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Jetzt rollt so etwas wie die zweite Welle der Finanzkrise auf Europa zu

Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 16.7.2016Grafik zum Brexit von Joachim Römer - wir danken!

Die Brexit-Krise bringt diesen Fehler der Politik ans Licht: Eine unvollkommene Regulation durch eine halb-vollkommene Bankenunion lässt die Banken in Europa jetzt nach der Unsicherheit des Brexit erbeben!

Der Brexit bringt die ekklatante Schwäche der europäischen Banken an den Tag – jetzt eben durch Europas hochgefährliche Bankenkrise, weil es versäumt wurde, die Banken nach der Finanzkrise 2008 angemessen – vor allem durch Eigenkapital – zu stabilisieren.

Endlich ein Ende oder nur eine Fortsetzung des alten Narrativs?

Dabei kann nicht vergessen werden: „Wer vom immer weiter „ausufernden“ politischen Rechtsdrall in Europa sprechen will, darf von der Austeritätspolitik nicht schweigen!“ (Gesine Schwan)

Ex-Notenbanker Philipp Hildebrand ist Vize von Black Rock, dem größten Vermögensverwalter der Welt: Er hält Europas – jetzige – Bankenkrise für hochgefährlich. Italiens Kreditinstitute sollten dringend vom Staat gestützt werden: Auf die Frage: Mit dem Brexit-Votum sind Italiens Banken unter Druck geraten. Warum? Hildebrand: Jetzt kommt so etwas wie die zweite Welle – neun Jahre nach der Finanzkrise. Europa hat es in dieser Zeit verpasst, das Bankensystem zu sanieren. Das war ein riesiger Fehler, das sieht man jetzt besonders deutlich.

Immer wenn etwas schiefgeht, so wie jetzt der Brexit, (siehe dazu https://www.labournet.de/?p=101060), dann kommt sofort wieder die Frage auf, ob Europas Banken wirklich stabil sind.

Das schlug sich zunächst als Folge der Verunsicherung der Finanzmärkte in Italiens Banken nieder, wo 360 Milliarden faule Kredite zum Vorschein kamen – und zum heftigen Problem wurden. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzmaerkte-an-den-maerkten-herrscht-wieder-angst-1.3069500 externer Link)

Aber weiter mit Philipp Hildebrand: Es ist eines der größten Versäumnisse Europas, dass wir das Bankenproblem immer unter den Tisch gekehrt haben.
Frage: Nun möchten die Italiener die Regeln der Bankenunion (= seit 2016) brechen und dem Finanzsektor mit Steuergeld helfen.
Hildebrand: Das ist kein Bruch der Regeln, das ist sehr wichtig zu betonen. Wenn die Finanzstabilität gefährdet ist, wenn also eine Systemkrise droht, dann darf ein Eurostaat seinen Bankensektor mit frischem Geld ausstatten. Die EU-Kommission muss nur feststellen, dass es dieses Finanzstabilitätsrisiko gibt. Ich bin fest davon überzeugt, dass Italien nun seine Banken rekapitalisieren muss, um Schlimmeres zu verhüten.
Frage: Mit der Bankenunion wollte man doch genau vermeiden, dass der Steuerzahler noch einmal zur Kasse gebeten wird.
H.: Das ist richtig. der Steuerzahler muss wieder eintreten, aber doch nur deshalb, weil das Problem – von endlich auch in Europa stabilen Banken – in den letzten Jahren nicht gelöst wurde. Wenn man jetzt eine italienischen Großbank Pleite gehen ließe, dann erzeugte man eine Ansteckung in ganz Europa – und es könnte viel teurer werden. Die Stabilität der Eurozone wäre gefährdet.
Frage: Woher wissen sie das?
H.: Natürlich ist das am Ende eine Ermessensfrage. Aber ich halte mir zu gute, dass ich zusammen mit meinen Kollegen und der Regierung solche Krisen hautnah miterlebt und gemeistert habe. Ich habe also eine gewisse Erfahrung in der Beurteilung, das gilt im übrigen auch für die EZB. Die Technokraten in Brüssel haben diese Erfahrung nicht. Wenn die EU-Kommission die Situation anders einschätzt und diese Klausel nicht anwendet, dann wäre das eine absolute Fehlentscheidung, die das europäische Finanzsystem destabilisieren würde. Das könnte schlimm enden… (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/interview-mit-ex-notenbanker-philipp-hildebrand-jetzt-kommt-so-etwas-wie-die-zweite-welle-1.3071955?reduced=true externer Link)

