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Bildung okkupieren: Brasilien erlebt eine Welle des Protests von Schülern und Studenten. Landesweit Besetzungen von Schulen und Universitäten

Schulbesetzungen jetzt auch am Amazonas - Belem 20.10.2016„Eine Wurzel der Misere: Brasilien gibt pro Kopf nur einen Bruchteil dessen für Bildung aus, was die entwickelten Industrienationen aufwenden, zu denen das Land bereits aufzuschließen glaubte. Unter den Regierungen von Lula da Silva und und Dilma Rousseff wurde in den Bereich seit 2003 einiges investiert. (…) Durch die Reformpläne der neuen Rechtsregierung von Präsident Michel Temer, die reaktionären Konzepten folgen und mit denen der Einsatz der Lehrer »flexibilisiert« werden soll, wurden die Auseinandersetzungen um die Bildungspolitik noch einmal kräftig angefacht. Die neue Bildungspolitik soll ohne gesellschaftliche Debatte von oben durchgedrückt werden. Schulbesetzungen, unter anderem in São Paulo und Rio de Janeiro, fanden in den vergangenen Wochen und Monaten immer mehr Nachahmer. Von Bahia bis Mato Grosso: Mittlerweile wurden 800 bis 1.200 öffentliche Schulen und 171 höhere Bildungseinrichungen im ganzen Land in Besitz genommen. Die Aktionen werden basisdemokratisch beschlossen und durchgeführt. Die von mehreren Schüler- und Studentenorganisationen getragene Bewegung tritt für eine kostenlose öffentliche Bildung von hoher Qualität für alle ein und erfährt auch die Unterstützung der Gewerkschaften. Die Besetzer führen den Unterricht autonom durch und artikulieren auf Vollversammlungen und Demonstrationen mit Tausenden Teilnehmern ihre politischen Forderungen…“ Artikel von Peter Steiniger bei der jungen Welt vom 10. November 2016 externer Link. Siehe dazu:

  • Anhaltender Protest von Schülern und Studenten in Brasilien: Widerstand gegen Reformen „von oben“ und Kürzungen. Über 1.000 Schulen besetzt. Verletzte bei Räumungen durch Polizei. De-facto-Regierung verweigert Dialog
    „… Für den heutigen Freitag haben Schüler, Studenten und Gewerkschaften erneut einen landesweiten Aktionstag gegen den Sozial- und Bildungsabbau angekündigt. Über 1.000 staatliche Schulen und 171 höhere Bildungseinrichtungen im ganzen Land sind besetzt. Die Schüler- und Studentenbewegung setzt sich für eine „kostenlose öffentliche Bildung von hoher Qualität für alle“ ein und wird dabei auch von Gewerkschaften unterstützt. Die Besetzer führen den Unterricht selbständig weiter und bringen auf Versammlungen und Demonstrationen mit Tausenden Teilnehmern ihre Forderungen zum Ausdruck. (…) Die Regierung verweigert sich der Diskussion mit den Protestierenden. Bei Räumungen von Schulen durch die Militärpolizei unter Einsatz von Tränengas und Gummigeschossen wurden mehrere Jugendliche verletzt und festgenommen. Bildungsminister Mendonça Filho möchte die Nationale Studentenunion, die Union der Oberschüler und die Union der Sozialistischen Jugend (UJS) wegen „Anstiftung zu den Besetzungen“ auf über vier Millionen Euro Schadenersatz verklagen, weil Prüfungen neu angesetzt werden müssten. Die Proteste bezeichnete er als das Werk einer „kleinen manipulativen Gruppe“…“ Artikel von Peter Steiniger vom 11.11.2016 bei amerika21 externer Link

  • Brasilien: Schüler an die Macht
    Jugendliche haben das Colégio Pedro II. in Rio de Janeiro einfach selbst übernommen. In ganz Brasilien sorgen sich junge Menschen, dass ihre Bildung rabiaten Sparmaßnahmen der Regierung zum Opfer fällt. (…) Wenn man die Auswirkungen der Wirtschaftskrise Brasiliens besichtigen will, dann muss man nur in die öffentlichen Krankenhäuser, Polizeidienststellen oder Schulen gehen. Sie alle funktionieren nur noch im Notbetrieb. Im Bundesstaat Rio de Janeiro, der ganz offiziell den Finanznotstand erklärt hat, ist die Lage besonders dramatisch. Polizeiautos bleiben stehen, weil sie kein Benzin mehr haben, Aufzüge stecken fest, weil sie nicht mehr gewartet werden, fast alle Putzkräfte wurde wegrationalisiert, viele Schulen haben neben Lehrerstellen auch das subventionierte Mittagessen gestrichen. Schulbesetzer wie Luana und Luisa befürchten den endgültigen Kollaps des Bildungssystems, falls sich Temer mit seinem Sparplan durchsetzt. Der Senat muss der Verfassungsänderung Mitte Dezember noch zustimmen. So lange wollen die Schüler im Colégio II. auf jeden Fall durchhalten…“ Artikel von Boris Herrmann, Rio de Janeiro, vom 11.11.2016 bei der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Movimento de ocupação universitária é o maior da história brasileira
    Bericht von Laís Gouveia vom 7.11.2016 bei vermelho externer Link: Die Besetzungsbewegung ist die größte Studierendenbewegung in der Geschichte Brasiliens – das geplante Gesetz, dass alle Löhne und Ausgaben im Bildungssektor für 20 Jahre (!!) einfrieren soll, ist die erste Nagelprobe für die neue Regierung. Durch die erste Parlamentskammer ist es schon durch, der Senat soll nun Anfang Dezember endgültig darüber entscheiden.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=106913
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