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Das hat nicht funktioniert: Der Pakt der chilenischen Reaktion für eine neue Verfassung nach ihrem Geschmack – bringt noch mehr Menschen dagegen auf die Straßen

Millionendemonstration Santiago de Chile am 25.10.2019„… Am frühen Freitagmorgen gegen zwei Uhr Ortszeit gaben Vertreter der Regierungsparteien und Teile der Opposition einen Kompromiss bekannt, der die Lage im Andenstaat beruhigen soll. Demnach ist für April des kommenden Jahres ein Referendum vorgesehen, in der über die weiteren Schritte zu einer neuen Verfassung abgestimmt wird. Die Chilenen sollen dann im ersten Schritt entscheiden, ob sie eine neue Verfassung wünschen und danach über die Zusammensetzung einer verfassungsgebenden Versammlung. Letzteres war der zentrale Streitpunkt zwischen der Regierung und den beteiligten Oppositionsparteien. Während die Regierung einen „gemischten Konvent“ bevorzugt, der sich zu gleichen Teilen aus Parlamentariern und gewählten Teilen der Bevölkerung zusammensetzt, fordern die Menschen bei den seit dem 20.Oktober anhaltenden Demonstrationen eine verfassungsgebende Versammlung ein, die zu 100 Prozent aus Vertretern der Bevölkerung besteht. Beide Varianten stehen nun zur Abstimmung. (…) Neben dem Zustandekommen steht insbesondere auch das hohe Quorum in der Kritik: 2/3 der Wähler müssen dem Ergebnis der verfassungsgebenden Versammlung zustimmen, ansonsten bleibt die aktuelle Version weiterhin gültig. Dies komme einer Vetomacht der rechten Kräfte gleich, so Teillier. Kritik kommt auch von den sozialen Initiativen und Gewerkschaften, die die großen Proteste der vergangenen Wochen maßgeblich organisiert hatten. So erklärte Arturo Martínez, Generalsekretär des Gewerkschaftsbundes CUT (Central Unitaria de Trabajadores), gegenüber dem Radiosender BioBio, dass der Kompromiss hinter dem Rücken der chilenischen Bevölkerung ausgehandelt wurde und nicht weitreichend genug sei. Dieser Meinung sind offenbar auch die vielen Demonstranten, die ihre Proteste am Freitag und Samstag landesweit fortsetzten…“ – aus dem Beitrag „Regierung und Teile der Opposition in Chile einigen sich über Verfassungsreform“ von Marius Weichler am 17. November 2019 bei amerika21.de externer Link über den Versuch der Regierung, zusammen mit „genehmen“ Oppositionsparteien einen Ausweg zur Rettung der rechten Vorherrschaft zu finden…  Siehe dazu auch zwei aktuelle Protestberichte, drei Stellungnahmen gegen das Regierungs-Manöver und einen Bericht über die Selbstorganisation vor Ort – sowie den Hinweis auf unseren letzten Beitrag zu Chile, der die Ergebnisse des eintägigen Generalstreiks zum Thema hatte:

 „Na Plaza Dignidad contundente resposta à farsa“ am 16. November 2019 im Twitter-Kanal Ubqiue externer Link ist ein kurzer Videobericht über die Demonstration in Santiago am Tag nach dem „schmutzigen Deal“ – und alleine die Menge der teilnehmenden Menschen macht schon deutlich, dass der Versuch der Reaktion eher gescheitert ist…

„Los jóvenes Skater´s se organizaron y llegaron en masa hasta la Plaza de la Dignidad“ am 17. November 2019 im Twitter-Kanal von Piensa Prensa externer Link ist ein Video über eine neu mobilisierte Gruppe von DemonstrantInnen: Die Skatergruppen von Santiago haben sich aufgemacht, an der Demonstration in der Innenstadt teilzunehmen.

„DECLARACIÓN PÚBLICA“ am 16. November 2019 im Twitter-Kanal der Unidad Social externer Link ist die Erklärung des Zusammenschlusses der Mehrheitsgewerkschaften und verbündeten sozialen Organisationen, in der das Abkommen der Regierung mit ausgewählten Oppositionsparteien rundweg abgelehnt wird und ein erneuter Aufruf zu einem Generalstreik angekündigt…

„Posición de la Alianza Territorial Mapuche frente a los acuerdos cupulares de las elites chilenas para una nueva constitución“ am 16. November 2019 bei Clajadep-LaHaine externer Link dokumentiert, ist die Erklärung des Mapuche-Bündnisses zum Regierungsabkommen, das darin ebenfalls auf völlige Ablehnung stößt und worin auch zur weiteren Mobilisierung aufgerufen wird.

„UN NUEVO FRAUDE HISTORICO COMO EL DE 1989?“ von Felipe Portales am 16. November 2019 bei Werken Rojo externer Link steht hier als Beispiel für die Reaktion zahlreicher linker Gruppierungen, in denen das Abkommen ebenso scharf abgelehnt wird, wie auch, wie eben auch hier, Parallelen gezogen werden zum „historischen Betrug“ am Ende der Pinochet-Diktatur, mit dem ein „Übergang“ organisiert wurde, der die Machtverteilung für die Rechte weiterhin sicherte…

„Valparaíso, Chile: Chronik eines aufständischen Oktobers“ von Guillermo Correa Camiroaga am 16. November 2019 bei amerika21.de externer Link (in der Übersetzung von Susanne Schartz-Laux) berichtet aus einem der Zentren von Widerstand und Protest über selbstorganisierte Tätigkeit unter anderem: „… Der Kampf geht unvermindert weiter, denn in den verschiedenen Sektoren und Stadtteilen, sowohl in der Ebene als auch in den Hügeln von Valparaiso, haben sich die Initiativen, die sich an die populare Basisorganisation richten, vervielfacht und ein Netzwerk der Zuneigung und Solidarität geknüpft, das mit dem Individualismus, der Apathie und Erstarrung, die durch das herrschende neoliberale System verursacht wurden, gebrochen hat. Die Cabildos oder Volksversammlungen sind wie Feuerwerke in zahlreichen Ecken von Valparaíso explodiert und beleuchten die konkreten Ansätze und Bedürfnisse der Bewohner der Stadt. Am Morgen waren wir zu Beginn eines dieser Treffen anwesend, das ab 10 Uhr in der Mädchenschule Nr. 2, Matilde Brandau de Ross, stattfand. Hunderte von Bewohnerinnen und Bewohnern von Valparaiso aus verschiedenen Sektoren und Stadtvierteln nahmen teil, um Ideen und Erfahrungen auszutauschen, die sich in der Hitze der Kämpfe dieses rebellischen Oktobers entwickelt hatten. Lehrer eines Gymnasiums in Cerro Barón erklärten, wie sie ihre Arbeit in Bezug auf die Gemeinschaft seit einigen Jahren entwickeln und dass sie in dieser Zeit des Volkskampfes, die wir gerade durchleben, eine bemerkenswerte Wende erfahren hat: Denn sie haben sich organisiert, um die Situationen zu lösen, die sich aus Ereignissen auf den Straßen bei den Mobilisierungen ergeben haben. Und in einem Lernprozesses untersuchten sie die historische Bedeutung der Cabildos sowie den Ausarbeitungsprozess der verschiedenen chilenischen Verfassungen durch die Eliten an der Macht…“

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=157428
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