Die Erfahrung einer Bankenkrise: Lehman-Brothers 2008 revisited. „Nie wieder“ soll der Steuerzahler für die Fehler der Banken einstehen müssen

Es war genau die Situation im Jahr 2008 als die amerikanische Regierung, die schon einige Banken „gerettet“ hatte, politisch sich so unter Druck gesetzt fühlte, dass sie die nächste Bank Lehman-Brothers einfach pleite gehen ließ – und weltweit Schockwellen auslöste. (https://de.wikipedia.org/wiki/Lehman_Brothers externer Link)

Und es konnte bis heute wohl nicht vollkommen geklärt werden, was da passierte, als mit dieser Pleite von Lehman-Brothers 2008 eine Weltwirtschafts- und Finanzkrise ausbrach. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lehman-brothers-pleite-die-angst-vor-dem-crash-virus-bleibt-1.1468728 externer Link)

Als jedenfalls am 15. September 2008 Lehman-Brothers Insolvenz anmeldete kam auf den Finanzmärkten ein Chaos zustande, das die Welt noch nicht erlebt hatte. (http://www.spiegel.de/thema/insolvenz_lehman_brothers_2008/ externer Link)

Die Welt erlitt jedenfalls einen Vermögensverlust von 15 Billionen Dollar – oder war der „Schaden“ doch nur 50 – 75 Milliarden? – und die Regierungen streiten sich noch heute darüber, was die Ursachen dieser Krise genau waren. Jedenfalls die Staatshilfen von 2008 bis 2011 – allein in Europa – wurden auf 1.6 Billionen Euro Staatshilfe taxiert. (http://www.nachdenkseiten.de/?p=15554#04 externer Link, Ziff. 4) Kein Wunder also, dass die Erinnerung an diese gewaltigen Summen – gezahlt durch den Steuerzahler – wieder die Wut hochkommen lässt, dass „so etwas“ nie wieder vorkommen soll.

Und die deutsche Kanzlerin dieses Mal eilt hier gleich vorneweg, denn dieser Makel einer so gewaltigen Bankenrettung, um dabei gleichzeitig die Bürger mit rigider Sparpolitik – vor allem in den südeuropäischen Staaten – in immer größere Not zu jagen, das hängt ihr wohl noch in den Kleidern. (obwohl jetzt keiner gerne darüber wieder spricht)

Deshalb: Die enorm strittige Frage, die Banken Pleite gehen lassen oder nicht?

Eine solche Destabilisierung des europäischen Finanzsystems, wie es der Banker Hildebrand als „Menetekel“ an die Wand malt, sind wiederum genau die Zusammenhänge die von der Kanzlerin Merkel bis hin zu Attac – buchstabengetreu an „ihre“ Gesetze glaubend, die jedoch die dazu gehörende ökonomische Substanz (z.B. Eigenkapitalvorschriften etc.) einfach außen vor lassen, – nicht verstehen, denn man muss einfach zum Verständnis dieser Bankenschwäche tiefer graben: es gelang eben nicht durch die bisherige Regulierung mit einer Bankenunion den europäischen Banken wieder die erforderlich Stabilität zu verschaffen. (Vgl. dazu z.B. den Abschnitt „Also doch noch eine richtige Bankenunion für Europa“ mit den folgenden Abschnitten beginnend auf der Seite 5 bei https://www.labournet.de/?p=98387)

