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Die Wahlhelfer der Junta in Bolivien werden aktiv: In Uniform, bewaffnet…

Anti-Putsch-Plakat in Bolivien im November 2019„… Seit dem 22. Januar 2010 wird in Bolivien jedes Jahr der „Tag des plurinationalen Staates“ mit landesweiten Märschen, Kundgebungen und Feierlichkeiten begangen. Auch in diesem Jahr mobilisieren die Bewegung zum Sozialismus (MAS), zahlreiche Basisorganisationen der Indigenen, Frauen und Jugendlichen sowie Gewerkschaften der Arbeiter und der Koka-und Kleinbauern. Sie verbinden dies mit ihrem Protest gegen die Putschisten an der Macht. Der 22. Januar ist außerdem der Jahrestag des Amtsantritts von Evo Morales, der die Präsidentschaft erstmals 2006 übernahm. Im November des vergangenen Jahres war er zum Rücktritt gezwungen worden und hält sich derzeit in Argentinien im Exil auf. Bereits seit Donnerstag sind Soldaten im Departamento Cochabamba, einer der MAS-Hochburgen präsent. Aus Protest dagegen wurde der Sitz einer Spezialeinheit der Polizei in Chimoré attackiert und teilweise zerstört. Laut Berichten lokaler Medien wurden an zahlreichen Orten des Landes Mannschaftstransporter, Militärfahrzeuge, Panzer und Hubschrauber gesichtet...“ – aus dem Beitrag „Putsch-Regierung in Bolivien schickt wieder Militär auf die Straße“ von Vilma Guzmán am 18. Januar 2020 bei amerika21.de externer Link über die aktuellen Aktivitäten der Junta. Siehe zur Entwicklung in Bolivien nach dem Putsch drei weitere Beiträge, darunter auch Skizzen einer selbstkritischen Aufarbeitung eben dieser Entwicklung – und den Hinweis auf das bisher letzte unserer zahlreichen Updates:

  • „La segunda fase del golpe“ von Carlos Echazú Cortéz am 18. Januar 2020 bei rebelion.org externer Link ist ein Beitrag, der sich den aktuellsten Versuchen der Junta widmet, eine Kandidatur der MAs wenn nicht zu verhindern, so doch einzuschränken – die ersten Vorstöße, das von der MAS beschlossene „Kandidatenduo“ Choquehuanca und Arce (beides ehemalige Minister und Inhaber diverser Ämter) für – wie auch immer – illegal erklären zu lassen, gibt es bereits…
  • „Bolivien: Wie kann der November-Putsch rückgängig gemacht werden?“ von KD Tait am 17. Januar 2020 bei der ArbeiterInnenmacht externer Link erinnert unter dieser Fragestellung nicht nur an die bekannten faschistoiden Putsch-Kräfte, sondern auch an Schwächen und Fehler der MAS-Politik über die Jahre hinweg: „… Eine noch schwerwiegendere Kritik an Morales ist dagegen, dass er während seiner 14-jährigen Regierungszeit neben der Durchführung von sozialen Reformen und der kulturellen Anerkennung der indigenen Völker die Massenbewegungen in Cochabamba und El Alto, die ihn an die Macht brachten, in vorwiegend elektorale Kanäle umgeleitet hat. Er demobilisierte sie und geriet mit Teilen von ihnen kürzlich sogar in Kollision, um Zugeständnisse an das internationale und einheimische Kapital zu erreichen. In der Tat spalteten er und Linera viele der Organisationen und förderten bürokratische Führungen, die dann zu repressiven Maßnahmen gegen ihre Opposition griffen und einige von ihnen in das Lager der rechten Opposition trieben. Von Anfang an widersetzte sich Morales der von der Massenbewegung geforderten vollständigen Verstaatlichung der fossilen Energiewirtschaft und verlangte letztlich nur eine Erhöhung der Lizenzgebühren und die staatliche Kontrolle über den Verkauf. Dies war der eigentliche Inhalt von Garcia Lineras Theorie der „Revolution“, die „kommunitäre Demokratie“ und eine „plurinationale