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Brumadinho: NGO-Anzeige gegen TÜV Süd wegen tödlichem Dammbruch in Brasilien ergänzt Aktionskampagne und Untersuchungskommission

Dossier

Dammbruch-Katastrophe in Brumadinho, Brasilien, im Januar 2019 (Foto: PSOL)Mehr als 270 Menschen wurden getötet, das Trinkwasser Tausender wurde verseucht und die Umwelt zerstört, als am 25. Januar 2019 der Damm B1 bei Brumadinho in Brasilien brach. Nur vier Monate zuvor hatte TÜV SÜD die Sicherheit des Damms bestätigt. Am 15. Oktober 2019 haben deswegen fünf Betroffene aus Brasilien gemeinsam mit dem European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) und MISEREOR Anzeige gegen das deutsche Zertifizierungsunternehmen und einen seiner Mitarbeiter eingereicht. Die Vorwürfe: fahrlässige Tötung, Privatbestechung, fahrlässiges Herbeiführen einer Überschwemmung sowie Verletzung der Aufsichtspflichten. „Der Dammbruch war kein Unfall – er war ein Verbrechen. TÜV SÜD wusste, dass der Damm ein Sicherheitsrisiko barg, trotzdem wurde die Stabilitätserklärung ausgestellt…“ – aus der Pressemitteilung „Tödlicher Dammbruch bei Brumadinho: Betroffene erstatten Anzeige gegen TÜV SÜD“ vom 17. Oktober 2019 externer Link. Siehe dazu weitere Beiträge auch aus Brasilien über Aktivitäten, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu bringen:

  • 5 Jahre nach Dammbruch: Gegen die Straflosigkeit in Brumadinho New
    Anlässlich des fünften Jahrestages des Dammbruchs im brasilianischen Brumadinho prangern das European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR), das katholische Werk für Entwicklungszusammenarbeit Misereor und die Initiative Lieferkettengesetz die Verschleppung von Gerichtsverfahren und die bisher ausgebliebene Bestrafung von Verantwortlichen für dieses Unglück an. Sie fordern die Bundesregierung dazu auf, sich für die notwendige juristische Aufarbeitung des Geschehens ebenso einzusetzen wie für eine vollständige Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts. Am 25. Januar 2019 brach der Damm eines Rückhaltebeckens für Minenschlämme in der brasilianischen Gemeinde Brumadinho. 272 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben, drei Menschen werden bis heute vermisst. Der Damm gehörte zu einer Mine des brasilianischen Bergbaukonzerns Vale. Das Unternehmen TÜV Süd hatte über seine brasilianische Tochterfirma wenige Monate zuvor die Stabilität des Damms zertifiziert. Die juristische Aufarbeitung der Geschehnisse verzögert sich auch nach fünf Jahren immer weiter. (…) Bereits 2019 haben Misereor und ECCHR eine Anzeige gegen den TÜV Süd eingereicht. Allerdings lässt die Münchner Staatsanwaltschaft nach fast fünf Jahren immer noch offen, ob sie in der Sache Anklage erheben will.
    Die Bevölkerung im Umfeld von Brumadinho spürt neben den zu beklagenden Todesfällen und dem immensen Schaden für Natur und Umwelt weitere gravierende Folgen des Dammbruchs: So ergab eine von der Oswaldo-Cruz-Stiftung in Minas Gerais und der Bundesuniversität von Rio de Janeiro durchgeführte Studie mit 3297 Teilnehmenden, dass bei jeweils mehr als einem Drittel der Befragten erhöhte Werte von Gesamtarsen im Urin und von Mangan im Blut festgestellt wurden. Beide Stoffe können massive schädliche Auswirkungen auf Körperfunktionen haben. Lebensgefahr durch weitere Dämme…“ ECCHR-Pressemitteilung vom 23.01.2024 externer Link mit dem Hinweis: 

    • Am 22. Januar wurde in Brasilien eine Beobachtungsstelle eingerichtet, mit dem die Strafverfahren in Brasilien und Deutschland im Fokus gehalten und alle relevanten Details dazu in die Öffentlichkeit gebracht werden sollen. Es ist unter diesem Link externer Link erreichbar.