Es war wohl wieder einmal der Druck der Finanzindustrie, der eine konsequente Regel nicht zustande kommen ließ. Und jetzt haben dieselben „nachgiebigen“ Politiker die Lösung durch diesen in sich so widersprüchlichen Regelungskomplex am Hals. Denn jetzt kommen Finanzmarktfachleute bis hin zur Kanzlerin Merkel und ebenso Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem für Italien zu dem Ergebnis, diese – doch etwas in der „Luft hängenden“ – Vorschriften der jetzigen Bankenunion müssen jetzt strikt angewandt werden – und die italienischen Banken müssen pleite gehen. (http://www.fr-online.de/politik/italien-europas-naechste-krise,1472596,34495638.html externer Link)

So meint Eurogruppenchef Dijsselbloem: „Es muss endlich Schluss sein damit, dass die Banken ihre Probleme dem Staat zuschieben.“ Und der Wirtschaftsprofessor Jan Pieter Krahnen vom House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt erklärt auch: „Wir müssen endlich auch Kreditinstitute abwickeln. In Italien trifft es nur einige wenige Bankinstitute, das kann das System durchaus verkraften.“ (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/finanzmaerkte-an-den-maerkten-herrscht-wieder-angst-1.3069500 externer Link)

Detlef von Larcher stieß für Attac in das gleiche Horn : Er kritisierte den Versuch der Bankenlobby erneut staatliche Hilfsprogramme für Banken durchzusetzen. „Statt endlich dafür zu sorgen, dass Banken pleite gehen können, ohne die ganze Wirtschaft mitzureißen, sollen die Krisenkosten ein weiteres Mal auf die Bürgerinnen und Bürger abgewälzt werden. Eine Ausnahme für die aktuell betroffenen Banken würde Tür und Tor für Bankenrettungen in anderen Ländern öffnen. Das darf es nie wieder geben“, erklärt Detlef von Larcher für Attac. (Vgl. den zweiten Teil bei http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/eu-finanzminister-sanktionen-gegen-spanien-und-portugal-oekonomisch-und-sozial-absurd/ externer Link)

Gerade der DGB sah das als seinen gewerkschaftlichen Auftrag an, gegen dieses Eigeninteresse der Banken für ein EU-Rettungsprogramm für die Banken von 150 Milliarden Euro – wieder finanziert aus Steuermitteln – zu protestieren.

„Es darf nicht sein, dass schon wieder Steuerzahler für das Missmanagement der Banken blechen.“ Und der DGB diagnostiziert auch wieder den Zusammenhang mit der Misere in Europa: „Bereits in der letzten Krise – erg. 2008 ff. – haben die Regierungen die Banken mit Milliarden (= das ist wohl noch zu gering angesetzt) Euro gestützt, in der Folge stieg vielerorts die Verschuldung und der radikale Sparkurs zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger begann (siehe auch die Grafik in der Anlage). Tatsächlich ist es auf diese verfehlte Kürzungspolitik zurückzuführen, dass die Wirtschaftskrise in Europa nicht gelöst ist – und in der Folge werden dann gerade wieder immer mehr Bankkredite mangels Wirtschaftskraft ausfallgefährdet. Das Ingangsetzen dieser teuflischen Spirale nach unten geht weiter: Banken werden teuer gerettet, der Sparkurs wird verordnet – weitere Bankkredite werden auf Grund der Wirtschaftsschwäche „faul“ usw. usf. (http://www.dgb.de/themen/++co++f3e7860a-49a3-11e6-b069-525400e5a74a externer Link)

Das soziale Dilemma für italienische Kleinanleger, wenn die italienischen Banken nicht gerettet werden, und das uns danach dennoch bleibende „Elend“ durch die wieder versäumte politische Klärung der Frage „Welche Rolle sollen Banken in unserer Gesellschaft spielen?“

Der ehemalige Investmentbanker Rainer Voss bringt dieses Dilemma folgendermaßen auf den Punkt: Dummerweise hat man in den letzten Finanzierungsrunden der – italienischen – Banken Aktien, Anleihen und andere – noch toxischere – Instrumente mangels professioneller Käufer an die italienischen Kleinanleger (die ihre Altersicherung damit finanzieren wollen) verscherbelt.

