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Was in weltweiten medialen Schlagzeilen nichts waren als Zahlen, sind in Gambia: Tote Menschen. Aus einem „sicheren Herkunftsland“ geflohen, wie Zehntausende zuvor…

In den Lagern für Flüchtlinge wird in den USA ganz demokratisch misshandelt: AlleWenn die EU Fluchtursachen bekämpfen will, geht es vor allem um mangelnde Polizeirepression, sprich: Die „Sicherheit“ im jeweiligen Land wird gefördert. Ist, was Gambia betrifft, nicht unbedingt nötig – denn nach dem Sturz des langjährigen Diktators Yammeh, aufgrund dessen nicht nur die EU Gambia im Weiteren als einen demokratischen Staat bewertete, ist beispielsweise der über Jahrzehnte hinweg aufgerüstete Polizeiapparat in dem kleinen Land unangetastet geblieben. Wie es auch nach wie vor die von Yammeh mobilisierte Bewegung von Fanatikern gibt, die ihn zustimmte, als er öffentlich kund tat, er werde „die größte Plage der Menschheit“ eigenhändig töten: Homosexuelle. Von Problemen, das Leben zu bestreiten, ganz zu schweigen – in einem Land, das (große Ausnahme in dieser Gegend der Welt) über keine wichtigen Rohstoffvorkommen verfügt und dessen Wirtschaft vor allem auf Erdnüssen und Tourismus aufgebaut ist (sowie vor allem auf die auch hier statistisch nicht erfassbarer Arbeit in der Landwirtschaft). Zum Leben der Menschen in Gambia, und den Gründen, weshalb sie es mit Migration nach Europa versuchen, vier aktuelle Beiträge – sowie zwei Hintergrundbeiträge zur Entwicklung des Landes:

„58 Tote nach Unglück von Migrantenboot“ am 05. Dezember 2019 in der Zeit online externer Link war eine der vielen Meldungen über den massenhaften Tod nach Schiffsuntergang. Darin hieß es unter anderem: „… Die Überlebenden hätten IOM-Vertretern gesagt, dass das Boot am 27. November in ihrer Heimat Gambia mit rund 150 Insassen abgelegt habe. Als sich das Boot der Küste von Mauretanien näherte, hatte es laut IOM wenig Kraftstoff. Die Suche nach möglichen weiteren Überlebenden oder Opfern werde fortgesetzt. Aus Gambia gab es zunächst keine offizielle Erklärung. Das Land in Westafrika ist mit rund zwei Millionen Einwohnern relativ klein, doch kamen nach IOM-Angaben zwischen 2014 und 2018 mehr als 35 000 Gambier nach Europa. Die 22-jährige Herrschaft des autokratisch regierenden Expräsidenten Yahya Jammeh hat die Wirtschaft des Landes massiv beeinträchtigt, was vor allem die Jugend zu spüren bekommen hat. Dies führt dazu, dass vermehrt es Migranten aus Gambia nach Europa oder andere Weltgegenden zieht…“. Wenn also binnen 4 Jahren beinahe jeder 50. Einwohner Gambias die Flucht wählt – und man darf es unbesehen glauben, wenn gesagt wird, dass diese Menschen die Gefahren, die da kommen, weitaus besser kennen, als Medienkonsumenten in Europa – dann könnte man durchaus auf die Idee kommen, es gäbe andere Gründe für diese Entwicklung, als rein individuelle Überlegungen…

„Gambian town mourns after Mauritania migrant boat deaths“ am 06. Dezember 2019 bei Al Jazeera externer Link berichtet von der Hafenstadt Barra in Gambia, aus der mehrere der Opfer geflüchtet waren. Und von der Familie Gomez beispielsweise, die den Tod der 29-jährigen Tilda Gomez, geschiedene Mutter von drei Kindern, und einer ihrer Töchter beklagt: Sie sah keine Chance, alle durchzubringen, lebte bei ihrer Mutter – und erzählte, sie würde zu einer Familienfeier reisen… Oder der 17-jährige Jatta Mbye, der wie manche seines Alters die Chance ergriff, den polizeilichen Verfolgungen zu entgehen – er, und zwei seiner Freunde, die allesamt nicht unter jenen war, die gerettet wurden…

