»
Frankreich »
»
»
Frankreich »
»
»
Frankreich »
»

Der 16. Juni 2020 in Frankreich – war ein „Tag der Wahrheit“: Macron lässt seine uniformierten Prügelhorden auf die Heldinnen und Helden (von gestern) des Gesundheitssektors los

Eine französische Krankenschwester hat eine Begegnung mit Macrons Polizei am 16.6.2020 bei der Pariser Demonstration des Gesundheitswesens„… In ganz Frankreich demonstrierten an diesem Dienstag die Berufstätigen der Gesundheitssektors, oft in ihren weißen, hellgrünen oder blauen Arbeitskleidern. An der Pariser Kundgebung, wo sich schon zwei Stunden vor dem eigentlichen Demonstrationsbeginn Tausende lautstark vor dem Gesundheitsministerium hinter dem Invalidendom versammelten, war auf einem Transparent ein Slogan zu lesen, der konstrastreich die vorherrschende Stimmung verdeutlicht: „Weiße Kittel, schwarze Wut!“ Die Gesundheitsdienste waren sehr schlecht auf die Coronakrise vorbereitet. Das Personal fühlte sich nicht nur überlastet, sondern auch von den Behörden missachtet, erklärt Pierre Etien Leblanc, Arzt in der Intensivstation von Kremlin-Bicêtre im Süden von Paris. „Das öffentliche Gesundheitssystem ist krank, und das seit sehr Langem, seitdem die Finanzierung neu organisiert wurde. Die rechten und linken Regierungen hatten nur ein Ziel: die Kosten zu senken. Jetzt will die Staatsführung weitermachen wie vor der Covid-Krise, als wenn nichts gewesen wäre!“ Derzeit laufen im Gesundheitsministerium an der Avenue Ségur Gespräche mit Delegierten der öffentlichen Gesundheitsdienste. „Von diesem Ségur-Palaver erwarte ich mir rein gar nichts“, sagt Leblanc. Sein Medizinerkollege vom Pariser Krankenhaus Robert Debré, Professor André Baruchel, ist auch nicht optimistisch: „Erstens sind die nichtmedizinischen Berufskategorien zu wenig repräsentiert. Das Kollektiv Inter-Urgences, das seit 15 Monaten für bessere Arbeitsbedingungen in den Notfall-Aufnahmen gekämpft hat, ist gar nicht vertreten. Und zweitens hat man uns im Voraus gesagt, dass diese Ségur-Gespräche nicht Verhandlungen seien, sondern nur der Anhörung dienen.“...“ – aus dem Bericht „„Weiße Kittel, schwarze Wut““ von Rudolf Balmer am 16. Juni 2020 in der taz online externer Link, worin die wirkliche staatliche Reaktion auf den Protest der „HeldInnen“ von gestern noch nicht Gegenstand der Berichterstattung war. Zu den Protesten um das Gesundheitswesen in Frankreich und der staatlichen Reaktion darauf eine kleine Sammlung aktueller Beiträge:

Exemplarisch für das Vorgehen der Polizei (und ihrer outgesourcten Pressestellen auch in der BRD): „Cette femme, c’est ma mère. 50 ans, infirmière, elle a bossé pendant 3 mois entre 12 et 14 heures par jour. A eu le covid. Aujourd’hui, elle manifestait pour qu’on revalorise son salaire, qu’on reconnaisse son travail. Elle est asthmatique. Elle avait sa blouse. Elle fait 1m55“ – am 16. Juni 2020 im Twitter-Kanal von Imen Mellaz externer Link ist ein Video über einen Polizeiüberfall auf eine demonstrierende Krankenschwester (siehe das Foto oben – der Mutter der Autorin, Journalistin bei France24 – die darauf verweist, dass die  furchterregende Größe ihrer wenig randalierenden Mutter offensichtlich den tapferen Polizerobotern Angst machte). Dieser Tweet samt Thread steht hier als Beispiel für zwei zentrale Komplexe bei der gestrigen Protestaktion: Zum einen macht es eben überdeutlich, wie Macron und Konsorten auf den Protest reagieren – mit blanker Polizeigewalt. Zum zweiten aber auch als ein Beispiel für die (erneute) berufliche Selbst-Disqualifikation nicht Weniger, die sich Journalisten oder Journalistinnen nennen (und vermutlich gegen Fake News-Produzenten seeehr kritisch sind) in bundesdeutschen Medien – die, wieder einmal, die Diktion der französischen Prügelhorden („Randalierer haben sich untergemischt“) anstandslos übernehmen. Sollten alle diese Frau auf Knien um Verzeihung bitten müssen – und sich einen anderen Job suchen (einen wichtigeren).

