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Zeit der Proteste im Iran: Eine Bilanz

Demonstration streikender iranischer Zuckerarbeiter 18.11.2018Vielen Menschen auf der ganzen Welt ist klar, dass das im Iran herrschende Regime, eines der kriminellsten, reaktionärsten und menschenverachtendsten Regimes der Welt ist, aber sie kennen nicht immer das Ausmaß der Kämpfe der Bevölkerung gegen die Islamische Republik. Regierungen, Regierungsparteien und Mainstream-Medien im Westen und anderswo neigen nicht dazu diese wichtige Tatsache offen anzuerkennen, und obwohl sie sich der weit verbreiteten Ablehnung des Regimes durch die Bevölkerung bewusst sind, betrachten sie dieses Regime als würdigen Vertreter der Bevölkerung im Iran und erfinden alle möglichen Theorien für die Rechtfertigung dieser großen Täuschung. Wir haben stets versucht, die Proteststimme der iranischen Bevölkerung, der Arbeiter, Frauen und anderer Teile der Gesellschaft gegen dieses tollwütige kapitalistische und religiöse Regime widerzuspiegeln. Und auch jetzt, in dieser kurzen Notiz, wollen wir die Aufmerksamkeit der Arbeiterorganisationen, Parteien und Menschenrechtsorganisationen und der ganzen Weltöffentlichkeit auf die große Auseinandersetzung im Iran und deren historische und globale Bedeutung lenken. Im Iran regiert eines der schärfsten rechtsextremen kapitalistischen Regimes, das mit drakonischen Gesetzen, Unterdrückung, Hinrichtung, Folter, Auspeitschung und Gefängnis den Arbeitern das Recht auf Organisation und Streik verweigert, damit sie brutal ausgebeutet werden können. Der ideologische Überbau dieses Regimes ist der Islam, der Gesetze von vor 1400 Jahren auferlegt. In den letzten 40 Jahren hat das Regime systematisch versucht, die Gesellschaft zu islamisieren. Es hat den Frauen alle Rechte verweigert, einschließlich des Rechts, ihre Kleidung selbst zu wählen. Es hat mit unzähligen tagtäglichen Verbrechen versucht, der Gesellschaft jedes Recht, jede Meinungs-, Protest- und Organisationsfreiheit zu vorzuenthalten. Die Liste ist endlos…“ – so beginnt der Beitrag „Über die große politische Schlacht im Iran“ von Asghar Karimi vom 02. Mai 2019 und nun auf Deutsch, eine Bilanz des Vorsitzenden des Exekutivkomittees der Arbeiterkommunistischen Partei Irans (WPI) über die aktuellen Kämpfe im Iran, den wir hiermit dokumentieren:

Über die große politische Schlacht im Iran

Vielen Menschen auf der ganzen Welt ist klar, dass das im Iran herrschende Regime, eines der kriminellsten, reaktionärsten und menschenverachtendsten Regimes der Welt ist, aber sie kennen nicht immer das Ausmaß der Kämpfe der Bevölkerung gegen die Islamische Republik.

Regierungen, Regierungsparteien und Mainstream-Medien im Westen und anderswo neigen nicht dazu diese wichtige Tatsache offen anzuerkennen, und obwohl sie sich der weit verbreiteten Ablehnung des Regimes durch die Bevölkerung bewusst sind, betrachten sie dieses Regime als würdigen Vertreter der Bevölkerung im Iran und erfinden alle möglichen Theorien für die Rechtfertigung dieser großen Täuschung.

Wir haben stets versucht, die Proteststimme der iranischen Bevölkerung, der Arbeiter, Frauen und anderer Teile der Gesellschaft gegen dieses tollwütige kapitalistische und religiöse Regime widerzuspiegeln. Und auch jetzt, in dieser kurzen Notiz, wollen wir die Aufmerksamkeit der Arbeiterorganisationen, Parteien und Menschenrechtsorganisationen und der ganzen Weltöffentlichkeit auf die große Auseinandersetzung im Iran und deren historische und globale Bedeutung lenken.

Im Iran regiert eines der schärfsten rechtsextremen kapitalistischen Regimes, das mit drakonischen Gesetzen, Unterdrückung, Hinrichtung, Folter, Auspeitschung und Gefängnis den Arbeitern das Recht auf Organisation und Streik verweigert, damit sie brutal ausgebeutet werden können.

