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Ein Vorbild nicht nur für den Irak: Selbstverwaltete Fabrik im Südirak produziert kostenlosen Sauerstoff für Corona-Infizierte – in einem katastrophalen Gesundheitssystem

Bagdad und der ganze Irak erleben neue Proteste - Polizei erschießt zwei MenschenDie Situation im Irak ist tödlich: Ein Gesundheitssystem in Ruinen, ein politisches System, das Hunger und Gefängnis produziert – und das im Wesentlichen überlebt, weil es Fraktionen gibt, die von den USA und dem Iran gefördert werden. Und dennoch gingen nicht nur die Proteste weiter, sondern auch, im Angesichts steigender Corona-Infektionen, die selbstorganisierte Solidarität: Sowohl bei der Verteilung von Nahrung, als auch bei der Unterstützung der Menschen, die in Gesundheitseinrichtungen arbeiten. Im Südirak gibt es jetzt eine besondere Initiative, der der Videobericht im Rahmen der Überblicks-Meldung „The people in Nasiriya are opening a new small oxygen factory…“ am 04. Juli 2020 bei Workers against Sectarianism externer Link (Facebook) gewidmet ist – eine selbstverwaltete kleine Fabrik für Sauerstoff – für die eine leer stehende Einrichtung wieder belebt wurde, der kostenlos an Krankenhäuser geliefert wird. Und ein Beispiel für den Weg, den der Irak gehen könnte, wenn die Kräfte der Reaktion überwunden sind. Siehe dazu auch einen weiteren Beitrag über das Gesundheitssystem im Irak:

  • „Von tödlichen Wasserhähnen und fiktiven Krankenhäusern“ von Ansar Jasim im Juni 2020 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link zum Gesundheitswesen im Irak unter anderem: „… Der Entbaathifizierungsprozess der USA im Irak tat sein Übriges: in diesem Prozess wurden 20-120.000 Menschen in die Arbeitslosigkeit entlassen. Ein Drittel der Beschäftigten des Gesundheitsministeriums kam nach dem Erlass der Entbaathifizierungsrichtlinie nicht mehr zur Arbeit. Die Zentralisierung des Gesundheitsbereichs betraf auch die Versorgungsseite: Medikamente und medizinisches Zubehör durften und dürfen ausschließlich über die 1964 gegründete KIMADIA (State Company for Marketing Drugs and Medical Appliances) gekauft werden. Staatliche Krankenhäuser und Ärzt*innen sind bis heute offiziell darauf angewiesen, dass bestimmte Medikamente von KIMADIA gekauft werden, tatsächlich aber enthält die Medikamentenliste nur vier der 59 für die Krebstherapie essentiellen Medikamente, und 2019 etwa hat die Regierung sogar lediglich 37 der 59 aufgelisteten Medikamente gekauft. Dies führt dazu, dass den Krankenhäusern wesentliche Medikamente fehlen und ein blühender informeller Medikamentenmarkt entstand: 40 Prozent der Medikamente auf dem irakischen Markt sind Schmuggelware. Irakische Firmen bedienen mit veralteter Technik lediglich acht Prozent der Nachfrage. Ärzt*innen kaufen oft selbst Medikamente für ihre Patient*innen, obwohl sie gesetzlich nur jene Medikamente nutzen dürften, die aus dem Krankenhaus selbst kommen. Alles andere ist illegal. Ein weiterer Schritt, der die Versorgung mit Medikamenten eingeschränkt hat, war der systematische Versuch der Coalition Provisional Authority (CPA), den irakischen Markt mit amerikanisch-produzierten Medikamenten zu überströmen: hierzu wurde die vom Gesundheitsministerium erlassene nationale Arzneimittelliste überarbeitet. Enthielt sie vorher vor allem Medikamente aus der regionalen Produktion, so verlangte die CPA vom US-Verteidigungsministerium (statt von der WHO) eine «Verbesserung» der Liste. Die Anzahl der Medikamente wurde massiv reduziert und auf Medikamente des US-amerikanischen und europäischen Markts zugeschnitten. Allerdings wurde dieser Schritt nach der Übergabe der CPA an die irakische Übergangsregierung vom Gesundheitsminister rückgängig gemacht. Vom nationalen Budget hat der Staat im Jahr 2019, einem Jahr der relativen wirtschaftlichen Stabilität für den Irak, lediglich 2,5 Prozent des 106,5-Milliarden-Budgets dem Gesundheitsbereich zugewiesen. Im Vergleich haben die Sicherheitskräfte 18 Prozent bekommen und das Ölministerium 13,5 Prozent. Im regionalen Vergleich liegt der Irak mit der Investition von lediglich 161 USD pro Kopf somit noch einmal weit hinter den Nachbarn Jordanien und Libanon. Aber ist das überhaupt relevant für die tatsächliche Gesundheitsversorgung?...“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175105
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