  • Zweite Klage gegen TÜV-Süd: 183 Überlebende und Hinterbliebene fordern Entschädigung von über 12 Millionen Euro
    • „Gestern fand in München eine weitere Zivilverhandlung gegen den TÜV Süd zum Dammbruch in Brumadinho [Brasilien] statt. Betroffene berichteten von bis heute andauernden Folgen und fordern Schadenersatz. Ein wichtiger Schritt, doch: Die Verantwortung muss auch strafrechtlich geklärt werden! Fünf Brasilianerinnen, die beim Dammbruch Angehörige verloren, reichten mit ECCHR & Misereor 2019 Strafanzeige & Ordnungswidrigkeitenanzeige externer Link ein. Ermittlungen dauern an. Wir fordern: Die Verantwortlichen müssen ermittelt & zur Rechenschaft gezogen werden! Land &Wasser in Brumadinho sind weiter verseucht, Gesundheit &Lebensgrundlagen gefährdet. Trotzdem ist der Zugang zu Recht für Betroffene schwierig. Darum brauchen wir ein starkes EU-#Lieferkettengesetz, das Betroffenen direkte Klagemöglichkeiten einräumt.“ Twitter Thread von ECCHR vom 20. September 2022 externer Link
    • „… Der TÜV Süd steht wegen des verheerenden Dammbruchs im brasilianischen Brumadinho mit mindestens 260 Toten nun zweimal in Deutschland vor Gericht. Das Landgericht München I verhandelte am Montag erstmals eine Klage von 183 Überlebenden und Hinterbliebenen, die insgesamt mehr als zwölf Millionen Euro von dem Prüfkonzern fordern, wie eine Gerichtssprecherin erklärte. Eine Tochtergesellschaft hatte ein halbes Jahr vor der Katastrophe das Rückhaltebecken einer Eisenerzmine des brasilianischen Bergbaukonzerns Vale geprüft und für sicher befunden. Am Montag berichteten zwei Hinterbliebene emotional von den Ereignissen am 25. Januar 2019. Eine Schlammlawine ergoss sich damals über eine Landschaft im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais. Sie wälzte sich über Teile der Mine und benachbarte Siedlungen und riss Menschen und Tiere, Häuser und Gerätschaften mit. Mindestens 260 Menschen starben. Bereits im Vorfeld der Verhandlung hatte die Vereinigung der Familien der Opfer (Avabrum) aus Brumadinho Vorwürfe erhoben. „Das Unternehmen Vale und der TÜV Süd waren vor den Risiken gewarnt worden, aber sie stellten den Profit über alles“, sagte die Avabrum-Vorsitzende Alexandra Andrade einer Mitteilung zufolge. Der TÜV Süd betonte dagegen auf Anfrage, keine rechtliche Verantwortung für den Dammbruch zu haben. Der Damm sei zum Zeitpunkt der Stabilitätserklärungen stabil gewesen. Die Ausstellung der Erklärungen sei rechtmäßig und in Einklang mit den brasilianischen Regelungen erfolgt. In der ersten und mit mehr als 1000 Klägern deutlich größeren Klage gegen den TÜV Süd laufen derzeit schriftliche Verfahrensschritte. Insgesamt sind der Gerichtssprecherin zufolge rund 35 Klagen eingegangen. In vielen Fällen laufen noch Verfahren zur Prozesskostenhilfe. Ob es auch in den anderen Fällen zur Verhandlung kommen wird, ist noch unklar. Im aktuellen Verfahren setzte das Gericht einen Termin zur Verkündung einer Entscheidung für den 30. Januar an. Das muss nicht zwingend ein Urteil sein. Davor haben beide Seiten noch drei Monate Zeit, um sich zu einzelnen Punkten weiter zu äußern.“ dpa-Meldung vom 20. September 2022 auf Süddeutsche Online externer Link („Zweite Klage gegen TÜV Süd wegen Dammbruchs verhandelt“).
