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Brasilianische Post: Sozialabbau und Meilenstein zur Privatisierung verhindert – ein erfolgreicher Streik, den die Mitgliedschaft wollte, ohne auf Arbeitsgerichte zu achten…

Streikende Postbeschäftigte demonstrieren in Sao Paulo am 3.10.17Runde zweieinhalb Wochen dauerte der Streik der Postbeschäftigten in Brasilien: Das staatliche Unternehmen sollte, so die Regierung und die ihr nahe stehende Unternehmensleitung, wesentliche Schritte unternehmen, um für künftige Privatinvestoren interessanter zu werden. Heißt nichts anderes, als dass Lohnkosten – und dies vor allem in Form der sogenannten Lohn-Nebenkosten – gesenkt werden sollten. Die Gewerkschaften bei der Post, die drei verschiedenen Verbänden angehören – und in denen es fast überall eine organisierte Gewerkschaftsopposition gibt – waren in ihren Reaktionen, neutral ausgedrückt: Uneinheitlich, und dies auch durchaus innerhalb der jeweiligen Verbände. Besonders uneinheitlich die 31 Gewerkschaften, die der Postföderation innerhalb des Gewerkschaftsbundes CUT angehören – und ganz überwiegend „zögerlich“ die Gewerkschaften, die der Postföderation im CTB (der KP Brasiliens nahe stehend) angehören, die die Mehrheit der Gewerkschaften in den beiden wichtigsten Bundesstaaten Rio und Sao Paulo darstellen. Überhaupt so gut wie gar nicht uneinheitlich und auch nicht zögerlich waren die Postbeschäftigten selbst, die nach früheren Verlusten schlicht die Schnauze definitiv voll hatten und in hunderten von Betriebsversammlungen mit enormen Mehrheiten für die Einreihung in eine Streikfront stimmten, die an ein paar wenigen Orten begonnen hatte. Das Ergebnis: Der Kahlschlagplan wurde zurückgezogen – auf  Anweisung desselben Bundesarbeitsgerichtes, das zu Beginn der Auseinandersetzung den Streik für illegal erklärt hatte, da die Streikenden die diktierten 80% Notdienst rundweg missachteten. Siehe dazu vier aktuelle Beiträge, vor allem aus der Gewerkschaftsopposition:

  • „Força da greve nos Correios derrota política de ataques da ECT e do governo Temer“ am 10. Oktober 2017 beim Gewerkschaftsbund CSP Conlutas externer Link ist ein Beitrag, in dem der Erfolg der Bewegung gewürdigt wird und auf die konkrete – und nicht allgemein behauptete – Entschlossenheit der Belegschaften zurück geführt, sich den Angriffen zu widersetzen. Sowohl der Nichtbezahlung der Streiktage als auch den Anweisungen der Arbeitsgerichte gegen den Streik hatte sie sich geschlossen und entschieden widersetzt. Es wird darin auch der Sprecher der organisierten Opposition in der Postföderation Findect  im CTB zitiert, der darauf verweist, dass die CTB Gewerkschaften anfänglich den Streikbeginn anderer Gewerkschaften lediglich beobachteten und erst auf veritablen Druck der eigenen Basis sich aufraffen mussten, ebenfalls zum Streik aufzurufen, was sie dann auch konsequent getan hätten.
  • „Trabalhadores dos Correios terminam greve com sentimento de vitória“ von Jacó Almeida am 09. Oktober 2017 bei Esquerda Online externer Link ist ein Beitrag des Vorstandsmitglieds der Fentect (Postföderation in der CUT) über den Erfolg der Streikbewegung. Er verweist darauf, dass das Vorgehen von Unternehmensleitung und Regierung, wie auch zunehmend mehr in der Privatwirtschaft, darauf gründete, die Gegenreform der Arbeitsgesetzgebung – die im November im Kraft treten soll – bereits jetzt anzuwenden, was den besonderen Ärger der Belegschaft hervor gerufen habe. Das jetzt die bisherigen Bestimmungen des Tarifvertrages beibehalten werden und eine spürbare Lohnerhöhung errungen worden sei, sei eben Ergebnis der Präsenz der einzig entschlossenen Kraft in dieser Auseinandersetzung – der Belegschaft.
  • „Nota da INTERSINDICAL em apoio à greve dos trabalhadores dos Correios“ am 03. Oktober 2017 externer Link ist die Solidaritätserklärung (und Solidaritätsaufruf) für den Streik der Postbeschäftigten am Tag der Verkündung der Illegalität des Streiks durch das Bundesarbeitsgericht. Der linke Gewerkschaftsbund Intersindical, bei der Post selbst kaum vertreten, hatte aber seine Mitgliedschaft im öffentlichen Dienst zu Solidaritätsaktionen aufgerufen – was hier als Beispiel dafür stehen soll, dass auch viele andere Gruppierungen, Strömungen und Organisationen der Gewerkschaftslinken diesen Streik nach Kräften unterstützt haben.
  • „Manter e Fortalecer a Greve!!!“ am 04. Oktober 2017 bei A Voz da Base externer Link (Facebook) ist der Aufruf mehrerer Strömungen der Gewerkschaftsopposition in den Postföderationen sowohl der CUT, als auch der CTB nach dem ersten „Angebot“ der Unternehmensseite für die Fortsetzung des Streiks zu stimmen, was am folgenden Tag auch landesweit geschah. Ein Hinweis darauf, dass diese Streikbewegung auch ein Erfolg für die organisierte Gewerkschaftsopposition in den beiden großen Verbänden gewesen ist – die nunmehr versucht, dies auch für den Kampf gegen die gesamte Arbeitsgesetz-Gegenreform zu mobilisieren.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=122742
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