Der ideologische Überbau dieses Regimes ist der Islam, der Gesetze von vor 1400 Jahren auferlegt. In den letzten 40 Jahren hat das Regime systematisch versucht, die Gesellschaft zu islamisieren. Es hat den Frauen alle Rechte verweigert, einschließlich des Rechts, ihre Kleidung selbst zu wählen. Es hat mit unzähligen tagtäglichen Verbrechen versucht, der Gesellschaft jedes Recht, jede Meinungs-, Protest- und Organisationsfreiheit zu vorzuenthalten. Die Liste ist endlos.

All dies ist der Weltöffentlichkeit mehr oder weniger bekannt; es ist aber nur ein Aspekt der iranischen Realität. Was den meisten Menschen auf der Welt nicht bekannt gemacht worden ist, ist ein seit Jahren laufender mächtiger, moderner, radikaler und fortschrittlicher Kampf von Arbeitern, Lehrern, Rentnern, Frauen, Studenten und anderen Bevölkerungsteilen, der dem Regime bislang erhebliche Rückschläge zugefügt hat. Es ist eine historische Auseinandersetzung im Gange, die sich anschickt das Schicksal von 80 Millionen Menschen im Iran grundlegend zu verändern.

Von Beginn der Herrschaft des islamischen Regimes an führten die Arbeiter mächtige Massenstreiks und Proteste durch, bildeten ihre Räte an vielen Zentren und stellten ihre Forderungen. Die Islamische Republik verhaftete über 100.000 ihrer politischen Gegner, richtete mehr als 30.000 von ihnen hin, darunter kommunistische Aktivisten und Arbeiterführer, schloss Zehntausende von linken und radikalen Studenten und Akademikern aus den Unis aus und griff die Frauen brutal an, indem sie sie zu Tausenden von ihren Arbeitsplätzen, den Universitäten und Schulen ausschloss, Frauen zu Tode steinigte und mit Säureangriffen und Reißzwecken auf Gesichtern von Frauen den Hijab durchsetzte. So gelang es ihr, die Streiks und Proteste für eine Weile zu begrenzen.

Seit etwa zwei Jahrzehnten jedoch ist eine neue Atmosphäre des Protests im Iran entstanden. Industriearbeiter, Lehrer und Rentner haben durch Organisierung von Tausenden von Streiks und Kundgebungen pro Jahr viele Einschränkungen und Verbote durchbrochen, sie haben eine wichtige Rolle im politischen Klima im Iran gespielt.

Im Jahr 2018 trat die Arbeiterbewegung mächtiger denn je in den Vordergrund und erregte mit der Losung ‚Herrschaft der Räte‘ Aufmerksamkeit und Solidarität der Gesellschaft. Zu erwähnen sind der lange landesweite Streik der Lastwagenfahrer, landesweite Lehrerstreiks, Langzeitstreiks und grossartige Demonstrationen von zehntausend Stahlarbeitern von Ahwaz und Zuckerrorarbeitern von Haft-Tappeh sowie Tausende von Streiks und Protestkundgebungen in verschiedenen Zentren des Landes. Die Präsenz von Frauen und der Familien von Arbeitern in den vordersten Reihen der Demonstrationsmärsche, die aktive Beteiligung der Bevölkerung von Haft-Tappeh und Shush an den Arbeiterprotesten sowie die kraftvollen Reden der Arbeiterführer waren einige neue Aspekte des Fortschritts der Arbeiterbewegung.

Ein weiteres wichtiges Feld ist der massenhafte und mächtige Kampf der Frauen gegen die islamische Barbarei und ihre ihre Gesetze. Auch dieser Kampf begann gleich zu Beginn der Herrschaft des islamischen Regimes. Es begann nur drei Wochen nach der Machtübernahme der Islamischen Republik, am Internationalen Frauentag, dem 8. März, durch den Marsch von Zehntausenden Frauen und progressiven Menschen mit Slogans wie „Frauenrechte sind universell“ und „Wir haben die Revolution nicht gemacht, um rückwärts zu gehen“. Seit 40 Jahren sind im Iran Straßen, Universitäten, Schulen und Büros Schauplätze des mutigen Kampfes von Millionen von Frauen gegen das islamische Regime, seine Gesetze und Repressionskräfte. Frauen haben die Islamische Republik an dieser Front praktisch besiegt, die Atmosphäre zu ihren Gunsten verändert, den Hijab zurückgedrängt und sich den Gesetzen über islamische Ehe, Scheidung und Geschlechterapartheid widersetzt.