  • [Brasilien] Bergbaukatastrophe: „Nie wieder Brumadinho!“ In den Dammbruch in der Bergbaugemeinde Brumadinho sind auch deutsche Firmen und der TÜV Süd verstrickt
    „Am 25. Januar 2019 um 12.28 Uhr brach in der Kleinstadt Brumadinho nahe Belo Horizonte im Südosten Brasiliens der Damm des Rückhaltebeckens einer Eisenerzmine, die dem Unternehmen Vale gehört. (…) In München präsentieren kürzlich drei brasilianische Künstlerinnen, die als Artist in Residence im Ebenböckhaus zu Gast waren, eine Ausstellung zum Thema mit dem Titel „Over (the) Mine“. Die Gastkünstlerinnen Isadora Canela, Lis Haddad und Thaís Paiva Machado forschen und arbeiten zur Ausbeutung der Minen und ihrer Arbeiter:innen im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais, in dem auch Brumadinho liegt. Mit ihren Werken wollen die Künstlerinnen aus dem globalen Süden „die Karten der Zerstörung neu ordnen und neue Perspektiven eröffnen“. Es geht ihnen um einen umfassenden Blick auf die dunklen Seiten des Bergbaus, sowohl auf die Folgen für die Gesellschaft und Demokratie in Brasilien als auch auf die internationalen Verstrickungen, denn unter anderen verdienen deutsche Firmen und Banken bis heute kräftig mit. (…) Die Katastrophe von Brumadinho ist nicht die erste ihrer Art. Leider gehört sie zu einer Serie von Unglücken, die der Bergbau in Brasilien verursachte. Am bekanntesten ist der Dammbruch von Bento Rodrigues am 5. November 2015, bei dem 19 Menschen starben. Das Auslaufen des Rückhaltebeckens einer Erzmine in der Stadt Mariana im Bundesstaat Minas Gerais verursachte darüber hinaus eine gigantische Umweltkatastrophe. (…) Die Mine in Mariana wurde von der Firma Samarco betrieben, die jeweils zur Hälfte dem Rohstoffunternehmen BHP, mit Sitz in Australien, und Vale, Brasiliens größter Minenbetreiber, einem der drei größten Bergbauunternehmen weltweit, gehörte. Derselbe Konzern, der auch die Mine in Brumadinho betrieb. Vale hatte schon lange vorher einen schlechten Ruf, was den guten Geschäften, unter anderen mit deutschen Stahlproduzenten, lange keinen Abbruch tat. Bereits 2012 bekam Vale den Schmähpreis Public Eye für kontinuierliche „Menschenrechtsverstösse, unmenschliche Arbeitsbedingungen und rücksichtslose Naturausbeutung“ verliehen, und speziell für seine Beteiligung am Bau des Belo-Monte-Staudamms im Amazonas, für den trotz heftiger Proteste Zehntausende Menschen zwangsumgesiedelt wurden. An diesem umstrittenen Staudamm-Bauprokjekt haben auch deutsche Firmen kräftig verdient, darunter die Allianz, Munich Re und Daimler-Benz. (…) Brasilien ist nach Angaben der Deutsch-Brasilianischen Industrie- und Handelskammer der wichtigste Lieferant von Erzen, Metallen und Industriemineralien für die deutsche Industrie. Die Hälfte des hierzulande verarbeiteten Eisens stammt aus brasilianischen Minen. Das Metall steckt nicht zuletzt in den vielen Autos „made in Germany“. (…) Der Bergbaukonzern Vale wurde unterdessen von brasilianischen Gerichten zu einer Entschädigung von umgerechnet rund 5,8 Milliarden Euro verurteilt. (…) Zum Vergleich: Die Ölpest nach dem Brand auf der Plattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko 2010 (…) soll den Betreiber BP mehr als 65 Milliarden Dollar an Strafzahlungen und Schadensersatz gekostet haben. (…) In München wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren und ein Zivilprozess für Entschädigungen geführt. Auch in Brasilien sind Gerichtsprozesse anhängig, die Staatsanwaltschaft wirft dem TÜV Süd vor, wider besseres Wissen vor allem seine wirtschaftlichen Interessen verfolgt zu haben. Zum Bergbaukonzern Vale habe ein „kriminelles Verhältnis“ bestanden, bestimmt von „Druck, Absprachen, Belohnungen und Interessenkonflikten“. Die Anklageschrift umfasst 460 Seiten. (…) Nun stehen juristische Stellungsnahmen des TÜV Süd an, die in zwei Schritten Mitte Juli und im September vorgelegt werden sollen. Die Kläger hoffen auf ein Urteil noch in diesem Jahr…“ Beitrag von Andrea Naica-Loebell vom 13. Juli 2022 bei Telepolis externer Link
