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Wer von Italiens Regierung in der Coronakrise Geld bekommt (die Armee für 41 Militärmissionen) – und wer nicht

Wer von Italiens Regierung in der Coronakrise Geld bekommt (die Armee für 41 Militärmissionen) – und wer nichtGestern entschied das italienische Parlament die Weiterführung von weltweit 41 Militärmissionen mit gesamthaft 8.613 Soldaten. Dazu gehört auch die 2017 begonnene kriminelle Zusammenarbeit zwischen Italien und der libyschen Küstenwache zur Zurückweisung von Geflüchteten“ – so der Tweet am 08. Juli 2020 im Twitter-Kanal von Maurizio C. externer Link (der sich auf einen entsprechenden – italienischen – Artikel in Il Manifesto bezieht, in dem auch das Stimmverhalten verschiedener Parteien in beiden Kammern des Parlaments dargestellt wird). Und auch wenn konkret keine Summen genannt werden, die die blutigen (nicht nur in Libyen) Unternehmungen kosten, ist dennoch klar, dass die Ausgaben für Kriegspolitik hoch bleiben – und Vorrang haben. Siehe dazu auch einen kurzen „Kontrast“-Bericht von Maurizio C. zur allgemeinen Wirtschaftsentwicklung in Italien – und zur Problematik vieler KurzarbeiterInnen, an das ihnen zustehende Geld zu kommen:

Zur Wirtschaftsentwicklung vom 08. Juli 2020: Italien in Zahlen

Worte sagen grundsätzlich mehr aus als Zahlen; doch manchmal können Zahlen das Gesamtbild einer Situation eindrucksvoller wiedergeben. Und so ist es auch mit den aktuellen Zahlen zur ökonomischen und sozialen Lage in Italien im Kontext der Corona-Krise. Gestern hat die Europäische Kommission die neuste Schätzung zur Entwicklung des Bruttoinlandprodukts bekannt gegeben. Im Vergleich zum Frühjahr wurden die Zahlen nach unten korrigiert: Rechnete die Kommission im Mai mit einen Wirtschaftsrückgang in der Euro-Zone von 7.7% für das Jahr 2020, so beträgt diese Zahl nun 8.7%. Italien fällt von -9.5% auf -11.2%; es handelt sich dabei um einen doppelt so hohen Rückgang im Vergleich zu Deutschland (-6.3%).

Laut Kommission wird das vor Covid-Niveau in Italien erst Ende 2021 wieder erreicht. Die italienische Zentralbank Banca d’Italia hingegen skizziert ein Bild der italienischen Haushalte. Mehr als ein Drittel der Menschen haben liquide finanzielle Mittel angespart, die höchstens für drei Monate ausreichen, um die essenziellen Konsumausgaben zu decken. Bei Arbeitslosen und Arbeiter*innen mit befristeten Verträgen erhöht sich diese Quote auf 50% der Betroffenen. 40% der Menschen, die eine Hypothek zu bezahlen haben, haben grosse Schwierigkeiten, die monatliche Rate abzubezahlen. Laut italienischem Statistikamt (ISTAT) schliesslich besteht für 38.5% der Unternehmen das Risiko, im Laufe des Jahres 2020 schliessen zu müssen. Dies entspricht 28.8% der Beschäftigung bzw. 3.6 Mio. Arbeiter*innen. Dieses Risiko konzentriert sich vor allem auf die Mikro- und Kleinunternehmen in der Hotellerie, Gastronomie, Unternehmen des Sektors Sport, Kultur, Unterhaltung.

Zur Situation der KurzarbeiterInnen ebenfalls am 08. Juli 2020: Kurzarbeitsentschädigung: Verspätung und Einbußen

Die Probleme der Kurzarbeitsentschädigung in Italien betreffen nicht nur die massiven Verspätungen bei der Auszahlung der Gelder, sondern auch die finanziellen Einbußen, die die Arbeiter*innen hinnehmen müssen. Die Gewerkschaft Uil spricht von einer „doppelten Bestrafung“, die vom Lockdown verursacht wurde. 8.4 Mio. Arbeiter*innen verloren in den letzten vier Monaten teilweise oder ganz ihre Arbeit und waren finanziell vom nationalen Sozialversicherungsamt Inps abhängig. Laut Gewerkschaft Uil betrug für 5 Millionen Arbeiter*innen der Arbeitsausfall 100% (Kurzarbeit null), was in zwei Monaten zu einer Einkommenseinbuße von 18 bis 37 Prozent geführt hat, je nach Höhe des Arbeitslohnes. Ein*e Vollzeit Arbeiter*in mit einem Nettolohn von 1.400 Euro hat demnach mit einer Einbuße von 444 Euro rechnen müssen (Lohnreduktion, fehlender Bestandteil des 13. und 14. Monatslohnes).

Diese doppelte Bestrafung könnte sich aber in den nächsten Monaten in eine „dreifache Bestrafung“ verwandeln: Aufgrund der Tiefe der ökonomischen Krise (für 2020 rechnet die Europäische Kommission mit einem Rückgang des italienischen BIP von 11.2%), der großen Unsicherheiten in einigen Sektoren wie beispielsweise dem Tourismus und den zahlreichen auslaufenden befristeten Verträgen (rund 300.000 pro Monat) werden in den kommen Wochen und Monaten Entlassungen ausgesprochen ohne Möglichkeiten sozialstaatlicher Unterstützung für die Arbeiter*innen.

Bericht von Maurizio C.vom 10.7.2020 – wir danken und empfehlen seinen Twitter-Kanal externer Link

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175466
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