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Festgenommene Gewerkschafter in Belarus freigelassen! Die Proteste gehen weiter – die Repression auch

ABC-Belarus - Anarchist Black Cross BelarusDie vier Gewerkschafter von Belaruskali, Siarhei Charkasau, Pavel Puchenia, Yury Korzun und Anatol Bokun, die nach dem ersten Streik der Belegschaft festgenommen worden waren, sind nach einer massiven internationalen Solidaritätskampagne frei gelassen worden! Dabei hatte es viele Tausend Bekundungen der Solidarität (knapp 6.300 innerhalb weniger Tage) für die Kollegen gegeben, die nichts anderes getan hatten, als ihre gewerkschaftlichen Rechte auszuüben. In der Meldung „International solidarity leads to release of jailed union leaders in Belarus“ am 03. November 2020 bei IndustriAll externer Link wird diese Kampagne und ihr positives Ergebnis kurz nachgezeichnet – alle 4, die dem Gewerkschaftsverband BITU angehören (und Bokun war stellvertretender Vorsitzender des betrieblichen Streik-Komitees) waren am Samstag frei gelassen worden. Zu den weiter gehenden Protesten und der verstärkten Repression in Belarus zwei weitere aktuelle Beiträge – und der Hinweis auf unseren bisher letzten Beitrag zum Thema:

  • „Die Standpunkte verhärten sich“ von Olga Deksnis am 03. November 2020 in der taz online externer Link zur aktuellen Situation und wachsender Repressionsversuche unter anderem: „… An anderen Hochschulen gehen die Dekane, in den Fabriken werden scharenweise die Menschen entlassen, die nicht mit der Regierung übereinstimmen. Journalisten führender Medien werden die Akkreditierungen entzogen und sie erhalten Administrativhaftstrafen. Sicherheitskräfte stürmen Privatwohnungen und schlagen die Menschen, werfen während friedlicher Proteste mit Blendgranaten auf Demonstrierende. Menschen verlassen Belarus, weil sie sich nicht mehr sicher fühlen. Im Fernsehen lügt man weiter, dass die hundertausende Menschen auf den Demos danach trachten, dass friedliche und blühende Belarus aufzumischen. In einem anderen Text für diese Kolumne „Tagebuch aus Minsk“ habe ich einmal über einen Mann geschrieben, der mit seiner Katze zu Hause saß, während seine Frau zu den Protestaktionen ging. Vor ein paar Tagen wurde sie aus dem Gefängnis entlassen, in dem sie für 15 Tage inhaftiert gewesen war. Auf dem Weg zum Abendessen zu ihrem Mann wurde sie im Dunkeln verhaftet. Ihre feministische Bildungsarbeit hat sie aufgegeben – man hat sie mit einem Strafverfahren bedroht. Und als „Auszeichnung“ hat sie sich im Gefängnis auch noch mit Covid19 infiziert, wie auch andere ihrer «Zellengenossinnen». Die Lebensbedingungen dort waren sehr unhygienisch...“
  • „Belarus: „Volksultimatum“ Generalstreik an das „Väterchen““ von Alexander Amethystow am 03. November 2020 bei Schwarzer Pfeil externer Link unter anderem ebenfalls zu neuen Repressionsmaßnahmen: „… Das Ergebnis der ersten Tage nach dem Aufruf Tichanowskajas ist durchwachsen. Rentner:innen und Studierende halten Plakate „Unterstützen wir unsere Arbeiter“. „Unsere“ heißt nicht, dass sie die Arbeitgeber:innen von diesen seien. „Unsere“ heißt – unsere oppositionell-belorussische Lohnabhängigen. Während Kleinunternehmen pünktlich zum Streikbeginn schließen, kann man von massenhafter Arbeitsniederlegung in der Industrie nicht sprechen. Das heißt keineswegs, dass die Arbeiterschaft geschlossen Lukaschenko unterstützt. In vielen Betrieben laufen aufgeregte Diskussionen. Vor manchen Betrieben stellten sich „Solidaritätsposten“ auf. Aber von den großen Betrieben ist lediglich die in der Oppositionshochburg Grodno stehende Chemiefabrik „Grodno Asot“ im Prozess der Stilllegung. Eine sofortige Unterbrechung des Produktionsprozesses würde zu einer Explosion führen. Es kam auch zur vereinzelten Kündigungen, so wurden beim Erdölunternehmen „Belarusneft“ zu Beginn der Woche sechs Personen gekündigt worden. Es wird über die Austritte aus den „offiziellen“ Gewerkschaften berichtet. Die Drohung mit dem kompletten Lahmlegen der Wirtschaft hat sich jedoch bisher als leer erwiesen. Am Wochenende gab es wieder Frauenmärsche und Gedenkveranstaltung für die Stalin-Opfer in Kuropaty, alljährliches Ritual der national-liberlaen Opposition. Selbst die der Opposition sehr wohlgesonnenen Medien und Experten räumen ein, dass sich Tichanowskaja mit ihrem Ultimatum verspekuliert hat. Lukaschenko ordnete an, die Streikenden zu feuern und zu exmatrikulieren. Nicht umsonst spielen bei den Protesten Rentner:innen und Hausfrauen, die weniger zu verlieren haben eine so wichtige Rolle. Die Opposition setzt auch gezielt auf die Kontrastbilder „hier friedliche Frauen – da die gewalttätigen Silowiki-Männer“, aber mit der Hemmschwelle der Sicherheitskräfte scheint es nicht sehr weit her zu sein. Ein Streik ist qualitativ etwas anderes als ein Protestspaziergang oder das Schließen des eigenen Unternehmens durch die Besitzer oder Lernverweigerung durch Studierende. Das Mittel ist nicht eine öffentlichkeitswirksame Inszenierung, sondern das Zufügen von wirtschaftlichem Schaden. Sollte es tatsächlich dazu kommen, sollte die Drohung von Tichanowskaja doch noch wahr werden, hätten die Lohnabhängigen in Belarus ein Mittel nicht nur gegen alte Machthaber, sondern auch gegen die neuen Anwärter:innen auf die Ämter…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=180717
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