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Nach den Protesten im Iran: Soll jetzt abgerechnet werden?

Massenproteste im Iran 2017/2018: Gegen Teuerung. Gegen die neoliberale PolitikNach dem Tod des 23-jährigen Sina Ghanbari hat die Sorge über das Wohlergehen Hunderter Inhaftierter weiter zugenommen. Der Demonstrant war im „Quarantänebereich“ des Teheraner Evin-Gefängnisses festgehalten worden. Dort werden Inhaftierte unmittelbar nach ihrer Festnahme untergebracht, während über das weitere Vorgehen entschieden wird. Die Berichte zu den Umständen von Sina Ghanbaris Tod sind widersprüchlich: Menschenrechtsverteidigerinnen und –verteidiger zweifeln die Behauptung der Behörden an, dass er sich selbst getötet habe. Laut der bekannten Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh wurden seitdem vier weitere Todesfälle in Gewahrsam bekannt, zwei davon im „Quarantänebereich“ des Evin-Gefängnisses. Die Identität dieser beiden Toten ist noch nicht geklärt. Mindestens zwei weitere Personen, die während der Niederschlagung der Proteste festgenommen wurden – Vahid Heydari und Mohsen Adeli – starben Berichten zufolge im Januar in Arak, in der Provinz Markazi, und in Dezfoul, in der Provinz Khuzestan. Menschenrechtsverteidigerinnen und –verteidiger und Familienangehörige zweifeln in allen vier Fällen die offizielle Behauptung an, dass sich die Inhaftierten selbst getötet hätten“ – aus dem Aufruf „Todesfälle in Gewahrsam müssen untersucht werden“ vom 09. Januar 2018 bei amnesty international externer Link, worin die iranischen Behörden mit der entsprechenden Aufforderung konfrontiert werden. Siehe dazu auch einen aktuellen Beitrag zur Einschätzung der Protestbewegung:

  • „Der Iranische Frühling kommt“ von Behrouz Khosrozadeh am 11. Januar 2018  bei telepolis externer Link, worin unter anderem unterstrichen wird: „Irans Revolte gegen das Regime begann am 28. Dezember 2017 in der Stadt Mashhad im Nordosten Irans. Mashhad ist die zweitgrößte Stadt des Iran nach Teheran (…) Die Stadt, aus der auch Ayatollah Khamenei stammt, hat mit über eine Million die meisten Slumbewohner des Iran, ein Drittel der knapp über drei Millionen Gesamteinwohner. Die sozialen Probleme in Mashhad sind so groß, dass es nicht verwunderlich ist, dass die Revolte dort begonnen hat. Ein auch unter manchen Analysten gängiges Szenario besagt, dass in der von Hardlinern dominierten Stadt von diesen eine Protestaktion wegen der wirtschaftlichen und materiellen Engpässe der ärmeren Bevölkerung organisiert wurde. (…) Anscheinend haben sie sich aber grandios verspekuliert. Die verarmte zornige Masse schloss sich ihnen zwar zunächst an, aber ihnen entglitt die Kontrolle über die Proteste. In Übereinstimmung mit der „Wellen-Theorie“ Samuel P. Huntingtons verbreiteten sich die Demonstrationen und griffen auf etwa neunzig Städte einschließlich der Hauptstadt Teheran über. Diese Version wird vor allem vom „Reformlager“ propagiert und Vizepräsident Eshagh Jahangiri war einer der ersten, der diese Proteste dem Hardliner-Lager zuschrieb. Die Demonstration begann bei der Ankunft des Vizepräsidenten Jahangiri in Mashhad. Sein Bruder Mehdi Jahangiri wurde im Oktober 2017 wegen Korruption verhaftet. Die Reformer sind selbst immens in Korruptionsaffären verwickelt“.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=126473
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