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Generalstreik in Kolumbien gegen neoliberale Reformen am 28. April 2021 – unbefristet verlängert

Dossier

Generalstreik in Kolumbien gegen neoliberale Reformen am 28. April 2021„Unter dem Motto „Für Leben, Frieden, Demokratie, gegen das neue Schwindelpaket Duques und die Steuerreform“ mobilisieren Gewerkschaften, politische und soziale Organisationen für landesweiten Streik (…) Das Nationale Streikkomitee (Comité Nacional de Paro, CNP) ruft externer Link in Kolumbien erneut zu Protesten gegen die Politik der ultrarechten Regierung und geplante Wirtschaftsreformen von Präsident Iván Duque auf. Der Generalstreik am 28. April soll dabei den Auftakt landesweiter Mobilisierungen bilden, welche die Forderungen aus dem Mega-Streik von 2019 erneuern (amerika21 berichtete externer Link). (…) Für das Leben und gegen die Massaker, für den Frieden. Verbunden mit der Forderung an die Regierung, den Friedensvertrag zu erfüllen und nicht weiter dagegen vorzugehen. Natürlich fordern wir auch, dass die Regierung nicht weiter das bisschen reduzierte Demokratie zerstört, welches wir noch haben. (…) Dem Aufruf des CNP schlossen sich externer Link die größten Gewerkschaften des Landes, der Zusammenschluss politischer und sozialer Organisationen „Kongress der Völker“ (Congreso de los Pueblos), Studierende, Kleinbäuer:innen-Organisationen, oppositionelle Parteien sowie feministische und indigene Verbände an…“ Beitrag von Dennis Schlömer vom 24. April 2021 bei amerika21 externer Link und dazu den Fortgang des Geschehens:

  • Kolumbien: Urteil des Tribunals von Silóe zur Repression beim Streik 2021 veröffentlicht New
    Sprecher und Angehörige des „Volkstribunals von Silóe“ haben in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá das Buch „Tribunal Popular en Siloé: Conmemorar, dignificar, resistir“ (Gedenken, würdigen, widerstehen) vorgestellt. Es enthält eine zeitliche Übersicht, eine soziale Übersicht der Erinnerung und das Urteil des Tribunals vom Februar dieses Jahres. Das Tribunal dokumentierte mehrere gewalttätige Ereignisse, an denen der Staat während des sozialen Aufstands im Jahr 2021 beteiligt war, mit Schwerpunkt auf der Stadt Cali, der drittgrössten des Landes. Es geht um Morde und Übergriffe auf junge Menschen. Die Untersuchung erstellte eine detaillierte Aufzeichnung, die die Auswertung von Pressedaten, Videos von Teilnehmern des sozialen Protestes und verschiedene Zeugenaussagen umfasst. Demnach wurden während des Streiks im Viertel Siloé von Cali 159 Menschen zu Opfern der Gewalt. 16 Personen wurden von den Sicherheitskräften getötet und zwei als „verschwunden“ gemeldet. Eine weitere Erkenntnis der Untersuchung ist, dass die Zahl noch höher sein könnte, da viele Menschen aufgrund der chaotischen Situation und aus Angst keine Anzeige erstattet oder das Tribunal nicht informiert haben.
    Das Urteil wurde von internationalen „Geschworenen“ nach mehr als fünf Besuchen und drei Anhörungen in Siloé verfasst und im Februar 2023 verkündet (amerika21 berichtete externer Link).
    Abelardo Aranda, Vater des ermordeten jungen Mannes Michael Andrés Aranda Pérez, sagte bei der Buchvorstellung, dass Siloé nur ein kleines Beispiel für die damaligen Geschehnisse in Cali und im ganzen Land sei. Die Untersuchung des Tribunals sei einzigartig und zeige, was durch Einigkeit und Organisation zwischen Familien, Opfern und Überlebenden erreicht werden könne. Jenny Mellizo, Mutter des ermordeten Harold Mellizo, betonte: „Inmitten des Schmerzes suchen wir Gerechtigkeit und Wahrheit. Wir sind die Stimme derer, die nicht mehr hier sind.“ Die Mitglieder des Tribunals erklärten, es handle sich um eine Initiative gegen die Straflosigkeit und wiesen erneut darauf hin, dass es bisher keine Verurteilung der für die Verbrechen verantwortlichen Staatsbeamten gibt. Erika Benavides, Mutter eines jungen Mannes, der von den Sicherheitskräften schwer verletzt wurde, betonte: „Wir fordern weiterhin Wahrheit und Gerechtigkeit für unsere jungen Menschen.“ (…) Mayra Mueses vom Tribunal berichtete über Festnahmen, Verfolgungen, Drohungen und verschiedene andere Methoden, um die Gemeinschaft zum Schweigen zu bringen.
    Eine internationale Jury des Volkstribunals von Siloé hat im Februar den kolumbianischen Staat symbolisch wegen Menschenrechtsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschheit aufgrund der Repression verurteilt, die während der Proteste zwischen dem 28. April und dem 12. Juni 2021 in diesem Viertel von Cali stattfanden. Das Tribunal wurde im Mai 2022 von Familien und Opfern aus Siloé, Menschenrechtsverteidigern und der katholischen Kirche ins Leben gerufen, weil die Staatsanwaltschaft bis auf wenige Fälle keine Untersuchungen zur Gewalt der Sicherheitskräfte anstellte…“ Beitrag vom 08.11.2023 in amerika21 externer Link
  • Kolumbien: Regierung will jugendliche Streikbeteiligte der Proteste im Jahr 2021 aus dem Gefängnis entlassen  „Kolumbiens Präsident Gustavo Petro hat angekündigt, dass hunderte inhaftierte Jugendliche frei kommen sollen, die während der landesweiten Proteste im Jahr 2021 verhaftet worden sind. Noch vor Weihnachten sollen sie zu „Friedensvermittler“ (Gestores de Paz) ernannt werden. Mit diesem Status könnten sie ihre Freiheit wieder erlangen. Der Präsident hielt fest, dass das Recht auf Protest ein demokratisches Recht sei. „Die Regierungen, die ihrer Polizei befehlen, junge Leute zu töten, zu inhaftieren, zu foltern, sind keine demokratischen Regierungen“, so Petro. Die Idee, unter bestimmten Umständen inhaftierte Personen als Friedensvermittler einzusetzen, ist in Kolumbien nicht neu. Bereits die Ex-Präsidenten Álvaro Uribe und Juan Manuel Santos haben inhaftierte Ex-Guerilleros freigelassen um ihnen zu ermöglichen, diese Funktion auszuüben. (…) Die in der „Primera Línea“ organisierten jungen Menschen stellten sich bei den landesweiten Streiks seit 2019 mit Helmen und selbstgebastelten Schutzschilden vor die Demonstrationen, um Mitprotestierende vor der Polizeigewalt zu schützen. Verteidigungsminister Diego Molano gab im Dezember 2021 die Verhaftung von 250 Mitgliedern der „Ersten Linien“ landesweit bekannt. Die häufigste Anklage der Staatsanwaltschaft lautete „Terrorismus“ und „Verabredung zu einem Verbrechen“. Auf die Ankündigung von Petro gab es kritische Kommentare aus Kreisen der Opposition. (…) Innenminister Alfonso Prado erklärte daraufhin, dass sich Petro nicht auf die Regelungen beziehe, die für Ex- Guerilleros gelten. Diese Jugendlichen hatten verneint, einer illegalen bewaffneten Gruppierung anzugehören. Er stellte klar, dass die Richter und die Staatsanwaltschaft das letzte Wort haben werden und dass es sich „nicht um eine Amnestie und auch nicht um eine gerichtliche Begnadigung handelt“. Vielmehr gehe es um eine Übergangsregelung, die es Jugendlichen, die in ihrer Gemeinschaft anerkannt seien, ermögliche, einen Beitrag zum Frieden zu leisten. Nun werde eine Regelung erarbeitet, wie ein Antrag des Präsidenten an das zuständige Justizorgan auf Freilassung der Jugendlichen erfolgen müsse, so der Minister.“ Beitrag von Hans-Peter Schmutz vom 7. Dezember 2022 in amerika21 externer Link
  • Kolumbien: Die Rebellion der „Niemande“. Ein Bericht aus Cali, der Hauptstadt des Widerstands, über den Wahlkampf von Francia Márquez 
    „… Die junge Frau, nicht älter als 20 Jahre, ergreift das Mikrofon und hält eine Ansprache. „Wir kommen aus den am meisten ausgegrenzten und unsichtbar gemachten Teilen dieser Stadt. Wir sind die Niemande, die Primera Línea. Wir wollen ein echtes Engagement für die Jugend, wo wir alle einbezogen sind!“ Die Menge ist begeistert. Ein Slogan wird immer stärker und man hört nichts anderes mehr: „Widerstand! Widerstand! Widerstand! Widerstand!“ Es werden Fäuste gereckt und laut gerufen. Was wie eine militante Veranstaltung an einer öffentlichen Universität oder eine Kundgebung inmitten von Barrikaden erscheint, ist jedoch eine Wahlkampfaktivität. Neben der jungen Frau, die gerade spricht, steht Francia Márquez, die Vizepräsidentschaftskandidatin des Landes. Es ist der Abschluss der Kampagne dieser Schwarzen Anführerin, die von der gesamten sozialen Bewegung unterstützt wird, im Osten von Cali, der drittgrößten Stadt Kolumbiens. Den Umfragen nach steht sie zusammen mit Gustavo Petro kurz davor, die Präsidentschaft zu gewinnen. Die kämpferische Kraft, die Márquez zum Ausdruck bringt, ist in Verbindung mit der marginalisierten Jugend, die die Proteste und den sozialen Unmut angeführt hat, kurz davor, die Zügel des Landes zu übernehmen. Andere junge Leute der Primera Línea sorgen für die Sicherheit der Veranstaltung. Die Indigene Wache mit ihrem Führungsstab (bastón de mando) überwacht die Organisation. Die Schwarzen sind die Protagonisten auf und neben der Bühne. In der Geschichte Kolumbiens hat es noch nie eine Regierung gegeben, die den Forderungen der bäuerlichen Gemeinschaften, der vertriebenen und ihres Landes und aller Möglichkeiten beraubten Familien entsprochen hat. Noch nie war diese Möglichkeit des Wandels so zum Greifen nah wie jetzt. Die Kandidatin wiederholt und verstärkt: „Es ist die Zeit der Niemande“. Sie applaudieren ihr, die Verachteten, die Habenichtse, manchmal mit Tränen in den Augen. (…) „[Francia Márquez] repräsentiert die Frauen und die soziale Bewegung gut“, erklärt Maité, die während des Aufstands Sprecherin des Widerstandspunktes Loma de la Cruz war, der in Loma de la Dignidad umbenannt wurde. „Unser feministischer Raum prangerte die geschlechtsspezifische Gewalt durch die Polizei an, aber auch, wenn es in den Primera Línea Übergriffe gab. Der Feminismus hat klare Positionen, und dazu gehört auch, dass wir unangemessenes Verhalten an allen Fronten anprangern“, führt sie aus. (…) Die Indigenen, die in Kolumbien mit einer Kraft organisiert sind, wie es an wenigen anderen Orten geschieht, haben während des Aufstands ihre Rolle gespielt und beteiligen sich nun am Wahlkampf. Gleich zu Beginn der Proteste 2021 entsandte das Comité Regional Indígena del Cauca (CRIC) eine große Delegation, um die Widerstandspunkte in Cali und anderen Städten zu verstärken. Die Jugend litt unter der Repression, es gab die Morde und die indigenen Autoritäten wussten, dass sie mit ihnen zusammenarbeiten konnten. Ermes, ein leitender CRIC-Berater, trieb die Koordinierung und Bildung der Primeras Líneas voran. Diese jungen Leute sind ihm immer noch dankbar. Bei der Wahlkampfveranstaltung von Francia Márquez werden alle Sicherheitsvorkehrungen von der Person koordiniert, die den indigenen Führungsstab trägt. Auch die Bauernschaft ist aktiv. Drei Chivas (alte, bunt bemalte Busse ohne Türen und Fenster, geeignet für die Hitze in den Tälern) kamen in die Stadt, um die Vizepräsidentschaftskandidatin zu begleiten. Die Bäuerinnen und Bauern tragen Plakate der Alianza Campesina de Corregimientos de Cali. „Wir sind mit ganzer Kraft an der Kampagne beteiligt, genau wie wir es beim Streik waren“, sagt Santiago, ein Aktivist der Bauernvereinigung in einem Dorf im Westen der Stadt…“ Bericht von Pablo Solana in der Übersetzung von Vilma Guzmán am 25. Mai 2022 bei amerika21 externer Link
  • Kolumbien: „Primera Línea“ sucht Schutz bei der OAS-Menschenrechtskommission – Mindestens 250 Mitglieder der „Ersten Linien“ verhaftet 
    „… Die „Blauschilde“ haben eine Verfolgungskampagne der kolumbianischen Regierung angeprangert und bei der Interamerikanische Menschenrechtskommission CIDH Schutzmaßnahmen beantragt. Die „Blauschilde“ sind seit 2019 als Teil der Protestbewegung des südamerikanischen Landes aktiv und gehören zu den „Ersten Linien“ (Primeras Líneas), die mit Helmen und selbstgebastelten Schutzschilden Mitprotestierende vor der Polizeigewalt beschützen. Sie beklagen massive physische Angriffe, Überwachung, Drohungen und Kriminalisierung. Sie machen die Regierung von Iván Duque, die Regierungspartei Centro Democrático, die Polizei unter der Leitung von Luis Vargas und die Staatsanwaltschaft unter der Leitung von Francisco Barbosa für die Verfolgung verantwortlich. Tatsächlich verkündete Verteidigungsminister Diego Molano letzte Woche die Verhaftung von 250 Mitgliedern der „Ersten Linien“ landesweit. Dabei lautet die häufigste Anklage der Staatsanwaltschaft Terrorismus und Verabredung zu einem Verbrechen. Die Massenverhaftungen sollen in den letzten Monaten in Bogotá, Paipa, Cali, Manizales und Medellín stattgefunden haben, berichtet die Aktivistin der Blauschilde „Simona“. Parallel zur Verhaftungswelle laufe seit Ende Juli eine Verleumdungskampagne gegen die „Ersten Linien“, nachdem sie zwei Monate lang tagtäglich die Proteste der „sozialen Explosion“ gegen die Repression durch die Polizei und zivile Bewaffnete verteidigt hatten. Medien und staatliche Stellen würden fast jeden Tag Nachrichten über sie bringen, in denen sie als „Vandalen“ und „Terroristen“ abgestempelt werden. Auch Protestteilnehmer:innen, die mit den „Ersten Linien“ Hand in Hand Menschenrechtsarbeit und Berichterstattung während der Attacken der Polizei geleistet haben, werden verfolgt und verhaftet. (…) Währenddessen schreiten die Ermittlungen gegen Angehörige der Polizei und zivile Bewaffnete kaum voran, die Protestierende attackiert oder auf sie geschossen haben. Wenn die Justiz gegen sie ermittelt, werden sie nicht verhaftet. Der grüne Stadtrat von Bogotá, Diego Cancino, twitterte darüber: „Warum werden die Jugendlichen wegen ihrer Chats angeklagt, ihre Häuser durchsucht, sie selbst verhaftet und ins Gefängnis gesteckt, aber die Streifenpolizisten und Polizeikommandanten, die wegen Mordes angeklagt sind, befinden sich auf freiem Fuß?“…“ Beitrag von Hans Weber vom 7. Dezember 2021 bei amerika21 externer Link
  • Nationales Streikkomitee und feministische Gruppen riefen für den 28. September zu einem erneuten landesweiten Streik- und Protesttag in Kolumbien auf  
    Am 28. September, genau 5 Monate nach Beginn der diesjährigen Proteste, gab es in Kolumbien einen neuen Aktionstag mit Mobilisierungen in mehreren Städten. Aufgerufen haben das Nationale Streikkomitee und feministische Gruppen. Gefordert wurde, dass die zehn Gesetzesvorlagen der Bewegung behandelt werden, bei denen es u.a. um Mindestlohn, Gebührenfreiheit an der öffentlichen Universität, Verbesserung der Leistungen und Arbeitsbedingungen im Gesundheitsbereich, Unterstützung für Kleinbetriebe und Landwirtschaft sowie Demonstrationsfreiheit geht. Die feministischen Kollektive riefen für den 28.9. auf, da dieser Tag 1990 von Feministinnen in Argentinien zum globalen Aktionstag für straffreie Abtreibung erklärt wurde. Siehe dazu:

    • Wieder landesweite Proteste und Streiks in Kolumbien: Massive Polizeigewalt gegen Protestierende in mehreren Städten, Zusammenstöße in Bogotá 
      „… Mit den neuen Mobilisierungen soll Druck auf den Kongress ausgeübt werden, die zehn Gesetzesentwürfe zu verabschieden, die vom Streikkomitee im Juli mit Unterstützung verbündeter Parteien vorgelegt, aber nicht aufgenommen wurden. Diese zehn Gesetzesvorschläge befassen sich mit Themen wie staatliche Stärkung des Gesundheitssystems und kostenlose Bildung sowie Einführung eines Grundeinkommens, das Millionen von Menschen mit unzureichendem Einkünften zugutekommen würde. Das Komitee sieht die Forderungen nicht nur ignoriert, sondern durch die gegenwärtigen Haushaltsdebatten konterkariert: „Entgegen den Forderungen des Nationalen Streikkomitees, der Opposition und der alternativen Fraktionen hat die Regierung die Steuerreform und den Gesamthaushalt der Nation durchgesetzt, der die Zahlung der Auslands- und Inlandsschulden um zehn Prozent erhöht, während unter anderem die Mittel für den Agrarsektor gekürzt werden und versucht wird, die Ausgaben des Staates, die zur Erfüllung seiner Verpflichtungen notwendig sind, für zehn Jahre einzufrieren“, heißt es in einem Kommuniqué. Zudem sprechen sie sich für eine Polizeireform, für die Verhütung und Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt sowie für die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen und des Agrarsektors aus. Explizit werden auch Garantien für die Ausübung des Rechts auf friedlichen Protest eingefordert. Seit August 2018 sind bei sozialen Mobilisierungen in Kolumbien nach Angaben der Organisation „Defender la libertad Asunto de todxsexterner Link mindestens 72 Menschen durch Polizeigewalt ums Leben gekommen.“ Artikel von Sebastian Niesar und Vilma Guzmán am 02.10.2021 bei amerika21 externer Link
    • Bericht in elespectador.com externer Link über Kundgebungen in Cali, Medellin und anderen Städten
    • Kolumbien. Neuer landesweiter Streik mit Märschen, Blockaden und Veranstaltungen / Die CUT forderte, dass die Regierung ihre Versprechen einhält. So die Überschrift des span. Berichtes in Resumen Latinoamericano externer Link
    • In verschiedenen Städten kam es zu Repression und Festnahmen, so ein anderer Bericht mit Fotos und Videos in Resumen Latinoamericano externer Link
    • Siehe auch eine Sammlung von Fotos und Artikeln in der Tageszeitung El Tiempo externer Link
  • [Kolumbien] Bilanz des landesweiten Streiks 
