFür Montag, den 21. September 2020 hatten kolumbianische Gewerkschaften (alle drei Föderationen), eine große Zahl sozialer Gruppierungen (nicht zuletzt aus der indigenen Bevölkerung) sowie demokratische Vereinigungen und Initiativen zu einem landesweiten Protesttag aufgerufen. Mit ihm sollte protestiert werden gegen die aktuelle Welle des Polizeiterrors, gegen die (vor allem in „entlegenen Regionen“) fast schon alltägliche Mordserie an sozialen Aktivistinnen und Aktivisten (über 60 Mordopfer nur in 2020, wir berichteten) sowie gegen die Regierungspolitik, deren Konjunkturpakete und anderen wirtschaftlichen und sozialen Maßnahmen nichts anderes bedeuten, als eine weitere neoliberale Offensive im Dienste der Unternehmen. Die Gewerkschaftsverbände – im Gegensatz zu manch anderen Aufrufenden – legten dabei offensichtlich Wert darauf, den Aktionstag nicht als Generalstreik zu organisieren, sondern mobilisierten für eine „Nationale Karawane“ – und schaut man sich beispielsweise die Twitter-Kanäle aller drei Föderationen an, legten sie auch Wert darauf, die Proteste seien „friedlich“. Gefühlt etwa in jedem Tweet wird das unterstrichen – allein: Es half nicht. Ob in Bogota, Medellin oder sonstwo: Die Horden der ESMAD-Antiaufruhr-Polizei überfielen die Demonstrationen mit extremer Härte. Die Regierung Duque – in letzter Zeit aus lauter Bedrängnis das eine oder andere Mal entfernt polizeikritisch – ließ sie los, weil Opposition gegen die langjährigen Zustände und gegen ihre aktuelle Politik nicht sein darf– zu groß das Potenzial für Veränderungen, die von den herrschenden Kolumbiens nicht erwünscht sind. Siehe zum Protesttag am 21. September in Kolumbien eine kleine Sammlung aktueller Beiträge (darunter mehrere Videoberichte über Proteste und Polizeiterror am Montag) sowie einen Hintergrundbeitrag  – und den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur Bewegung gegen den Polizeiterror:

  • Bericht bestätigt: Kolumbianische Polizei tötete am 21.9.20 mindestens 11 Menschen, die gegen Polizeigewalt protestierten New
    In Kolumbien hat eine unabhängige, von den Vereinten Nationen unterstützte Untersuchung ergeben, dass die kolumbianische Polizei für die Tötung von mindestens 11 Menschen während der massiven Proteste gegen Polizeibrutalität in Bogotá im September 2020 verantwortlich war. Die Proteste waren eine Reaktion auf die Tötung von Javier Ordóñez, einem zweifachen Familienvater, der starb, nachdem er von kolumbianischen Polizeibeamten zu Boden gedrückt worden war. Ordóñez wurde mehr als zwei Minuten lang wiederholt mit einem Elektroschocker geschockt, während er bettelte: „Bitte, nicht mehr.““ Maschinenübersetzung der (engl.) Meldung vom 14.12.2021 bei Democracy Now! externer Link
  • Protesttag am 21. September 2020 in Kolumbien„Colombia’s anti-war protests largely peaceful, crackdown in Bogota“ von Adriaan Alsema am 21. September 2020 bei Colombia Reports externer Link ist ein Überblick über die Aktionen am Abend des Montag, der vieles erwähnt, aber die Polizeirepression außerhalb der Hauptstadt Bogota eher außer Acht lässt. Dennoch wird daraus deutlich, dass die Mobilisierung am Montag durchaus als erfolgreich bewertet werden kann – und auch dies ebenfalls keineswegs nur in Bogota, sondern in allen größeren Städten Kolumbiens.
  • „#ParoNacional21S“ am 21. September 2020 bei You Tube externer Link war die Live-Übertragung (aus mehreren Orten Kolumbiens) von den Demonstrationen und Kundgebungen an diesem Montag.