Im Januar 2018 nahmen die „Jungen Frauen der Revolutionsstrasse“ ihre Hijabs ab, steckten sie auf Stangen, kletterten auf Sockel ( z. B. Kabelboxen ) und hielten sie als Zeichen des Protests in die Höhe. So brachten sie diesen Kampf für Gleichheit und Freiheit einen Schritt weiter. Zuvor zwangen mächtige Kampagnen gegen Hinrichtungen und Steinigungen das islamische Regime, die Steinigung praktisch einzustellen und die Zahl der Hinrichtungen zu reduzieren. So ist es für das Regime sehr schwierig geworden, politische Aktivisten hinzurichten, und es weiß, dass es einen hohen Preis für die Vollstreckung solcher Urteile zahlen wird.

Eine weitere, sozial sehr breite und tiefgreifender Auseinandersetzung wurde im Hinblick auf Religion und islamische Gesetze geführt. Derzeit läuft im Iran eine massenhafte, mächtige und radikale Bewegung gegen die Religion. Laut Statistiken des Regimes haben 91,4% der unverheirateten Mädchen und Jungen Beziehungen, darunter auch Kinder und Enkel der Ayatollahs. Allein schon diese Statistiken zeigen den Bankrott der Religion und der traditionellen, rückständigen und frauenfeindlichen Gesetze. Religion im Iran ist ein diskreditiertes und besiegtes Phänomen. Es läuft tief in der Gesellschaft eine massive kulturelle Revolution gegen religiöse Werte und Normen. Sie findet in der Tat statt und zeigt sich in Protestkundgebungen mit Parolen gegen das religiöse Regime und die Ayatollahs. Jedes Jahr gibt das Regime Milliarden von Dollar aus und mobilisiert viele seiner Institutionen für die Verbreitung der Religion und um zu verhindern, dass Menschen, insbesondere Jugendliche, der Religion den Rücken kehren. Sie schicken Zehntausende von Mullahs in verschiedene Teile des Landes, aber sie haben diese Schlacht verloren. Die Religion wird in großem Umfang abgelehnt. Die iranische Gesellschaft ist nicht nur nicht islamisch, sondern sie ist heute eine der antireligiösesten Gesellschaften der Welt. Sie wird kein religiöses oder auch teilweise religiöses Regime akzeptieren.

Um zu vermeiden, dass der Text zu lang wird, werden wir nicht näher auf die massiven Proteste der Studenten, der Erdbebenopfer im Westen des Landes sowie der Opfer der jüngsten Überschwemmungen in verschiedenen Provinzen gegen die Gleichgültigkeit des Regimes eingehen.

Wir weisen nur darauf hin, dass der Umfang der Proteste im Iran sehr breit ist und dass das Regime dadurch in jeder Hinsicht eindeutig in die Defensive gedrängt ist. Jedes Jahr finden Tausende von Streiks und Versammlungen statt, obwohl sie vom Regime als illegal angesehen werden. Frauen haben das Regime praktisch in die Knie gezwungen, indem sie die Gesetze zu Hijab und islamischen Heiligtümern millionenfach gebrochen haben. Bis zu einem gewissen Grad haben die Menschen praktisch die Freiheit der Meinungsäusserung errungen und eine kulturelle Revolution gegen die islamische Moral in Bezug auf Ehe, Beziehungen zwischen Männern und Frauen und andere kulturelle Fragen durchgeführt.

Der Sturz des islamischen Regimes ist zur Forderung der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung im Iran geworden. Diese Bedingungen und diese Atmosphäre haben zu den Massenprotesten im Januar 2018 geführt, bei denen Menschen in 100 Städten auf die Strasse strömten und den Sturz des Regimes forderten.

Sie attackierten die Repressionskräfte des Regimes und die Büros der Freitagsimame (die Vertreter des Staatsoberhauptes Chamenei) und riefen Slogans sowohl gegen den „reformistischen“ als auch gegen den „fundamentalistischen“ Flügel des islamischen Regimes („Reformist, Fundamentalist, das Spiel ist aus!“ und „Tod der Islamischen Republik“). Das Volk hat damit den sogenannten Reformisten und dem Regime als Ganzes eine schwere Niederlage zugefügt.

Mehr als 5.000 Menschen wurden verhaftet und eine Reihe von ihnen von den Sicherheitskräften des Regimes ermordet. Die Proteste ließen vorübergehend nach. Sie setzten sich jedoch in form von landesweiten, gewaltigen, organisierten Streiks und die Aktionen der jungen Frauen der Revolutionsstraße fort. Der Kernpunkt in diesem Zusammenhang ist die Linkswende in der gesellschaftlichen Atmosphäre, und dass nunmehr radikale und linke Slogans die Proteste von Arbeitern, Lehrern, Rentnern, Studenten und anderen Teilen der Gesellschaft beherrschen. Unter den Menschen herrscht große Solidarität; Arbeiter, Studenten und die verschiedenen Teile der Gesellschaft unterstützen sich gegenseitig in ihren Kämpfen.

