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Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidRund dreitausend Menschen demonstrierten am vorigen Samstag, den 18. Juli 20 in der rund vierzig Kilometer vom Pariser Stadtzentrum entfernt gelegenen Doppelstadt Persan-Beaumont, in Erinnerung an den im Alter von 24 Jahren im Gewahrsam der Gendarmerie verstorbenen Adama Traoré, einen jungen Franzosen westafrikanischer Herkunft. Alljährlich findet um diese Zeit (am dritten Samstag im Juli) ein Protest- und Gedenkzug statt, um „Gerechtigkeit für Adama“ – Justice pour Adama – und eine Aufklärung der genauen Umstände seines Todes sowie dessen justizielle Aufarbeitung zu fordern…“ Artikel mit Photos von Bernard Schmid vom 22.7.2020 – wir danken!

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidRund dreitausend Menschen demonstrierten am vorigen Samstag, den 18. Juli 20 in der rund vierzig Kilometer vom Pariser Stadtzentrum entfernt gelegenen Doppelstadt Persan-Beaumont, in Erinnerung an den im Alter von 24 Jahren im Gewahrsam der Gendarmerie verstorbenen Adama Traoré, einen jungen Franzosen westafrikanischer Herkunft. Alljährlich findet um diese Zeit (am dritten Samstag im Juli) ein Protest- und Gedenkzug statt, um „Gerechtigkeit für Adama“ – Justice pour Adama – und eine Aufklärung der genauen Umstände seines Todes sowie dessen justizielle Aufarbeitung zu fordern.

Er kam am 19. Juli 2016, an seinem Geburtstag, zu Tode. Bei einer Nachstellung der Festnahmeszene durch Expert/inn/en für die liberale Pariser Abendzeitung Le Monde kamen diese zum Ergebnis, Beamte mit einem Körpergewicht von zusammen 250 Kilogramm hätten mutmaßlich für eine Dauer von neun Minuten auf ihm gekniet und ihm dadurch die Luft zum Atmen abgedrückt. (Vgl. zur detaillierten Nachstellung folgenden Film auf der Internetseite von Le Monde: https://www.lemonde.fr/videos/video/2020/07/17/enquete-video-le-deroule-des-evenements-qui-ont-conduit-a-la-mort-d-adama-traore_6046510_1669088.html externer Link )

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidZwar hatte die Justiz mehrfach und oft mit verdächtiger Eile versucht, die Akte zu schließen, und behauptet, eine angebliche Vorerkrankung in Verbindung mit einem Lauf von 400 Metern, bei dem Traoré sich der befürchteten Festnahme zu entziehen versuchte, seien für seinen Tod verantwortlich. Die Beharrlichkeit der Familie – vor allem seiner Schwester Assa Traoré – und des Unterstützungskomitee sorgten dafür, dass die Akte jedoch immer wieder geöffnet werden musste; diese legten immer wieder Gegengutachten vor, die offizielle Expertisen in diesen Punkten des Unsinns überführten. Zuletzt kochte die Affäre in der breiten Öffentlichkeit hoch, als am 02. Juni, inmitten der sich ausbreitenden Erregung über den brutalen Tod von George Floyd in den USA und der international wachsenden Proteste deswegen, rund 20.000 Menschen am Abend vor dem Pariser Justizpalast demonstrierten. Damals noch unter einem allgemein geltenden Versammlungsverbot – unter Berufung auf den Coronavirus -, das inzwischen fiel. (Wir berichteten ausführlich) Seitdem hat die Justiz, im Juli dieses Jahres, neue Gutachten in Auftrag gegeben, u.a. bei belgischen Mediziner/inne/n. Auch soll näher untersucht werden, ob die an seinem Tod beteiligten Gendarmen und Adama Traoré sich kannten (wofür es konkrete Indizien gibt) und in welcher Weise sie sich zuvor begegnet waren. (Vgl. https://www.francetvinfo.fr/faits-divers/police/violences-policieres/affaire-adama-traore-les-juges-d-instruction-ordonnent-une-nouvelle-expertise-medicale-confiee-a-des-medecins-belges_4041633.html externer Link und https://www.lemonde.fr/police-justice/article/2020/07/17/affaire-adama-traore-de-nouvelles-investigations-visent-le-passe-du-jeune-homme-et-celui-des-gendarmes_6046463_1653578.html externer Link)

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidAm Tag seines Todes lag gegen Adama Traoré, der am Spätnachmittag auf einem Fahrrad durch das Städtchen fuhr, nichts vor. Im Anblick der Gendarmerie, die seinen Bruder in einer – Adama Traoré nicht betreffenden – Strafsache vernehmen wollte, versuchte er sich deren Gegenwart zu entziehen. Mutmaßlich, weil er in einem (später bei seinem Leichnam gefundenen) Säckchen eine zum Rauchen gesetzlich nicht zugelassenen pflanzliche Substanz bei sich trug.

