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Guatemalas Parlament hat kapituliert: Nach militanten Massenprotesten im ganzen Land wird der zuvor verabschiedete neoliberale Haushalt wieder zurück genommen

Einer der wesentlichen Gründe für die Explosion der Massenproteste in Guatemala im November 2020: Die vorherige Explosion der Armut...„… Nach zweitägigen Protesten in Guatemala hat das Parlament den umstrittenen Haushaltsplan für das kommende Jahr ausgesetzt. Diese Entscheidung sei getroffen worden, „um die Regierbarkeit des Landes und den gesellschaftlichen Frieden zu sichern“, sagte Parlamentspräsident Allan Rodríguez in Guatemala-Stadt. Die Parlamentarier haben demnach nun bis zum 30. November Zeit, einen neuen Haushalt zu verabschieden. Wenn das nicht gelingt, soll es bei dem alten bleiben. Am Wochenende waren zahlreiche Menschen gegen den für 2021 geplanten Staatshaushalt auf die Straße gegangen und hatten den Rücktritt von Staatschef Alejandro Giammattei gefordert. Am Samstag setzten Demonstranten sogar Teile des Parlamentsgebäudes in Brand. 50 Menschen wurden verletzt, fast 40 Demonstranten wurden im Zuge der Krawalle festgenommen. (…) Der Protest richtete sich gegen Giammattei und seinen umstrittenen Rekord-Haushalt in Höhe von umgerechnet 10,8 Milliarden Euro. Das ist rund ein Viertel mehr als im laufenden Jahr. Der Etatplan hätte dem zentralamerikanischen Land hohe Schulden aufgebürdet. Außerdem sollte das meiste Geld in von Privatunternehmen verwaltete Infrastruktur fließen und nicht in die Bekämpfung der in Guatemala weit verbreiteten Armut. 59,3 Prozent der 17 Millionen Einwohner leben in Armut, rund die Hälfte der Kinder unter fünf Jahren sind mangelernährt. Konkret sah der Etatentwurf Kürzungen im Gesundheits- und Bildungssektor sowie für die Staatsanwaltschaft für Menschenrechte vor. Zugleich sollten Ministerien gestärkt werden, die traditionell sehr korruptionsanfällig sind. Auch Unternehmerverbände, Vertreter von Kirchen und Zivilgesellschaft sprachen sich gegen den Haushalt aus…“ – aus der Meldung „Parlament von Guatemala zieht umstrittenen Haushaltsentwurf zurück“ am 23. November 2020 bei der Deutschen Welle externer Link, aus der auch deutlich wird, dass der rechte Präsident mit seinem Kurs weiterer Drohungen allmählich reichlich alleine da steht… Zum „Kommando zurück“ des guatemaltekischen Parlaments und seiner Bedeutung zwei weitere aktuelle Beiträge – und der Hinweis auf unsere ausführliche Zusammenstellung von Berichten am 23. November 2020:

  • „Guatemalas Höhle der Diebe“ von Martin Ling am 24. November 2020 in nd online externer Link zur Reaktion des Parlaments in Guatemala – dessen rechter Präsident einst als Vorkämpfer gegen Korruption gewählt worden war – und ihren Beitrag zur aktuellen sozialen Explosion: „… Die Einsicht klingt nach einem ersten Schritt zur Besserung: »Um die Regierbarkeit des Landes und den sozialen Frieden zu erhalten, haben wir vereinbart, die Bearbeitung des Budgets der Einnahmen und Ausgaben des Staates und der gesetzgebenden Körperschaft [für] 2021 auszusetzen«, verkündete Guatemalas Parlamentspräsident Allan Rodríguez. Offenbar haben Guatemalas Parlamentarier in Teilen erkannt, dass sie mit dem neuen Haushalt den Bogen überspannt haben. Darauf gekommen sind sie jedoch nicht selbst, sondern mussten von Zehntausenden auf den Straßen erst zum Nachdenken gebracht werden. Das Parlamentspräsidium entschloss sich dann – ohne das ganze Parlament einzubeziehen – zur Flucht nach vorne, um den Volkszorn zu besänftigen…“
  • „Verletzte und Festnahmen bei Protesten in Guatemala, Brand im Kongressgebäude“ von Thorben Austen und Teresa Sum am 23. November 2020 bei amerika21.de externer Link nochmals zur Breite und Entschlossenheit der Massenproteste in Guatemala unter anderem: „… Nach den Protesten in Guatemala vom vergangenen Samstag, während derer auch das Kongressgebäude in Brand gesteckt wurde, haben führende Parlamentarier in der Nacht zu Montag angekündigt, den Haushaltsplan vorerst nicht umzusetzen. Zehntausende Menschen hatten in verschiedenen Städten Guatemalas gegen den in der vergangenen Woche beschlossenen Haushaltplan für das Jahr 2021 protestiert. Der Plan sieht unter anderem Kürzungen im Bereich Bildung und Gesundheit sowie eine massive Neuverschuldung vor. Die Unzufriedenheit vieler Bürger, insbesondere vor dem Hintergrund einer extrem hohen Armutsquote, dem Vorwurf einer verfehlten Krisenpolitik während der Corona-Pandemie sowie nach den beiden Hurrikanen Eta und Iota in den letzten drei Wochen gipfelte schließlich in den Protesten. Die größte Demonstration fand auf dem Platz der Konstitution in der Hauptstadt vor dem Kongressgebäude statt. Während sich ab 15 Uhr über 10.000 Personen friedlich versammelt hatten, drang kurz nach Beginn der Demonstration „eine unbekannte Personengruppe“, wie der guatemaltekische Fernsehsender Guatevision berichtete, in den Eingangsbereich des Kongresses vor und setzte Teile des Eingangsbereichs in Brand. Dadurch wurden neben den Frontfenster vor allem Möbel beschädigt. Spezieleinheiten der Polizei setzten daraufhin Tränengas „gegen Tausende friedliche Demonstranten ein“, so Berichte der Zeitung Prensa libre…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=182034
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