    Colombia Informa sprach am 14. September 2021 (veröffentlicht beim Nachrichtenpool Lateinamerika am 27.9.) mit Jimmy Moreno externer Link, „Sprecher der Basisbewegung Congreso de los Pueblos, die sich aktiv an der Planung der Nationalen Volksversammlung beteiligt hat, über die Bilanz der Protestwochen. (…) Jimmy Moreno: Der landesweite Streik ist ein Prozess, dessen direkte Vorläufer die Protestwelle 2019, die Mobilisierungsaktionen 2020 und die Auswirkungen der Pandemie waren, die die soziale, politische und wirtschaftliche Krise verschärft hat, sowie die Eskalation des Krieges auf dem Land. Nach fünf Monaten der Aktionen und der Mobilisierung stellen wir nun fest, dass sich die Bewegung aufgrund mehrerer Faktoren zurückzieht: Die extreme Gewalt, die aus dem Staatsterrorismus resultiert und die Bewegung u.a. durch Ermordungen, Verschwindenlassen, Drohungen und Massenverfolgungen kriminalisiert. Das führt dazu, dass die Selbstfürsorge und der Schutz des eigenen Lebens, der Territorien und der Widerstandsorte höchste Priorität haben. Die organisatorische Stärkung der Arbeit in den ländlichen Gebieten, um Elemente wie die primeras líneas (erste Reihe von Protestierenden, Anm. d. Red.), die Widerstandsorte, die Vollversammlungen, die Dynamik der Streikkomitees usw. zu stärken. Die Veränderung von Aktionen und Taktiken in der Bewegung, die von Kämpfen für Würde und Widerstand bis hin zu genehmigten Aktionen und Dialog reichen. Das sind Themen, die die Bewegung belasten und die Aktionen zerstreuen, sodass aktuell darüber nachgedacht wird, in welcher Form die Kämpfe und die Mobilisierung wieder aufgenommen werden können. Darüber hinaus haben sich die strukturellen Ursachen vertieft, die die Kämpfe motivieren, daher sind neue soziale Ausbrüche mit den Merkmalen von Volksaufständen absehbar. (…) Ein großer Teil der eher strategischen Mobilisierungsprozesse sieht die Abnutzung und fehlende Legitimität der Institutionen. Diese glauben nicht, dass Wahlen etwas bringen, welche ja auch zur Realität der Korruption beitragen, die mit diesen Prozessen einhergeht. Andererseits gibt es eine Reihe von Gruppen, die den Weg der Wahlen als einen Schritt in Richtung der Institutionen wie den Kongress sehen, um durch legislative Maßnahmen in der Lage zu sein, Gesetzesinitiativen zu entwickeln, welche die Vorschläge der Gemeinschaft in Gesetze übertragen. Die Spannung ist von der Taktik des Moments geprägt. Wenn wir diese Debatte mit den Begriffen „Macht“ und „Regierung“ beschreiben, können wir sehen, dass es, um große Veränderungen zu erreichen und diesem Regime ein Ende zu setzen, notwendig ist, die Macht in der Bevölkerung aufzubauen, und die Wahl muss ein Weg oder ein Übergang sein, mit dem die Regierung und das Regime konfrontiert werden können. Gleichzeitig müssen diese Szenarien mit den Kämpfen der Bevölkerung verbunden werden, um über die Möglichkeit eines anderen Landes und im Dienste des kollektiven Seins und des Lebens aller Lebewesen nachzudenken.“
  • Wer die Proteste unterstützt, wird zur Zielscheibe
    Vom 3. bis 12. Juli 2021 bereiste die 41-köpfige internationale Misión S.O.S. Colombia elf Landesregionen, um Zeugenberichte aufzunehmen und sich einen direkten Einblick in die Lage in Kolumbien zu verschaffen. Die Delegationsmitglieder kamen aus Nord-, Mittel- und Südamerika sowie mehreren europäischen Staaten. Gerold Schmidt sprach Mitte August mit Clemencia Correa, Delegationsteilnehmerin und Direktorin der mexikanischen Nichtregierungsorganisation Aluna, über die Erfahrungen vor Ort. Correa selbst musste vor knapp 20 Jahren aus Kolumbien ins mexikanische Exil fliehen…“ Interview von Gerold Schmidt in der ila 448 vom September 2021 externer Link mit Clemencia Correa über die internationale Misión S.O.S. Colombia

  • Was bleibt von den Protesten? Kolumbien nach Monaten politischer Auseinandersetzungen
    „Im Frühjahr 2021 erlebte Kolumbien die heftigsten sozialen Kämpfe seit Jahrzehnten. Das Land war in Aufruhr. Was am 28. April mit einem Generalstreik begann, mündete in monatelangen Mobilisierungen. Millionen von Kolumbianer*innen gingen trotz der grassierenden Corona-Pandemie gegen die Regierungspolitik auf die Straße. Täglich kam es zu massiven Protesten, Auseinandersetzungen und massiver Repression seitens der kolumbianischen Sicherheitskräfte. Die Bilder von vermummten Protestierenden, die sich nur mit Schutzschilden aus Benzinfässern und Gasmasken ausgerüstet den Sicherheitskräften und der berüchtigten Demopolizei ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios) entgegenstellten, gingen um die Welt. Einige Beobachter*innen sprachen bereits von einem kolumbianischen Frühling. Ab Mitte Juni gingen die Proteste deutlich zurück, dennoch haben sie bereits jetzt ihren Platz in den Geschichtsbüchern des Landes sicher. Zudem bestehen die Ursachen für die massiven Mobilisierungen weiter fort, und folglich ist ein erneute Protestwelle nicht ausgeschlossen oder sogar wahrscheinlich. (…) Viele der Protestierenden kommen aus den urbanen Armenvierteln und sind in der Vergangenheit meist nicht in politischen Prozessen oder sozialen Bewegungen aktiv gewesen. Neben ihnen sind Studierende und junge Berufstätige (auch bis weit in die Mittelschicht) aktiv. Weiterhin beteiligen sich Gewerkschafter*innen, indigene und afrokolumbianische Gemeinschaften, Kleinbauern und -bäuerinnen, Feminist*innen und Queers an den Mobilisierungen. Das führte zu sehr heterogenen Aktionsformen. Die Vielfältigkeit der Trägergruppen spiegelt sich auch im breiten Panorama der artikulierten Forderungen wider: Hierzu zählen: die Einforderung grundlegender sozialer Rechte (Bildung, Gesundheit, Arbeit) und von Zukunftsperspektiven für ein Leben in Würde, die Anklage von Korruption, Klientelismus und der fortwährenden Gewalt gegen soziale Aktivist*innen. Die repressive Beantwortung der Proteste durch die Sicherheitskräfte wirkt zudem als Brandbeschleuniger, verlieh dies doch Forderungen nach einer grundlegenden Reform des Sicherheitssektors zusätzlichen Auftrieb. Schließlich fällt auch die schleppende Implementierung des 2016 geschlossenen Friedensvertrags mit der ehemaligen Guerrilla der FARC-EP unter die Kritik der Protestierenden. Gemeinsam ist den Forderungen der Aufschrei: Es reicht! (…) Im Zentrum der Proteste standen zweifellos soziale Forderungen. Der Friedensprozess war auf den ersten Blick allenfalls ein untergeordnetes Thema der Mobilisierungen. Erst auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die Proteste auf zwei Weisen eng mit den ebenso offensichtlichen, wie wenig diskutierten Problemen des kolumbianischen Friedensprozesses verbunden sind. Erstens begegnet der Friedensprozess weder den extremen sozialen Ungleichheiten, noch den Ungleichheiten im Landbesitz oder dem Mangel an sozialer Aufwärtsmobilität in adäquater Form. (…) Zweitens hat der Friedensprozess zwar nicht das Land, wohl aber die großen Städte jenseits der Marginalviertel und die Fincas der Wohlhabenden befriedet. Pointiert ausgedrückt liest sich eine vorläufige Bilanz des Friedensprozess wie eine Umkehrung von Georg Büchners Forderung aus dem Vormärz: Friede den Palästen, Krieg den Hütten! Denn gerade privilegierte soziale Gruppen konnten vom Friedensprozess etwa durch neue Entwicklungspotenziale profitieren…“ Artikel von Stefan Peters aus dem Lateinamerika-Magazin ila 448 vom September 2021 externer Link
  • Kolumbien zelebriert Friedenswoche während massiver Repression: Hausdurchsuchungen und Zwangsrekrutierungen durch Streitkräfte  Spannungen nehmen seit dem Wochenende vor allem in Cali wieder zu. Noch immer Hunderte Verschwundene seit Beginn der Proteste. Während der offiziellen Eröffnungsfeiern der Friedenswoche am vergangenen Sonntag in Kolumbien kam es in Cali zu Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und der Polizei. Seit der Auflösung der Straßenblockaden im Rahmen des landesweiten Protests wurden Zusagen weder seitens der lokalen Regierungen noch der Landesregierung eingelöst. Die Spannungen kulminierten nun am 5. und 6. September in erneuten Krawallen. Protestierende besetzen weiterhin landesweit einige Polizeistationen und andere leerstehende Gebäude. Die Polizei versuchte am Montag unter Einsatz von Tränengas die Besetzer:innen eines Nachbarschaftstreffs zu vertreiben. Die vor allem jugendlichen Demonstrierenden vor Ort begründen ihre Besetzung damit, dass in Cali zahlreiche Personen außergerichtlich verhaftet wurden und viele weiterhin als verschwunden gelten. Die Stadtverwaltung hingegen erklärte, Cali befinde sich weiterhin in Alarmbereitschaft, um neue Blockaden zu verhindern. Vom 5. bis 12. September feiert Kolumbien die Friedenswoche mit Veranstaltungen und Events, darunter Konferenzen, Konzerte und religiöse Feiern. Jedoch lässt die massive Repressionswelle gegen die politische Opposition wenig Hoffnung auf Frieden zu. Seit den landesweiten Protesten in den letzten Monaten ist Kolumbien wieder weitgehend militarisiert, Polizei und Militär kontrollieren Landstraßen, Autobahnen und in vielen Vierteln der großen Städte zentrale Kreuzungen und patrouillieren durch Wohngebiete. Laut der NGO Temblores werden weiterhin 346 Personen vermisst. (…) Außerdem wurden landesweit hunderte Hausdurchsuchungen bei vermutlichen Protestierenden der Primera Línea durchgeführt. Zudem häufen sich Meldungen über illegale Zwangsrekrutierungen seitens der kolumbianischen Streitkräfte in eben den Vierteln, in denen Jugendliche besonders aktiv im Protest waren oder immer noch sind. Besonders betroffen sind Bogotá, Cali und Ibagué. Laut Beschwerden sperren Soldaten Busstationen und öffentliche Plätze ab und nehmen alle Männer unter 21 Jahren mit, vorgeblich um ihre Militärausweise zu überprüfen. Wer bisher keinen Dienst geleistet hat wird bis zu fünf Tage ohne Kontakt zur Außenwelt in einer Militärbasis festgehalten und dann zum Dienst verpflichtet…“ Beitrag von Ani Dießelmann vom 08.09.2021 bei amerika21 externer Link
  • Angehörige der Streikenden geraten zunehmend ins Visier der Polizei 
    Die Polizei verfolgt und bedroht weiterhin Menschen, die am kolumbianischen Nationalstreik teilgenommen haben. Darüber hinaus häufen sich Berichte über Polizeigewalt gegen Familienmitglieder der Streikenden. Eine dieser Familien ist die von Lucas Villa. Der 37-jährige Aktivist war Anfang Mai auf einer Protestdemonstration in Pereira mit acht Schüssen getötet worden. Seither gehören Drohungen und Überwachungsmaßnahmen der Polizei zum Alltag der Familie. Am 16. August entkam  Jonathan Correa, der Schwager des Getöteten, nur knapp einer Verhaftung. Er hatte einen Polizeieinsatz dokumentiert, bei dem mehrere Jugendliche festgenommen wurden. Als er den Ort verlassen wollte, wurde er von Beamten aufgehalten und auf eine Polizeiwache gebracht mit der Begründung, es gebe ein Video, auf dem zu sehen sei, wie jemand, der Correa verdächtig ähnlich sehe, die Sicherheitskräfte mit Molotowcocktails bewirft. Obwohl Correa mehrfach beteuerte, dass er nur ein Video des Polizeieinsatzes aufgenommen habe, wollte man ihn dazu bringen, ein Geständnis zu unterschreiben, in dem er sich selbst als Terrorist bezichtigt. Für den Fall, dass er sich weigerte, wurde ihm strafrechtliche Verfolgung angedroht. Correa blieb bei seiner Weigerung, das Dokument zu unterschreiben, weil er kein Verbrechen gestehen würde, das er nicht begangen habe. Nach mehreren Stunden wurde er ohne Anklage freigelassen. Unverhältnismäßige Anklagen zeugen von Voreingenommenheit der Staatsanwaltschaft: Menschen, die sich am landesweiten Streik beteiligt haben, erleben ähnliche Situationen wie Jonathan Correa. Den Berichten von Menschenrechtsorganisationen zufolge wurden mindestens 165 Personen allein deshalb terroristischer Umtriebe bezichtigt und strafrechtlich verfolgt, weil sie die Proteste in den sozialen Netzwerken verbreitet oder daran teilgenommen hatten. Die Staatsanwaltschaft wolle die Anschuldigungen überhöhen, um eine Freilassung zu verhindern, so die Einschätzung von Prozessbegleiter*innen. Dabei beziehen die Vorwürfe sich auf Taten, die mit sozialem Protest zwangsläufig einhergehen, insbesondere, wenn die Sicherheitskräfte mit massiver Gewaltgegen die Protestierenden vorgehen. Keine strafrechtliche Verfolgung von  gewalttätigen Zivilisten und Polizisten: Während Demonstrierende mit heftigen Repressalien rechnen müssen, bleibt die strafrechtliche Verfolgung bewaffneter Zivilisten aus. Kaum einer der Angreifer wird  auch nur zu einer Befragung vorgeladen. Ähnliches gilt für Sicherheitskräfte, die für Morde und schwere Verletzungen mit Schusswaffen oder anderen Waffen, die regelwidrig eingesetzt wurden, verantwortlich sind. Obwohl es genügend Beweise gibt, ist nicht bekannt, ob diese Prozesse weitergeführt werden oder nicht…“ Bericht am 30. August 2021 bei npla externer Link
  • Die Beschützer*innen: Die Guardia Indigena während des Nationalstreiks 
    Der April und der Mai waren in Kolumbien Monate des Aufstands. Auf den Straßen fanden junge Menschen zusammen und riefen ihre Wut über die Regierung hinaus. Gegen die Gewalt von Polizei und Paramilitärs formierten sich im ganzen Land selbstorganisierte Streikgruppen, um autonome Zonen zu schaffen – besonders in der Stadt Cali. Mittendrin: Die Guardia Indigena, die Indigene Schutzeinheit, die während des Nationalstreiks zur gewaltfreien Alternative zur Polizei wurde. Aber wie schaffte sie das?Podcast von Fabian Grieger vom 10. August 2021 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link Audio Datei in Kooperation mit dem FDCL e.V.
  • ai-Bericht zu Kolumbien: Staatliche Gewalt gegen friedlich Protestierende ist unrechtmäßig 
    Ein neuer Bericht von Amnesty International belegt, dass die Regierung mit unrechtmäßiger Gewalt gegen friedliche Proteste in Kolumbien vorgeht. Hunderte Protestierende und Menschenrechtsverteidiger_innen berichteten der Menschenrechtsorganisation von Tränengas und tödlichen Waffen, von willkürlichen Verhaftungen, Angriffen durch bewaffnete Zivilpersonen mit Zustimmung der Polizei sowie Folter seit Beginn des Generalstreiks in Cali im April 2021. Amnesty International belegt in dem am Freitag veröffentlichten Bericht „Cali: En el epicentro de la represiónexterner Link menschenrechtswidrige Praktiken, die die Regierung gegen Demonstrierende in Kolumbien einsetzt. Dazu gehören der Einsatz tödlicher Waffen, der exzessive und unrechtmäßige Einsatz von Tränengas sowie willkürliche Inhaftierungen und Folter. Dabei kooperierten Polizeikräfte immer wieder mit bewaffneten Zivilpersonen. Die dokumentierten Fälle stehen stellvertretend für hunderte von weiteren Berichten von Demonstrierenden, Menschenrechtsverteidiger_innen und Vertreter_innen zivilgesellschaftlicher Organisationen und veranschaulichen das gewaltsame Vorgehen der kolumbianischen Sicherheitskräfte im ganzen Land…“ Pressemitteilung vom 30. Juli 2021 von und bei Amnesty International externer Link – warum „friedlich Protestierende so betont wird, bleibt unklar
  • Kolumbien: Killer schießt auf deutsche Sympathisantin der Proteste in Cali 
    Die Frankfurterin Rebecca Linda Marlene Sprößer hat am Donnerstag in Cali ein Attentat überlebt. Ihr kolumbianischer Freund schwebt zwischen Leben und Tod. Die 34-Jährige begleitet die Proteste seit drei Monaten. Sie hat dabei selbst aufgezeichnete Videos über die Gewalt gegen die Protestierenden in den Social Media veröffentlicht und an Medien geschickt. Ende Juni hatte sie Todesdrohungen bekommen, nachdem sie ein kritisches Gespräch mit einer Gruppe von Polizisten gepostet externer Link hatte. Am Donnerstag saß Sprößer mit einem Freund an einem öffentlichen Ort. Der Killer ging unvermittelt auf sie zu und hörte nicht auf zu schießen, bis seine Waffe leer war, so Sprößer. Der Freund hat alle 13 Schüsse abbekommen. „Wäre er nicht gewesen, wäre ich jetzt tot“, schrieb sie auf Facebook. Die Schüsse streiften sie und hinterließen leichte Wunden. (…) Sie nahm vom ersten Tag des Generalstreiks an den Protesten teil und unterstützte die Aktivist:innen der „Erste Linien“ vor allem in „Puerto Resistencia“ (Hafen des Widerstands). Die Erste Linien sind Jugendliche mit Helmen, Schutzbrillen und Schildern, die die anderen Protestierenden vor der Polizei schützen. In Interviews mit kolumbianischen, spanischen externer Link und deutschen Medien wie der Frankfurter Rundschau externer Link und dem WDR prangerte sie die Exzesse der Polizei an. Ende Juni, ein Tag nachdem sie einer Gruppe von Polizisten kritische Fragen gestellt hatte und sie dabei aufzeichnete, bekam sie einen anonymen Anruf. „Sie sagten, sie würden mich verschleppen, töten, verschwinden lassen und dass sie den Demonstranten die Schuld dafür geben würden“, sagte sie gegenüber El Espectador. „Ihnen sei scheißegal, was die deutsche Botschaft dazu sagt“, hätten sie ihr auch mitgeteilt…“ Artikel von Hans Weber vom 27.07.2021 bei amerika21 externer Link
  • Kolumbien am 20. Juli: Widerständler:innen gehen heute wieder auf die Straße. Welle von Durchsuchungen und Festnahmen vor dem Protesttag. Hetzkampagne der Regierung und Polizei. Dreitägige Nationale Volksversammlung in Cali.