Solidaires en actionexterner Link war der eigens für den 16. Juni 2020 eingerichtete Twitter-Sonderkanal des alternativen Gewerkschaftsbundes SUD Solidaires mit einer ganzen Reihe von Berichten, samt jeweils mehreren Videos und Fotos, aus verschiedenen Städten.

„Toulouse: 20 000 manifestants pour la santé publique malgré la répression !“ am 16. Juni 2020 bei Révolution Permanente externer Link berichtet von 20.000 Menschen beim Protest in Toulouse (wobei wir es uns ersparen, die übliche Zahlenwettspiele zu kommentieren – es waren, in jedem Fall: Viele) – wobei die Korrespondenten vor allem darauf hinweisen, wie im Vorfeld zahlreiche Register gezogen wurden, um etwaige Teilnehmerinnen und Teilnehmer per Einschüchterung abzuhalten…

„Bordeaux. „J’ai pas eu le COVID, mais ils m’ont transmis la rage“: 8000 personnes mobilisées“ ebenfalls am 16. Juni 2020 bei Révolution Permanente externer Link berichtet über 8.000 Menschen in Bordeaux, unter denen vor allem eben gewerkschaftliche Organisationen wie CNT, FO, CGT, FSU und SUD auffielen.

„Manifestation des soignants à Marseille Le 16 juin 2020“ von Citoyens en colère am 16. Juni 2020 bei You Tube externer Link eingestellt ist ein Video von der Demonstration in Marseille, das ohne Worte deutlich macht – dass es viele waren, die sich hier beteiligt haben und „die Radikalen“ keineswegs isoliert waren…

„Des slogans antifasciste retentissent en tête du cortège du rassemblement de soutien et de défense de l’hôpital public à Paris“ am 16. Juni 2020 im Twitter-Kanal von En Fautes externer Link ist ein kurzes Video von der Pariser Demonstration, bei der es immer wieder zu massiven antifaschistischen und antirassistischen Bekundungen gekommen sei.

„Le 16 juin – Après les applaudissements soutenons les soignant·es“ am 16. Juni 2020 beim Gewerkschaftsbund SUD Solidaires externer Link war das gemeinsame Flugblatt der SUD Gewerkschaften im öffentlichen Dienst zu den Demonstrationen am 16. Juni, in dem vor allem unterstrichen wird, dass nach dem „Beifall“ es jetzt darum gehe, den Kampf der PflegerInnen zu unterstützen.

„Le 16 juin, tous et toutes mobilisé·e·s pour la santé“ seit dem 12. Juni 2020 beim Gewerkschaftsbund CGT externer Link ist ein (fortlaufend ergänztes) Dossier zur Situation des Gesundheitswesens und sozialer Einrichtungen in Frankreich, sowie  zu den daraus entstehenden Protesten und Aktionen. Informativ vor allem für alle, die die Probleme dieses Gesundheitswesens genauer kennen lernen wollen.

„Le 16 juin partout en France“ seit dem 13. Juni 2020 beim Collectif Inter Urgences externer Link war zunächst ein Überblick über die geplanten Proteste an diesem Tag und dem jeweiligen Stand der Mobilisierung und hat nun auch erste Berichte über die Aktionen. Dieser gewerkschaftsübergreifende Zusammenschluss der Aktiven in Notfallkliniken hatte schon während des ganzen Jahres 2019 eine wichtige Rolle inne gehabt bei den faktisch ununterbrochenen Protesten und hat dies bei den jetzigen Demonstrationen erneut getan. (Kein Zufall, dass die Polizei-Regierung mit „denen“ nicht sprechen will…)

  • Siehe für die Berichte und Videos auch: #HopitalPublic und #16Juin2020
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=174132
nach oben