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Kanadische Teamster-Gewerkschaft prangert „Freiheitskonvois“ an: Der wahre Feind der Trucker ist Covid-19

Dossier

Trucker: Diese Arbeitsbedingungen können uns mal!Teamsters Canada ist stolz darauf, mehr als 55.000 Berufskraftfahrer aus verschiedenen Branchen im ganzen Land zu vertreten, darunter etwa 15.000 Fernfahrer, von denen 90 % geimpft sind. Der so genannte „Freiheitskonvoi“ und die verabscheuungswürdige Zurschaustellung von Hass, die von der politischen Rechten angeführt und von gewählten konservativen Politikern in beschämender Weise gefördert wird, spiegelt weder die Werte von Teamsters Canada noch die große Mehrheit unserer Mitglieder wider und hat in der Tat dazu beigetragen, die wirklichen Anliegen der meisten Lkw-Fahrer von heute zu delegitimieren. Wir glauben fest an das Recht, gegen die Politik der Regierung zu protestieren und eine Vielzahl von Meinungen zu äußern, aber das, was in Ottawa passiert, hat den Teamsters-Mitgliedern mehr geschadet, seien es Lkw-Fahrer, die ihre Ladung abliefern wollten, oder Beschäftigte in Hotels, Restaurants und im Gesundheitswesen, die von mehreren Demonstranten eingeschüchtert, misshandelt oder am Zugang zu ihren Arbeitsplätzen gehindert wurden. (…) Wir sind alle frustriert und wollen unser Leben zurück, aber lassen Sie uns sicherstellen, dass wir dieses Ziel respektvoll und sicher erreichen und die Gesundheit unserer Schwächsten zuerst schützen.“ Maschinenübersetzung des (engl.) Statements vom 7.2.2022 von François Laporte, Vorsitzender der Teamsters Canada externer Link – siehe einige Hintergründe zur fast weltweiten Bewegung der „Freiheitskonvois“:

  • Kanadas Trucker-Proteste: 3 Artikel suchen nach Erklärungen für rechte bis rechtsextreme Bewegung New
    • Trucker-Blockade: Mit Solidarität hat das nichts zu tun
      Die Wut der aktuellen Protestbewegungen entzündete sich an Masken und Impfungen. Sie verlangen „Souveränität“. Im Kern geht es ihnen aber um etwas ganz anderes (…)
      Eine starke Strömung, die sich durch diese Bewegungen zieht, ist die Theorie vom „souveränen Bürger“. Ihre Anhänger:innen bestehen darauf, dass sie über dem Gesetz stehen. Manche weigern sich, eine Kfz-Zulassung zu erwerben, Steuern oder Strafen zu bezahlen. Sie sind überzeugt, dass öffentliche Gesundheitsmaßnahmen wie Lockdowns oder Impfpässe für sie nicht gelten. Mit anderen Worten: Sie schreiben sich eine souveräne Macht zu, die nicht einmal die britische Königin besitzt. Um den Anspruch auf ihre eigene Souveränität zu rechtfertigen, verfassen die Vertreter der Theorie sogar pseudo-rechtliche Dokumente. Das „Absichtsprotokoll“, das zwei der führenden Organisatoren der Ottawa-Blockade veröffentlichten, fordert von der kanadischen Regierung unmögliche Gesetze und könnte als ein Klassiker des Genres gelten. Bevor die Organisator:innen das Protokoll zurückzogen, hatten es angeblich 320.000 Bürger:innen unterzeichnet. (…)
      Der Kapitalismus verspricht, dass wir alle eines Tages „Alphas“ sein werden – nur noch nicht jetzt. Bei einer solchen Formel sind Frustration und Demütigung programmiert. Je ungleicher das Wirtschaftssystem wird, desto größer die Lücke, die zwischen dem Versprechen und seiner Erfüllung klafft. Dabei ist Demütigung der Motor des Extremismus, wie Pankaj Mishra in seinem exzellenten Buch Das Zeitalter des Zorns: Eine Geschichte der Gegenwart argumentiert. (…)
      Über einige der Hauptorganisator:innen der Blockade in Ottawa wird berichtet, dass sie eine grausige Geschichte rassistischer Aussagen haben. Einige Demonstrant:innen ließen Hakenkreuze und Konföderationsflaggen flattern. (…)
      Einige der Organisator:innen von Ottawa kritisierten in der Vergangenheit auch Gewerkschaften. Die „Unabhängigkeit”, die sie fordern, bedeutet Freiheit von den Anstandsregeln, die man anderen Leuten schuldet, Freiheit von den Pflichten eines bürgerlichen Zusammenlebens. Indem sie sich diese selbstsüchtigen Freiheiten nehmen, verstärken sie neoliberale Politik – wie etwa die Zerschlagung der organisierten Arbeiternehmer:innenschaft –, die zur Verarmung und Unsicherheit derer beiträgt, die sie behaupten zu vertreten.