    Alle Protestkollektive des Landes haben für heute massive Demonstrationen gegen die Regierung von Iván Duque angekündigt. „Erste Linien“ (Primeras Líneas, PLs) aus verschiedenen Städten sind nach Bogotá gezogen, um die dortigen Mobilisierungen zu begleiten. Die Funktion der PLs ist, Protestierende vor der Polizeigewalt zu beschützen. In Cali, wo eine nationale Versammlung mit circa 2.000 Sozialaktiven aus dem ganzen Land bis heute tagte, sind ebenfalls große Proteste zu erwarten. Anlässlich des 211. Unabhängigkeitstags Kolumbiens setzt sich somit die Protestwelle fort, die am 28. April begann. Das Nationale Streikkomitee (CNP), das vor allem die Gewerkschaften vertritt, rief auch für heute zu einer „großen friedlichen Mobilisierung“ auf. Damit soll die Regierung aufgefordert werden, „eine Antwort auf die schwere humanitäre, soziale, ökonomische und politische Krise“ des Landes zu geben. Das CNP will außerdem dem Kongress zehn Gesetzentwürfe mit Lösungen für diese Krise übergeben. Heute nimmt die Legislative nach der Sommerpause wieder ihren Betrieb auf. Wie die Ordnungskräfte heute die Proteste behandeln, ist noch offen. In den letzten Tagen führte die Regierung über die Leitmedien eine Warnkampagne, laut der die ELN-Guerilla in die Proteste einsickern werde. (…)In den letzten Wochen war nicht die Intensität der „sozialen Explosion“ des ersten Monats nach dem 28. April zu sehen. Die Widerstandsbewegung ist jedoch aktiv geblieben. Sie besetzte weniger die Plätze und Straßen der Städte, hat aber lokale und regionale Volksversammlungen vorangetrieben. Als Fortsetzung dieses Prozesses gilt die zweite Nationale Volksversammlung (ANP), bei der circa 2.000 Delegierte aus dem ganzen Land zwischen dem 17. und dem 19. Juli auf dem Gelände der Universität von El Valle in Cali tagten. Zum Abschluss schließen sich heute die Teilnehmer:innen den landesweiten Protesten an…“ Artikel von Hans Weber vom 20.07.2021 bei amerika21 externer Link
  • Internationale Reaktionen auf Repression in Kolumbien: Die Mission SOS Colombia dokumentiert schwere Menschenrechtsverletzungen. 41 Delegierte vor Ort. Britisches Parlament debattiert über Waffenembargo
    Die internationale Menschenrechtsmission „SOS Colombia“ hat den Ordnungskräften in Kolumbien wegen ihres gewaltsamen Einsatzes bei dem Generalstreik schwere Vorwürfe gemacht. Der Staat verwende „Kampftechniken“, um die protestierende Zivilbevölkerung „zu vernichten“, sagte die Mission bei der Vorstellung ihres vorläufigen Berichts. Die Mission besteht aus 41 internationalen Politiker:innen, Sozialengagierten, Menschenrechtler:innen und Mitgliedern der Presse, Politiker:innen aus den Amerikas und Europa sowie dem Generalsekretär des Vatikans. Die Hauptverantwortlichen der Gewaltexzesse seien laut der Mission die Polizei, die paramilitärischen Gruppen und bewaffnete Zivilpersonen. (…) In dem Bericht listet die Mission elf konkrete, verifizierte Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Demonstrant:innen auf: selektive Tötungen, (Augen-)Verletzungen, Folter, Angriffe mit Schusswaffen, geschlechtsspezifische Gewalt, sexuelle Gewalt und sexuelle Folter, willkürliche und rechtswidrige Festnahmen, willkürliche Verfolgungen, Entführungen sowie Stigmatisierung und Verfolgung. Sie empfiehlt der kolumbianischen Regierung konkret ein Ende der Repression. Außerdem müsse sie Menschenrechtsverteidiger:innen, die Presse und Este-Hilfe-Sanitäter:innen besser schützen und Mechanismen zur Suche der Verschwundenen implementieren…“ Artikel von Alexandra Schmeil vom 19.07.2021 bei amerika21 externer Link
  • Kolumbien brennt! Warum das Proletariat in Kolumbien kämpft
    Die Übersetzung ist von uns, die Textsammlung stammt von der Gruppe TŘÍDNÍ VÁLKA, die einzelnen Texte sind von unterschiedlichen Gruppen, von den meisten haben wir auch schon Texte übersetzt: Warum das Proletariat in Kolumbien kämpft (Grupo Barbaria); Solidarität mit dem Aufstand in Kolumbien: Nieder mit dem staatlichen Genozid (Vamos hacia la vida); Korrespondenz aus Kolumbien (Biblioteca Alberto Ghiraldo); Kolumbien brennt gegen die faschistische Regierung von Ivan Duque (Valladolor Internacionalista)...“ Dokumentation vom 18. Juli 2021 bei anarchistischefoderation.de externer Link
  • Kolumbien hat nach Myanmar die meisten Toten bei Protesten weltweit
    Alle 36 Stunden haben Angehörige von bewaffneten Zivilgruppen oder der Polizei im ersten Monat der „sozialen Explosion“ in Kolumbien eine protestierende Person getötet. Nur ein Land übertraf diese Zahl, nämlich Myanmar mit sieben Toten pro Tag. Zu dieser Erkenntnis kam ein Bericht externer Link der kolumbianischen Sonderjustiz für den Frieden (JEP). Die Tötungshäufigkeit könnte jedoch noch höher sein, weil die JEP-Studie auf den offiziellen Angaben des Ombudsmanns basiert. Dieser hat weniger Tote als unabhängige Menschenrechtsorganisationen registriert. icht nur im Vergleich zur Repression in anderen Ländern hat Kolumbien einen Rekord gebrochen: Laut der JEP handelt es sich um den Aufstand „mit den meisten Ermordeten in der jüngsten Geschichte des Landes“. Damit vergleicht sie die staatliche Gewalt in der „sozialen Explosion“ mit der Repression in den größten Protestwellen der letzten 50 Jahre. Mittlerweile meldet die Menschenrechtsorganisation „Die Freiheit verteidigen“ (Defender La Libertad) 84 Getötete und 75 Verschwundene seit dem 28. April. 1.780 Menschen hat die Polizei demnach verletzt, 114 davon mit Feuerwaffen. Die Aufstandsbekämpfungseinheit der Polizei (Esmad) hat 84 Jugendlichen ein Auge ausgeschossen und 3.274 Personen sind festgenommen worden…“ Artikel von Hans Weber am 07.07.2021 bei amerika21 externer Link
  • [Kolumbien] Reaktion auf Vergewaltigung durch die Polizei: Polizeirevier in Medellín in Brand gesetzt
    Vor ein paar Tagen wurde während der Anti-Regierungs-Proteste in Medellin, Kolumbien, ein 15-jähriges Mädchen von der Polizei vergewaltigt. Am 2. Juli setzten Gruppen von Feministinnen eine Polizeistation mit Molotowcocktails in Brand. Dies ist kein Einzelfall, seit Beginn der Proteste, vor mehr als 2 Monaten, wurden 28 Frauen vergewaltigt. Der Aufstand in Kolumbien hat mittlerweile den 67. Tag hintereinander erlebt. Obwohl Hunderte von Menschen getötet wurden und verschwunden sind und die Polizei Demonstrant*innen die Augen ausschoss, sind die Menschen wieder auf die Straße gegangen, haben sich tapfer gewehrt, Polizeireviere niedergebrannt und die Polizei angegriffen…“ Beitrag vom 5. Juli 2021 bei Enough14D externer Link – ursprünglich veröffentlicht von Abolition Media Worldwide und übersetzt von Riot Turtle
  • Der nationale Streik in Kolumbien: Eine gewerkschaftliche Perspektive
    „… Während Covid-19 das bereits erschöpfte und verstümmelte privatisierte Gesundheitssystem auffraß und bis zum 14. Juni 2021 knapp 96.000 Tote hinterließ, waren die Bemühungen der Regierung, die sozioökonomischen Auswirkungen eines Jahres der Politik zur Eindämmung der Ausbreitung von Covid-19 abzumildern, gelinde gesagt lauwarm. Während massive Einkommensentlastungspakete für die von der Eindämmungspolitik betroffenen Bewohner weltweit üblich wurden, bevorzugte die Regierung in Kolumbien den bewährten und gescheiterten Ansatz, nur einem kleinen Prozentsatz der am stärksten betroffenen Haushalte Erleichterungen zu gewähren, während sie gleichzeitig vorgab, Unternehmen durch Kredite zu schützen, die vom Bankensystem kontrolliert und verwässert wurden. Während die Armut im ganzen Land, vor allem aber in den städtischen Haushalten, auf 21 Millionen Menschen zu Beginn des Jahres 2021 anstieg, erreichte das Solidaritätseinkommen der Regierung, das sich auf mickrige 43 US-Dollar pro Monat beläuft, nur 2,6 Millionen Menschen. (…) Nach fast 45 Tagen der Proteste und Blockaden, da der Streik sein Ende erreicht zu haben scheint, verspricht das kommende Jahr voller weiterer politischer und sozialer Unruhen zu werden. Die Hoffnung der Regierung, die Pandemie zu nutzen, um weitere unpopuläre Gesetzesvorhaben, vor allem Arbeits- und Rentenreformen, durchzusetzen, ist nun vom Tisch. Nichtsdestotrotz versucht Präsident Duque vergeblich, den Anschein von Legitimität wiederzuerlangen, indem er Projekte vorstellt, die direkt aus dem Forderungskatalog des Streikkomitees entnommen wurden, insbesondere ein Grundeinkommenszuschuss für verarmte Haushalte…“ Aus dem engl. Artikel „The National Strike in Colombia: A Trade Union Perspective“ von Daniel Hawkins am 1. Juli 2021 bei Global Labour Column externer Link
  • Zwei Monate Protest in Kolumbien: Dekolonisierung und sexualisierte Gewalt
    Die ersten zwei Monate der landesweiten Proteste in Kolumbien wurden am 28. Juni von Tausenden gefeiert und zum Anlass genommen, eine Bilanz zu ziehen. Im ganzen Land kam es erneut zu massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens und zu Auseinandersetzungen. Die Demonstrant:innen forderten Gerechtigkeit für die mehr als 70 getöteten Menschen, Hunderte Verschwundene und Tausende Verletzte durch die Einsätze von Polizei, Militär und Paramilitär. (…) Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen allerdings zwei bisher weniger berichtete Themen. Zum einen wurde die Statue von Christoph Kolumbus in Barranquilla gestürzt und damit der Prozess der symbolischen Dekolonisierung weiter angefeuert. (…) Zum anderen wurde die Aufmerksamkeit auf die massiven Risiken für Frauen in den Demonstrationen gelenkt. Sexistische Beschimpfungen, Androhung von sexueller Gewalt und tatsächliche Vergewaltigungen durch Polizei und andere staatliche Einsatzkräfte sind in den letzten Monaten immer wieder vorgekommen. Laut der staatlichen Ombudsstelle für Menschenrechte gab es mindestens 113 Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt. Laut der NGO Temblores gebe es mindestens 28 Fälle sexuellen Missbrauchs durch Sicherheitskräfte. Die Staatsanwaltschaft untersucht derzeit sieben Vorwürfe…“ Artikel von Ariana Pérez vom 30.06.2021 bei amerika21 externer Link
  • Die jüngste Widerstandsbewegung in Kolumbien
    Die jungen Widerständler:innen sind keine Vandalen, wie die Regierung predigt, sondern der Keim einer radikalen partizipativen Demokratie (…) Ein Teil der kolumbianischen Gesellschaft will also die jungen Protestierenden als furiose, destruktive Chaoten verstehen, die entweder Spielfiguren von manipulativen Oppositionellen und der Guerilla oder ganz einfach nur orientierungslos sind. Wer sich ihre „Widerstandpunkte“ jedoch anschaut, die sie gemeinsam aufgebaut haben, wird eine hoch organisierte Bevölkerung feststellen, die autonom und basisdemokratisch Entscheidungen trifft und solidarisch agiert. Wer sind sie? Es sind vor allem die Jugendlichen der Städte. Kleinbäuerinnen, indigene und afrokolumbianische Gemeinden sowie Gewekschaften, Organisationen von Opfern, Umweltaktive und viele mehr haben sich in den letzten Wochen auch stark mobilisiert, nachdem das Streikkomitee zum Generalstreik aufgerufen hat. Allerdings sind junge Menschen der Groß- und Kleinstädte die treibende Kraft der jüngsten Protestbewegung. Ein großer Teil von ihnen, wenn nicht der größte, wohnt in den Slums und lebt völlig außerhalb des ökonomischen Systems. (…) „Sie wollen arbeiten, wollen studieren, wurden aber von der Regierung im Stich gelassen“, klagt der Aktivist aus Cali Sebastián Mantilla gegenüber diesem Portal. Einige von ihnen suchten Zuflucht in den Drogen oder müssten stehlen. Ein berühmter Internet-Meme bringt die Charakterisierung der junge Widerständler:innen auf dem Punkt: „Sie haben sich mit der Generation angelegt, die nichts zu verlieren hat. Weder eine Wohnung, noch Arbeit, noch Gesundheit, noch eine Rente. Wir haben nichts. Wovor sollen wir da noch Angst haben?“ (…) Ein anderer Teil der jungen Protestler:innen, die zur Stärkung der Widerstandspunkte beitragen, besteht aus Hochschulstudent:innen. Sie bringen ein politisches und soziales Bewusstsein mit sich, das sie in den Kämpfen der Student:innenbewegung der letzten Jahrzehnte entwickelt haben. Einige von ihnen wohnten in den Widerstandszonen, andere nicht, seien aber regelmäßig dort präsent, erzählt Luisa. „Es ist schön zu sehen“, sagt sie, wie „ein bereichernder Austausch“ in den Widerstandszentren „kollektiv stattfindet“. Auch Hochschuldozent:innen beteiligten sich. (…) Sie verließen die „Seifenblase“, in der sie bis dahin lebten und gingen auf die Straßen. Plötzlich standen Psychologie-, Medizin- Jurastudent:innen da und organisierten die Proteste so mit, „dass wir uns gegenseitig halfen, um zusammen Widerstand leisten zu können.“ Laut dem Politologen Ariel Ávila gibt es eine dritte Gruppe von jungen Protestteilnehmer:innen: Die Arbeitslosen. Sie waren bereits im ökonomischen System integriert, hatten einen Job, den sie aber während der Pandemie verloren haben. (…) Die jungen Widerständler:innen, insbesondere die Slums-Bewohner:innen, misstrauen dem Staat und dem politischen System im Allgemeinen, auch „den Linken, die sich an die Staatsbürokratie angepasst haben“, sagt der Aktivist Felipe aus Cali gegenüber amerika21. Damit sind zum Beispiel „linke Senatoren“ gemeint, die sich in solchen Posten „verewigt haben“. Auch wenn linke Poitiker:innen oder Parteien in Kolumbien nie als Zentralregierung regiert haben, werden sie von den Protestler:innen als Teil der Staatsmacht gesehen, die sie unterdrückt. (…) Sehr verbreitet unter den Protestler:innen ist die Ablehnung des Nationalen Streikkomitees (Comité de Paro Nacional, CNP). „Das Streikkomitee vertritt uns nicht“, sagen Teilnehmer:innen der Protestbewegung immer wieder. Das CNP richtete sich zu sehr an die etablierten Parteien und Organisationen (…) Die Gewerkschaften, die hinter dem CNP stehen, sehen die jungen Protestierenden als wenig kämpferische und an die traditionelle Politik angepasste Organisationen, die „mit dem Zentralstaat immer nur über Krümel verhandeln“, klagt Felipe gegenüber amerika21. Ihre politische Agenda sei weit entfernt von den Forderungen der Leute auf den Straßen. „Sie bringen uns gar nichts“, sagt eine der „Mütter in der Ersten Linie“ aus dem Portal Resistencia in Bogotá. „Das sind nicht die Leute, die wir für den Dialog mit der Regierung wollen.“…“ Artikel von Hans Weber vom 30.06.2021 bei amerika21 externer Link
  • Erneut zwei Tote durch Polizeigewalt
    Die Proteste in Kolumbien halten weiter an. Dabei sind erneut zwei junge Demonstranten in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá ums Leben gekommen. Beide starben innerhalb von 48 Stunden durch sogenannte nicht-tödliche Waffen, mit denen die umstrittene Spezialeinheit ESMAD gegen die Demonstrant*innen vorging. Bereits am frühen Morgen des 21. Juni begannen Proteste und Polizeiaktionen im Stadtteil Usme im Südosten der Hauptstadt. Im Viertel Yomasa an der „Brücke der Würde“, die seit Beginn des landesweiten Streiks einer der Schwerpunkte der Proteste ist, blockierten Demonstrant*innen Straßen, den ganzen Tag über wurde von Schüssen und Festnahmen berichtet. 27 Polizist*innen und mindestens 42 Demonstrant*innen wurden dabei verletzt. Gegen 16 Uhr wurde der 33-jährige Jaime Fandiño von einer Tränengasgranate in die Brust getroffen, die offensichtlich aus kurzer Distanz abgeschossen wurde. Von Rettungskräften und Zeug*innen wurde er im Tränengasnebel erstversorgt. Als er schließlich mit öffentlichen Transportmitteln in eine Klinik Santa Librada gebracht werden konnte, war er bereits tot. Am Abend fand an der Todesstelle eine Trauerkundgebung statt, in der die Teilnehmenden den Staat und die Polizei für seinen Tod verantwortlich machten. Menschenrechtsbeobachter*innen, Sanitäter*innen und Journalist*innen beklagten, zum Ziel von Polizeiübergriffen geworden zu sein. Nur Stunden später, am frühen Morgen des 22. Juni, starb ein weiterer junger Mann im Stadtteil Suba, am anderen Ende der Stadt. (…) Inzwischen ist der Sicherheitsminister von Bogotá, Hugo Acero Velásquez, zurückgetreten. Er wird durch den ehemaligen Vizeinnenminister Aníbal Fernández de Soto ersetzt, was als Zeichen für ein noch repressiveres Vorgehen der Sicherheitskräfte in der Hauptstadt gewertet wird.“ Meldung vom 27. Juni 2021 beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • Erneut ein Toter und 20 Verletzte in Cali
    Mindestens ein Toter, 20 Verletzte und acht Verhaftete – das ist die vorläufige Bilanz der Repression der Polizei gegen Demonstrant*innen in der kolumbianischen Stadt Cali am Donnerstag, 17. Juni. Polizist*innen der Aufstandsbekämpfungseinheit Esmad, der Nationalpolizei und in zivil sollen Blockadepunkte der Demonstrierenden angegriffen haben. In sozialen Netzwerken wurde die Information verbreitet, dass ein junger Mann im Sektor Paso del Comercio starb, nachdem er von der Polizei in den Kopf geschossen wurde. Bei dem Opfer soll es sich um Juan David Montenegro handeln. Mit dem Tod des jungen Mannes sind damit seit Beginn der Demonstrationen am 28. April bereits mindestens 70 Menschen durch das gewaltsame Vorgehen des Esmad getötet worden, laut den Zahlen des Friedensforschungsinstituts Indepaz. In der Nacht zum Donnerstag kam es während des Spiels der Copa America zwischen Kolumbien und Venezuela im Süden der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá erneut zu einem gewaltsamen Vorgehen des Esmad gegen Demonstrant*innen. Auch in der Stadt Neiva, der Hauptstadt des Departments Huila, gingen Sicherheitskräfte gegen Demonstrant*innen vor. Die Demonstrationen am 17. Juni in mehreren kolumbianischen Städten wurden von Gruppen organisiert, die sich nicht vom Nationalen Streikkomitee vertreten fühlen. Dieses hatte am 15. Juni eine „vorübergehende Unterbrechung der Mobilisierungen“ angekündigt…“ Übersetzung einer telesur-Meldung vom 18. Juni 2021 durch und beim Nachrichtenpool Lateinamerika externer Link
  • Kolumbien: Musiker und Aktivist Junior Jein getötet
    Cali. Der bekannte kolumbianische Rapper und Aktivist Junior Jein ist beim Verlassen einer Diskothek in Cali erschossen worden. Der Musiker hatte zuletzt den Generalstreik und die Protestbewegung unterstützt und sich stark gegen Rassismus eingesetzt. Zwei Verdächtige wurden bisher festgenommen. Jein war als „König des Pazifik“ bekannt und galt als Pionier der Musikrichtung Salsa Choke, die sich aus Salsarhythmen und urbaner Musik zusammensetzt und an der Pazifikküste Kolumbiens beheimatet ist. Der Musiker war auch durch seinen politischen Aktivismus bekannt. Neben seiner Unterstützung für die Streikbewegung setzte er sich als sozialer Aktivist für die Rechte der afrokolumbianischen Bevölkerung, insbesondere in seiner Heimatstadt Buenaventura, ein. Mit seinem Lied externer Link „Quien los mato?“ (Wer hat sie getötet?) hatte er mit weiteren Künstlern das Massaker von Llano Verde, bei dem fünf Jugendliche afrokolumbianscher Herkunft getötet wurden, sowie die unzähligen Morde und Massaker an sozialen Aktivisten in Kolumbien angeprangert. (…) Währenddessen hat die Internationale Menschenrechtsstiftung (Fundacion Internacional de Derechos Humanos) den ehemaligen Präsidenten, Álvaro Uribe Vélez, und den aktuellen Präsidenten, Iván Duque, als die Drahtzieher des Attentats auf Junior Jein beschuldigt: „Wir klagen direkt die paramilitärischen Gruppen, welche mit der Oligarchie verbunden sind sowie Präsident Iván Duque und den ehemaligen Präsidenten Álvaro Uribe Vélez an“, da Junior Jein kein einfacher Künstler aus der Region Valle del Cauca war, sondern auch Sozialaktivist und Unterstützer des nationalen Streiks, so eine Stellungnahme der Stiftung.“ Artikel von Bruno Mayer vom 20.06.2021 bei amerika21 externer Link

    • Unsere Empfehlung: FUCKING ESMAD externer Link – Junior Jein, kolumbianischer Rapper u sozialer Aktivist aus Buenaventura/Pazifik widmete (schon 2017) der Antiriot-Sondereinheit ESMAD diesen Song…
  • Generalstreik in Kolumbien in der siebten Woche, wird mit nun 78 Todesfällen beantwortet – Solidarität mit der Bewegung in Kolumbien!