  • Neustart vor Gericht: Der Prozess gegen TÜV Süd wegen eines Staudammbruchs in Brasilien wird ausgeweitet. Denn nun klagen mehr als tausend Menschen gegen den Prüfkonzern
    „Eigentlich sollte am Dienstag nächster Woche das Urteil gesprochen werden. Nun aber sei dieser Termin kurzfristig abgesagt worden, erklärt eine Sprecherin des Landgerichts München. Der spektakuläre Prozess, der den deutschen Prüfkonzern TÜV Süd wegen eines Staudammbruchs im fernen Brasilien vor das heimische Landgericht München geführt hat, müsse de facto neu gestartet werden. Grund sei eine massive Ausweitung der Klage sowohl hinsichtlich der Zahl von Klägerinnen und Klägern als auch finanziell mit Blick auf die Schadensersatzforderung. Aus ursprünglich sechs Musterkläger:innen seien 1112 Menschen geworden und aus der symbolischen Klagesumme von einer halben Million satte 444 Millionen Euro, sagt Klägeranwalt Jan Erik Spangenberg. „Wir haben die Klage auf alle von uns vertretenen Angehörigen und Überlebenden ausgedehnt, um möglichst schnell für alle Opfer eine Entschädigung zu erhalten und etwaige Verjährung zu hemmen“, erklärt der Jurist. In der Klagesumme noch nicht enthalten seien allerdings Infrastruktur- und Umweltschäden der in Brasilien betroffenen Gemeinde Brumadinho. Insgesamt drohen dem TÜV Süd damit Regressforderungen, die eine Milliardenhöhe erreichen können, schätzen Fachleute. (…) Zudem sehen sie den TÜV Süd grundsätzlich in Mithaftung, weil im Prüfkonzern intern Zweifel über die Stabilität des Staudamms bekannt gewesen seien. Dessen Sicherheit sei aber dennoch bestätigt worden, um lukrative Prüfaufträge mit dem Vale-Konzern nicht zu gefährden. Zum Beleg für diese Anschuldigungen zitieren die Kläger:innen vor dem Landgericht München aus brasilianischen Gerichtsakten und internen TÜV-E-Mails…“ Artikel von Thomas Magenheim-Hörmann vom 24. Januar 2022 in der Frankfurter Rundschau online externer Link
  • Gewerkschaft attackiert TÜV Süd: Die IG Bergbau, Chemie, Energie unterstützt eine weitere Klage wegen der Katastrophe in Brasilien
    „… Ärger hat der TÜV Süd schon genug nach der Staudamm-Katastrophe vor drei Jahren in Brasilien mit 270 Toten; beim Landgericht München I ist eine große Klage gegen den Prüfkonzern angängig. Jetzt hat der TÜV Süd auch noch die Gewerkschaft IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) gegen sich. Die IG BCE unterstützt eine weitere Klage gegen den Prüfkonzern, der damit gewissermaßen in die Zange genommen wird. Es geht um viel menschliches Leid in Brasilien und um viel Geld für den TÜV Süd, der den geborstenen Damm wenige Monate vorher noch als sicher zertifiziert hatte und den Betroffenen mehr als 400 Millionen Euro zahlen soll. Und um Grundsatzfragen, die weit über diesen Fall hinausreichen: Können die Gewerkschaften internationale Standards zum Schutze von Beschäftigten durchsetzen? Und müssen deutsche Konzerne dann auch für ihre ausländischen Filialen haften? (…) Michael Vassiliadis, der Vorsitzende der IG BCE, hat kein Verständnis für die Haltung des TÜV Süd. Die brasilianische Filiale des deutschen Prüfkonzerns habe „wider besseres Wissen“ eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für den nahe der Stadt Brumadinho gelegenen Staudamm ausgestellt. Deshalb sei es moralisch und juristisch geboten, dass auch die in München ansässige Zentrale des TÜV Süd dafür zur Verantwortung gezogen werde. Zumal die Konzernzentrale Bescheid gewusst und das falsche Zertifikat abgesegnet habe, sagt Vassiliadis. Der TÜV Süd bestreitet das. (…) Die IG Bergbau arbeitet eng mit der brasilianischen Schwestergewerkschaft CNQ-CUT zusammen und unterstützt die Klage mit mehreren Hunderttausend Euro, die als Kostenvorschuss bei Gericht fällig sind. Vassiliadis pocht auf die „Verantwortung deutscher multinationaler Konzerne“. Seit verheerenden Unglücken in asiatischen Textilfabriken mit Dutzenden, Hunderten oder gar mehr als tausend Toten und Verletzten versuchen soziale Hilfswerke und Gewerkschaften, über die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) weitreichende Auflagen zum Schutze der Beschäftigten durchzusetzen. Damit Konzerne in Deutschland und anderswo, die ihre Ware in Billiglohnländern herstellen lassen, in die Pflicht genommen werden…“ Artikel von Klaus Ott vom 24. Januar 2022 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link, siehe dazu (erstaunt/erfreut):

