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Während die Repression im Irak immer blutiger wird, wird aus den Blockaden eine Bewegung – mit einem eigenen Manifest

Bagdad und der ganze Irak erleben neue Proteste - Polizei erschießt zwei MenschenErneut eröffneten irakische Repressionskräfte das Feuer auf unbewaffnete Demonstranten in Bagdad am Donnerstag 07. November 2019, wobei vier weitere Menschen sterben mussten und weit über 30 verletzt wurden. Alle Brücken, die zum Regierungsgebiet „Grüne Zone“ führen, sind inzwischen von großen Polizei- und Armee-Aufgeboten bewacht, offensichtlich aus Furcht davor, zur Rechenschaft gezogen zu werden für ein Blutbad, das seit dem 01. Oktober bereits über 260 Menschenleben forderte. Nicht ganz zu Unrecht jedenfalls: Bei allen Berichten über die weiter wachsende Anzahl von Straßen- und sonstigen Blockaden nimmt die Zahl derjenigen DemonstrantInnen zu, die mit Fotos getöteter Angehöriger auf die Straße gehen – so auch bei der nach wenigen Stunden wieder aufgenommen Blockade des größten Ölhafens im Irak, wie es in der Meldung „Iraq: 4 protesters killed in Baghdad; key south port closed again“ am 07. November 2019 bei Al Jazeera externer Link deutlich wird. Siehe dazu auch einen aktuellen Kommentar zum besonderen Charakter dieser Bewegung im Irak und das Manifest, unter dessen Forderungskatalog sich immer mehr AktivistInnen sammeln, die es auf Versammlungen unterschiedlichster Art diskutieren – sowie den Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zur Bewegung im Irak:

  • „Iraq protests: A new social movement is challenging sectarian power“ am 04. November 2019 beim Middle East Eye externer Link ist ein Kommentar von Harith Hasan, der insbesondere die Neuartigkeit der aktuellen Proteste im Vergleich zu jenen vergangener Jahre unterstreicht: Dass es vor allem ein Protest aus schiitischen Stadtvierteln (nicht nur) Bagdads ist, der ja genau jene Herrschaft herausfordert, die behauptet, ihre Interessen zu vertreten – weswegen es auch nahe liegt, dass auch im Irak der soziale Protest das System religiösen Proporzes, das die USA dem Land nach 2003 „bescherten“, sofort in Frage stellt.
  • „Protestierende im Irak geben Forderungenkatalog bekannt“ am 06. November 2019 bei der ANF externer Link berichtet über die Verbreitung des Manifests: „Der Tahrir-Platz in Bagdad befindet sich seit Wochen in den Händen von Protestierenden und wurde in einen selbstorganisierten Bereich umgewandelt. Er hält den Angriffen der Polizei stand. Nun wurde ein Katalog mit 20 Forderungen bekanntgegeben. Seit über einem Monat dauern die Proteste gegen Korruption und für Demokratie und sozialen Ausgleich im Irak an. Die Proteste, bei denen seit 1. Oktober bisher 270 Menschen getötet wurden, finden insbesondere in schiitischen Hochburgen im Zentral- und Südirak statt. Seit Anfang der Woche wurden mindestens 13 Menschen getötet und Dutzende verletzt, als die Sicherheitskräfte das Feuer in Bagdad, Kerbela und Nasriye eröffneten. Die Forderungen der Aktivist*innen lauten: 1. Die Regierung muss zurücktreten und Premierminister Adil Abd al-Mahdi muss wegen Massakern an Demonstrant*innen vor Gericht gestellt werden. 2. Das Parlament muss aufgelöst werden. 3. Eine neue Verfassung muss für den Irak vorbereitet werden. Die Kommission zur Ausarbeitung der neuen Verfassung sollte sich aus Experten auf ihrem Gebiet und unabhängigen Personen ohne Verbindungen zu den Parteien zusammensetzen. Die seit 2003 politisch Verantwortlichen sollten nicht in die Kommission zur Vorbereitung der neuen Verfassung einbezogen werden. 4. Alle religiösen Institutionen sollten aus der irakischen Politik entfernt werden. 5. Die irakischen Bodenschätze, die von den Regierungen ins Ausland verkauft wurden, müssen hier bleiben…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156989
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