Im Vordergrund also findet sich jetzt ein italienisches Finanzsystem mit etwa 360 Milliarden Euro wackliger Kredite und Wertpapiere, was 25 Prozent des italienischen Bruttoinlandsproduktes entspricht.

Die politischen Akteure sind Matteo Renzi, der eine Volksabstimmung über eine Änderung des Wahlrechts vor der Brust hat, und daher eher – neoliberale – Handlungsstärke demonstrieren muss. Auf der anderen Seite steht die EU-Kommission, die sich – unvollkommene – Regeln für die Abwicklung maroder Banken gegeben hat (nach dem Prinzip: Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass – vgl. zu einer umfassenden Analyse dieser Bankenunion Axel Troost und Reinhard Ötsch „Bankenabwicklung – Zwischen Fata Morgana und Wirklichkeit“ (https://www.rosalux.de/publication/41636/bankenabwicklung-zwischen-fata-morgana-und-wirklichkeit.html externer Link)

Und der DGB sieht auch das Problem, dass dieser erneute Ruf nach Steuergeldern für die Banken doch auch eines deutlich macht: die Finanzbranche ist eben immer noch nicht gerüstet, um solche Verwerfungen im System abfedern zu können. (Vgl. dazu auch noch vor allem Suleika Reiners in ihrer Kritik an der Bankenunion auf der Seite 5 (etwa ab dem ersten Drittel) bei https://www.labournet.de/?p=98387)

Damit geht der Ball wieder zurück zur Politik, die es „sträflich“ versäumt hat, die Regulierungen der Banken in Europa – anders als in den USA – so auszurichten, dass die Banken solche Krisen – z.B. auch durch entsprechende Eigenkapitalausstattung – selbst schultern zu können. (http://www.dgb.de/themen/++co++f3e7860a-49a3-11e6-b069-525400e5a74a externer Link)

Das offensichtlich Dilemma der EU: Regeln (Verbot von Bail-Out), die aber angesichts unterkapitalisierter Banken katastrophal wirken

Das offenbart ein offensichtliches Dilemma der EU-Bankenpolitik: sie schreibt eine Regel – das „Verbot von „Bail-Out“ – vor, aber hat es versäumt, dabei auch die Voraussetzungen festzulegen, die ein solches „Bail-Out“ auch realistisch verhindern. Das Problem wurde – wohl auf Druck der Finanzinstitute – dann durch die „Ausnahmeregel“ gelindert.

Und damit muss die Politik für Italien und in Europa jetzt umgehen, wozu Rainer Voss die folgende Möglichkerit in den Raum stellt: Im Kern geht der aktuelle Streit deshalb darum, erklärt Rainer Voss, ob Italien die Banken mit Steuergelden sanieren darf („Bail-Out“) oder die Aktionäre und Gläubiger der Banken dazu herangezogen werden („Bail-In“)

Ein Bail-In, wie ihn jetzt entsprechend ihrer „neuen“ Regeln – die EU-Kommission fordert, würde also jetzt in Italien genau die Schichten treffen – Nikolaus Piper in der Süddeutschen hat das trefflich auch analysiert (sie weiter unten noch) – , die Matteo Renzi für die Durchsetzung seiner Reformen mit Hilfe eines Referendums braucht. (http://www.fr-online.de/gastwirtschaft/finanzbranche-der-perfekte-sturm-,29552916,34489770.html externer Link)

Man muss also kein Prophet sein, meint Rainer Voss, um vorherzusagen, dass über den Sommer nach einer Lösung gesucht wird, die wie ein Bail-In aussieht, aber ein Bail-Out ist – die Kleinanleger also schont.

