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Nach dem Sieg der Wanderarbeiter in Indien suchen die regierenden Rechten Revanche: Heimfahrten verteuert und im größten Bundesstaat drei Jahre lang Arbeitsschutzgesetze „ausgesetzt“

Plakat indische TextilarbeiterInnen„… Sie stehen dicht an dicht gedrängt vor der Polizeistation in Mumbais Slumviertel Dharavi, um sich für die Rückfahrt nach Hause zu registrieren. Es sind vor allem junge Männer, die sich in die Schlange pressen. Im größten Slum der Stadt leben laut Stadtverwaltung 200.000 Wanderarbeiter, die keinen festen Wohnsitz haben, darunter der Rikschafahrer Hemraj. Ihre Kontaktdaten abzugeben ist nur ein Schritt für Tausende indische Binnenmigranten, die sich nach über 40 Tagen Lockdown nichts sehnlicher wünschen, als ihre Familien wieder zu sehen. Wer nach Hause fahren möchte, braucht aber das durch die Abstandsregelung erhöhte Fahrtgeld plus Gesundheitsnachweis. So kommt es auch vor den Arztpraxen in der Nähe des Slum zu großen Menschenansammlungen. Ende April forderte Indiens Regierung die Bundesstaaten auf, gestrandeten Wanderarbeitern ihre Heimreise zu organisieren. Doch haben viele Unternehmen kein Interesse, günstige Arbeitskräfte ziehen zu lassen…“ – aus dem Bericht „Langer Marsch der Gestrandeten“ von Natalie Mayroth am 09. Mai 2020 in der taz online externer Link über die Situation der Wanderarbeiter – die sich ja das Recht auf Heimkehr erst einmal erkämpfen mussten. Siehe dazu einen weiteren Beitrag mit Hintergründen und Zusammenhängen der Lage der Wanderarbeiter und des informellen Sektors – sowie einen Beitrag über die politische Reaktion der indischen Rechtsradikalen:

  • „Welt im Blick: Was die “Corona-Krise” für mobile Arbeitskräfte in Indien bedeutet“ am 09. Mai 2020 in der Berliner Gazette online externer Link ist ein Gespräch der Redaktion mit der Wissenschaftlerin Sujatha Byravan, in dem diese zur Situation der Wanderarbeiter und der informellen Wirtschaft unter anderem ausführt: „… Die informelle Wirtschaft macht einen großen Teil der indischen Wirtschaft aus. Hinzu kommen die Klein- und Kleinstunternehmen, von denen die meisten nur ein oder zwei Personen beschäftigen. Diese Aspekte der Wirtschaft sind stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Luftfahrtindustrie, das Transportwesen und andere Großindustrien sind nicht das, worüber sich die meisten Menschen Sorgen machen, sondern eher die kleinen Unternehmen, bei denen es kein Polster gibt. Es gibt in Indien auch viel punktuelle Armut, so dass viele an der Last zerbrechen werden, wenn die Wirtschaft pausiert oder zum Stillstand kommt. Wenn die Grundbedürfnisse gedeckt sind, dann ist es möglich, drinnen zu bleiben, aber selbst das ist für die meisten ein Luxus. Wenn man sich nach draußen wagt und sich frei unter die Menschen mischt, und wenn das Virus nicht eingedämmt wird, wird die Zahl der Infektionen zunehmen. Angesichts der bestehenden Atemwegsprobleme in Indien aufgrund von Tuberkulose und schwerer Luftverschmutzung sowie der steigenden Zahl chronischer Erkrankungen wie Diabetes und Herzkrankheiten könnten COVID-19-Infektionen schwere Probleme verursachen. Dennoch scheint sich die Zunahme der Infektionen in einigen Teilen Indiens derzeit langsamer zu werden. Kerala hat die Infektionen gut bewältigt, und vielleicht können andere von diesem Bundesstaat lernen. Insgesamt hat diese Pandemie gezeigt, dass für alle Länder, ob reich oder arm, eine gute und für alle leicht zugängliche Gesundheitsversorgung eine Grundvoraussetzung ist, die nicht ignoriert werden darf. Abgesehen davon sind Transparenz und Genauigkeit in Bezug auf Tests, Zahlen und Behandlungen notwendig, damit die Bürger*innen ihren Regierungen vertrauen können…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=172221
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