    • IGBCE unterstützt Klage gegen den TÜV Süd: Gerechtigkeit für Opfer des Brumadinho-Unglücks
      Dem Dammbruch im brasilianischen Brumadinho folgte die Katastrophe: Hunderte tote Bergleute, eine Mondlandschaft und unzählige Hinterbliebene, die bis heute Entschädigung fordern. Auch in Deutschland. Denn es war eine Tochter des TÜV Süd, die den Damm noch kurz zuvor als sicher zertifiziert hatte. Für die IGBCE endet die Verantwortung deutscher Konzerne nicht an den Landesgrenzen. Deshalb ermöglicht sie den Betroffenen, den Prüfkonzern zu verklagen – am Firmensitz in München…“ Pressemitteilung vom 25.01.2022 externer Link mit umfangreichen Hintergründen
  • [Brasilien] TÜV Süd vor Gericht: Prozess wegen Dammbruchs startet 
    „… „Es ist Zeit für Gerechtigkeit“, sagt Avimar Barcelos. „Unser Ort hat den Tod von 270 Menschen zu beklagen und wird für immer mit diesem Trauma zu kämpfen haben.“ Barcelos ist Bürgermeister der brasilianischen Gemeinde Brumadinho. Das Zerbrechen des großen Staudamms einer Eisenerzmine hatte dort am 25. Januar 2019 zu einer Katastrophe geführt. Mitschuldig daran ist die in München angesiedelte Prüfgesellschaft TÜV Süd, finden Barcelos und seine Angehörigen. Denn dessen brasilianischer Ableger hatte vier Monate zuvor dem Damm einen sicheren Zustand bescheinigt. An diesem Dienstag beginnt der Schadenersatzprozess vor dem Landgericht München. Das Musterverfahren haben die Gemeinde sowie sechs Angehörige der Ingenieurin Izabela Barroso angestrengt, die bei dem Dammbruch getötet worden war. Betreiber der Mine ist der brasilianische Megabergwerkskonzern Vale. Gegen ihn sind in Brasilien wegen des Unglücks verschiedene Prozesse angestrengt. Brumadinho liegt im Südosten Brasiliens im Bundesstaat Minas Gerais. In der Gegend werden in großem Maß Erz und andere Rohstoffe gefördert. (…) Die Kläger streben Entschädigungsverhandlungen mit dem TÜV Süd an. Dieser teilt mit, dass der Dammbruch eine „schreckliche Katastrophe“ gewesen sei. Allerdings trage der TÜV Süd „keine rechtliche Verantwortung“ dafür. Es fehle die „Grundlage für eine Haftung“. Außerdem würden die Kläger – also die Angehörigen – bereits in Brasilien „umfassend“ vom Vale-Konzern entschädigt. Dem widerspricht der Anwalt Jan Erik Spangenberg auf Anfrage. Zwar habe Vale mit dem Bundesstaat Minas Gerais eine milliardenschwere Vereinbarung abgeschlossen. Kein Kläger und kein Angehöriger erhalte aber eine Entschädigung. Vielmehr werde das Geld für Infrastrukturprojekte verwendet, „deren größter Profiteur Vale selbst oder andere Bergbauunternehmen sein werden“. So werde damit etwa eine 100 Kilometer lange Ringautobahn gebaut, die vor allem den Unternehmen diene. In Brasilien stehe dieses Projekt massiv in der Kritik, denn dadurch komme es zu 4.000 Enteignungen, 20.000 Menschen seien betroffen. „Unter dem Deckmantel der Kompensation für eine der größten Umweltkatastrophen“, so Spangenberg, verursache Vale weitere Umweltschäden.“ Artikel von Patrick Guyton vom 28. September 2021 in der taz online externer Link
  • 30. Januar 2021: Brumadinho: Zwei Jahre nach dem Verbrechen – es bleibt bei Straflosigkeit auch nach dem größten der endlosen Reihe von Dammbrüchen in Brasilien
  • 22. Januar 2020: Ein Jahr nach dem größten Dammbruch in Brasilien eine Anklage-Erhebung und wochenlanger Protestmarsch der Betroffenen
  • „Anzeige gegen TÜV-Süd-Manager wegen Dammbruchs“ am 17. Oktober 2019 bei der Zeit online externer Link meldet dazu: „… Nach dem Dammbruch geriet auch der TÜV Süd in die Kritik. Das international tätige Zertifizierungsunternehmen hatte den Damm im Auftrag von Vale geprüft und trotz mehrerer Wartungsempfehlungen für sicher erklärt. Der deutsche TÜV-Süd-Manager, gegen den nun Anzeige erstattet wurde, soll dabei eine zentrale Rolle gespielt haben“.