    Der Generalstreik in Kolumbien dauert bereits sieben Wochen an. Die meisten Blockadepunkte im Land wurden mittlerweile durch den massiven und brutalen Polizeieinsatz mit Unterstützung des Militärs geräumt. Während Vertreter:innen des Protests mit Regierungsverantwortlichen auf regionaler und nationaler Ebene verhandeln, gehen die Polizeieinsätze und die Militarisierung des Landes unvermindert weiter. Wie schon in den Wochen zuvor setzen sich die Menschenrechtsverletzungen fort. In der vergangenen Woche kamen die Verhandlungen zwischen dem nationalen Streikkomitee und der Regierung zum Erliegen. Meinungsverschiedenheiten bestehen vor allem darüber, inwiefern die Aufhebung der Blockaden Grundbedingung für eine Fortführung der Gespräche ist. Laut Julián Domínguez, Präsident des Unternehmerverbandes, haben die Blockaden bisher „einen geschätzten ökonomischen Verlust von über 1,3 Millionen Euro verursacht“. Aktivist:innen monieren gegenüber der Regierung, dass es keine Garantien auf friedlichen Protest und die Sicherheit der Protestierenden gebe. (…) Das Menschenrechtsnetzwerk Defender la Libertad zählt zwischen dem 28. April und 11. Juni 78 Todesfälle im Rahmen des Generalstreiks, wovon 24 staatlichen Sicherheitskräften zugeschrieben werden…“ Aus dem Artikel „Generalstreik in Kolumbien zwischen Verhandlungen und Todesfällen“ von Gabriel Engelbart vom 17.06.2021 bei amerika21 externer Link – siehe weitere neue Informationen und den Hinweis auf die Video-Konferenz von BaSo am 21. Juni: „Was ist los in Kolumbien? Solidarität mit der Bewegung in Kolumbien!“:

    • Berichte: Paramilitärs bedrohen und töten Protestierende in Kolumbien
      Medien und Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien berichten vermehrt über Aktivitäten paramilitärischer Gruppen während der laufenden Proteste. Während in Medellín Pamphlete auftauchten, die sich gegen die erste Linie (Primera Línea) bei den Protesten richten, zeigen Videoaufnahmen aus Cali bewaffnete Zivilisten, welche mit der Polizei zusammenarbeiten und mit (Maschinen-)Pistolen auf Protestierende schießen oder Stadtteile kontrollieren (…) Die Angst vor weiteren gewalttätigen Angriffen auf Protestierende ist, nicht nur in Medellin, groß. Die Menschenrechtsorganisation Gemeinschaftliches Netzwerk für Menschenrecht in Bogotá (REDHUS) alarmierte beispielsweise die internationale und nationale Gemeinschaft und forderte von der Regierung, die Sicherheit der Bevölkerung in den betroffenen Stadtteilen zu gewährleisten, sowie Umstände und Urheber der Drohungen zu ermitteln…“ Artikel von Dennis Schlömer vom 18.06.2021 bei amerika21 externer Link
    • BaSo Video Konferenz am 21. Juni: Was ist los in Kolumbien? Solidarität mit der Bewegung in Kolumbien!
      Solidarität mit den Bewegung in Kolumbien – Schaltet euch zu am 21. Juni um 19 Uhr. Zur Einstimmung empfehlen wir das Video der Kolumbienkampagne, Berlin externer Link
      Ein kollektiver Aufbruch im Kampf um Würde und Veränderung! Während wir jeden Tag in der Presse über Unrecht in China und Russland lesen, ist wenig zu hören über das, was gerade in Kolumbien passiert. Seit dem 28. April, dem Tag, an dem Gewerkschaften einen Generalstreik ausgerufen haben, versucht die Regierung von Präsident Ivan Duque die Proteste, denen sich viele Organisationen, Studierende und soziale Bewegungen angeschlossen haben, mit brutaler Gewalt zu unterdrücken. An die 70 Menschen haben dabei ihr Leben verloren, ca. 200 sind verschwunden und viele verletzt. Präsident Duque hat in einigen Regionen der Polizei das Militär zur Seite gestellt. Trotz der Repression und Einschüchterung gehen weiterhin viele Menschen auf die Straße. Vor allem im Süden des Landes gibt es etliche Straßenblockaden und viele vor allem von Jugendlichen getragene Widerstandsorte. Dort haben die Aktivist*innen Erste Hilfe-Stationen zur Versorgung der Verletzten, gemeinschaftliche Suppenküchen eingerichtet, es gibt Austausch und auch kulturelle Aktionen. Es geht schon längst nicht mehr um die mittlerweile ausgesetzte Steuer“reform“. Die Menschen fordern ein Ende der Armut, Gerechtigkeit, Gesundheit, Meinungsfreiheit und wenden sich gegen die Sabotage des Friedensabkommens mit der Guerilla FARC durch die Regierung. Wir laden alle Interessierten ein, mehr darüber zu erfahren und bedanken uns bei Margaret Buslay für die Einführung. Margaret hat viele Jahre in Kolumbien gelebt und hat weiterhin Kontakt mit Menschen von Friedens-,  Menschenrechts-  und sozialen Organisationen, auch mit Indigenen und Afrogemeinden. Viele ihrer Kämpfe gehen um den Rohstoffabbau und die Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Internationalen Kohle-, Lebensmittel- und Getränkekonzernen sind konsequente Gewerkschaften ein Dorn im Auge. BaSo hat eine Geschichte der Solidarität mit bedrohten kolumbianischen Gewerkschafter*innen. Europäische zivilgesellschaftliche Gruppen haben Briefe an die deutsche bzw. kolumbianische Regierungen geschrieben, um Druck gegen die Repression zu machen. Es muss aber noch mehr geschehen, damit die Solidarität von deutschen Bewegungen breiter und wahrnehmbar wird.“ Einladung der BaSo externer Link, dort der Zoom-Zugang
    • Erste Reihe des Widerstands. Wie trotzen die Menschen in Kolumbien der Gewalt? Ein Besuch bei den Blockaden der Primera Línea in Cali
      „Am 28. Mai kündigte Kolumbiens Präsident Ivan Duque die »vollständige Militarisierung und den Einsatz aller Mittel« zur Niederschlagung des Streiks an. (…) Seit der Ankündigung Duques rollen noch mehr Panzer durch die Städte, Militärpolizist*innen mit Maschinengewehren patrouillieren, Bewaffnete in Zivilkleidung feuern Schüsse auf Protestierende ab. Mittlerweile sind allein in Cali und Umgebung mehr als 60 Menschen gestorben, rund 200 gelten als verschwunden. (…) Puerto Resistencia (auf deutsch: Hafen des Widerstands), einer der größten Blockadepunkte, befindet sich im Osten der tropischen Zwei-Millionen-Metropole Cali. Hier ist hinter brennenden Barrikaden und Menschenketten eine befreite Zone entstanden, eine autonom organisierte kleine Welt. Und das mitten in einem der angeblich gefährlichsten Viertel Calis, stadtbekannt als Angstraum aufgrund zahlloser bewaffneter Überfälle, Morde und Bandenkriege. Jetzt wird der Zugang zur größten Kreuzung von Vermummten bewacht, der sogenannten »Primera Línea«. Die Primera Línea, die »erste Reihe«, ist, ähnlich wie im chilenischen Aufstand (ak 656), der militante Arm des Protests, sie verteidigt die Blockaden bei Angriffen der Polizei und des Militärs. Ihre Aktiven organisieren sich in Kleingruppen, jeweils nur eine Person kennt die jeweils anderen Sprecher*innen. Sie agieren vermummt und mit selbstgebauten Schilden aus Verkehrsschildern oder Tonnen. Unter den Primeras Líneas gibt es auch städteübergreifend Austausch. Nur eine kleine Minderheit war vorher politisch organisiert. Statt Angst oder Ablehnung gegenüber den Vermummten oder den Blockaden zu bekunden, bedanken sich die meisten Fußgänger*innen beim Passieren. »Unsere Jugend kämpft hier endlich für etwas Sinnvolles, für die Würde und die Zukunft«, erklärt eine Seniorin. Das ist keine Einzelmeinung; mittlerweile unterstützt eine Mehrheit der Anwohner*innen den Protest. Viele Menschen bieten ihre Hilfe an, machen Sandwiches, bringen Kaffee, organisieren medizinische Versorgung. Die Blockadepunkte sind so auch zu einem sozialen Auffangbecken geworden, es gibt dreimal am Tag warmes Essen für hunderte Menschen, niemand wird abgewiesen. Zudem wird jedes Wehwehchen versorgt, von durch Polizeiwaffen verursachten Schusswunden bis zum Keuchhusten und der eitrigen Wunde eines Obdachlosen. (…) Aber nicht nur die Versorgung eines vom Staat vollkommen vernachlässigten Viertels wird hier gemeinschaftlich organisiert, der Protest spendet auch Sinn. »Zum ersten Mal im Leben weiß ich, wofür ich aufstehe«, erzählt ein junger Mann aus der Primera Línea. Aufgaben werden auf Asambleas gemeinsam durchgesprochen und verteilt. Durch die Teilnahme an den Protesten erleben viele Menschen Anerkennung und Respekt von ihren Nachbar*innen. Manchen wurde vermutlich noch nie so oft gedankt und auf die Schulter geklopft. Die als Vandal*innen und Kiffer*innen stigmatisierten Jugendlichen erleben hier, was es bedeutet, Verantwortung zu übernehmen. »Sowas hat Kolumbien noch nie erlebt«, resümiert Claudia nach fast fünf Wochen permanenter Präsenz an ihrem Blockadepunkt…“ Bericht von Mayo Calle vom 15. Juni 2021 aus ak 672 externer Link
  • Hüterinnen des Widerstands: „Mamas der Ersten Reihe“ in Kolumbien 
    „Die Gründe der Mütter, auf der Straße zu bleiben, sind so umfangreich wie die Wut, die sich in all den Jahren des kriegerischen Neoliberalismus angesammelt hat (…) Bis vor wenigen Wochen waren sie die typischen Allrounderinnen, die den Tag damit verbrachten, häusliche Pflichten zu erledigen, zwischen prekären Beschäftigungsverhältnissen zu pendeln, ihre Kinder alleine aufzuziehen, jonglierend den Kraftakt zu stemmen, keinen Hunger zu leiden. Anonyme Frauen. Mütter, Jugendliche, Haushaltsvorsteherinnen, Arme. Kämpferische Mamas. Hunderte wie sie, die in den dicht besiedelten Vierteln im Südwesten Bogotás leben, Tausende, die auf kolumbianischem Boden leben, Millionen, die Lateinamerika bevölkern. Doch der soziale Aufstand hat sie auf die Straßen gebracht und sie übertragen jene umfangreiche Erfahrung in der (unbezahlten) Sorgearbeit nach außen, verwandelten sie in kollektive Identität: Heute sind sie die „Mamas der Ersten Reihe“ (Mamás de la Primera Línea). (…) Die „Mamas der Ersten Linie“ agieren als Verteidigung und helfen dabei, die Farce zu entlarven, dass diejenigen an der Spitze der Proteste „Vandalen“ seien. Doch sie wirken auch bei der Logistik mit, bringen Wasser oder Sandwiches und greifen ein, wenn irgendein junger Mensch auszurasten droht; sie wissen, dass jede Aggression gegen die Polizei als Rechtfertigung für noch mehr Repression genutzt wird. Die Beweggründe dafür, auf der Straße zu bleiben, sind so umfangreich wie die Wut, die sich in all den Jahren dieses kriegerischen Neoliberalismus angesammelt hat. Johanna fasst die Motivation ihres Bataillons zusammen: „Wir schließen uns den Protesten an, weil wir genug haben von so viel staatlicher Repression, genug davon, dass sie unsere jungen Leute töten. Wir gehen für das Recht auf Gesundheit, auf Bildung, auf Arbeit auf die Straße. Wir werden immer ärmer und das Einzige, was die Regierung macht, ist das Volk anzugreifen, um die Interessen einiger Superreichen zu verteidigen. Wir gehen hinaus, damit all die Gewalt aufhört, damit unsere Kinder eines Tages ein Land haben werden, in dem Frieden herrscht. Wir gehen hinaus, um zu sagen, ‚Schluss damit‘. Wir gehen also raus auf die Straßen für das Recht auf Leben.“…“ Artikel von Gerardo Szalkowicz in der Übersetzung von Miou Sascha Hilgenböcker bei amerika21 am 12. Juni 2021 externer Link
  • Bildergalerie „Proteste in Kolumbien“ externer Link bei Reporter ohne Grenzen
  • Beispiellose Gewalt gegen Journalisten
    Reporter ohne Grenzen ist entsetzt über eine nie dagewesene Welle der Gewalt gegen Medienschaffende bei den anhaltenden Protesten in Kolumbien. Seit Beginn der landesweiten Unruhen am 28. April gab es rund 220 Übergriffe auf Journalistinnen, Journalisten und Medien, so viele wie noch nie in Kolumbien. Etwa die Hälfte davon wurden von Sicherheitskräften verübt. „Es ist sehr beunruhigend, dass die Gewalt gegen Medienschaffende in Kolumbien bereits seit mehr als einem Monat unvermindert anhält. Noch empörender aber ist, dass die Behörden bis heute nichts unternommen haben, um die Angriffe zu verurteilen und zu ahnden und Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Berichterstattung über die Proteste zu schützen“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. In den knapp sechs Wochen seit Beginn der Proteste hat die kolumbianische Stiftung für Pressefreiheit FLIP 222 Übergriffe auf Journalistinnen, Journalisten und Medien dokumentiert, darunter 87 gewalttätige Attacken und 42 Bedrohungen…“ Meldung vom 07.06.2021 bei Reporter ohne Grenzen externer Link
  • »Sie bringen uns weiter um«. Die sozialen Unruhen in der kolumbianischen Stadt Cali flauen kaum ab, obwohl die Polizei und das Militär brutal einschreiten 
    »Widerstand, Widerstand« rufen die Demonstrierenden lautstark im Chor. Wie schon die vergangenen Wochen haben sich wieder Tausende Menschen in Cali, der drittgrößten Stadt Kolumbiens im Südwesten des Landes, versammelt. Sie demonstrieren seit nunmehr sechs Wochen gegen die Reformpläne der ultrarechten Regierung und deren Repressionsstrategie gegen die Proteste, der Hunderte Menschen zum Opfer gefallen sind. Die Proteste haben bereits ein politisches Erdbeben ausgelöst: Mehrere hochrangige Minister*innen sind zurückgetreten, die Pläne zur Steuer- und Gesundheitsreform sind auf Eis gelegt, die Regierung sieht sich gegenüber internationalen Menschenrechtsverteidiger*innen in Rechtfertigungszwang. Doch damit kein Ende. Cali und die angrenzenden Munizipien sind zum Brennpunkt des anhaltenden Generalstreiks geworden. Hier sind die Auseinandersetzungen an den zwischenzeitlich 25 Blockadepunkten in der Stadt mit den staatlichen Sicherheitskräften besonders heftig. Die Protestierenden beklagen mittlerweile mehr als 60 Todesopfer, die meisten starben durch Kugeln aus Schusswaffen der Polizei. Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch weist auf die besondere Brutalität hin, mit der die Regierung versucht, die Proteste niederzuschlagen. (…) Doch es ist nicht nur das Militär, das gegen die Proteste vorgeht. Viel häufiger sogar noch ist die hochgerüstete Polizei für die Ermordungen, Vergewaltigungen und das Verschwindenlassen von Demonstrierenden verantwortlich. Der kolumbianische Intellektuelle Víctor De Currea-Lugo erläutert: »Die kolumbianische Polizei ist keine Bürger- oder republikanische Polizei im europäischen Sinne. Sie ist vielmehr enorm militarisiert. Sie besitzt Sonder- und Elitekommandos, beteiligt sich an der militärischen Guerilla-Bekämpfung und verfügt über schwere Militärwaffen. Diese Umstände haben die Polizei für die Auseinandersetzung in landesinternen Konflikten sozusagen ›qualifiziert‹, sodass der Einsatz des Militärs nicht einmal erforderlich ist. Wenn wir also von Militarisierung reden, dann bedeutet das, dass die Polizei den Begriff der öffentlichen Ordnung militärisch umgedeutet hat und soziale Konflikte mit Militärgewalt beantwortet.« Das erklärt gewissermaßen den Kriegszustand, in den sich viele Polizist*innen versetzt fühlen, zumal die Demonstrierenden von der Regierung höchstpersönlich als Terrorist*innen und Randalierer*innen bezeichnet werden. (…) Der Bürgermeister von Cali hat trotz der Militarisierung seiner Stadt vor einigen Tagen die Verhandlungen mit Vertreter*innen der ersten Reihe aller Blockadepunkte bekannt gegeben. Die sogenannte Vereinigung der Widerstände von Cali ist gut organisiert und arbeitet gerade ihren Forderungskatalog aus, und es ist keine einfache Aufgabe, zwischen Menschen aus verschiedenen Vierteln Calis, deren Lebenswelten sich zum Teil stark unterscheiden, zu vermitteln. Torpediert werden die Gespräche von den Einsätzen der Sicherheitskräfte, die jeden Tag neue Todesopfer fordern. Die Protestierenden verlangen hingegen Sicherheitsgarantien, um weiter zu verhandeln…“ Artikel von Gabriel Engelbart, Cali, vom 09.06.2021 im ND online externer Link