      Kanadische Trucker zum Beispiel, insbesondere die ausländischen Arbeitnehmer unter ihnen, leiden unter Lohndumping, unsicheren Arbeitsbedingungen und anderen brutalen Formen der Ausbeutung, die zum Teil durch den Verlust an kollektiver Verhandlungsmacht verursacht werden. Aber das scheint die Organisatoren der Proteste nicht zu interessieren. Souveränität und Solidarität passen offenbar nicht zusammen.“ Artikel von George Monbiot vom 18.02.2022 im Freitag online externer Link in der Übersetzung durch Carola Torti
    • Kanadas Trucker-Proteste beweisen, dass man mit Kulturkämpfen nicht gegen rechts gewinnt
      „Kanadas Trucker-Proteste gegen die Corona-Politik werden von Reaktionären angeführt. Sie werden weiter an Boden gewinnen, solange Ungeimpfte bloß moralisch verurteilt werden. Was es braucht, ist eine linke populistische Alternative. (…) Als Kanadier, der die letzten Jahre damit verbracht hat, über US-Politik zu schreiben, haben die Ereignisse, die sich zwischen der Wahl im letzten Jahr und den selbsternannten »Freedom Convoy«-Protesten ereigneten, bei mir ein unheilvolles Déjà-vu ausgelöst. Das liegt nicht an der naiven Befürchtung, dass die Proteste die Anfänge einer proto-trumpistischen Politik nördlich der USA bedeuten würden: Kanada ist schon seit Jahren eine Brutstätte für Rechtsextremismus, und es wäre falsch, etwas anderes zu behaupten. Was mir bekannt vorkommt, ist vielmehr der immerzu gleiche Kulturkampf, bei dem urbane, mit dem Finger auf andere zeigende Liberale gegen sich immer weiter radikalisierende Rechte antreten, die vorgeben, den Eliten des Landes die Stirn zu bieten und sich für die arbeitenden Menschen einzusetzen. Es besteht kein Zweifel an den reaktionären Ansichten der Menschenmenge, die in der vergangenen Woche einen Großteil der Innenstadt von Ottawa besetzt hat, oder am rechtsextremen Hintergrund ihrer Anführer. (…) Es ist ebenso klar, dass sie erfolgreich Menschen mobilisiert haben, die weniger im traditionellen rechten Milieu verankert sind (was mir klar wurde, als ich die große Demonstration in Toronto am vergangenen Wochenende beobachtete). Damit waren die Trucker-Proteste nach allen geltenden Maßstäben alarmierend erfolgreich, wenngleich wenige tatsächliche LKW-Fahrer unter den Demonstrierenden waren und die Einwohnerinnen Ottowas überwältigenden Widerstand leisteten. (…) Aber eine wichtige Lehre der amerikanischen Politik seit 2016 ist, dass man reaktionäres Gedankengut nicht durch moralische Verurteilung bekämpfen kann. Und ohne eine starke populistische linke Alternative zum Corona-Kulturkampf wird es sich nur noch stärker ausbreiten. Aus einer Vielzahl von Gründen sind Millionen von Kanadierinnen und Kanadiern noch nicht geimpft worden. Wir können es uns nicht leisten, sie alle als hoffnungslos rückständige Abgehängte abzuschreiben und damit den Rechten in die Arme zu treiben.“ Beitrag von Luke Savage in der Übersetzung von Ines Schwerdtner bei Jacobin vom 16. Februar 2022 externer Link
    • Trucker im Schlepptau der extremen Rechten: Die Trucker-Bewegung in Kanada ist ein Reflex der Ablehnung der Null-Covid-Politik durch die Linke
      „Die Bewegung der selbständigen LKW-Fahrer*innen ist eine rechtsextreme Bewegung, die – so kann man es sagen – die Frustration der Bevölkerung wegen des neoliberalen Pandemie-Managements „Alles für die Wirtschaft – nichts für die Gesundheit, die Toten sind uns egal“ durch die Bundes- und Provinzregierungen von Kanada aufgreift. (…) Diese Bewegung kommt nicht aus dem Nichts. Von der tödlichen „Freiheit“ der Klimaleugner*innen zur „Freiheit“ der Gegner*innen von Corona-Maßnahmen als Reaktion auf das neoliberale Management dieser Krisen ist es nur ein Schritt. Er wird von den Führer*innen der extremen Rechten gegangen, deren soziale Basis die kleinen Unternehmer*innen sind, die vorgaukeln, für eine Mehrheit des Volkes zu sprechen. (…) Welcher Alternativplan? Wir können/müssen die Pandemie nutzen, um den Übergang zu einer klimafreundlichen Wirtschaft zu beginnen und nicht zurück zu einer auf BIP-Wachstum basierenden Wirtschaft zurückzukehren solange das Gesundheitssystem am Rande des Zusammenbruchs steht – und es wird noch einige Zeit dauern, bis die Pandemie unter Kontrolle gebracht und zur Endemie geworden ist – und sich die Todesfälle häufen, können/müssen wir alle nicht unverzichtbaren Produktionen und Dienstleistungen schließen (und 100 % der pandemiebedingten Extragewinne der unverzichtbaren besteuern, wenn sie nicht enteignet werden), um die freigewordenen Arbeitskräfte dauerhaft oder vorübergehend für die