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Ein neuer „Winter der Unzufriedenheit“ in Großbritannien 2021?

GB: NSSN forum to defend workers’ rights under CoronavirusDer „Winter der Unzufriedenheit“ um die Jahreswende 1978 auf 1979 ist bis heute eine Art Referenz der gesamten (vor allem gewerkschaftlichen) Linken in Großbritannien. Damals stürzte faktisch die (Labour) Regierung unter dem Druck einer selten da gewesenen Streikwelle, verbunden mit (oftmals bis heute) historisch großen Demonstrationen, Blockaden und Sit-Ins quer durchs Land. (Und machte so den Weg für den Regierungsantritt von Maggie Thatcher frei, die eben wegen ihrer Kampfansage an die protestierenden Massen nicht nur das Bürgertum und alle, die sich dafür hielten, mobilisierte, sondern sich damit auch ihren Spitznamen „Iron Lady“ verdiente). Nicht wenige eben aus der gewerkschaftlichen Linken waren, aufgrund der Entwicklungen vor allem bis Weihnachten 2020, davon ausgegangen, es bestehe die Möglichkeit, dass auch der jetzige Winter einer werden könnte, der das Adjektiv „unzufrieden“ in politische  Aktionen umsetzen könnte. Mehrere von Protestbewegungen erzwungene Rückzüge oder auch Kehrtwendungen der Johnson-Regierung (wie etwa die Wiederaufnahme der Schulspeisung und auch die weitere Schließung der Schulen) legten dies eben so nahe, wie die Streiks an dem Flughafen Heathrow, bei British Gas oder Rolls Royce und weitere im öffentlichen Dienst – und auch die deutlich sichtbare wachsende Unzufriedenheit sowohl der Menschen, die im nationalen Gesundheitsdienst NHS arbeiten, als auch jener, die dort (potenzielle) PatientInnen sind. Einen längeren Artikel zur Frage, was es nun mit diesem neuerlichen „Winter der Unzufriedenheit“ auf sich hat, wie – beispielsweise – im Konkreten die einzelnen Streiks verlaufen sind und organisiert wurden, haben die Angry Workers unter dem Titel „‘Only the pigs remain’ – A moderate winter of discontent on Covid Island – Winter 2020/21“ am 14. Februar 2021 auf ihrer Webseite externer Link veröffentlicht. Siehe dazu die (sehr) knappe deutsche Zusammenfassung des Artikels und einen Hinweis auf unsere Streikberichterstattung von einem der oben angeführten Streiks im Dezember 2020:

„Nur die Schweine bleiben – ein gemäßigter Winter der Unzufriedenheit auf der Covid-Insel“

Wobei sich der Titel darauf bezieht, dass ungefähr 1,3 Millionen – etwa zur Hälfte – landwirtschaftliche HelferInnen „die Insel“ in diesem Winter, dank Covid und Brexit, in Richtung ihrer osteuropäischen Heimat verlassen haben – die andere Hälfte arbeitete im Großraum London in der Regel in „essentiellen Berufen“.

Ansonsten sind für ausländische Leserinnen und Leser vor allem jene Passagen des Artikels von besonderer Bedeutung, in denen die diversen Streikbewegungen (über die wir auch berichtet hatten, siehe den Verweis am Ende der Zusammenfassung) sehr konkret analysiert werden.

Etwa, wenn beim Flughafen-Streik nicht nur die Frage behandelt wird, welche (negative) Rolle die Tatsache gespielt hat, dass eine Vielzahl von Gewerkschaften in diesen Bereichen organisiert und vertreten ist, sondern auch darauf verwiesen, dass Unite, die den Streik ausgerufen hatte dies eben nur für einen Bereich getan hat und andere, die ebenfalls ähnliche Angriffe der Unternehmen erleiden und ebenfalls bei Unite orgaisiert sind, eben nicht mobilisiert wurden. Und die kleine, aber nicht zu übersehende Tatsache, dass an jedem der vier Streiktage jeweils nur gerade einmal 80 Kolleginnen und Kollegen zum Streik aufgerufen waren, von einem wirklichen Streik also kaum die Rede sein konnte.
Oder aber auch, wenn diverse ausgesprochen fragwürdige Dimensionen des Rolls-Royce-Streiks angesprochen werden – wobei es sich ja immerhin um einen Streik in einem wichtigen Rüstungsbetrieb handelte. Wozu auch entsprechend „vaterländisch“ mobilisiert worden sei, wfür es wiederum auch konkrete Belege in dem Beitrag gibt.
Dabei werden, in diesen beiden wie auch in anderen Fällen, jeweils Streikende zitiert, mit denen gesprochen wurde, AktvistInnen zumeist, denen daran gelegen war, diese Streiks möglichst stark zu machen.

Schließlich wird darin auch noch das zunehmende „Hinein Regieren“ der neuen rechteren Führung der Labour-Partei in solche gewerkschaftliche Angelegenheiten ausgesprochen kritisch thematisiert und unterstrichen, die historisch sozusagen permanente Fixierung auch der gewerkschaftlichen Kinken auf diese Partei sei eine der Kardinal-Schwächen der ganzen Bewegung.

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186477
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