Diese Hintertür von einer strikten Anwendung der „Bail-In“-Regel hatte sich ja auch Detlef von Larcher für Attac offen gehalten, als er erklärte, die von dieser (Banken-)Krise Betroffenen sollten allerdings durch ein Hilfsprogramm unterstützt werden – also soll letztlich doch der Steuerzahler für die faulen Kredite einstehen. (http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/eu-finanzminister-sanktionen-gegen-spanien-und-portugal-oekonomisch-und-sozial-absurd/ externer Link)

Auch der sonst so prinzipientreue deutsche Finanzminister Schäuble hatte auch schon Flexibilität in dieser Frage – anders als bisher die Kanzlerin – signalisiert. (http://www.welt.de/wirtschaft/article156865278/In-Europa-zittern-wieder-die-Banken.html externer Link)

Gerade bei der am härtesten betroffenen Bank Monte dei Paschi mit Sitz in Siena, wurden die Kapitallücken mit den Ersparnissen italienischer Kleinanleger gestopft.. Die bekamen sogenannte Obligationen als vermeintlich sichere Anlagen verkauft, die nun in Eigenkapital der Monte dei Paschi umgewandelt werden könnten. Damit wären jedoch für italienische Rentner und andere Sparer enorme Verluste verbunden. (http://www.fr-online.de/politik/italien-europas-naechste-krise,1472596,34495638.html externer Link)

Als Anfang des Jahres bei kleinen Provinzbanken Ähnliches passierte, nahm sich ein Rentner das Leben. Die Folge war eine öffentlich Aufruhr, den Renzi nicht noch einmal erleben möchte. Es gab damals wochenlange Proteste, die öffentliche Stimmung kochte hoch, als dieser betroffene Rentner Suizid beging.

Die Angst der Italiener ist also nun entsprechend groß. Immerhin haben sie den Finanzinstituten 200 Milliarden Euro geliehen. Bei einem Bail-In wäre ein Ansturm auf die Banken absehbar, wenn nicht gar ein Volksaufstand. Und die ohnehin hohe Zahl der EU-Gegner im Lande würde vermutlich expoldieren. (http://www.fr-online.de/politik/italien-renzi-in-der-klemme,1472596,34494206.html externer Link)

Für Renzi steht also alles auf dem Spiel. Im Herbst sollen die Italiener über den Kern eines Regierungsprojektes abstimmen (Referendum), „die Mutter aller Reformen“ wie Renzi sagt. Es geht um die Vereinfachung des parlamentarischen Systems und ein verändertes Wahlrecht. Schien eine befürwortende Mehrheit anfangs ausgemacht, so ist inzwischen laut Umfragen die Zahl der Unentschlossenen und derer, die mit Nein stimmen wollen, auf fast die Hälfte gestiegen. Bei einer Niederlage im Referendum wird Renzi zurücktreten, das hat er angekündigt. Sein Reformprojekt sei dann gescheitert.

Für Italien und die EU begänne damit eine höchst ungewisse Zeit. Beste Chancen, nach Neuwahlen die Verantwortung für Europas viertgrößte Volkswirtschaft zu übernehmen, hat dann Beppe Grillos Anti-Partei „Fünf Sterne“. (so Regine Kerner in der FR)

Und Beppe Grillo hat auch schon eine angemessene Antwort: Weil den Bankiers die Politik in Europa überlassen wurde: „Der Finanzsektor tötet“ (https://www.taz.de/Beppe-Grillo-ueber-Europa/!5276885/ externer Link)

Mit einer solchen „zwiespältigen“ Lösung für die Banken in Italien wird aber noch nicht das Spardiktat für Europa gelockert.

Und was ist – außer kurzfristig noch der Brexit – der Grund für die vielen faulen Kredite – jetzt erst nach der Krise von 2008 f. – der bei den italienischen Banken?