unverzichtbaren Produkte und Dienstleistungen umzusetzen. (…) Es geht nicht darum, die Wirtschaft, also die Gewinne der Unternehmer*innen, zu retten, sondern kurz- und langfristig Menschenleben zu retten. Solch eine an den Menschen orientierte Gesellschaft kann mit dem Kapitalismus nicht funktionieren. In Ottawa, Québec und Vancouver haben schon Petitionen und Gegendemonstrationen, auch von Beschäftigten des Gesundheitswesens in Vancouver, damit begonnen, sich zu organisieren, auch wenn dies nur sporadisch und in geringer Zahl stattfindet. Aber die Trucker der „Freiheit“ sind schließlich nur ein paar Tausend, deren angebliche Macht proportional zur Größe ihrer Trucks und ihrer dröhnenden Hupen ist.“ Beitrag von Marc Bonhomme in der Übersetzung von Björn Mertens vom 6. Februar 2022 bei inprekorr.de externer Link
  • TEAMSTERS VERURTEILEN DIE BLOCKADE DES FREEDOM CONVOY AN DER KANADISCHEN GRENZE
    (engl.) Statement vom 10.2.2022 des Teamsters-Präsidenten Jim Hoffa bei den Teamsers Canada externer Link
  • Critical Notes From On the Ground in Ottawa
    Beitrag vom 8.2.2022 bei It’s Going Down externer Link („a digital community center for anarchist, anti-fascist, autonomous anti-capitalist and anti-colonial movements across so-called North America“) – Reflexion zum rechtsextremen Konvoi in Ottawa und wie er sich vor Ort abspielt
  • LKW-Protest gegen Impfflicht für Trucker:innen legt Ottawa lahm
    Die kanadische Regierung hatte erlassen, dass alle Trucker, die die US-amerikanische Grenze passieren, vollständig geimpft sein müssen. Dagegen setzte sich ein Konvoi tausender LKW in Bewegung – und legte Ottowa lahm. Die Demonstrierenden sprechen sich nicht gegen die Impfung aus, wohl aber gegen eine Impfflicht für ihre Berufsgruppe. Gegendemonstrant:innen kritisieren eine rechte Unterwanderung der Proteste, die lokale Polizei fordert Verstärkung an. Die kanadische Regierung erließ kürzlich eine Impfpflicht für alle LKW-Fahrer:innen, die die US-amerikanische Grenze überqueren. 15.000 Demonstrant:innen reisten daraufhin am vergangenen Wochenende in die kanadische Stadt Ottawa und blockierten sämtliche Zufahrten, vor allem mittels hunderten LKW. Unter der Woche hielten nur noch einige hundert Personen die Blockaden aufrecht, nun, am Wochenende, sind wieder Tausende in die Stadt gekommen. (…)
    Laut Augenzeug:innen sind unter Demonstrierenden nicht vor allen Dingen Corona-Leugner:innen oder prinzipielle Impfgegner:innen. Dennoch ist der inzwischen tagelange Ausnahmezustand in der Stadt eine belastende Situation für Bewohner:innen. Vor allem die lauten Hupen der Fahrzeuge, mit denen die Fahrer:innen auf sich aufmerksam machten, sorgten für Ärger. Eine Sammelklage, in der 9,8 Millionen Dollar Schadensersatz von den Organisator:innen des Protests gefordert werden, soll am Montag verhandelt werden. In der Stadt formiert sich Gegenprotest: Er spricht sich für eine solidarische Impfbereitschaft und vor allem für ein Ende des andauernden Ausnahmezustands in Ottawa aus. Arbeiter:innen in den Gesundheitsbereichen berichten davon, aufgrund ihrer Arbeitskleidung bekannt und belästigt worden zu sein…“ Beitrag vom 6. Februar 2022 bei Perspektive Online externer Link
  • »Freedom Convoy«: Rechte machen Druck. Gegner von Coronamaßnahmen in Kanada blockieren wichtigen Grenzübergang zu den USA
    Mittlerweile bedrohen die Proteste der Gegner von Coronamaßnahmen in Kanada auch die Profite der Konzerne. Dementsprechend »besorgt« zeigten sich am Mittwoch (Ortszeit) Regierungsvertreter sowohl in Ottawa als auch in Washington, D. C., die besonders die Blockade der Ambassador Bridge – des bedeutendsten Grenzübergangs zwischen Kanada und den USA – verurteilten. So bezeichnete der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau »diese illegalen Demonstrationen« als »inakzeptabel« und schob nach, sie hätten »negative Auswirkungen auf unseren Warenhandel, unsere Industrie«. Jennifer Psaki, die Sprecherin von US-Präsident Joseph Biden, erklärte: »Die Blockade ist eine Gefahr für Lieferketten, für die Autoindustrie.« (…) Anfang der Woche hatten sich Hunderte Demonstranten mit Autos und Lkw auf der Hängebrücke niedergelassen. Seitdem ist der Grenzübergang blockiert, ebenso wie derjenige bei Coutts im Bundesstaat Alberta. Auch in anderen Städten Kanadas wird seit Tagen gegen die Coronamaßnahmen protestiert. Insbesondere in der Hauptstadt Ottawa blockieren Lkw-Fahrer und andere mit großen Trucks und selbstgebauten Hütten und Zelten ganze Straßenzüge. Am Sonntag hatte der Bürgermeister Ottawas, Jim Watson, den Notstand ausgerufen.
