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Myanmar, Bangladesch, Kambodscha… Näherinnen in asiatischen Billiglohnländern wehren sich: Sie wollen nicht „bedauert“ werden. Sondern unter menschlichen Bedingungen arbeiten – bezahlt

Dossier

TExtilarbeiterinnen in Myanmar im April 2020 im Streik für Lohnauszahlung und Jobs„… Angesichts erwarteter Umsatzeinbrüche in der Coronakrise haben internationale Einzelhandelsunternehmen ihre Aufträge bei Zulieferern storniert. (…) Betroffen sind vor allem Näherinnen, die die Kleidung für Modeketten wie C&A oder H&M fertigen. (…) Viele Unternehmen hätten sogar die Order für bereits fertige Waren gestrichen. Für die Näherinnen und Näher in Kambodscha, Myanmar und Bangladesch bedeute das, dass sie für geleistete Arbeit keinen Lohn bekämen, denn ihren Arbeitgebern fehlten dafür die Auftragszahlungen. (…) In Bangladesch sind laut der Frauenrechtsorganisation Femnet über 1000 Fabriken geschlossen. Die Organisation verwies zudem auf die äußerst schwierige Lage für Hunderttausende Wanderarbeiterinnen…“ – aus der dpa-Meldung „Modeketten stornieren Aufträge“ vom 15. April 2020 externer Link (hier in ND). Siehe weitere Beiträge zur Situation der Textilbeschäftigten und über Streiks in der Textilbranche verschiedener asiatischer Länder:

  • Guter Stoff: Wo steht der Arbeitskampf in der Textilbranche? Nach dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza gelobte die Branche Besserung. Probleme sind geblieben. New
    „Wie ein Kartenhaus fiel das 8-stöckige Fabrikgebäude Rana Plaza nordwestlich von Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, am 24. April 2013 in sich zusammen. Die Bilder von riesigen Schutthaufen und verzweifelten Frauen und Männern mit Fotos von Vermissten in ihren Händen gingen um die Welt. Mehr als 1.100 Menschen starben, viele mehr wurden verletzt. Die meisten von ihnen hatten in dem Gebäude für große europäische und amerikanische Marken die neueste Mode genäht. Amirul Amin, Präsident der Bekleidungsgewerkschaft National Garment Workers Federation (NGWF) in Bangladesch, will bis heute nicht von einem Unfall sprechen. „Der Einsturz war Mord“, sagt er im Gespräch mit den Nord-Süd-News. Denn die Beschäftigten hätten schon lange vorher auf die Risse in den Decken hingewiesen, Fabrikbesitzer wie Abnehmer sich dafür aber nicht interessiert. (…) Doch hatte der Bangladesch Accord Auswirkungen weit über das Land hinaus. (…) Der Schock über untragbare Zustände in den Textilfabriken stärkte zudem die Bemühungen von Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NRO), verbindliche Sorgfaltspflichten für Unternehmen auch in anderen Branchen etwa in der Lebensmittelindustrie oder im Bergbau zu erkämpfen. Lange Zeit hatte die Politik auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft gesetzt, um ausbeuterische Geschäftspraktiken in der Lieferkette zu beenden. Es half wenig. (…) Mit Gesetzen ändert sich etwas – Schritt für Schritt. Unternehmen müssen nun ihre Lieferketten kennen und kontrollieren. Der nächste Schritt wäre, dass Unternehmen sie komplett offenlegen würden, meint Boessiger. Die Gewerkschaften werden nicht locker lassen, auch in den Produktionsländern nicht. Ihre globale Vernetzung ist in den letzten zehn Jahren stärker geworden. Gewerkschafter Amin ruft am Ende auf: „Alle Arbeiter_innen entlang der Lieferkette müssen sich vereinen!” Beitrag von Leila van Rinsum in NORD I SÜD news I/2023 beim DGB Bildungswerk externer Link