Wohl die jahrelange Rezession, die vor allem aus Deutschland den Ländern mit dem generellen Spardiktat auferlegt wurde (= die Deutschen nennen das dann arrogant (aus der privilegierten deutschen ökonomischen Situation) „Misswirtschaft“ (= weil sie eben nicht so „wirtschaften“ konnten wie die Deutschen mit ihrem „Lohndumping-Exportüberschuss-Modell“) (http://derstandard.at/2000040798352/Banken-ziehen-Italien-in-die-Tiefe externer Link)

Da beißt sich die Katze wieder in den Schwanz. (Vgl. auch https://www.labournet.de/?p=92963)

Und angesichts dieser Konstellation ist die Forderung staatlich jetzt zu investieren, statt Banken zu subventionieren, dann wohl leichter gesagt als getan. (http://www.dgb.de/themen/++co++f3e7860a-49a3-11e6-b069-525400e5a74a externer Link)

Zunächst, so schreibt Michael Braun aus Rom, galt, obwohl auch dort versäumt worden war, die Banken durchgreifend zu sanieren, (aber das sahen ja die Regeln der Bankenunion auch nicht vor), dass der italienische Finanzsektor zunächst durchaus zu den solideren in Europa gehöre. Doch dann zog die Krise der Realwirtschaft – die „dank“ Spardiktat nicht vermieden werden konnte – die Banken mit nach unten. Von 2007 bis 2014 büsste Italien 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und gar 25 Prozent seiner Industrieproduktion ein…

So stieg die Summe uneinbringlicher Kredite von 59 Millionen im Jahr 2009 auf nunmehr über 200 Milliarden Euro – also rund auf das Dreifache. (https://www.taz.de/Finanzmarkt-in-Italien/!5317604/ externer Link)

Die italienische Krise ist eine europäische Krise: IWF warnt vor einer europaweiten Kettenreaktion.

Diese italienische Bankenkrise mit einem Volumen von 360 Milliarden Euro fauler Kredite ist eben nicht nur ein italienisches Problem. Welche Gefahr von Italien ausgeht, macht ein Länderbericht des Internationalen Währungsfonds deutlich durch die Warnung einer europaweiten Kettenreaktion. In Italien birgt die Entscheidung über die Bankenkrise schon wegen der schieren Größe dieser italienischen Wirtschaft – sie ist die viertgrößte in Europa – hat Italien als Gründungsmitglied der EU das Potential, die angeschlagene Europäische Union weiter zu erschüttern – politisch wie ökonomisch.

Schon deswegen ist Italiens Bankenkrise Europas Bankenkrise. Dies gilt umso mehr, als auf dem ganzen Kontinent die einst so mächtigen Institute – wie auch die Deutsche Bank – um ihre Existenz ringen. So sackten die Kurse der Bankaktien in Europa um mehr als die Hälfte ab.

Die Deutsche Bank ist heute weniger wert als auf dem Höhepunkt der Finanzkrise und droht ihren Platz in wichtigen europäischen Aktienindizes zu verlieren. (http://www.fr-online.de/leitartikel/bankenkrise-italiens-europaeische-krise,29607566,34497314.html externer Link, zur Deutschen Bank vgl. weiter z.B. das letzte Viertel auf der Seite 1 bei https://www.labournet.de/?p=98387 – sowie ebendort auch den Abschnitt „Noch einmal die „Deutsche Bank“, wo sich die Krise jetzt so heftig kondensiert nach einer Übernahme der Macht durch die Investmentbanker Ende der 90-er Jahre – und die Politik sieht immer noch keine Verantwortung“ auf der Seite 3 (im letzten Viertel)

Oder kurz ausgedrückt, die italienische Bankenkrise bedroht Europa (http://www.fr-online.de/wirtschaft/italien-italiens-bankenkrise-bedroht-eu,1472780,34484518.html externer Link)

Aber im Zentrum der Krise stehen dennoch derzeit die italienischen Banken – und vorneweg auch die größte Bank Unicredit mit ihrem neuen Chef Jean-Pierre Mustier. Auch hier drängt die Zeit für eine Sanierung. (http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/banken-unicredit-neuer-chef-soll-den-kollaps-verhindern-1.3073301 externer Link)

Und Nikolaus Piper sieht in dieser Bankenkrise auch „das Große und Ganze“ von Europa in Gefahr: „Das Problem ist nur: Im Falle der italienischen Banken sind die meisten Gläubiger nicht irgendwelche Spekulanten, sondern italienische Kleinsparer, deren Rücklagen fürs Alter aus Bankaktien bestehen.

