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[1. Mai 2020] Brasiliens Gewerkschaften am 1. Mai: Inmitten der Epidemie – mit wem zusammen gegen Bolsonaro? Dessen Nazibanden organisieren derweil Angriffe – auf protestierende KrankenpflegerInnen

[28. Oktober 2018] Bolsonazi siegesgewiss: „Erst wählen die Brasilianer. Mich. Dann kann Haddad wählen – zwischen Exil und Gefängnis“„… Die Zahl der Corona-Toten in Brasilien steigt seit dieser Woche rasant. Über 87.000 bestätigte Fälle und über 6.000 Todesopfer waren der Stand am 1. Mai 2020. Von Journalisten auf die hohen Todeszahlen angesprochen, reagiert der ultrarechte Präsident Jair Bolsonaro (parteilos) mit einem trockenen „Na und? Was soll ich machen?“. Die Bevölkerung ist entsetzt über seine Kaltschnäuzigkeit. Kritiker werfen ihm vor, einen Genozid an der armen Bevölkerung in Kauf zu nehmen. Brasilien wird beschrieben als „ein Land, das weint“. Vom 26. Februar an, als der erste Covid-19-Fall im Land bestätigt wurde, hat der Präsident die Krankheit als „kleine Grippe“ verharmlost. Wirtschaftliche Einschränkungen lehnte er mit der Begründung ab, Brasilien dürfe „nicht stillstehen“. Trotz regionaler Quarantäne ermuntert er die Bevölkerung, weiter zur Arbeit zu gehen, und wünscht sich eine Rückkehr zur Normalität. Mitte der Woche beschuldigte Bolsonaro Gouverneure und Bürgermeister, die Impulsgeber für Schutz- und Quarantänemaßnahmen waren, verantwortlich für die Zunahme der Coronavirus-Opfer zu sein…“ – aus dem Beitrag „Corona-Pandemie hat in Brasilien bereits über 6.000 Tote gefordert“ von Eva von Steinburg am 03. Mai 2020 bei amerika21.de externer Link zum aktuellen Stand der Entwicklung der Epidemie. Siehe dazu auch einen Beitrag über die gewerkschaftlichen Aktionen am 1. Mai, eine Kritik an deren Zusammenschluss mit fragwürdigen Figuren, eine Meldung über einen rechten Überfall auf protestierende Krankenhaus-Beschäftigte – und einen Beitrag zur aktuellen Sitaution in den Armenvierteln Brasiliens:

  • „“Fora, Bolsonaro” dominou o 1º de Maio Solidário, pela democracia e pelos direitos“ am 01. Mai 2020 beim Gewerkschaftsbund CUT externer Link ist ein ausführlicher Bericht über die große gemeinsame Video-Maikundgebung mehrerer Gewerkschaftsverbände – deren gemeinsame Losung „Weg mit Bolsonaro“ war. An der Online-Kundgebung beteiligt waren sowohl Sprecher der organisierenden Verbände, wie auch zahlreiche Künstlerinnen und Künstler verschiedener Berufe – und zahlreiche Politiker, sowohl frühere PT-Mandatsinhaber und Kandidaten, als auch der KP und der PSOL. Aber eben auch seltsame Figuren, was einige Auseinandersetzungen hervor rief – etwa der „Gottvater“ des brasilianischen Neoliberalismus, der frühere Präsident (1994-2002) Fernando Henrique Cardoso, sowie aktuelle Gouverneure bzw. Amtsträger, die eher der politischen Rechten zuzuordnen sind.
  • „A ruptura da unidade pelas centrais majoritárias“ am 01. Mai 2020 bei der Ölarbeitergewerkschaft Sindipetro Rio de Janeiro externer Link ist eine der ausformulierten Kritiken an dieser Art der gemeinsamen Front mit der neoliberalen Bourgeoisie. Sindipetro RJ ist Bestandteil der oppositionellen Ölarbeiterföderation FNP und dem linken Verband CSP Conlutas angeschlossen, der zusammen mit dem Netzwerk Intersindical (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Gewerkschaftsbund) sich von der Aktion distanzierte und eine eigene Maiaktivität organisierte. Die Kritik am Vorgehen der anderen Gewerkschaftsföderationen richtete sich dabei vor allem darauf, dass mit dem Vorgehen frühere gemeinsame Beschlüsse missachtet worden seien.
  • „Der unsichtbare Feind“ von Thaís Cavalcante am 03. Mai 2020 in neues deutschland online externer Link berichtet zur Situation in den Favelas und zur organisierten Selbsthilfe unter anderem: „… Als Corona Rio de Janeiro erreichte, warnten Favela-Aktivisten früh vor den möglichen dramatischen Auswirkungen. Doch bis heute hat die Regierung des ultrarechten Präsidenten Jair Bolsonaro, hat das Gesundheitsministerium keinen spezifischen Plan für die Favelas vorgestellt. Die zahlreichen armen Viertel der Stadt am Zuckerhut sind mal wieder auf sich allein gestellt. (…) Ein Register mit den bedürftigsten Familien wurde angelegt. Freiwillige gehen nun von Tür zu Tür und verteilen Lebensmittel und Reinigungsprodukte. Unterstützung erhält die Gruppe von lokalen Kollektiven und Stadtteilsprechern. Die landesweit größte Organisation zur Bekämpfung des Hungers steuert Lebensmittel bei. In Extremsituationen wusste sich die Favela schon immer selbst zu helfen. Rund 14 Millionen Menschen leben in Brasilien in Favelas – Tendenz steigend. Allein in Rio de Janeiro sind es rund zwei Millionen Bewohner. Die Gemeinden sind besonders anfällig für das Virus. Der Anteil der Tuberkulose- oder Asthmakranken ist fünfmal höher ist als in den wohlhabenderen Vierteln, und wegen schlechter Ernährung gibt es viele Diabetiker. Geld für Schutzmasken und Desinfektionsmittel hat kaum jemand. Soziale Distanz ist in den dicht besiedelten Vierteln schlicht unmöglich. In vielen Favelas gibt es noch nicht einmal fließendes Wasser, um sich die Hände zu waschen und die einfachsten Hygieneregeln einzuhalten. Aus mehreren Favelas Rio de Janeiros wurden mittlerweile Infizierte gemeldet. Und es gibt die ersten Toten, auch in Maré. Doch im Vergleich zu Europa halten sich die Zahlen bisher noch in Grenzen. Das liegt vor allem an der hohen Dunkelziffer: Laut einer Studie zwei brasilianischer Universitäten sind die tatsächlichen Fallzahlen in Brasilien 15 mal so hoch wie die offiziellen Statistiken es angeben. Der Grund: Das südamerikanische Land testet so wenig wie kaum ein anderer Staat der Welt…“
  • Siehe zum Hintergrund unser Dossier: 1. Mai 2020 – Tag der Arbeit abgesagt? Heraus zum 1. Mai? Heraus zum 1. Mai!
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=171599
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