  • Menschenrechtsverteidiger im Cauca in Gefahr
    Der Verteidigungsminister Diego Molano Aponte verkündete am 15. Mai 2021, dass Mitglieder der FARC-Dissidenz hinter den Attacken gegen die Polizeistation und das Institut für Rechtsmedizin stecken und nannte vier angebliche Anführer und Verantwortliche – alias «Cheto», alias «Maíz», alias «Caleño» und alias «Andrés». Er setzte eine finanzielle Entschädigung von bis zu 50 Millionen kolumbianische Pesos (ca. 12.200 CHF) für Hinweise an, welche der Aufklärung des Sachverhalts dienen. Diese Aussagen wurden sowohl von den sozialen Organisationen, als auch vom Gouverneur des Cauca, Elías Larrahondo Carabalí abgelehnt, da zumindest die ersten drei genannten Personen als soziale Aktivisten anerkannt sind. Diese Anschuldigungen widersprechen einem fairen Verfahren und gefährden das Leben und die physische Integrität der genannten Personen. Die Interamerikanische Menschenrechtskommission lehnt die beschuldigenden und stigmatisierenden Aussagen ab und erinnert den Staat an seine Pflicht, die Respektierung des Rechts auf Verteidigung der Menschenrechte zu fördern…“ Beitrag vom 3.6.2021 bei ask! Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien externer Link
  • Volksaufstand trifft Volkssport. In Kolumbien führen organisierte Fans die Proteste für Sozialreformen mit an und fordern: Der Fußball soll pausieren
    „Das Spiel ist aus», steht auf einem riesigen Frontbanner der Protestierenden in Medellin. Sie tragen grün-weiße Trikots – die Farben des Fußballklubs Atletico Nacional. Den vorderen Teil dieser Demo dominieren die Ultras des kolumbianischen Erstligisten. Wenn sich die Barras, wie die Fangruppen in Südamerika heißen, am Protest beteiligen, dann wird es voll. Kaum eine andere Gruppe hat dermaßen hohe Organisations- und Mobilisierungsgrade wie die Barras. Damit sind sie zum Rückgrat des landesweiten Generalstreiks geworden, der sich seit mehr als einem Monat gegen die soziale Ungerechtigkeit und die Gewalt der rechten Regierung wendet. (…)Fußball ist wichtig in Kolumbien. Kaum etwas bietet so viel Identifikationsfläche. Die Mächtigen nutzen gerne die Ablenkung eines internationalen Turniers, um unliebsame Reformen zu beschließen oder sogar Aktivist*innen zu ermorden. Auch jetzt, während seit Wochen Demonstrierende getötet werden – mittlerweile sind es mehr als 50 – soll der Ball nach Willen der Regierung und der Sportverbände unbedingt rollen. So trafen sich Mitte Mai in der Küstenstadt Barranquilla Atletico Mineiro aus Brasilien und das kolumbianische America de Cali für ein Gruppenspiel der mit Europas Champions League vergleichbaren Copa Libertadores. Sie kickten, während draußen für ein besseres Leben unter brutaler Repression gekämpft wurde. Das Tränengas drang immer wieder bis ins Stadion, fünfmal musste die Partie unterbrochen werden. Immerhin: Kolumbiens erste Liga pausiert seit dem 2. Mai. Doch für das Pokalviertelfinale zwischen Cali und Tolima sucht der Verband noch immer verzweifelt einen Austragungsort. Beide Fanlager mobilisierten gegen die Partie im eigenen Stadion. Als sie auch nach Baranquilla verlegt werden sollte, ließen das die Fans des dortigen Vereins Junior nicht zu. Und in Medellin reichte schon die Ankündigung der großen Fanszenen von Independiente und Nacional für einen Rückzug. Nun soll die Partie in der kleineren Stadt Valledupar ausgetragen werden, wo weniger Widerstand erwartet wird. Doch selbst die kleine lokale Barra will sie nun verhindern…“ Artikel von Fabian Grieger vom 4. Juni 2021 in neues Deutschland online externer Link
  • Widerstand in Cali, Kolumbien: „Angesichts der Terrorpolitik werden wir stärker“ – Volksversammlung zwischen dem 6. und 8. Juni 
    „… Die „Vereinigung der Widerstandsgruppen von Cali – Die Erste Linie sind wir alle“ (Unión de Resistencias de Cali – Primera Línea somos tod@s, URC) hat die Festlegung von Garantien für die Proteste durch die Stadtverwaltung erreicht. Als Ergebnis von Gesprächen hat Bürgermeister Jorge Iván Ospina ein Dekret erlassen, in dem er sich unter anderem zur Zurückhaltung der Stadtpolizei bei friedlichen Protesten verpflichtet. Die URC verbindet alle „Widerstandpunkte“ von Cali, die „Tausende unzufriedene und empörte Bürger und Bürgerinnen“ vertreten. Dies teilt die Basisorganisation in einem Kommuniqué mit. Die URC hatte der lokalen und Zentralregierung eine Forderungsliste über die Garantien des Rechts auf Protest vorgelegt. Ziel war, „die Exzesse der Polizei“ und der bewaffneten Zivilisten zu bremsen. Den Dialog mit Ospina sowie mit der Gouverneurin von Valle del Cauca und Regierungsdelegierten haben die Vereinten Nationen und die Friedensmission der Organisation Amerikanischer Staaten begleitet. Nach Verhandlungen über den Inhalt eines Dekrets einigten sich die URC und die Stadtverwaltung auf das nun verabschiedete Regelwerk. Der Widerstandsverband erklärt aber, dass noch kein formaler Verhandlungstisch einberufen worden ist. Dies soll erst passieren, wenn das Dekret tatsächlich umgesetzt wird und das Protestrecht sowie das Leben der Protestierenden in Cali respektiert wird. (…) Gleichzeitig führen die Teilnehmer:innen der Widerstandspunkte „Volksversammlungen“ durch, wo die Anliegen der Bewohner:innen gesammelt werden. „Ihnen sind wir verpflichtet“, heißt es auch da. „Der Streik hört nicht auf. Angesichts des Todes und der Terrorpolitik werden wir stärker und organisierter“, versichert die URC. Auch in anderen Städten und ländlichen Zonen halten Bewohner:innen „Volksversammlungen“ im Rahmen der Proteste ab. Zwischen dem 29. und 30. Mai blockierten Kleinbäuer:innen von Mitte und Süd des Departamento Cesar und der nordöstlichen Region Catatumbo die Landstraße „Sonnenweg“, um eine regionale Volksversammlung durchzuführen. (…) Die landesweite Basisorganisation „Kongress der Völker“ hat zu einer Nationalen Volksversammlung aufgerufen, die zwischen dem 6. und 8. Juni stattfinden soll. Dabei soll eine „gemeinsame Strategie der politischen Aktion“ vereinbart werden.“ Artikel von Hans Weber vom 3. Juni 2021 bei amerika21 externer Link
  • [Internationale Gewerkschaftskampagne zum Mitzeichnen] Kolumbien: Beenden Sie die gewaltsamen Angriffe auf Demonstranten 
    „… Die Regierung von Ivan Duque hat mit brutaler Repression und brutaler Gewalt geantwortet. Das Nationale Streikkomitee hat seit Beginn der Mobilisierungen mindestens 2.387 Fälle von Polizeigewalt, 50 Tote, 578 Verletzte (darunter 40 Opfer von Aggressionen in den Augen), 524 Verschwundene, 1.200 willkürliche Verhaftungen, 21 Fälle von sexueller Gewalt gegen Frauen und 87 Fälle von geschlechtsspezifischer Gewalt angeprangert, was eine humanitäre Krise von großem Ausmaß darstellt. Aber die Kolumbianer sind immer noch auf der Straße. Und sie sind am Gewinnen. Die Steuerreform wurde gekippt, der Finanzminister ist zurückgetreten und ein umstrittener Gesetzentwurf zur Privatisierung des Gesundheitswesens wurde aufgegeben. Das Recht auf friedlichen Protest ist grundlegend für die Demokratie. Schließen Sie sich dem kolumbianischen Volk an und fordern Sie, dass die Regierung die staatliche Gewalt einstellt, sofort Verhandlungen mit dem Nationalen Streikkomitee aufnimmt und die Bitten der Interamerikanischen Menschenrechtskommission (IACHR) und des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Menschenrechte akzeptiert, Arbeitsbesuche in Kolumbien durchzuführen…“ Act Now von LabourStart externer Link (englisch) in Zusammenarbeit mit weltweiten Gewerkschaften an die kolumbianische Regierung zum Mitzeichnen
  • Tränen auf dem Fußballfeld. Aus guten Grund: Südamerika-Meisterschaft 2021 wird nicht in Kolumbien stattfinden 
    Tränen sind auf dem Fußballfeld nichts Besonderes. Wenn ein Endspiel verloren geht, wenn das eigene Team absteigt oder den Aufstieg verpasst, beginnen gestandene Fußballspieler, häufiger auch mal zu weinen. Auch bei einem Spiel der Gruppenphase der Copa Liberadores (Südamerikapokal, vergleichbar der europäischen Champions-Ligue) zwischen dem argentinischen Vertreter River Plate Buenos Aires und dem kolumbianischen Club Atlético Juniors am 12. Mai in Barranqiulla, wo die Atlético Juniors zuhause sind, flossen zahlreiche Tränen. Allerdings weinten die Spieler beider Teams, und das schon während des Spiels. Für die feuchten Augen waren auch keine fußballerischen Gründe verantwortlich, sondern das Tränengas, das kolumbianische Sicherheitskräfte gegen Demonstrant*innen außerhalb des Stadions einsetzten und das durch den Wind in die Arena getragen wurde.
    Seit Wochen toben die Kolumbien politische Unruhen. Auslöser war eine von der ultrarechten Regierung des Präsidenten Iván Duque verkündete Steuerreform, die vor allem Arme belastet (weil die unsoziale, einkommensunabhängige Mehrwertsteuer steigen soll), während Unternehmen und Besserverdienende geschont werden. Doch längst geht es bei den Protesten in Kolumbien um mehr als die (von der Regierung inzwischen verkündete) Rücknahme der Steuerreformpläne: Die überwiegend jungen Leute wollen eine grundlegende Reform eines Staates, in dem nach wie vor eine kleine superreiche Elite von Großgrundbesitzer- und Unternehmerfamilien bestimmt. Es geht um Demokratie, soziale Gerechtigkeit und ein Ende der vielfältigenden Diskrimierungen aufgrund Hautfarbe, Geschlecht und sozialer Herkunft. Der Staat regierte auf die Proteste so, wie er es in Kolumbien in den letzten Jahrzehnten immer getan hat, mit brachialer Gewalt. Bisher (Stand 26. Mai) gab es bereits 65 getötete Demonstrant*innen, hunderte von Verhaftungen, die Zahl der Verletzten geht in die Tausende.
    Die Menschen, die am 12. Mai vor dem Stadion von Barranquilla demonstrierten, teilten die Ziele der landesweiten Protestbewegung, hatten aber noch ein weiteres Anliegen. Ähnlich wie die Fußball-EM wurde auch Copa América, die Südamerikameisterschaft der Nationalmannschaften 2020 wegen der Pandemie abgesagt und soll im Juni/Juli 2021 nachgeholt werden. Erstmals war vorgesehen, dass das Turnier nicht wie bisher in einem Land, sondern in zwei, nämlich Argentinien und Kolumbien, stattfindet. Auch dagegen, nämlich die Austragung eines wichtigen Fußballevents in Kolumbien, das die Regierung zu einem großen Propagandaspektakel nutzen würde, richteten sich die Proteste am 12. Mai in Baranquilla und auch am 14. Mai bei der Copa-Liberadores-Partie zwischen América de Cali und Atleitico Mineiro (Belo Horizonte, Brasilien) in der kolumbianischen Millionenstadt Cali, wo die Protestbewegung gegen die Regierung ihren Anfang genommen hatte und die ersten Todesopfer zu beklagen waren.
    Die mit Tränengas beantworteten Proteste gegen die Austragung der Copa América zeigten indessen Wirkung: Kurz nach den Protesten vor den Stadien in Barranquilla und Cali beantragte Kolumbien beim südamerikanischen Fuballverband CONMEBOL eine nochmalige Verlegung des Copa-América-Turniers – auf 2022. Man fürchtete offensichtlich weitere Proteste. Doch das wurde nicht gesagt: Offiziell wurde der Antrag mit der steigenden Zahl an Corona-Infektionen in Kolumbien begründet.
    Der Verband lehnt jedoch eine erneute Verlegung des Tuniers ab. Aller Voraussicht nach wird es nun komplett in Argentinien stattfinden. Dort sind die Corona-Inzidenzzahlen derzeit allerdings höher als in Kolumbien – aber es gibt keine politische Massenbewegung gegen die Regierung.
    Übrigens, das Spiel zwischen River Plate Buenos Aires und Barranquilla Juniors wurde trotz der Tränengassschwaden fortgesetzt und endete 1:1. Dadurch wurde River Plate nach Fluminense Rio de Janeiro Gruppenzweiter und zog in die K.o.-Runde der Copa Liberadores ein.“Artikel von Gert Eisenbürger für das LabourNet Germany – in der ila – Das Lateinamerika-Magazin – Nr. 445 vom Mai 2021 externer Link gibt es zum Thema nur einen Kasten, neben einem lesenswerten Artikel zu den Konflikten in Kolumbien – wir danken!

    • Aktualisierung am 7. Juni:
      Die Story mit der Copa América geht weiter. Nach der Entscheidung, dass die Südamerika-Meisterschaft wegen der Proteste nicht in Kolumbien stattfinden kann, sollte sie zunächste nur in Argentinien stattfinden. Aber weil dort die Corona-Inzidenz in den letzten Tagen immer stärker anstieg, hat die argentinische Regierun sich gegen die Ausrichtung in Argentinien ausgesprochen. Kurz nach der Absage Argentiniens hat der Südamerikanische Fußballverband tatsächlich entschieden, dass das Turnier nun in Brasilien stattfinden soll. Aber inzwischen regt sich auch in Braslien Widerstand. Siehe dazu einen recht informativen Bericht: Copa América könnte für Bolsonaro ein Eigentor werden. Analyse von Andreas Noethen vom 04. Juni 2021 bei gmx externer Link
    • Aktualisierung am 31. Mai: In der Nacht zum 31. Mai entschied der südamerikanische Fußballverband CONMEBOL, dass eine Austragung in der Copa América in Argentinien wegen der rasant steigenden Corona-Zahlen nicht möglich ist. Derzeit wird fieberhaft nach einem neuen Austragungsort gesucht, das Eröffnungsspiel soll bereits am 13. Juni stattfinden.
  • Mit Militarisierung und Gewalt blockiert die Regierung Verhandlungen
    32 Tage nach Beginn der massiven Proteste im ganzen Land, in denen die Kolumbianer*innen eine Lösung für die Nöte, die uns bedrängen, fordern und demokratische Wege verlangen, gehört zu werden, stellt sich die nationale Regierung weiterhin taub. Bis heute wollte sie keinen Verhandlungsprozess mit den sozialen Sektoren etablieren, die Forderungen hinzufügen, die bei den Demonstrationen eingebracht werden. Sie schweigt nicht nur zu den berechtigten Forderungen der Bürger, sondern verzögert auch die Unterzeichnung eines Abkommens von Garantien, das den Weg zu Verhandlungen ermöglichen würde, als einem vernüntiigen Weg, die berechtigten Gründe für die Proteste anzuhören und zu lösen. Die Regierung ist stattdessen mit Hass, stigmatisierenden Äußerungen und militärischem Vorgehen gegen diejenigen vorgegangen, die das legitime Recht auf Protest wahrnehmen. Die Tausenden von Verhaftungen, die Hunderte von Verletzten, davon 51 mit Augenverletzungen, und die mehr als 70 Getöteten, von denen 14 in der Nacht zum Freitag in Cali von der Polizei und von Personen in Zivil, die Polizisten begleiteten, getötet wurden, zeigen den en]esselten Horror, der in keinem demokratischen Staat zulässig ist. Ebenso schweigen der Präsident der Republik und die Regierung weiterhin komplizenhaft zur exzessiven Gewaltanwendung der Polizei, der ESMAD (Militärpolizei d.Ü.), als auch zu den Angriffen von zivilen Gruppen, die an der Seite von staatlichen Akteuren gegen diejenigen von uns agieren, die das Recht auf Protest ausüben. (…) Der landesweite Streik geht weiter, und aus diesem Grund werden wir zu den größten organisierten und friedlichen Mobilisierungen unserer Geschichte aufrufen, um einen bedeutenden Dialog mit der Jugend und der Gesellschaft über die Agenden für Veränderungen zu fördern, die die Bürger auf der Straße fordern, und um zu einem sozialen und politischen Gipfel zur Verteidigung der Demokratie aufzurufen.“ Kommuniqué des Landesweiten Streikkomitees vom 30. Mai 2021  – Übersetzung einer Stellungnahme landesweiten Streikkomitees von der Webseite des größten kolumbianischen Gewerkschaftsdachverbands CUT vom 30. Mai zu den Protesten und der Regierungspolitik.
