»
Großbritannien »
»
»
Großbritannien »
»

Die Textil-Hölle von Leicester. Oder: Migrant’s Lives don’t matter

 Report: Boohoo & COVID-19: The people behind the profit„… In der vergangenen Woche hatte die Aktionsgruppe „Labour Behind The Label“ externer Link einen Bericht zu den Zuständen in der Textilindustrie in Leicester vorgelegt. Die Autoren berichten, dass Beschäftigte „gezwungen worden seien, zur Arbeit zu kommen, obwohl sie an Covid-19 erkrankt waren.“ Jede Menge Hersteller hätten trotz der strengen Lockdown-Vorschriften illegal die Arbeit weiterlaufen lassen. Angestellten, die sich den Vorschriften entsprechend zu Hause isolieren wollten, wurde die Streichung sämtlicher Bezüge angedroht. Selbst nach einem positiven Corona-Test hätten sie weiterarbeiten müssen und wurden aufgefordert, über ihre Krankheit Stillschweigen zu bewahren. „Wir haben aufgedeckt, dass einige Fabriken durch den gesamten Lockdown mit einer Kapazität von 100 Prozent gearbeitet haben, ohne Schutzmaßnahmen oder Vorschriften zu sozialer Distanz“, sagte Meg Lewis von Labour Behind The Label. In einer Näherei mit mehr als 80 Angestellten hätte es einem Vorarbeiter zufolge rund 15 akute Fälle von Covid-19 gegeben, ohne dass jemand nach Hause geschickt worden wäre. (…) Neu sind die Vorwürfe gegen Textilbetriebe in der Stadt indes nicht. Schon vor drei Jahren berichtete der Fernsehsender Channel 4 ausführlich über die „Sweatshops“ in der Stadt und Arbeitsbedingungen, die denen aus dem frühen 19. Jahrhundert gleichen. Immer wieder hatten britische Medien berichtet: über die beengten Arbeitsbedingungen in alten Gebäuden, die den heutigen Sicherheitsstandards nicht entsprechen, über die Entlohnung deutlich unter dem Mindestlohn und über Anstellungsverhältnisse, die als moderne Sklaverei gelten. In der Corona-Krise gerät die Branche erneut in den Fokus. Erst vor fünf Jahren hat der Stadtrat die örtliche Textilindustrie zu einem wichtigen Wachstumstreiber erklärt und einen umfassenden „Sector Growth Plan“ entwickelt. Viel geändert hat das nicht. In Stadtteilen wie Spinney Hills östlich des Zentrums machen viele der Nähereien so weiter wie bisher. Sie können auf ein großes Kontingent an Beschäftigungswilligen zugreifen – viele aus Osteuropa, Indien, Pakistan oder Bangladesch…“ – aus dem Beitrag „Sklavenarbeit mit positivem Covid-19-Test – dieser Skandal schockt die Briten“ von Claudia Wanner am 07. Juli 2020 in der Welt online externer Link über Verhältnisse, die kein Skandal, sondern System sind – und seit langem bekannt, auch die darauf aufbauende erfolgreiche Profitjagd von Boohoo, wie es eine (abopflichtige) Reportage eines Undercover-Journalisten der Sunday Times erneut enthüllte. Siehe dazu auch die Studie von Labor behind the Label – und eine ähnliche Arbeit, die bereits vor zwei Jahren in der Financial Times erschien, worin auch das „Verhalten“ der örtlichen politischen Verantwortlichen Thema war:

  • „Boohoo & Covid 19“ im Juni 2020 bei Labor behind the Label externer Link ist die aktuelle Studie der Initiative über das Mode-Unternehmen, in der sowohl die unendliche Reihe der Verstöße gegen jegliche Sicherheitsbedingungen in den Lieferfirmen von Leicester Thema sind, als auch die Tatsache, dass die meisten dieser Unternehmen illegal sind, nirgends registriert – und Angestellten in der Regel verboten wird, darüber zu reden, wo sie arbeiten. Was bei Stundenlöhnen ab 3,50 Pfund Sterling schwierig wird durchzusetzen – bei einem offiziellen Mindestlohn von 8,72 Pfund Sterling/Stunde. Thema der Studie ist aber auch wer – außer Boohoo – von dieser illegalen Branche profitiert und zwar mächtig, in Form neuer Multi-Millionäre.
  • „Dark factories: labour exploitation in Britain’s garment industry“ von Sarah O’Connor am 17. Mai 2018 bei der Financial Times externer Link war die erste ausführliche Berichterstattung über die Arbeitsbedingungen der Migrantinnen und Migranten in der illegalen Textilindustrie von Leicester. Dabei handelt es sich um zahllose Kleinunternehmen mit bis zu 20 ArbeiterInnen. Allein in den Gebäuden einer stillgelegten Fabrik gab es 2018 rund 100 solche Unternehmen, insgesamt wird damit gerechnet, dass etwa mindestens 10.000 Menschen in Leicester unter solchen Bedingungen arbeiten müssen. Initiativen, die sich gebildet hatten, um dies per Beratung und sonstiger Unterstützung zu verändern – wurden die Fördergelder durch den Stadtrat gestrichen…
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175223
nach oben