    Begonnen hatte der Protest unter dem Namen »Freedom Convoy« mit einem Zug quer durch das Land, der am 29. Januar die Hauptstadt erreichte. Die Demonstrierenden, die sich als Trucker bezeichnen, sprechen sich gegen die Impfpflicht für Pendler an der US-kanadischen Grenze aus. Mittlerweile protestieren sie jedoch allgemein gegen die Coronamaßnahmen und die Regierung von Trudeau.
    Auch wenn die Protestierenden den Anschein erwecken wollen – bei der Bewegung handelt es sich keineswegs um einen spontanen Arbeiteraufstand. Daten des Transportministeriums legen nahe, dass nahezu 90 Prozent der Lkw-Fahrer in Kanada geimpft sind, was anzeigt, dass die Demonstranten nicht die Mehrheit der Trucker repräsentieren. Auch die Fahrervertretung Canadian Trucking Alliance distanzierte sich deutlich von den Protesten, die nicht repräsentativ für die Branche seien. Vielmehr nutzten Menschen, die keine Verbindung zur Transportindustrie hätten, die Gelegenheit, um ihre eigene Agenda voranzubringen.
    Wie mehrere Lkw-Fahrer am vergangenen Wochenende gegenüber dem Sender CBC erklärten, würden die »wahren Probleme« in der Branche auf den Protesten in Ottawa nicht angesprochen, darunter die prekäre Arbeitssituation vieler Fahrer sowie die niedrigen Löhne – beides Resultat der ab den 1980er Jahren einsetzenden sogenannten Flexibilisierung der Transportbranche. In deren Folge nahm auch der Anteil migrantischer Fahrer stark zu. Laut einer offiziellen Zählung von 2016 kamen allein 16 Prozent der Trucker in Kanada aus Ländern Südasiens. Bei den Blockaden in Ottawa sind hingegen praktisch keine Migranten zu sehen…“ Artikel von Frederic Schnatterer in der jungen Welt vom 11.02.2022 externer Link
  • Rechtsextreme „Freedom Convoys“ wollen europäische Hauptstädte besetzen
    Nachdem die kanadische Hauptstadt Ottawa von einem „Freedom Convoy“ besetzt wurde, der die Abschaffung aller Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Covid-19 fordert, plant ein Netzwerk von rechtsextremen und Impfgegner-Aktivisten ähnliche Aktionen in Europa. Für den 11. bzw. 14. Februar sind Besetzungen in Paris und Brüssel, dem Sitz des Europäischen Parlaments, geplant.
    Genau wie der kanadische Freedom Convoy, dessen Organisatoren Beziehungen zu rechtsextremen Kräften aus dem Umfeld von Donald Trumps Putschversuch am 6. Januar 2021 in Washington unterhalten, sind auch die europäischen Konvois das Ergebnis einer sorgfältig vorbereiteten Kampagne. Am 26. und 27. Januar wurden eine Reihe von Facebook-Gruppen, Twitter-Seiten und vierundzwanzig Telegram-Kanäle gegründet, um Konvois in europäische Hauptstädte und nach Brüssel zu organisieren. Sie verbreiten Werbevideos, in denen sie die Konvois in Ottawa und an der kanadisch-amerikanischen Grenze verherrlichen und die Ausbreitung der Bewegung nach Europa fordern…“ Beitrag vom 11.2.2022 von Samuel Tissot und Alex Lantier bei wsws externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=197782
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