Wer jetzt auf der strengen Einhaltung der Regeln besteht, der verlangt von Renzi, dass er die italienischen Sparer enteignet. Das wird – und kann – er nicht tun, schon um das italienische Verfassungsreferendum im Herbst zu überstehen. Wichtiger als eine strenge Auslegung der EU-Regeln ist Schnelligkeit und Gründlichkeit. Man muss das Feuer austreten, solange es klein ist. Was immer Renzi macht, es darf nicht zu klein ausfallen, sonst kehrt die Krise über kurz oder lang zurück.

Die EU-Kommission und die Bundesregierung sollten Renzi unterstützen so gut es geht. Es gibt nicht mehr viele Reformer in Europa. (http://www.sueddeutsche.de/politik/brexit-kein-land-leidet-nach-dem-brexit-votum-so-sehr-wie-italien-1.3071613 externer Link)

Klaus Busch hat aktuell diese ganze Misere von Europa noch in einer „Flugschrift“ zusammenzufassen versucht. (http://www.vsa-verlag.de/nc/buecher/detail/artikel/enttaeuschung-europa/ externer Link). Zusammen mit dem Verdi-Vorsitzenden Frank Bsirske hatte Klaus Busch schon in der 2. Hälfte des letzten Jahres 2015 die Instabilität der Finanzmärkte analysiert – und die Möglichkeit eines Crash ausgemalt. (http://www.kooperationsstelle-osnabrueck.de/fileadmin/user/Materialien_Downloads/Europa_und_Gewerkschaften/Aufsatz_Bsirske_u.Busch.pdf externer Link pdf) Und nun ist er wohl greifbar nahe!

Nur des weiteren steht auch noch das Spardiktat in Europa für Spanien und Portugal an „Sparen oder nicht sparen“, um Europa überlebensfähig zu halten? Nur die härtere Durchsetzung sinnloser Europa-Regeln kann gerade jetzt nach dem Brexit wie der Schuss ins eigene Bein werden. Denn: „Wer vom politischen Rechtsdrall in Europa spricht, kann von der Austeritätspolitik nicht schweigen“

Und wo bisher für die großen Länder – Deutschland und Frankreich – „großzügig“ hinweg geguckt wurde, das soll jetzt einmal bei Portuagl und Spanien durchexerziert werden. (http://www.taz.de/Moegliche-EU-Strafzahlung/!5317608/ externer Link)

Und bringt damit ein weiteres großes Thema auf die europäische Bühne, das bisher sehr europäisch-deutsch – oder genauer noch deutsch-europäisch (= in dieser Reihenfolge) gesehen wurde (vgl. Peter Bofinger in dem Abschnitt „Noch einmal die spezifisch deutsche Philosophie der Wirtschaftspolitik, die Ordnungspolitik genannt wird…“ auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=100830).

Jetzt aber soll es in fester Prinzipientreue zu dieser „Religion der „schwarzen Null“ des deutschen Finanzministers Schäuble den Menschen auf der iberischen Halbinsel beigebracht werden.

Unter angelsächsischen Ökonomen ist es schon fast zum Amusement geworden, sich über diese Schrulle aus Deutschland zu erregen – oder Paul Krugman meint einfach nur, der Schäuble hat noch nichts dazu gelernt. (http://www.fr-online.de/wirtschaft/paul-krugman–schaeuble-hat-nichts-gelernt-,1472780,30468204.html externer Link)

Man kann das auch noch etwas breiter historisch einordnen, wie das zum einen Sebastian Müller zum Keynesianismus gemacht hat (https://le-bohemien.net/2016/06/15/der-keynesianismus-ein-historisches-relikt/ externer Link) oder auch Stephan Schulmeister bei der Lektüre von weiteren Texten kenntnisreich aufschlüsselt (http://stephan.schulmeister.wifo.ac.at/fileadmin/homepage_schulmeister/files/wsimit_2015_06_buchbesprechung_schulmeister.pdf externer Link pdf).