  • „Anzeige gegen TÜV-Manager“ am 17. Oktober 2019 bei der taz online externer Link ist eine dpa-Meldung, die unter anderem ergänzt: „… Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel forderte zudem neue gesetzliche Regeln. „Das Vorgehen von TÜV Süd zeigt, dass wir dringend eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen brauchen, weil viele nicht freiwillig ihrer Verantwortung nachkommen.“ Misereor setzt sich deshalb gemeinsam mit einem breiten zivilgesellschaftlichen Bündnis für ein Lieferkettengesetz in Deutschland ein, durch das Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden haftbar gemacht werden könnten…“
  • „Schlammlawine vor Konzernzentrale: Aktivisten protestieren gegen TÜV Süd wegen Dammbruch in Brasilien“ vom BUND am 17. Oktober 2019 bei scharf links externer Link dokumentiert berichtet unter anderem: „Schlammbeschmierte Menschen mit der Aufschrift „TÜV-Süd-zertifiziert“ vor der Unternehmenszentrale in München: Mit einer symbolischen Aktion haben MISEREOR und der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen das Verhalten des TÜV Süd im Zusammenhang mit dem tödlichen Dammbruch einer Eisenerzmine bei Brumadinho in Brasilien protestiert. Die Organisationen sind Teil der „Initiative Lieferkettengesetz“, die von der Bundesregierung einen gesetzlichen Rahmen fordert, um deutsche Unternehmen künftig zur Achtung von Menschenrechten und Umweltstandards zu verpflichten und Schadensersatzklagen gegen mitverantwortliche deutsche Unternehmen zu erleichtern. „Der TÜV Süd bescheinigt die Stabilität eines Damms, der wenig später bricht und hunderte Menschen in den Tod reißt. Der Fall ist schockierend – und er reiht sich ein in eine traurige Liste. Immer wieder tragen deutsche Unternehmen weltweit zu Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung bei. Das muss aufhören! Deswegen brauchen wir endlich ein Lieferkettengesetz“, sagt Johannes Heeg, Sprecher der Initiative Lieferkettengesetz.  Bei dem Dammbruch waren am 25. Januar 2019 mindestens 272 Menschen getötet worden, 21 davon werden bis heute vermisst. Vier Monate zuvor hatte die brasilianische Tochterfirma des TÜV Süd eine Stabilitätserklärung für den Damm ausgestellt, obwohl den Verantwortlichen in Brasilien wie auch in München gravierende Sicherheitsmängel bekannt waren. Hinterbliebene von sechs Opfern haben deshalb am 15. Oktober 2019 gemeinsam mit ECCHR und MISEREOR eine Strafanzeige gegen einen deutschen Mitarbeiter des TÜV Süd und eine Ordnungswidrigkeitenanzeige gegen das Unternehmen selbst gestellt…“
  • „MAB lança jornada de lutas para não esquecer os crimes ambientais da Vale em MG“ am 15. Oktober 2019 bei der CUT externer Link ist eine Meldung beim Gewerkschaftsbund über den Beginn einer erneuten Aktionskampagne der Bewegung der von Staudämmen Betroffenen (MAB) im Bundesstaat Minas Gerais, um die Verbrechen des Bergbauunternehmens Vale nicht aus der öffentlichen Debatte „verschwinden“ zu lassen. Der Bundesstaat – der seinen Namen vom Bergbau hat – ist der am meisten von den kriminellen Praktiken des privatisierten Unternehmens und seiner politischen Vertreter betroffene…
  • „CPI das barragens da Câmara Municipal de BH pede que Vale seja indiciada“ von Larissa Costa am 20. August 2019 bei Brasil de Fato externer Link berichtet über die Ergebnisse der Untersuchungskommission des Stadtparlaments der Landeshauptstadt Belo Horizonte (Nachbargemeinde von Brumadinho), die abschließend forderte, das Bergbauunternehmen müsse wegen ihres Vorgehens vor Gericht.

Siehe dazu unter vielem anderem zuerst im LabourNet Germany:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=156013
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