Arbeiterorganisationen, verschiedene Vereinigungen für Kinderrechte, von Frauen und Studenten, die sich, obwohl sie aus Sicht des Regimes eigentlich illegal sind, unterstützen die Forderungen der gesamten Gesellschaft. Heute werden im ganzen Land Forderungen wie politische Freiheiten, die Freilassung der politischen Gefangenen, die Abschaffung der Todesstrafe, das Verbot von Auspeitschung und Folter, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Abschaffung aller diskriminierenden und frauenfeindlichen Gesetze, kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung für alle und vieles mehr laut. In ihren Versammlungen fordern die Menschen eine humane Gesellschaft und rufen Slogans gegen Korruption, Diskriminierung, Ungleichheit und gegen den Kapitalismus als Ganzes.
Gestützt auf diese Traditionen und Fortschritte hat die Arbeiterbewegung im Iran, insbesondere im letzten Jahr, große Fortschritte gemacht. Im vergangenen Jahr wurde die Losung „Räteverwaltung“ von den Arbeiterführern ausgegeben und erregte breite Aufmerksamkeit und Unterstützung der Bevölkerung, einschliesslich der Studenten. die den Slogan in ihren Protesten hervorgehoben haben.

„Wir sind Kinder der Arbeiter und bleiben an ihrer Seite“ wurde bald zu einer gängigen Parole unter den Studenten. Es zeigte sich, dass die Arbeiter eine unabhängige politische Kraft sind, die auf eigenen Beinen steht und mit ihrer Rätealternative den Anspruch erhebt, die Kontrolle zu übernehmen.

Heute bestimmt ein mächtiges linkes und freiheitliches politisches Klima die Proteste der Arbeiter und anderer Teile der Gesellschaft. Dieses Auftreten der Arbeiterklasse verspricht eine helle Zukunft.

Der Untergang der Islamischen Republik als Vorhut des politischen Islam und des islamischen Terrorismus in der Region wird ein fataler Schlag für den gesamten politischen Islam im Nahen Osten und in der übrigen Welt bedeuten. Die iranischen Arbeiter rufen schon heute auf ihren Versammlungen Slogans gegen die Regionalpolitik des Regimes und fordern, in Übereinstimmung mit den Protesten der Bevölkerung und in vorderster Reihe, die Beendigung seiner Einmischungen in Syrien, Palästina und Irak.

Die Befreiung von Hunderten von Millionen Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika von den höllischen Bedingungen, unter denen sie leben, wird nicht durch die reaktionären Alternativen der westlichen Regierungen erreicht, sondern durch die Bildung einer internationalen Bewegung gegen diese despotischen, islamischen oder nicht-islamischen, frauenfeindlichen, menschenverachtenden, korrupten und kriminellen Regimes und ihren Sturz.

Die Befreiung der Gesellschaft ist möglich, indem eine Regierung gebildet wird, die auf Säkularismus, Gleichberechtigung von Frauen und Männern, Freiheit, Gleichheit, Wohlstand und soziale Gerechtigkeit durch die Herrschaft der Räte der Bevölkerung basiert.
Der Sturz der Islamischen Republik und die Errichtung eines humanen Systems im Iran, die sich am Horizont abzeichnet, werden der Beginn einer neuen und großartigen Geschichte im Nahen Osten und in der übrigen Welt sein.

Dies ist die wichtige Tatsache, die die Aufmerksamkeit der öffentlichen Meinung der Welt verdient, damit eine starke Solidarität mit der Arbeiterklasse und der gesamten Bevölkerung des Iran in ihrem Kampf für den Sturz der Islamischen Republik und die Schaffung einer humanen Gesellschaft aufgebaut werden kann.

Die Unterstützung der freiheitsliebenden Menschen für den Kampf der Arbeiter, Frauen und der Bevölkerung im Iran wird eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung des Untergangs der Islamischen Republik, des politischen Islam und des islamischen Terrorismus in der Region und der Welt spielen. Es wird ein historischer Fortschritt für alle sein, und die Welt wird ein sichererer Ort werden.

Asghar Karimi
Vorsitzender des Exekutivkomittees der Arbeiterkommunistischen Partei Irans ( WPI )
2. Mai 2019

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=149706
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