Um die Mobilisierung am vergangenen Samstag (18.07.20) zu messen, sprach die örtliche zuständige Gendarmerie von „1.500“ Teilnehmer/inne/n, die Pariser Abendzeitung Le Monde von „2.700“ und die Veranstalter/innen von „5.000“.

Neu im Vergleich zu den Vorjahren war der Ort der Abschlusskundgebung. Diese fand bislang stets auf einem kleinen umzäunten Gelände in unmittelbarer Nähe zum Wohnhaus der Familie Traoré statt, in der kleinen Hochhaussiedlung (sehr moderaten Ausmaßes) Boyenval. Nicht in diesem Jahr: Zum Ersten hatte die Gemeinde darauf inzwischen ein Basketballfeld für die Einwohner/innen/schaft errichtet, und zum Zweiten wäre die Menge dort – im Jahr der Corona-Krise – auch wohl zu dicht gedrängt gestanden. Stattdessen wurde die Abschlusskundgebung, nach mehreren Kilometern Demo bei sommerlichen Temperaturen knapp unter 30° C, auf ein Fußballgelände in der Nähe der Oise (des durch die Doppelstadt durchgehenden Flusses) verlagert. Dies hatte allerdings den Nachteil, dass die Menge dort ein wenig auseinander kleckerte und die Redebeitrage von manchen Stellen aus relativ schlecht zu vernehmen waren. Neben dem bereits in den Vorjahren üblichen Merguez-Fressstand (Merguez ist eine, auch in Frankreich verbreitete, nordafrikanische Wurst) gab es in diesem Jahr auch einen bioorientierten der Umweltinitiative Alternatiba, die seit mehreren Jahren (v.a. seit 2015) zum Thema Klimapolitik mobilisiert und u.a. landesweite Fahrraddemonstrationen veranstaltete.

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidNeu war in diesem Jahr nämlich auch, dass Alternatiba (und andere Umweltgruppen, auch einzelne Fahnen von Extinction Rebellion wurden gesichtet) neben dem Comité Adama als Aufrufer zu dem Protesttag auftraten. Beide hatten sich auf das gemeinsame Protestmotto „Lasst uns atmen/schnaufen“ (Laissez-nous respirer) geeinigt, das sich sowohl auf den längst berühmten Ausruf unter anderem von George Floyd – „Ich kann nicht atmen“; ihn kennt man auch von französischen Polizeiopfern aus jüngerer Zeit (vgl.: https://www.mediapart.fr/journal/france/210720/deces-de-cedric-chouviat-des-mensonges-de-policiers-couverts-par-leur-hierarchie externer Link) – als auch die Luftqualität und das Klima bezieht. Allerdings muss man feststellen, dass vor Beginn der Auftaktkundgebung ein Block in grün gekleideter Umwalt-/Klima-Aktiver deutlich erkennbar war, dieser allerdings mit wachsendem Zustrom auf den Platz der Auftaktkundgebung ziemlich in der Menge unterging.

Ein Anfang in Sachen Bündnispolitik war sicherlich gemacht, wie auch manche „Gelbwesten“ in diesem Jahr erneut an der Adama Traoré-Demonstration teilnahmen (im Juli 2019 taten sie dies in größerer Zahl).

Vgl. auch an interessanten Artikeln dazu, insbesondere:

Vgl. zu den Anfängen der Adama Traoré-Affäre (2016): http://www.trend.infopartisan.net/trd0816/t480816.html externer Link

Vgl. zum Vorjahr 2019: https://www.labournet.de/internationales/frankreich/soziale_konflikte-frankreich/kein-sommerloch-frankreich-polizeigewalt-protest-und-gelbwesten-bleiben-aktuell/ externer Link

Demonstration zum vierten Jahrestag des Todes von Adama Traoré am 18. Juli 20 - Photo von Bernard SchmidCeterum censeo: Auch andere gesellschaftliche Akteure knüpfen übrigens neue Allianzen beim Thema der Klimapolitik und des dazugehörigen Aktivismus. Dies gilt etwa auch für die CGT, die seit dem vorigen Jahr 2019 in gemeinsame Überlegungen u.a. mit Greenpeace und ATTAC besonders zum Klima-Thema eingebunden ist.

Vgl. u.a. dazu (in chronologischer Reihenfolge ab März 2019):

Artikel mit Photos von Bernard Schmid vom 22.7.2020 – wir danken!

Siehe zuvor zu Adama Traoré u.a. und zuletzt: Frankreichs George Floyd heißt Adama Traoré: Massenproteste gegen Rassismus und Polizeiterror im ganzen Land. Artikel mit Photos von Bernard Schmid vom 3.6.2020

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=175884
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