Deshalb weiß natürlich auch Attac, dass es ökonomisch absurd und sozial verheerend sein wird, jetzt Strafen gegen Portugal und Spanien zu verhängen, wie es die EU-Finanzminister am Dienstag, 12. Juli 2016, beschlossen haben. (http://www.attac.de/presse/detailansicht/news/eu-finanzminister-sanktionen-gegen-spanien-und-portugal-oekonomisch-und-sozial-absurd/ externer Link)

Und – laut TAZ – stört diese andere Sicht auf Europa den Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble überhaupt nicht: Haushaltsdisziplin und Wachstum sind keine Widersprüche, sie bedingen sich gegenseitig, weiß der CDU-Politiker es wieder einmal viel besser. Man wolle Portugal und Spanien „nicht bestrafen“, sondern erreichen, – ganz gegen die konkreten praktischen Erfahrungen der „Iberer“ -, dass sie „tun, was sie im eigenen Interesse tun müssen.“ (- so muss es sein, der Hohe Priester der ewigen Sparpolitik hat gesprochen!)(http://www.taz.de/!5317846/ externer Link)

Ein Meister der Herzen für Europa wird der deutsche Schäuble damit nicht – ja im Gegenteil der Frust in Europa wächst nur weiter, meint der Banker Carsten Brzeski.

Mit der Ankündigung dieser Sanktionen für Portugel und Spanien wegen des Verfehlens der Haushaltsziele versucht Europa, dem Stabilitätspakt zum x-ten Mal neues Leben einzuhauchen. Aber man vergisst dabei, dass Staatsfinanzen nicht durch manisches Steuern von Staatshaushalten nachhaltig werden, sondern durch langfristige Planung und stetes Wirtschaftswachstum (eine Denke, die im deutschen „ordoliberalen“ Denken wohl ausgeschlossen bleibt)

Jedenfalls wird man auf diese Weise die Spar- und Europamüdigkeit der Spanier und Portugiesen – ausgerechnet jetzt nach dem Brexit – nicht lösen. (http://www.fr-online.de/gastwirtschaft/stabilitaetspakt-kein–meister-der-herzen,29552916,34499992.html externer Link)

Dieser Reflex aus Deutschland und Nordeuropa, die Folgen des Brexit und des aufkommenden Populismus mit noch mehr Regeln und härteren Strafen jetzt zu bekämpfen, meint Brzeski, kann wie der Schuss ins eigene Bein werden.

Oder Gesine Schwan hat dies mit dieser kleinen Weisheit in den richtigen Zusammenhang gestellt, indem sie sagt: „Wer vom politischen Rechtsdrall in Europa spricht, kann von der Austeritätspolitik nicht schweigen.“ (siehe dazu https://www.labournet.de/?p=92963 – insbesondere dort die Seite 1 unten – sowie weiter noch bei „Wie findet eine Mosaik-Linke zusammen? “ – vor allem auf der Seite 1 f. unten bei https://www.labournet.de/?p=94716)

Aber Griechenland musste mit seinem Finanzminister Varoufakis diese für das Land so verheerende ökonomische Fehleinschätzung schon längst „diktatorisch“ über sich ergehen lassen. (http://www.theeuropean.de/anna-handschuh/10371-warum-die-kampagne-gegen-griechenland-falsch-ist externer Link)

Griechenland: den letzten beißen die Hunde

Nur für Griechenland, wo die Banken schon längst – auch vor dem Brexit schon – pleite waren, gibt weiter kein Pardon. (siehe „Griechsiches Lehman-Brothers-Desaster“ (http://www.heise.de/tp/artikel/48/48706/1.html externer Link), obwohl auch dort gerade die „kleinen Sparer“ betroffen sind. Aber die griechische Regierung ist wohl keine Unterstützung des neoliberalen EU-Kurses – siehe weiter auch noch den Abschnitt „Diese falsche Denke einer sog. „Schuldenkrise“ am Beispiel Griechenlands“ auf der Seite 2 bei https://www.labournet.de/?p=98387.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=101242
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