Republik“ mit der Förderung eines „Andenkapitalismus“ auf der Grundlage der Einnahmen aus dem Export von Bodenschätzen verband. Im Wesentlichen funktionierte dies genauso lange, wie die explodierende Nachfrage Chinas, Brasiliens und der anderen BRICS-Staaten den Preis dieser Rohstoffe in die Höhe trieb. Politisch wehrte Morales in der verfassunggebenden Versammlung, die von August 2006 bis Dezember 2007 in Sucre tagte, Forderungen nach einer radikalen Demokratie auf der Grundlage von Versammlungen in den Betrieben und indigenen Gemeinden ab. Stattdessen ging er Kompromisse mit den GroßgrundbesitzerInnen und den industriellen und kommerziellen KapitalistInnen der Media Luna (Halbmond-Provinzen) ein und gewährte ihnen eine beträchtliche Autonomie...“
  • „Warnsignale aus dem Herzen Lateinamerikas / Die Rechte kaperte in Bolivien den Protest gegen die Regierung“ von Marco Paladines am  18.Januar 2020 bei Freie Sicht externer Link führt zur Vorgehensweise der rechten Putschisten unter anderem an: „… Das Hauptmerkmal dieser Unruhen war ihre Heterogenität. Die vielen Gruppen einigten sich unter dem groben und unpräzisen Motto »Verteidigung der Demokratie« und befürchteten, die MAS-Regierung würde für immer an der Macht bleiben wollen. Viele Bürger*innen waren über die Qualität ihrer demokratischen Institutionen und die Intransparenz der herrschenden Partei besorgt und blockierten infolgedessen Straßen in La Paz. In Santa Cruz, dem Epizentrum der rechten Opposition, wurde währenddessen die soziale Unzufriedenheit von Akteuren absorbiert und umgelenkt. Die Akteure hier bedienten sich einer ultrakonservativen, rassistischen und christlich-fundamentalistischen Rhetorik. Die Antwort der Regierung war Repression: Schon früh beklagten die Protestierenden die ersten zwei Todesfälle. Die Gewalt eskalierte. Polizei und Militär wurden plötzlich politisch aktiv und »empfahlen« dem Präsidenten zurückzutreten. Es ist ein Putsch, der nur schwer zu vertuschen ist. Die privaten Häuser von Anhänger*innen des MAS und von Morales selbst wurden geplündert. Ohne Schutz mussten Morales und zahlreiche Mitglieder der Regierung unter Todesdrohung zurücktreten. Morales und sein Vizepräsident Álvaro García Linera sind daraufhin ins Exil nach Mexiko geflohen. Die rechte Opposition, unter der sich auch faschistische paramilitärische Gruppen wie die Union Juvenil Cruceñista befanden, sah im entstandenen Machtvakuum die beste Gelegenheit, die Macht zu ergreifen. Jeanine Áñez, als Vertreterin dieser Opposition, rief sich selbst im Namen Gottes und mit der Bibel in der Hand zur Präsidentin aus. Daraufhin begann eine weitere Verschärfung der Repression, diesmal gegen die Anhänger*innen der gestürzten Regierung. Die Áñez-Regierung dekretierte Immunität für die Polizisten und Soldaten, die auf Demonstrant*innen geschossen hatten. Bis Anfang Dezember gab es 33 Todesopfer, 804 Verletzte und 1.511 Festnahmen. Die jüngsten Ereignisse sind eine Art explosive Zusammenfassung der bolivianischen Politik seit dem Wahlsieg des MAS im Dezember 2005. Der überparteiliche soziale Kampf gegen die Privatisierung der natürlichen Ressourcen beseitigte die Legitimität des Washingtoner Konsenses im Land. (1) Evo Morales zeigte nicht nur, dass eine indigene Person zum ersten Mal Präsident eines mehrheitlich indigenen Landes werden konnte, sondern auch, wie eine postneoliberale Politik aussehen könnte…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=161313
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