  • Systematische Polizeigewalt in Kolumbien: Ein Monat Generalstreik fordert 60 Tote
    Nach einem Monat Generalstreik in Kolumbien zählen die Organisationen Indepaz und Temblores 60 ermordete Menschen im Zusammenhang mit den Protesten. 43 der registrierten Opfer gehen direkt auf das Konto der staatlichen Ordnungsmacht. 46 Demonstrierende leiden unter Augenverletzungen, die durch Projektile von Polizei- und Militärwaffen verursacht wurden. Auf Seiten der Ordnungskräfte sind zwei Personen getötet worden. Präsident Iván Duque scheint nach vier Wochen Protesten im Land geschwächter denn je. Der Hochkommissar für den Frieden, Miguel Ceballos, beendete am Mittwoch seine Zusammenarbeit mit der Regierung. (…) Während die Gespräche zwischen Regierungsvertretern und dem nationalen Streikkomitee kaum Ergebnisse zeigen, bieten die Menschen auf den Straßen der Staatsmacht weiterhin die Stirn. (…) Während zu Beginn der Proteste vor einem Monat vor allem Cali als Hochburg des Aufstands galt, verlagern sich die Zentren des Widerstands in den armen Süden der Hauptstadt Bogotá – nach Usme, Soacha und Bosa. Die Regierung versucht weiterhin die Proteste zu kriminalisieren und antwortet mit massiver Gewalt. Am Mittwoch griff die Polizei eine Demonstration in Usme an. Die Auseinandersetzungen dauerten zwölf Stunden an und forderten fast 200 Verletzte, mehrere Personen wurden als vermisst gemeldet…“ Artikel von Markus Lenz vom 30.05.2021 in amerika21 externer Link
  • Patriarchat führt Krieg. Kolumbiens Umgang mit der Protestbewegung: Sexualisierte Gewalt als Mittel der Aufstandsbekämpfung
    Die Ausübung von sexualisierter Gewalt dient auf besonders brutale und erniedrigende Weise der Demonstration von Macht gegenüber Frauen und anderen, nicht männlichen Geschlechtsidentitäten. So auch in Kolumbien, wo seit mittlerweile mehr als einem Monat täglich landesweit Tausende Menschen gegen die rechte Regierung von Präsident Iván Duque auf die Straße gehen. Dabei sehen sie sich einem Staatsapparat ausgesetzt, dem alle Mittel recht zu sein scheinen, um die Protestbewegung zu zerschlagen. Von der Gewalt gegen Protestierende zeugen, trotz Diskrepanzen, sowohl die Statistiken der nationalen Ombudsstelle als auch die verschiedener Nichtregierungsorganisationen. Ein Bericht der Menschenrechtsorganisationen Temblores und Indepaz vom Mittwoch geht von insgesamt 61 im Rahmen der Proteste Getöteten seit dem 28. April aus, bei 43 davon wird besagter Zusammenhang als erwiesen angesehen. Die staatlichen Stellen sehen hingegen »nur« bei der Hälfte der laut eigener Zählung 43 Getöteten eine Verbindung zu den Protestaktionen. Neben einer Vielzahl weiterer von Polizeikräften oder Soldaten verübten Gewaltverbrechen sind besonders die zahlreichen Fälle sexualisierter Gewalt gegen Protestierende besorgniserregend. Der Bericht von Temblores und Indepaz geht von mindestens 22 solcher Fälle aus. Hinzu kommen fünf Fälle von geschlechtsbezogener Gewalt. Die nationale Ombudsstelle zählte bis Dienstag 106 diesbezügliche Anzeigen…“ Artikel von Julieta Daza, Caracas, in der jungen Welt vom 28.05.2021 externer Link
  • Kolumbien: Werden Protestierende in Cali in „Zerstückelungshaus“ gebracht? Kleinlaster der Polizei beim Entladen von Leichen gesehen. Regierung lehnt Besuch der CIDH ab. 120 Verschwundene in Cali
    „Bewaffnete Zivilgruppen sollen im Calier Wohlstandsviertel Ciudad Jardín ein sogenanntes „Hackhaus“ eingerichtet haben. Dies prangert die Ökumenische Kommission Gerechtigkeit und Frieden (CIJP) an. Unter „Hackhäusern“ oder „Zerstückelungshäusern“ versteht man in Kolumbien private Einrichtungen, wo Menschen „geschlachtet“ werden. Sie wurden vor allem in der Hafenstadt Buenaventura vor einigen Jahren zum Skandal (amerika21 berichtete). Die CIJP erhielt am Sonntag Informationen über ein solches Haus in Cali und deutet es als möglichen Teil der repressiven parapolizeilichen Maßnahmen gegen die Proteste. Ciudad Jardín wurde vor zweieinhalb Wochen Thema in den Medien, als Bewohner:innen dieses Stadtteils gegen den indigenen Rat von Nord-Cauca (Cric) mobil machten. (…) Bislang werden in Cali 120 junge Protestierende vermisst. (…) Die CIJP-Quellen erzählen auch, dass Jugendliche, die die Polizei festgenommen hatte und danach verschwanden, in der Gemeinde Guacarí, 45 Minuten nördlich von Cali, hingerichtet würden. (…) Seit zwei Wochen berichten Zeugen außerdem über anonyme Massengräber im Ort Mulaló in der Gemeinde Yumbo, 30 Minuten nördlich von Cali. Dort soll die Polizei in der Nacht die Leichen von jungen Protestierenden, die auf der Liste der Verschwundene sind, aus Kleinlastern abgeladen haben. (…) Die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte hatte Mitte April die Regierung von Iván Duque wegen der Anprangerungen der staatlichen Gewalt gegen die Proteste gebeten, einen Arbeitsbesuch in Kolumbien zuzulassen. Nach elf Tagen hat die neue Außenministerin und frühere Vizepräsidentin Marta Lucía Ramírez geantwortet, dass die Regierung diesen Besuch „noch nicht“ gestattet. Erst mal müssten die kolumbianischen Behörden ihre eigenen Ermittlungen zu Ende führen, argumentierte Ramírez. Die Aussage der Außenministerin hat bei Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International (AI) für Empörung gesorgt. AI bezeichnete die Entscheidung als „alarmierend“ und „gefährlich“…“ Beitrag von Hans Weber vom 26. Mai 2021 bei amerika21 externer Link
  • Aufruf zur Solidarität mit Protesten in Kolumbien – Kolumbien-Gruppen in Deutschland rufen zur internationalen Solidarität mit Protesten auf 
    „… Wir – die unterzeichnenden Organisationen, Kollektive/Diasporas und Einzelpersonen – bringen hiermit unsere Empörung und enorme Besorgnis über die Reaktion der kolumbianischen Regierung auf die seit dem 28. April andauernden sozialen Proteste zum Ausdruck. Um die aktuellen Proteste in Kolumbien zu unterstützen, kommen inzwischen auch Bürger:innen in Deutschland auf öffentlichen Plätzen zusammen und zeigen ihre Solidarität mit Tausenden Kolumbianer:innen, die ihre Stimme für das Recht auf ein Leben in Frieden und Würde erheben. Mit dieser gemeinsamen Erklärung bringen wir ein weiteres Mal unsere Ablehnung gegenüber den Aktionen der Regierung zum Ausdruck. Und zwar insbesondere die Aktionen seitens des Verteidigungsministeriums und der Polizeikräfte: Für ihre exzessive Gewaltanwendung, für die Erzeugung einer beispiellosen und völlig inakzeptable Eskalation der Gewalt, für die Verletzung des Rechts auf Protest und für die systematische Ignorierung der Forderungen der Bürger auf den Straßen. (…) Sehr kritisch und für die Deeskalation des Konflikts in Kolumbien überaus wichtig ist der Einsatz von deutschen Waffen, die völlig unsachgemäß und gegen jeden Menschenrechtsnorm gegen die Bürger:innen eingesetzt werden. Daher fordern wir die Gremien der Vereinten Nationen und die Staatschefs der Mitgliedsstaaten dringend auf, vor dem Internationalen Strafgerichtshof die Verübung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit an zivilen Teilnehmer:innen der Proteste durch die kolumbianische Polizeikräfte zu unterstützen, damit alle Verantwortlichen – direkte und indirekte – vor Gericht gestellt werden…“ Gemeinsamer Aufruf von Kolumbienkampagne, Colpaz, Unidas por la Paz et al vom 22. Mai 2021 bei amerika21 externer Link, siehe auch:

    • Kolumbien: Demonstration und brutale Repression in Bucaramanga am 19. Mai
      Die Stadt Bucaramanga erlebte einen komplizierten Tag, nachdem die Sicherheitskräfte die von den Einwohner*innen durchgeführten Demonstrationen an diesem Mittwoch, dem 19. Mai, gewaltsam unterdrückt hatten. Menschenrechtsorganisationen berichteten von mehr als 30 Verletzten, darunter eine Person mit einer Augenverletzung durch einen Treffer einer ESMAD-Waffe und mehrere Verhaftete im Stadtgebiet von Bucaramanga. (…) Am Morgen des 19. Mai prangerte das Universitätskomitee für Menschenrechte des Großraums Bucaramanga an, dass die Polizei Schikanen und offensichtliche richterliche Maßnahmen gegen die Demonstrant*innen auf der Puerta del Sol durchgeführt habe. Sie prangerten auch an, dass die Personen von der Polizei wegen eines angeblichen Raubüberfalls auf einen Agenten der SIJÍN irregulär festgenommen und in Transportern transportiert wurden, die nicht mit Polizeiabzeichen gekennzeichnet waren…“ Bericht mit Bildern und Videos am 22. Mai 2021 bei Enough14D externer Link
    • Kulturevents in der Polizeistation. Nach dem Generalstreik in Kolumbien haben militante Protestierende mehrere Polizeistationen für sich eingenommen
      Am 28. April, als ein Generalstreik gegen eine Steuerreform der Regierung das Land lahmlegte, vertrieb eine Gruppe Vermummter die Polizist*innen aus einer kleinen Wache am Loma de la Cruz in Cali. Sie schlugen die Scheiben ein und verschafften sich so Zugang. Viel gab es nicht zu plündern, die Polizist*innen hatten die Station zuvor bereits selbst leer geräumt. Die Wache war nicht die einzige, die im Laufe der Proteste geplündert wurde. Andere wurden sogar niedergebrannt. Mit der Polizeistation am Loma de la Cruz hatten Aktivist*innen etwas anderes vor: eine Bibliothek. »Sie sollen nicht umsonst gestorben sein«, steht zehn Tage nach der Aneignung auf einem Schild an der Bibliothek. Es erinnert an die landesweit über 40 Todesopfer durch Polizeigewalt. »Unsere Waffe ist das Wort und die Kultur, nicht die Gewalt«, sagt Claudia. Sie organisiert mit einem Team von Freiwilligen die Bibliothek. Täglich kommen Nachbar*innen vorbei und reden, tauschen und schenken Bücher, es gibt Malutensilien für Kinder, einmal am Tag treten Clowns, Jongleure oder Geschichtenerzähler*innen auf, Poesielesungen und Tanzabende werden veranstaltet und jeden Nachmittag ein offenes Treffen. »Die bisher vielleicht wichtigste Erfahrung besteht in solchen neuen solidarischen Räumen«, glaubt Claudia. Für Aktivist*innen wie sie dient Kultur nicht nur der Illustration oder Unterhaltung während des Protests. Vielmehr ist auch sie direkter Ausdruck des Widerstands. Der Kultursektor ist von der Pandemie besonders stark betroffen und hatte schon vor dem Streik gegen die Haushaltskürzungen demonstriert…“ Artikel von Gabriel Engelbart vom 21.05.2021 im ND online externer Link
    • Kolumbien: Cali zwischen Polizeigewalt und Blockaden
      Aufgrund immer größerer sozialer Ungerechtigkeit gehen in Kolumbien seit Monaten Tausende Menschen auf die Straßen. Der Staat geht mit aller Härte gegen sie vor. Aus Frust ist längst Wut geworden…“ Bericht von Anne Herrberg, ARD-Studio Buenos Aires, vom 22.05.2021 bei tagesschau.de externer Link
  • Aufstand der Vielen. Trotz massiver Repression bringen die Protestierenden in Kolumbien Staat und Militär in Bedrängnis
    „… Doch auch der Protest ist breiter als sonst und findet nicht nur in den großen Städten wie Bogotá oder Medellín statt. Der Streik ist an kleineren Orten angekommen, in denen bisher kaum Demonstrationen stattfanden und in denen es kaum eine politisch aktive, regierungskritische Öffentlichkeit zu geben schien. Es beteiligen sich viele gesellschaftliche Gruppen, die sich bisher häufig schwergetan haben, sich untereinander zu koordinieren, und die sehr unterschiedliche Lebenswelten vertreten – arbeitslose Stadtbevölkerung, Jugendliche ohne Perspektive, ältere Pandemiebetroffene, indigene Organisationen, Teile derjenigen, die sich als Mittelschichten verstehen. Eine Vielzahl von Organisationen hatte gemeinsam zum Protest aufgerufen. Seit dem 28. April gehen die Menschen jeden Tag auf die Straße. Mit Straßenblockaden zwischen Cali und Bogotá beteiligten sich zeitweise Lastwagenfahrer und bäuerliche Initiativen. Längst geht es um viel mehr als die gekippte Steuerreform der Regierung. Für viele hat die Steuerreform – in der präsidentiellen Erklärung hieß die Initiative »Gesetz für Solidarität und Nachhaltigkeit« – nur das Fass zum Überlaufen gebracht. Kolumbien ist eines der ungleichsten Länder der Welt. (…) Auch gegen eine mitten in der Pandemie geplante Gesundheitsreform, die die Versorgung der ärmeren Bevölkerung weiter verschlechtert hätte, sowie die erneut beschlossene Glyphosatbesprühung von Kokafeldern und die Weigerung der Regierung von Präsident Iván Duque, die Friedensvereinbarungen von 2016 umzusetzen, protestieren die Streikenden. »Wir kämpfen für ein anderes Land«, verkündete der Indigene Rat des Cauca (CRIC), einer der Regionen des Landes. (…) Die scharf rechtsgerichtete Regierung, vor allem aber die ultrarechten uribistischen Kräfte um sie herum in und außerhalb der regierenden Partei Centro Democrático, sind entscheidend für den weiteren Verlauf. Der linksgerichtete Senator Gustavo Petro, der momentan die Umfragen für die Präsidentschaftswahlen 2022 – in genau einem Jahr – anführt, warnte inzwischen vor einem möglichen technischen Staatsstreich der ultrarechten Kräfte um Ex-Präsident Uribe und die Militärführung. Aus Angst zu verlieren, könnten sie die Wahlen aussetzen. Denn der Streik ist Ausdruck einer so grundsätzlichen Unzufriedenheit, dass ein schnelles Abebben der Proteste trotz aller Gewalt und trotz der Pandemie unwahrscheinlich ist.Artikel von Alke Jenss in ak 671 vom 18. Mai 2021 externer Link
  • [Video] Generalstreik in Kolumbien
    Seit dem 28. April 2021 wird in Kolumbien ein Generalstreik durchgeführt, der das öffentliche Leben zur Erliegen bringt. Aufgerufen hat der Gewerkschaftsdachverband CUT. Der Anlass, der das Fass zum Überlaufen brachte, war eine inzwischen zurückgenommene Steuerreform, die vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen belastet hätte – „geplant und verkündet mitten in der Corona Pandemie, in der ohnehin viele Menschen um ihr tägliches Überleben kämpfen müssen.“ Die Pandemie hat die offizielle Arbeitslosenzahl auf 19% hochschnellen lassen. Vor allem die informellen Arbeiterinnen, die schon immer von der Hand in den Mund gelebt hatten, traf es schwer: „Häufig waren 2020 rote Fahnen an Häusern zu sehen, die anzeigen sollten, dass die Bewohner_innen Hunger litten.“ (Alke Jenss, ak) Weitere Forderungen der Bewegung sind die Reform des privatisierten Gesundheitssystems und ein allgemeines Grundeinkommen. Die Proteste finden auch in kleinen Städten statt und neben Armen und Indigenengruppen beteiligen sich auch Teile der Mittelschicht. Polizei, Militär und paramilitärische Gruppen (in stiller Übereinkunft wie immer in Kolumbien) greifen die Protestierenden massiv an: Schüsse auf Demonstrierende sind an der Tagesordnung. Bisher werden 50 Tote und 600 Verschwundene gezählt.“ Video bei labournet.tv externer Link (spanisch mit dt. UT |1 min | 2021)
  • Kolumbien: „Duque erklärt dem Streikkomitee den Krieg“
    Im Zuge der Gespräche mit dem Streikkomitee (CNP) hat die Regierung von Iván Duque am Montag die Forderungen der Streikenden abgelehnt und verstärkte Polizeieinsätze angeordnet. Das Streikkomitee hatte der Regierung am Sonntag ein Dokument mit 19 Punkten vorgelegt, das unter anderem den Rückzug der polizeilichen Sondereinheit Esmad und des Militärs bei den Protesten forderte. Die Ankündigung im Fernsehen von Duque über „den maximalen Einsatz“ der Polizei gegen die Streikblockaden, während seine Delegierten mit dem Streikkomitee immer noch am Gesprächstisch saßen, versteht das CNP als eine Kriegserklärung gegen den Generalstreik. Tatsächlich hat die Polizei ihre gewaltsamen Einsätze auch nach dem Start der Gespräche der Regierung mit dem CNP fortgesetzt. In der Nacht von Sonntag auf Montag war sie in Yumbo, einem Vorort von Cali einmarschiert. Dabei warf sie Tränengas in die Häuser der Bewohner und jagte Jugendliche. 29 Menschen wurden verletzt und drei junge Männer offenbar getötet. In Yumbo blockieren Protestierenden die Landstraße nach Cali während des Generalstreiks…“ Artikel von Hans Weber vom 19.05.2021 in amerika21 externer Link
  • Kolumbien: SOS Yumbo
    Über soziale Netzwerke berichteten Aktivistinnen zusammen mit Bewohnerinnen der Gemeinde Yumbo im Cauca-Tal von Zusammenstößen zwischen Demonstrant*innen und Esmad in der beliebten Nachbarschaft La Estancia, die sich in der Nähe der örtlichen Ecopetrol-Anlage befindet, von der aus Treibstoff in den Südwesten des Landes verteilt wird. Offenbar wurde der Konflikt ausgelöst, als die Sicherheitskräfte dazu übergingen, die Straße, die die Gemeinde mit der Hauptstadt des Cauca-Tals, Cali, verbindet, zu räumen: 3 der 4 Barrikaden, die von Esmad entfernt wurden, provozierten eine Reaktion von Demonstrant*innen und Aktivist*innen in der Gemeinde. Yumbo, eine Industriestädtchen 20 Minuten von Cali entfernt, verfügt über Ecopetrol-Lagertanks für die Benzinversorgung des Südwestens von Kolumbien. Die Spannungen zwischen Anwohnerinnenn und Sicherheitskräften sind der Auftakt zu einem Dialog zwischen zivilen Behörden und Vertreterinnen des Nationalen Komitees, der für 9:00 Uhr an diesem Montag, 17. Mai, einberufen wurde. Dieser Montag, der 17. Mai, ist der 20. ununterbrochene Tag des landesweiten Streiks in Kolumbien…“ Bericht mit Videos dokumentiert am 17. Mai 2021 bei Enough14D externer Link

    • In Solidarität mit der kämpfenden Bevölkerung Kolumbiens
      „Die Welt blickt heute auf Kolumbien; seine Straßen und Autobahnen waren die Bühne, auf der das Volk seine würdevolle Wut in einem ungestümen Schrei entlud, der widerhallt und nicht unbemerkt bleiben kann. Der soziale Protest, der seit dem 28. April ununterbrochen andauert, ist die Antwort auf die sich verschlimmernde Armut und die Prekarität des Lebens (unvermeidliche Folgen des neoliberalen Modells), die sich inmitten der Gesundheits-, Wirtschafts- und Sozialkrise niederschlägt in 1,7 Millionen kolumbianischen Haushalten, welche nur zweimal am Tag etwas zu essen haben, in einer Arbeitslosenquote von 14,2% und in einer Armutsquote, die mit 42,4% fast die Hälfte der Bevölkerung umfasst. Ähnliche Situationen erleben die Menschen in verschiedenen Regionen der Welt. (…) Diejenigen, die für die Krise bezahlen, sind nicht deren Hauptverursachende, sondern die verarmten und ausgebeuteten Menschen. In diesem Zusammenhang haben sich in Kolumbien Tausende von Menschen mobilisiert, vor allem die Jugend der armen Bevölkerungsteile. In den Stadtvierteln, auf den Straßen und Autobahnen leisten sie Widerstand und halten den Protest mit Barrikaden, Töpfen und Versammlungen aufrecht. Der gerechte Kampf, den das kolumbianische Volk heute führt, nährt die Welle der Proteste und Revolten, die sich seit 2019 in Lateinamerika als störende Momente entwickelt haben und welche die Basisorganisationen des Volkes reaktivieren. Der kolumbianische Staat seinerseits hat, wie es alle Staaten tun, wenn sie ihre Interessen bedroht sehen, mit Repression und unverhältnismäßiger Gewalt geantwortet. Die Zahlen sind erschreckend und sprechen für sich: Bis zum 8. Mai wurden 47 Menschen getötet (39 durch Polizeigewalt), 451 verwundet (32 mit Augenverletzungen und 32 durch Schusswaffen), 12 Menschen wurden Opfer von geschlechtsspezifischer Gewalt, 548 verschwanden und 963 Menschen wurden festgenommen (Daten entnommen von der Campaña Defender la Libertad: Asunto de todas, ONG Temblores und Defensoría del Pueblo Colombia). Angesichts der brutalen Repression der Regierung von Ivan Duque gegen die Kämpfenden in Kolumbien rufen wir zu aktiver Solidarität auf, um in allen Gebieten Protesttage zu organisieren und mit allen möglichen Mitteln das anzuprangern, was das kolumbianische Volk heute heimsucht. Internationalistische Solidarität ist der Schutz der Kämpfe, die wir schmieden, deshalb unterstützen wir heute die Forderungen des nationalen Streiks: Stoppt die staatliche Gewalt, nehmt die Gesundheitsreform zurück und garantiert ein universelles Grundeinkommen!“ Gemeinsame internationalistische Erklärung veröffentlich am 14. Mai 2021 bei anarkismo.net externer Link
  • Spendenkampagne: Support revolution in Colombia