„Gambie: les survivants du naufrage au large de la Mauritanie de retour chez eux“ am 10. Dezember 2019 bei RFI externer Link meldet die Rückkehr der Geretteten nach Gambia. So etwa die von Hassan Ndour, der „es versucht“ hatte, um Geld verdienen zu können, um medizinische Betreuung für seinen kranken Vater zu ermöglichen. Die Angst, die deswegen in der Familie herrschte, weist ja bereits darauf hin, dass die Gefahr bekannt ist.

„Tras sobrevivir al infierno, los repatriados ayudan a abordar el problema de la migración gambiana“ von Nosmot Gbadamosi am 17. September 2018 in Equal Times externer Link ist eine Reportage über den Weg von Mustapha Sallah, der aus Gambia in die BRD wollte. Und die libyschen Lager überleben musste, bevor er zurück kommen konnte. Was er darüber zu berichten hat, kann man sich vorstellen…

Youth Against Irregular Migrationexterner Link (Facebook) ist eine Initiative junger Gambier und Gambierinnen, die selbst geflüchtet waren, gescheitert sind (und überlebt haben), und nun über Aufklärungsarbeit und Versuche, Initiativen zu unterstützen, dazu beitragen wollen, dass nicht ständig gambische Jugendliche sterben müssen – ein Projekt, das naheliegenderweise von der BRD unterstützt wird.

„«Kein Geld für die gambische Regierung»“ am 26. Februar 2019 bei der Rosa Luxemburg Stiftung externer Link war ein Interview von Anna-Theresa Bachmann mit Moro Yapha, der seit 2014 in Berlin lebt. Darin kommentiert er auch solche Initiativen und hält zur Motivation der Finanzierung solcher Inis fest: „… Europa will diesen Menschen Angst einjagen. Aber sie sind sich der Gefahren der Reise bereits bewusst. Was ich mir wünsche ist eine Organisation, die die Menschen in Afrika vor den Gefahren eines Lebens in Europa warnt. Als Schwarze*r hast du es schwer hier etwas aus dir zu machen. Denn deine Identität ist für alle sichtbar. Es ist ganz egal wie lange du hier lebst. Du wirst nie als europäische*r Staatsbürger*in anerkannt werden. Europäische Politiker*innen sollten die Menschen nicht von der Migration abhalten, sondern Afrikaner*innen die Möglichkeit geben,  in ihren Heimatländern etwas aus sich zu machen. (…) Niemand weiß, ob die IOM für die Regierung arbeitet oder unabhängig ist. Es sollte stattdessen eine unabhängige, von Rückkehrer*innen und Abgeschobenen selbst geleitete Organisation geben, die das Geld auszahlt. Europäische Politiker*innen drängen Gambier*innen zur Rückkehr, ohne dabei an die psychische Belastung dieser Menschen zu denken. Die meisten von ihnen haben Schreckliches auf ihrer Reise erlebt. Sie haben in Libyen und auf dem Mittelmeer um ihr Leben gefürchtet und gesehen, wie Menschen direkt neben ihnen umgekommen sind. Was sollen sie alleingelassen in Gambia machen – wütend, verwirrt und traumatisiert?…“

„Contre la pollution industrielle en Gambie, les activistes locaux dénoncent la proximité du gouvernement avec les entreprises étrangères„ von James Courtright und Mustapha Jallow am 18 September 2019 in Equal Times externer Link ist ein Beitrag, der über den Widerstand der AnwohnerInnen gegen eine neue Fischmehlfabrik berichtet. Die die Wasserversorgung extrem gefährdet. In dem Beitrag werden auch noch weitere Auseinandersetzungen um neue Wirtschaftsprojekte berichtet, die entstanden sind, nachdem die neue Regierung ihr Hauptbestreben umsetzte, ausländische Investore ins Land zu holen (aus China und Norwegen beispielsweise).

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=159042
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