  • „En Medellín, el ESMAD agrede la marcha pacífica que se realizaba en la ciudad“ am 22. September 2020 im Twitter-Kanal von Agencia Prensa Rural externer Link ist ein Videobericht aus Medellin aus dieser Nacht, aus dem einserseits die massive Teilnahme an den Protesten deutlich wird – und andererseits der überraschende Überfall der Polizeihorden auf die friedliche Demonstration…
  • „Massive demonstration in Bogota against more than 60 massacres in 2020“ am 21. September 2020 im Twitter-Kanal von Ubique externer Link ist ein Videobericht von der riesigen Demonstration in Bogota – bevor sie von der Polizei überfallen wurde…Protesttag am 21. September 2020 in Kolumbien
  • „#CaravanaNacional21S“ ist der Hashtag, den die drei Gewerkschaftsföderationen CUT, CGT und CCTT gemeinsam an diesem Aktionstag organisierten externer Link – in Abgrenzung eben zu all den Organisationen, die ihre (und andere) Aktivitäten unter dem Hashtag #ParoNacional21S externer Link dokumentierten…
  • „Contra: Decreto 1174, violencia (venga de donde venga) , fracking, olvido estatal del campo colombiano“ am 21. September 2020 im Twitter-Kanal von Burchhardt Melo externer Link ist ein Tweet des Mitglieds des Bundesvorstandes des Gewerkschaftsbundes CGT, der den Grund für die Distanzierung der Gewerkschaften von den „radikalen Gruppierungen“ deutlich macht: Nicht gegen Polizegewalt, sondern gegen „jede Gewalt, egal woher“ – also auch gegen jene, die sich zur Wehr setzen…
  • „Lazos de Dignidad“ ist der Twitter-Kanal der gleichnamigen Menschenrechtsorganisation Kolumbiens externer Link – der zu jenen gehört, die die meisten Informationen und Meldungen über den Aktionstag 21. September veröffentlicht haben – sowohl über die Proteste, als auch über den allgegenwärtigen Polizeiterror quer durchs LandProteste in Kolumbiens Hauptstadt, nachdem die Welle an Polizeimorden sie erreicht hat - September 2020
  • „Der Aufstand in Kolumbien: „Ein Beispiel dafür, was kommen wird““ am 21. September 2020 bei Schwarzer Pfeil externer Link ist ein Interview mit einem Aktiven aus Kolumbien und ein Bericht, worin es unter anderem über den Hintergrund der aktuellen Situation und Entwicklung heißt: „… Wir müssen also verstehen, dass es in Kolumbien seit sieben Jahren, seit zehn Jahren, einen andauernden Mobilisierungsprozess gibt… die letzte große Episode war ein Generalstreik im November 2019. Wegen des Jahresendes hörte er auf, aber er sollte im März 2020 wieder aufgenommen werden. (1) Aber stattdessen saßen wir, wie die Menschen überall auf der Erde, wegen der Pandemie sechs Monate lang zu Hause fest. Es gibt also eine Menge Wut, es gibt eine Menge Zorn, die aus der Frustration des Gefühls kommt, das die Leute vor ein paar Monaten hatten. Und außerdem haben diese andauernden Mobilisierungen von Campesinos in den Städten eine bestimmte Art von sozialem Gefüge aufgebaut – die Nachbar:innen kennen sich also, weil sie den ganzen November und einen Teil des Dezembers hindurch jede Nacht zusammen mit den Töpfen knallen wollten. Dieses soziale Gefüge war die Grundlage für die andauernde Mobilisierung, auch für das, was heute geschieht. Wir können also definitiv eine Verbindung und einen Aufbau aus diesen Situationen erkennen. Es war wirklich interessant mit einigen der Mobilisierungen in den letzten Jahren und besonders die letzte, der Streik – es ist nicht nur das, was wir hier die „organisierten“ Leute nennen, die auf die Straße gehen. „Organisiert“ bedeutet, in einer anarchistischen Föderation zu sein, in einer Gewerkschaft, in einer Campesino-Organisation, in einer der großen sozialen Bewegungen, die in Kolumbien aktiv sind. Es übersteigt diese Kategorien. So siehst du deinen Nachbarn, der nie etwas organisiert hat, der nur zufällig gegen Ungerechtigkeit ist und sich den Protesten anschließt, die früher nur aus Aktivist:innen bestanden. Es war interessant zu sehen, wie sich das geändert hat, in Bezug auf die Art von Leuten, die auf die Straße gehen – und auch verschiedene Leute, die zusammen arbeiten, Antiautoritäre und Leute aus sozialen Bewegungen, indigene Bewegungen, und das alles zusammen zu sehen. Im vergangenen Monat haben sich trotz der Pandemie die indigenen Bewegungen, die Campesino-Bewegungen und die Studentenbewegungen zu einem Marsch für die Würde zusammengeschlossen – 50 bis 100 Menschen sind seit zwei Wochen aus verschiedenen Regionen in Richtung Bogotá unterwegs. Das zog eine Menge Unterstützung von vielen Menschen an. Es war ein weiteres Element für den Hintergrund...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=178429
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