    The narco government of Ivan Duqe is killing us, using the armed forces to rob the people even more in the middle of a pandemic. Help us fight back against this government who is killing us. (…) We are using this campaign to ask you to help us improve our organizing efforts. Help us buy supplies for the protesters: water, food, medical supplies etc.  Pay for legal support for our arrested comrades.  Helping the families who are sufferiung during this situation.  Giving psychological aid for the victims of sexual violence or any other comrade, whose mind have suffered during this conflict. Buying protective gear, especially for those in the first line of the protests…“ Spendenkampagne bei FIREfund externer Link
  • Lage der Menschenrechte in Kolumbien weiter dramatisch, Proteste halten an
    Ein Toter und zahlreiche Verletzte bei Demonstrationen gegen sexuelle Gewalt seitens der Polizei. Esmad zielt mit Munitionswerfern auf Protestierende. Nach 19 Tagen des sozialen Protests in den kolumbianischen Städten steigt die Zahl der Verletzten und Toten weiter. Auch die zunehmenden Übergriffe auf Medienschaffende sind alarmierend. Laut der „Kampagne Freiheit verteidigen, eine Angelegenheit Aller“ sind 49 durch Polizeigewalt getötete Demonstrant:innen im Zuge der Proteste seit dem 28. April zu verzeichnen. In Popayán, der Hauptstadt des Departamento Cauca, eskalierte die Gewalt bei mehreren Demonstrationen am Freitag. Vorausgegangen war der Selbstmord der Minderjährigen Alison Meléndez, die nach ihrer Festnahme berichtet hatte, von Mitgliedern der Sondereinheit für Aufstansbekämpfung Esmad sexuell missbraucht worden zu sein. Vier Beamte wurden inzwischen suspendiert, gegen sie wird ermittelt. Bei den Protesten gegen sexuelle Gewalt seitens der staatlichen Sicherheitskräfte kam ein Student durch ein Polizeigeschoss ums Leben, mindestens 30 Demonstrant:innen wurden bei den Einsätzen der Esmad verletzt…“ Bericht von Markus Lenz vom 17.05.2021 bei amerika21 externer Link
  • Kolumbien: Der Fall von Johan Moreno, von der Polizei gefolterter Menschenrechtsverteidiger
    „… Moreno ging seiner Arbeit als Strafverteidiger nach, als er von mehreren Polizeibeamten, darunter Kapitän Andrés Perez, in die Enge getrieben wurde. Diese verhafteten ihn mit der Begründung, dass er angeblich Straftaten des Angriffs auf einen Staatsbediensteten und der Körperverletzung begangen habe. Während seiner Inhaftierung wurde er von der Polizei gefoltert. Er hatte eine 4 cm tiefe offene Wunde am Kopf, eine geprellte Schulter, Arm und Knie. In der Immediate Response Unit der Staatsanwaltschaft wurden ihm grundlegende Notwendigkeiten wie der Gang zur Toilette und das Trinken von Wasser verweigert, und seine Hände wurden während der gesamten Dauer seiner Inhaftierung in Handschellen gelegt. Das Pueblos Legal Team reichte eine Gegenklage wegen Habeas Corpus gegen Hauptmann Andres Perez, Streifenpolizist Anibal Mejia Fuentes und den Ombudsmann von Piedecuesta, Fredy Gomez, ein…“ Meldung bei Colombia Informa in deutscher Übersetzung von Riot Turtle am 15. Mai 2021 bei enough-is-enough14 externer Link
  • Protest in Kolumbien: „Euer Ausnahmezustand ist unser Normalzustand“
    Jugend verlässt Verhandlung mit Regierung. Proteste schaffen neue soziale Räume. Blockaden sind Auffangstationen für Marginalisierte und Jugendliche (…) Der „Pakt“ wurde von vornherein kritisiert, viele 1. Reihen waren erst gar nicht zum Termin erschienen. Einige von ihnen hatten sogar explizit geäußert, dass sie nicht verhandeln werden. Der „Pakt“ sollte laut Innenminister Daniel Palacios vor allem die Räumung der Blockaden erreichen, um „die Normalität in Cali wiederherzustellen“. Daraufhin äußerte Miguel, einer der Jugendlichen, deren Gruppe nicht zur Verhandlung bereit ist, gegenüber amerika21: „Normalität gibt es in unseren Vierteln nie. Hier ist immer Ausnahmezustand. Was die Oberschicht jetzt erlebt, ist bei uns normal.“ (…) Die Stadt ist das Erbe einer Sklavenhaltergesellschaft, die es nie geschafft hat, mit diesem ungleichen Verhältnis zu brechen. Rassifizierte Bevölkerungsgruppen werden systematisch marginalisiert. Daher sind Dutzende von Kollektiven, Organisationen und Bürger:innen bereit, weiterhin auf der Straße auszuharren. Bis zu 15 Tage könnten sie weiter blockieren, sagen Demonstrierende an den Blockadepunkten. Diese sind mittlerweile zu wichtigen sozialen Räumen externer Link geworden. Hinter den Barrikaden finden Konzerte statt, es gibt immer ein warmes Essen, selbst die Haare werden kostenlos geschnitten. Zudem gibt der Protest vielen der Jugendlichen eine Struktur: „Ich stehe das erste Mal morgens früh auf und weiß, was ich zu tun habe,“ sagt Miguel. Zudem sei er hier sicherer als zu Hause. Denn die unsichtbaren Grenzen im Viertel sind aufgehoben und die Auseinandersetzungen zwischen Banden vollkommen ausgesetzt. Viele der jungen Teilnehmer:innen fühlten sich zum ersten Mal aufgehoben und bekämen Anerkennung. Die Gruppen der Blockaden sind bestens organisiert und schaffen es, die logistische Herausforderung zu meistern. Täglich werden Hunderte Essen ausgegeben und Hunderte Kranke behandelt. Allerdings fehlt es dem Protest an einer klaren Perspektive…“ Artikel von Ariana Pérez vom 14.05.2021 in amerika21 externer Link
  • Kolumbien: „Der Streik hört nicht auf “
    „Um über die aktuelle Situation und die künftige Entwicklung zu reden“, hat Carlos Aznárez einen Sprecher des Volkskongresses (Congreso de los Pueblos), Jimmy Moreno, interviewt (Übersetzung Klaus E. Lehmann für amerika21 am 14. Mai 2021) externer Link. Jimmy Moreno: „… Der landesweite Streik in Kolumbien ist in vollem Gange und findet in verschiedenen Städten des Landes statt, wie in Valle de Cauca, und er ist vor allem in Cali enorm, das weiterhin starken und würdigen Widerstand leistet. Auch im Cauca mit den Aktivitäten der Bauernbewegungen, und seit Montag auch der indigenen Bewegung und der Transportarbeiter. Ein weiterer Punkt ist der Chocó, wo die indigenen und afrokolumbianischen Bewegungen der Region Straßen blockieren. In Zentralkolumbien leistet das Volk seit dem 28. April Widerstand. (…) Infolge dieses landesweiten Streiks hat die Regierung die Steuerreform zurückgezogen, die mehr Steuern für die Armen und mehr Vorteile für die Reichen vorsah. Es ist ein Sieg, das kolumbianische Volk bleibt auf der Straße. Der Finanzminister mit seinem gesamten Team ist zurückgetreten, weil die Rücknahme der Steuerreform eine Niederlage für die nationale Regierung ist. Aber wir sagen: „Der Streik hört nicht auf „. Der Streik wird weitergehen, weil wir es mit einer schlechten Regierung zu tun haben, einer korrupten, kriminellen Regierung, die nicht auf die Leute hört und weiter das verstärken will, was wir „Duques Mogelpackung“ nennen. Damit beabsichtigt er, die Privatisierung des Gesundheitswesens, die Militarisierung, die Kriminalisierung mittels der Justiz und die brutale Repression fortzusetzen und möglicherweise eine weitere Steuerreform zu präsentieren. Wir fordern die Auflösung der Esmad. (…) In der Tat besteht diese große Masse aus jungen Leuten, die sich gegen jene apathischen Politiker und gegen die Art der Gestaltung der Politik, insbesondere diese Wahlpolitik und diese liberale Demokratie richten. Es sind junge Menschen, die unter den Auswirkungen dieser Politik zu leiden hatten, und es sind junge Menschen, denen die Hoffnung im Leben genommen wurde, weil es keine Möglichkeit für Arbeit, keine Möglichkeit zum Studium, keine Aussicht auf eine angemessene Rente gibt. In diesem Sinne sind sie die Hoffnung unseres Landes und haben verstanden, dass man auf der Straße seine Rechte einfordern muss und nicht zulassen darf, dass sie einem weiterhin von den politischen Parteien und den verschiedenen Regierungen, sowohl auf lokaler als auch auf nationaler Ebene, weggenommen werden…“
  • Kolumbien: Mit Gewalt gegen die Aussöhnung
    „… Während sich Regierungen und Behörden landesweit bemühen, die Pandemie mit Hilfe strenger Hygienemaßnahmen und Ausgangssperren in den Griff zu bekommen, gerät der Friedensprozess im Lande nicht nur aus dem Blick, sondern gefährlich ins Wanken. Verantwortlich dafür sind der amtierende Präsident Iván Duque, der den Prozess der Aufklärung und Versöhnung gezielt sabotiert, eine überforderte UN-Mission, die zunehmend selbst in den Strudel der Gewalt gerät, sowie eine korrumpierte, brutal agierende Polizei, die in der Gesellschaft kaum Vertrauen besitzt…“ Artikel von Stephan Kroener in der Mai-2021-Ausgabe der Blätter externer Link
  • [Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG)] Solidarität mit dem Generalstreik in Kolumbien und seinen gerechten Forderungen! Stoppt das Morden!
    Seit dem 28. April haben kolumbianische Bauernverbände und Gewerkschaften durch ihren Generalstreik gegen die extreme Verarmung und rücksichtslose Umweltzerstörung durch die rechte Duque-Regierung protestiert. Die Hauptforderungen der kämpfenden Bevölkerung richten sich u.a. gegen die aktuelle Steuerreform und die Wiedereinführung der flächendeckenden Besprühung der Anbauflächen von Kleinbauern mit dem Sprühgift Glyphosat von BAYER/MONSANTO.  Die massenhafte Besprühung großer Flächen aus der Luft mit dem umweltgiftigen Glyphosat des Leverkusener BAYER Konzerns, das laut aktuellen Studien eine Krebsgefahr für den Menschen darstellt, soll ausgerechnet jetzt in Kolumbien wiedereingeführt werden – angeblich zur Bekämpfung des Koka-Anbaus. Faktisch soll damit u.a. sozialer Protest auf dem Land unterdrückt werden. Es geht dem kolumbianischen Staat beim geplanten Glyphosateinsatz um die militärische und wirtschaftliche Kontrolle des Drogengeschäfts, in das die selbst tief verwickelt ist.  Das Krebsrisiko für die kolumbianische Landbevölkerung und der Ökozid durch die Massenbesprühung sind BAYER und Präsident Duque unwichtig, ihnen geht es um Profite und Macht. Für die Erreichung ihrer Ziele gehen sie über Leichen. Die Antwort der kolumbianischen Regierung auf die landesweiten Massenproteste waren Mord und Terror: dutzende Demonstrant*innen wurden seitdem von Polizei, Armee und Paramilitärs ermordet, mehr als 100 Menschen wurden entführt bzw. „verschwundengelassen“ (Stand 7.Mai 21). Das muss sofort aufhören! Nur zu gut erinnern wir uns, wie der BAYER-Konzern den Diktator Somoza in Nicaragua mit Millionen und Abermillionen fütterte. Somozas Diktatur beutete unter Anwendung von brutalem Zwang die dortige Bevölkerung aus, im Dienst von internationalen Großkonzernen wie BAYER. Ähnliches wiederholt sich heute in Kolumbien. Der BAYER-Konzern ist für die Völker der Welt eine Geißel. Schon 1945 gab es den Versuch, im Rahmen des Internationalen Kriegsverbrecher-Tribunals in Nürnberg, Konzerne wie BAYER zu bestrafen und zu entmachten – aber die Konzerne haben sich durchgesetzt und ihre Macht erhalten. Im am 10. Mai 2021 in Frankreich zu Ende gegangenen Prozess von Opfern der Chemiewaffe „Agent Orange“ aus dem Vietnam-Krieg hat erneut ein Gericht eine Klage von Kriegs-Opfern eines BAYER-Monsanto-Produkts abgewiesen und setzt so die Straflosigkeit fort. Wir fordern von der kolumbianischen Duque-Regierung: Stopp der Massaker und Entführungen. Freiheit für die politischen Gefangenen des Generalstreiks! Stopp des Kürzungspakets rund um die Steuerreform! Stopp der Wiedereinführung der flächendeckenden Glyphosat-Besprühung aus der Luft! Wir fordern von deutscher Regierung und EU-Kommission: Glyphosat – Stopp jetzt!  insbesondere: AUSFUHRVERBOT für BAYERs Sprühgift Glyphosat nach Kolumbien! Stopp der Zusammenarbeit mit der ultra-rechten Duque-Regierung, insbesondere Waffenexporte! Klare Verurteilung der Massaker statt des zustimmenden Schweigens!“ Presse-Information vom 11.05.21 der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) (per e-mail)
  • Kolumbien – Droht dem Karibikland eine neue Spirale der Gewalt? 
    In Kolumbien herrscht in diesen Tagen, fern der Aufmerksamkeit großer deutschsprachiger Medien, Gewalt und schiere Verzweiflung auf den Straßen der Städte des Landes. Ausgelöst durch Reformpläne der Regierung. Es war abzusehen, dass die geplanten Reformen der kolumbianischen Regierung sofort Proteste auslösen würden. Sie beinhalteten nicht nur eine Steuerreform, sondern auch eine Gesundheits- und Rentenreform. Die Steuerreform würde zu Lasten der dünn gesäten Mittelschicht und der Armen gehen, während Großkonzerne, Banken und die Oberschicht des Landes verschont bleiben würden. Die Rentenreform sieht vor, die noch wenigen öffentlichen Krankenhäuser zu privatisieren. Dadurch werden die Menschen gezwungen sich privat zu versichern, was kaum jemand kann, weil diese Versicherungen zu teuer sind. Im Endeffekt würde das heißen, dass nur Menschen mit viel Geld Zugang zu einer ausreichenden medizinischen Versorgung hätten. Allerdings sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der IWF die Reformen zur Bedingung gemacht hatten, um die Kredite zu genehmigen, die die kolumbianische Regierung beantragt hatte, um die Kosten der Pandemie einigermaßen abzufedern. Als die Pläne bekannt wurden, löste das landesweit Proteste aus, die Bevölkerung lebte schon ohnehin durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie am Limit. (…) Am 2. Mai kündigte Präsident Duque an, dass auf Grund angeblicher gewaltsamer Übergriffe seitens der Demonstrant_innen, das Militär der Polizei bei der Aufrechterhaltung der Ordnung in den Städten Hilfe leisten würde. Auch unter Einsatz scharfer Munition und anderer Kriegswaffen. Den Einsatz von Kriegswaffen hatte der ehemalige Präsident Kolumbiens Álvaro Uribe ins Spiel gebracht. Er gilt als der eigentliche Machthaber im Land, während Duque lediglich als eine Marionette angesehen wird. Uribe gilt als korrupt und ihm wird vorgeworfen, Verbindungen zur Drogenmafia und zu den Paramilitärs zu haben, die über Jahrzehnte eine der am Bürgerkrieg teilnehmende Partei war. (…) Bis zu dem Zeitpunkt, an dem der Artikel geschrieben wird, sind 24 Tote, hunderte Verletzte und über 70 Vermisste zu verzeichnen. Die Verzweiflung innerhalb der Bevölkerung ist groß, weil sie so gut wie keine Anlaufstelle hat, die gegen diese Verhältnisse vorgehen könnte. Sowohl die Gerichtsbarkeit als auch die Polizei und große Teile der militärischen Führung gelten als korrupt. Die Rufe innerhalb der Bevölkerung Kolumbiens nach Einflussnahme von außen, beispielsweise seitens der UNO, USA und der EU, werden immer lauter, weil die Gefahr eines Abgleitens in eine neue Spirale der Gewalt sehr groß ist…“ Gastbeitrag von Jairo Gomez Garcia am 11. Mai 2021 bei unsere-zeitung.at externer Link
  • In Kolumbien sind während des Generalstreiks über 400 Menschen verschwunden
    Die Zahl der vermissten Personen ist im Zuge der tagelang anhaltenden Proteste rasant gestiegen. Die Direktorin der kolumbianischen Sucheinheit für verschwundene Personen (UBPD), Luz Marina Monzón, spricht von über 400 gemeldeten Vermissten im Zusammenhang mit den Protesten seit dem 28. April. Die nationale Ombudsstelle ihrerseits hat einen Anstieg von 145 auf 359 Verschwundene allein zwischen dem 6. und dem 7. Mai gemeldet. Protestierende sehen die Verschleppung von Menschen als eine Ergänzung zu den Scharmützel-Taktiken der Polizei: „Sie wollen unser Durchhaltevermögen brechen, indem sie Chaos anrichten. Sie kommen in kleinen Gruppen und attackieren uns. Von ihren Motorrädern aus schießen sie auf uns. Die Verschleppungen werden zudem von zivilen Einheiten durchgeführt, indem Protestierende bis nach Hause verfolgt und vor ihren Wohnhäusern abgefangen werden. Anschließend pfercht man sie in zivile Wagen, und ab dann verliert sich jede Spur.“ Dies berichtete ein Demonstrant der „Ersten Reihe“ gegenüber amerika21 aus dem durch massive Polizeigewalt betroffenen Gebiet Puerto Resistencia in Cali. Die „Erste Reihe“ externer Link ist ein Selbstverteidigungskollektiv, der die Protestteilnehmer:innen vor den polizeilichen Angriffen schützt. Immer öfter melden Demonstrant:innen landesweit den Einsatz von bewaffneten Zivilpersonen, die auf Protestierende schießen. (…) Doch für viele Menschen steht fest: Sie wollen weiterhin Präsenz auf der Straße zeigen. Jeden Tag gehen die Streikenden landesweit weiter auf die Straßen. Die von der Regierung angekündigte Gesprächsbereitschaft mit dem nationalen Streikkomitee reicht für viele Demonstrant:innen nicht mehr aus. Längst geht es um mehr. „Wir wollen die Regierung Duque stürzen“, sagt ein Demonstrant aus Bogotá gegenüber amerika21. Inzwischen gibt es Militärangehörige, die ihre Waffen nicht gegen Demonstrant:innen richten wollen. So zirkulierte am Freitag in den sozialen Netzwerken ein Videoclip externer Link von Soldaten im Departamento Cauca, die ihre Sympathien für die Proteste kundtaten. Vor ihnen sangen Protestierende: „Das Volk gibt nicht auf, verdammt“ (el pueblo no se rinde carajo). Einer der Soldaten kommentierte: „Dem Volk unsere volle Unterstützung“. Ein anderer sagte: „Gegen das kolumbianischen Volk richte ich nicht die Waffen“. Dann fügte er hinzu: „Das Volk kommt vor der Regierung.“Artikel von Markus Lenz vom 09.05.2021 in amerika21 externer Link
  • Kolumbien im Ausnahmezustand
    Seit Tagen protestieren in Kolumbien große Teile der Bevölkerung gegen Steuerreformpläne der Regierung und für grundlegende sozialpolitische Veränderungen. Mancherorts sind sie dabei massiver staatlicher Repression ausgesetzt. (…) Die Lage in der Stadt spitzt sich derzeit weiter zu. Militär- und Polizei-Hubschrauber kreisen rund um die Uhr über den Vierteln. Tränengas und Rauch hängen in der Luft, immer wieder sind Schüsse zu hören. Busstationen liegen in Schutt und Asche, ausgebrannte Busse stehen auf den Straßen, Banken wurden entglast und in den Automaten ist kein Bargeld mehr vorhanden. Geschäfte und Apotheken öffnen, wenn überhaupt, nur unregelmäßig, Lebensmittel werden knapp. Vor den wenigen offenen Läden bilden sich lange Schlangen. Viele Menschen bleiben in ihrer Wohnung und gehen gar nicht mehr auf die Straße. (…) Die breite Unzufriedenheit über das Krisenmanagement der Regierung und die Angst vor dem sozialen Abstieg treibt die Menschen in Massen auf die Straße, die Brutalität der Polizei hat den Unmut noch verstärkt. Die massive Unzufriedenheit der Bevölkerung kulminiert nun in der Forderung nach Duques Rücktritt. (…) Der Tod von Nicolás und vielen anderen Demonstrierenden bestärkt viele Menschen in ihrem Aktivismus. «Sie sollen nicht umsonst gestorben sein», steht auf dem Schild einer neuen Bibliothek, die sich in einer abgebrannten Polizeistation befindet. «Nachdem bei Protesten die kleinen Stadtteilstationen der Polizei angezündet wurden und die Polizist*innen die Orte geräumt haben, richten wir Büchertauschorte ein. Die Nachbar*innen kommen und reden, tauschen und schenken Bücher», beschreibt eine junge Frau, was vor sich geht. Die bisher vielleicht wichtigste Erfahrung besteht in solchen neuen solidarischen Netzwerken. Nachbar*innen spenden nicht nur Bücher, sondern schmieren auch Sandwiches für die Jugendlichen in der ersten Reihe der Blockaden. Einer der jungen vermummten Männer bestätigt: «Hinter den Barrikaden werden wir besser mit Lebensmitteln versorgt als zu Hause.» Volksküchen werden organisiert, und viele Menschen sammeln Spenden zur Versorgung der freiwilligen Sanitäter*innen. Zwischen den Blockaden und Auseinandersetzungen, den zu betrauernden Opfern von Gewalt und der Hoffnungslosigkeit vieler Kolumbianer*innen eröffnen sich neue Räume in Form von Nachbarschaftstreffs für Kultur, fürs Kennenlernen und fürs Erleben einer anderen, solidarischen Gemeinschaft. Heute zeigt sich: Die kolumbianische Gesellschaft, die sich seit 60 Jahren im Krieg befindet, verlangt eine grundlegende Veränderung – und sie benötigt diese auch.“ Ein Bericht vom 07.05.2021 bei der RLS externer Link über die aktuellen Proteste gegen die Steuerreformpläne (Aus Sicherheitsgründen und wegen zunehmender Repression können die beiden Autor*innen dieses Textes nicht genannt werden.)
  • Siehe auch eine Karte mit Fotos von Solidaritätsaktionen externer Link von einer einer Soli-Aktion, es geht darum, Fotos mit Solidaritätsbekundungen zu machen und sie auf einer Karte hochzuladen, um zu zeigen, von wo aus überall Unterstützung kommt.
  • Proteste in Kolumbien unaufhaltsam: Verhängung des Ausnahmezustands möglich
    37 Tote. Große Demonstrationen am Mittwoch. Brutale Angriffe in Medellín. Internet-Blockaden. Sicherheitskräfte von Neo-Nazi unterrichtet. Oppositionelle haben am Mittwochabend über eine bevorstehende Erklärung des Ausnahmezustands durch Präsident Iván Duque berichtet. (…) Menschenrechtler:innen befürchten, dass die extreme Gewalt der letzten Tage gegen die Protestbewegung dadurch aufrechterhalten wird. Seit dem ersten Tag des Generalstreiks hat die Polizei Berichten zufolge landesweit 37 Personen getötet und 87 sind verschwunden. Zwar hat Duque am Mittwoch einen „nationalen Dialog“ angefangen, jedoch nicht mit Sprecher:innen des Generalstreiks. Mit ihnen will er sich am Montag treffen. Aufgrund dessen erhob der Senator Iván Cepeda die Frage, ob die Regierung „einen echten Dialog mit der sozialen Bewegung will oder ein nutzloses Gespräch, um den Streik zu schwächen, während er das Dekret zum Ausnahmezustand vorbereitet“. Trotz der starken Polizeigewalt der Vortage strömten am Mittwoch wieder Gewerkschaften, Studierende, Indigene, Kleinbäuer:innen und viele Jugendliche friedlich auf die Straßen und Plätze des Landes. Sie lehnten die „schlechte Regierung Duques“ ab, forderten das Ende der staatlichen Gewalt, die Abschaffung der Sonderpolizeieinheit Esmad sowie die Rücknahme der Gesundheitsreform, die sie genauso problematisch sehen wie die Steuerreform, die den Generalstreik in Gang setzte…“ Artikel von Hans Weber und Markus Lenz vom 07.05.2021 in amerika21 externer Link
  • [„Sie schießen, um zu töten“] Dutzende Tote durch Polizeigewalt bei Massenprotesten
    Die Repression der kolumbianischen Sicherheitskräfte gegen die Demonstrationen gegen die geplante Steuerreform könnte bereits 27 Todesopfer und 124 Verletzte gefordert haben. Diese vorläufige Bilanz nannte das Nationale Streikkomitee in Kolumbien am Montag, 3. Mai. Insgesamt seien seit Beginn der Proteste am 28. April über 1.000 Fälle von Polizeigewalt registriert worden, hieß es. Von den 27 toten Demonstrant*innen seien allein zwölf in Cali registriert worden, der Hauptstadt des südwestkolumbianischen Departments Valle del Cauca. Von den über 100 Verletzten hätten 13 Augenverletzungen erlitten, teilte das Streikkomitee mit. Außerdem seien sechs Fälle sexualisierter Gewalt und 726 Festnahmen registriert worden. Allerdings handelt es sich um vorläufige Angaben, da die Repression in Cali auch Montagnacht weiter ging – vor allem im Viertel Siloé, wo Menschenrechtsgruppen den Tod zweier weiterer Personen meldeten. Die größten Demonstrationen und gewaltsamen Zwischenfälle wurden aus Bogotá, Cali, Medellín, Palmira und Manizales gemeldet. „Sie schießen, um zu töten“, rufen Anwohner*innen der Stadt Cali in einem der Videos, die in den sozialen Netzwerken zirkulieren. (…) Die Sprecher*innen des Komitees kündigten jedoch an, weiter gegen die Militarisierung der Städte zu protestieren. Zudem fordern sie die Rücknahme der Gesundheitsreform, die Auflösung der besonders umstrittenen Aufstandsbekämpfungseinheit der Polizei ESMAD (Escuadrón Móvil Antidisturbios), die für unzählige Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht wird, sowie eine massenhafte Impfung gegen Covid-19. Für Mittwoch, 5. Mai, riefen die Gewerkschaftsdachverbände und mehrere soziale Bündnisse zu einem weiteren landesweiten Protesttag auf…“ Meldung vom 4. Mai 2021 beim Nachrichtenportal Lateinamerika externer Link
  • Siehe für aktuelle Meldungen die Kolumbienkampagne Berlin auf Twitter externer Link und auch  „Was ist gerade in Kolumbien los? #SOSColombia​“ Hört euch auch bitte den Bericht von unserer Kommilitonin Malú Tello an, die aus Cali, Mittelpunkt der Proteste, berichtet…“ Video der Kolumbienkampagne Berlin vom 05.05.2021 bei youtube externer Link
  • Proteste in Kolumbien: Ungleichheit tötet
    Lieber an Covid sterben als an Hunger“: In Kolumbien gehen seit Tagen Tausende auf die Straßen. Sie protestieren gegen die jüngste Steuerform – und bezahlen das teils mit ihrem Leben. Mehrere Tote, hunderte Verletzte: In Kolumbien protestieren seit Tagen Tausende im ganzen Land – Auslöser ist die neueste Steuerreform und das mangelhafte Covid-Management der Regierung. Aber die Gründe für den Unmut der Bevölkerung liegen tiefer. Videos zeigen Polizisten, die nach kurzer Diskussion Menschen mitzerren, Polizisten, die aus geringer Entfernung auf Menschen schießen und auf ihre Köpfe zielen. In mehreren Städten werden Menschen von der Polizei in Sportstätten geschleppt und dort festgehalten. Die Bilder wecken Erinnerungen an die Folterlager lateinamerikanischer Diktaturen. (…) María Fernanda Valdés, Steuer-Expertin bei der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bogotá, analysiert die Situation so: „Der Reform-Vorschlag ist sehr grausam gegenüber der Mittelschicht und fordert nicht genug von den Reichen.“ Es sei vor allem die Mittelschicht, die jetzt auf der Straße protestiere. Aber die Bezeichnung „Mittelschicht“ trügt: In Kolumbien gehören zu dieser „clase media“ rechnerisch die Menschen, die nicht unmittelbar in Gefahr sind, in die Armut abzusacken – unter ihnen ist schon die „clase vulnerable“, die vulnerable oder armutsgefährdete Schicht“. „Zur Mittelschicht gehören 15 Millionen Menschen, von denen die meisten nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn verdienen“, sagt Valdés. Die kolumbianische „Mittelschicht“ hat ein monatliches Pro-Kopf-Einkommen zwischen umgerechnet 158,80 und 304,59 Euro. Mit den zusätzlichen Einnahmen aus der Reform sollen vor allem Haushaltslöcher gestopft werden, aber auch unter anderem eine dauerhafte Unterstützung von maximal 80.000 Pesos (umgerechnet 18 Euro) im Monat für die Ärmsten eingerichtet werden. „Das klingt nach wenig, aber vier Millionen Kolumbianerïnnen leben von 76.000 Pesos im Monat“, sagt Steuer-Expertin María Fernanda Valdés. Präsident Iván Duque nennt die Reform deshalb nur „Gesetz zur nachhaltigen Solidarität“. Duque will Schulden abbauen, unter anderem, damit die internationalen Rating-Agenturen nicht Kolumbiens Kreditwürdigkeit herabstufen. Doch der Weg dazu ist laut Valdés falsch: Sie empfiehlt, die Reichen deutlich höher zu besteuern. Die Steuerform hatte das zumindest ein Bisschen vorgesehen: Das reichste eine Prozent der Bevölkerung sollte mit 41 Prozent besteuert werden. „Das wäre der höchste Spitzensteuersatz in Lateinamerika. Aber darüber hat die Regierung niemals öffentlich gesprochen, nicht einmal der Finanzminister, als er die Reform vorstellte“, sagt Valdés. Ihre Vermutung ist, dass die Regierungspartei ihre wohlhabende Anhängerschaft nicht verschrecken wollte. Derzeit sieht es so aus: „Das reichste ein Prozent erhält etwa 21 Prozent der Einnahmen – und dieses Prozent zahlt auf etwa 88 Prozent der Einnahmen keine Steuern“, ergänzt Diego Carlo Barón vom Zentrum für Steuerpolitik an der Universidad Nacional…“ Artikel von Katharina Wojczenko vom 04.05.2021 bei den Riff-Reportern externer Link
  • Polizei in Kolumbien beschießt UNO, „Bürgerkriegsszenen“ in der Stadt Cali
    Cali komplett militarisiert. Weiterhin Barrikaden. Massaker in Stadtteil Siloé. 31 Tote landesweit durch Polizeigewalt. Proteste gehen weiter. Die kolumbianische Polizei hat am 3. Mai eine Beobachtungsmission der Vereinten Nationen mit Schusswaffen angegriffen externer Link. Die Vertreterin des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte, Juliette de Rivero, erklärte am folgenden Tag, es sei niemand verletzt worden. Ihre Kollegin Marta Hurtado sagte: „Wir sind zutiefst beunruhigt über die Entwicklungen in der Stadt Cali in Kolumbien, wo die Polizei über Nacht das Feuer auf Demonstranten eröffnete, wobei Berichten zufolge mehrere Menschen getötet und verletzt wurden. (…) Die massive Militarisierung der Stadt führte zum bisher traurigen Höhepunkt der Proteste in der Nacht vom 3. auf den 4. Mai. Offizielle Zahlen sind noch nicht bekannt, da nicht einmal Menschenrechtsorganisationen sich an die Orte der Auseinandersetzungen begeben können. Zeugenberichte gegenüber amerika21 gehen von mindestens 15 Toten aus. Alleine im Stadtviertel Siloé wurden sechs Menschen getötet. Laut Beobachtern spielen sich „Szenen wie im Bürgerkrieg“ und „Massaker an der Zivilbevölkerung“ ab. (…) Trotzdem sind täglich Tausende Menschen auf Demonstrationen und bei den Blockaden. Vor allem Jugendliche und die Mittel- und Unterschicht verschaffen ihren Forderungen auf viele Arten Gehör. Obowhl Präsident Duque am Sonntag die Rücknahme der Steuerreform ankündigte und der Finanzminister am Montag zurücktrat, gehen die Proteste weiter…“ Artikel von Ani Dießelmann, Cali, am 5.5.2021 bei amerika21 externer Link
  • Generalstreik in Kolumbien siegt: Präsident Duque nimmt Steuerreform zurück
    Präsident Iván Duque hat die Rücknahme der Steuerreform aus dem Kongress angekündigt. Die Eröffnung kam nach vier Tagen massiver Mobilisierungen gegen die Reform und heftiger Repression. „Die kolumbianische Bevölkerung hat gewonnen. Dieser Sieg gehört ihr“, twitterte externer Link der oppositionelle Senator Gustavo Petro. Mindestens 15 Menschen hatte die Polizei seit dem 28. April im Rahmen der Proteste getötet. Elf davon in Cali. Dies geht externer Link aus Berichten externer Link der Menschenrechtsorganisation „Erdbeben“ (Temblores) und Pressemeldungen externer Link hervor. Human Rights International vermutet externer Link sogar 35 Tote. In circa 600 Städten und Gemeinden fanden Kundgebungen, Hafen- und Straßenblockaden und riesige Demonstrationen statt. (…) Trotz der Polizeigewalt der ersten drei Tage des Streiks strömten weiterhin landesweit Protestlerende in Massen zur 1. Mai-Demo. Präsident Duque verkündete daraufhin die Militarisierung der Städte, „bis die gravierenden Störungen der öffentlichen Ordnung aufhören“. Die unzufriedene Bevölkerung ließ sich am Samstag von den lebensbedrohlichen Angriffen der Polizei in den Vortagen jedoch nicht aufhalten. Städte wie Barranquilla, Medellín und Bucaramanga starteten ihre Demonstrationen sehr früh. Auch die Ausgangssperren, die in mehreren Orten verhängt wurden, konnten die Proteste nicht stoppen. Die Demonstrierenden füllten die Straßen und Plätze von Bogotá, Cali, Cúcuta, Popayán, Pasto, Pereira und der Region Catatumbo massiv, wie sie selbst es lange „nicht mehr gesehen hatten„…“ Artikel von Hans Weber vom 03.05.2021 in amerika21 externer Link

    • Siehe zur aktuellen Situation auch: „Die Ereignisse überschlagen sich in #Kolumbien. In der Nacht auf heute musste der Finanzminister nach massiven andauernden Protesten zurücktreten. Der nächste Erfolg der Bewegung, die am Tag zuvor schon die neoliberale Steuerreform zu Fall gebracht hatte…“ Thread von Lukas Oberndorfer vom 4. Mai 2021 externer Link und wegen der massiven Polizeigewalt:
  • Aufruf zur Unterstützung des Kampfes der Arbeiter*innen in Kolumbien gegen die brutale Repression
    Die Regierung von Iván Duque hat dem kolumbianischen Parlament einen Gesetzesvorschlag für eine Steuerreform vorgelegt, mit der u.a. die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel und die Lohnsteuer erhöht werden sollen. Dagegen haben die Gewerkschaftsdachverbände für den 28. April zu einem landesweiten Protesttag aufgerufen. Der größte Protest fand in Cali statt. Dort gaben die Regierung und der Bürgermeister den Befehl, gegen die Protestierenden vorzugehen, nachdem Ex-Präsident Uribe in einem Tweet „das Recht von Polizisten und Soldaten, ihre Waffen einzusetzen“ gefordert hatte. In Cali, Ibagué und Bogotá wurden um die 35 Menschen erschossen, mehr als 400 wurden festgenommen, mehr als 150 erlitten Schussverletzungen durch staatliche Kräfte und sechs Jugendliche verloren Augen, womit das Vorgehen der mörderischen Carabineros ion Chile kopiert wird. In den drei Jahren der Regierung Duque wurden mehr als Tausend Menschen bei sozialen Kämpfen ermordet – Menschenrechtsverteidiger*innen, demobilisierte Guerillero/as der FARC, Gewerkschafter*innen und Menschen, die um Land kämpfen. Das internationale Netzwerk „Red Sindical Internacional de Solidaridad y Luchas“ verurteilt die brutale Repression in Kolumbien und den Angriff der Regierung Duque und des Parlamentes mit ihrer vorgeschlagenen Steuerreform. Wir schicken den sozialen Kämpfer*innen, Jugendlichen und Arbeiter*innen, die auf der Straße für ihre Rechte kämpfen, unsere internationale Solidarität. So die Zusammenfassung des Aufrufs vom 4. Mai 2021 externer Link (auf Spanisch) beim alternativen gewerkschaftliche Netzwerk für Solidarität und Kampf (dem auch LabourNet Germany angehört), siehe auch:

  • Generalstreik in Kolumbien: „Regierung gefährlicher als das Virus“ – mehrere Menschen getötet und zahlreiche Demonstrant:innen verletzt 
    Landesweiter Aufmarsch sozialer Organisationen. Allgemeine Unzufriedenheit ist groß. Steuerreform, Menschenrechtslage und Gesundheitspolitik im Fokus. Seit Mittwoch finden im ganzen Land zahlreiche Demonstrationen mit mehreren Millionen Teilnehmenden statt. Die Kritik an der Politik der Regierung von Präsident Iván Duque steht dabei im Vordergrund. Am Abend des ersten Streiktages haben die Dachverbände der Gewerkschaften und der Gewerkschaft der Bildungsarbeiter:innen trotz der aktuell hohen Anzahl von Coronafällen in Kolumbien den Streik um einen Tag verlängert und weitere Proteste für den Monat Mai angekündigt externer Link. Die Streikationen gingen externer Link auch am Freitag weiter. Zahlreiche Solidaritätsaktionen haben auch im Ausland stattgefunden externer Link, unter anderem in Spanien, Deutschland, Australien sowie den USA. Der unmittelbare Aufhänger für die Demonstrationen ist die angekündigte Steuerreform, welche vor allem Nachteile für den einkonmmensschwachen Teil der Bevölkerung sowie für die Mittelschicht mit sich bringen würde. Einerseits soll die Umsatzsteuer auf viele Produkte des täglichen Bedarfs, zum Beispiel Mehl, Salz, Zucker, Eier, Benzin, von sechs auf 19 Prozent erhöht werden, andererseits werden viele Produkte zu Luxusgütern erklärt, welche bislang als tägliche Bedarfsgüter Steuerfreiheit genießen. Kritiker:innen der Steuerreform wie Fabio Arias Giraldo vom Gewerkschaftsdachverband CUT sind externer Link der Ansicht, dass stattdessen vor allem die Steuerbefreiungen für große Unternehmen abgeschafft und Steuerflüchtlinge verfolgt werden sollten. Auch kritisiert er die seiner Meinung nach unnötige Anschaffung 24 neuer Kampfflugzeuge. (…) Laut dem Streikkomitee verlangt externer Link die Bevölkerung, dass soziale Aktivist:innen effektiv geschützt, die Vereinbarungen des Friedensabkommens eingehalten sowie die Gesundheitsversorgung gestärkt werden. Weitere Punkte sind unter anderem eine schnellere Impfung, die Garantie eines Basiseinkommens, die Gratisimmatrikulation für Studierende sowie eine Hilfe für kleine Unternehmen. (…) Die größten Demonstrationen fanden in Bogotá, Cali und Medellin statt. Proteste gab externer Link es jedoch auch in zirka 600 kleineren Städten und Gemeinden. Das Streikkomitee schätzt, dass um die fünf Millionen Protestierende auf den Straßen waren. „Wenn das Volk in der Pandemie auf die Straße geht, ist es, weil die Regierung gefährlicher als das Virus ist“, lautete einer der immer wieder skandierten Sprüche. Vornehmlich in Bogotá und Cali kam es zu massiven Ausschreitungen. Landesweit wurden im Zuge der Demonstrationen mehrere Menschen getötet externer Link und zahlreiche Demonstrant:innen verletzt. Menschenrechtsorganisationen berichten externer Link von mindestens acht Toten…“ Artikel von Hans-Peter Schmutz vom 01.05.2021 bei amerika21 externer Link, siehe auch:

    • das Video im Thread von BlxckMosquito vom 1.5.21 externer Link : „Die Unterdrückung der Demonstranten in Kolumbien geht weiter. Die Bevölkerung demonstriert den 3. Tag in Folge gegen eine Steuerreform. #ParoNacional #NoALaReformaTributaria #Kolumbien #Columbia…“ und ebd. externer Link :  „Bilder des Generalstreiks am 1. Mai in Cali / Kolumbien. Im ganzen Land kommt es bei dem Generalstreik zu Ausschreitungen mit der Polizei.“
    • und mehrere Videos im Thread von th1an1 vom 28.4.21 externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=189287
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