  • Modeunternehmen müssen Löhne für Arbeiter*innen garantieren! Bündnis startet Kampagne #PayYourWorkers  Mit umfassenden Forderungen an Modeunternehmen startete heute die Kampagne #PayYourWorkers #RespectLabourRights zahlreicher, namhafter NGOs und Gewerkschaften aus 37 Ländern. Das Bündnis fordert von Unternehmen wie Amazon, Nike und Next, Arbeiter*innen zu unterstützen, die während der Pandemie und den damit verbundenen Einkommensverlusten unverschuldet in Not geraten sind. Mit einer Petition setzt sich die Kampagne dafür ein, dass große Modemarken und -händler einen Abfindungsfonds ins Leben rufen, der Textilarbeiter*innen finanziell absichert, wenn ihr Betrieb in Konkurs geht. Darüber hinaus sollen die Marken die Rechte der Arbeiter*innen auf Versammlungs- und Organisationsfreiheit sowie Tarifverhandlungen achten und sie bei der Einkommenssicherung auch mittel- und langfristig unterstützen. (…) Zu den über 200 Organisationen, die die Kampagne unterstützen, gehören Basisgewerkschaften wie die Garment Labour Union in Indien, große Gewerkschaftsverbände wie die UNI Global Union sowie internationale Organisationen und Netzwerke wie die Kampagne für Saubere Kleidung (Clean Clothes Campaign, kurz: CCC). In einer globalen Aktionswoche vom 15.-21. März externer Link werden Gewerkschaften und Aktivist*innen mit Aktionen die Forderungen der Kampagne in die Öffentlichkeit tragen…“ Meldung vom 15. März 2021 bei der Kampagne für Saubere Kleidung externer Link zu https://www.payyourworkers.org/ externer Link
  • „Covid-19: Textil­arbei­ter­innen riskieren Gesundheit und Existenz“ am 08. April 2020 im Untergrund-Blättle externer Link (Übersetzung eines Beitrags aus Public Eye) fasst die aktuelle Lage der Betroffenen so zusammen: „… Die Auswirkungen treffen die Textilarbeiterinnen und -arbeiter gleich doppelt: Ihre Gesundheit und ihre finanzielle Lebensgrundlage sind in Gefahr. Modeunternehmen, die in guten Zeiten Milliardenprofite einstreichen, dürfen in der Krise die Risiken nicht ans Ende der Lieferketten weitergeben, sondern müssen jetzt rasch handeln und Verantwortung übernehmen. In Myanmar, Bangladesch, Kambodscha, Indien, Albanien und den zentralamerikanischen Ländern werden derzeit Fabriken geschlossen oder sind von der Schließung bedroht. Gründe sind Lieferengpässe von Rohmaterialien aus China oder Maßnahmen zur Wahrung der öffentlichen Gesundheit, insbesondere aber Auftragsrückgänge sowie die verantwortungslose Stornierung bestehender Aufträge der Modeunternehmen. (…) Besonders schlimm ist die Situation aktuell in Kambodscha, Myanmar und Indien. Die Clean Clothes Campaign berichtet, dass seit Beginn der Krise bereits 10% der Bekleidungsfabriken in der Region Rangoon in Myanmar vorübergehend geschlossen wurden, und die Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Löhne nicht erhalten. In Indien sind Millionen Wanderabeiterinnen und Tagelöhner von Fabrikschließungen und dem Shutdown betroffen; viele von ihnen müssen jetzt Hunderte Kilometer – teilweise zu Fuß – zurück in ihre Heimatorte. Über 20 Menschen sind dabei bereits ums Leben gekommen. Aus den bereits vorher prekären Lebensumständen dieser Menschen wird in der Krise eine Frage des nackten Überlebens. Neben den Fabrikschließungen beunruhigen auch Berichte aus einigen Ländern, wo Arbeiterinnen und Arbeiter gezwungen sind, ihre Arbeit ohne angemessene Sicherheits- und Hygienevorkehrungen fortzusetzen. Sie und ihre Familien – und durch sie ganze Gemeinden – werden so der Ansteckungsgefahr ausgesetzt. In kaum einer Textilfabrik werden die grundlegenden Sicherheitsvorkehrungen zur Verringerung des Ansteckungsrisikos eingehalten. Nähmaschinen stehen so dicht, dass kein Meter Abstand zwischen den Menschen bleibt. Es fehlt an Schutzkleidung, Handschuhen, Gesichtsmasken und Desinfektionsmittel. Auf dem Weg zur Arbeit stehen die Arbeiterinnen und Arbeiter dicht an dicht in öffentlichen Verkehrsmitteln. Wenn in diesen Fabriken weitergearbeitet werden soll, braucht es dringend angemessene Schutzmaßnahmen, um eine Katastrophe zu verhindern…“
  • „RMG workers demonstrate for wages in Gazipur „ am 18. April 2020 bei New Age externer Link meldet von Protesten von Textilarbeiterinnen – auf die einmal mehr die Polizei mit dem Einsatz von Gummigeschossen reagierte. Wie immer in solchen Fällen mit der rituellen Behauptung, die Protestierenden hätten „Vandalismus“ betrieben – diesmal Autos angezündet – und außerdem seien Demonstrationen ohnehin gegenwärtig untersagt. (Ausbeuten nicht). Es wird außerdem aber auch von weiteren Protesten berichtet – die allesamt die Auszahlung der Märzlöhne forderten. In der Meldung wird berichtet, die Unternehmen seien bemüht. Allerdings ist dies eher ein „Schuss, der nach Hinten losgeht“: Denn man kann die Bekundung des Verbandes der Textilunternehmen, die abschließend zitiert wird, auch gerade anders herum lesen. Die besagt, dass bis zum Datum der Meldung von 2.274 Unternehmen der Branche sage und schreibe 1.665 die Märzlöhne bereits ausbezahlt hätten. Ergibt nach Adam Riese: 609 Unternehmen haben die Märzlöhne nicht ausbezahlt – womit sich wohl die Textilpolizei auf viel „Vandalismus“ gefasst machen kann…
  • „Au Bangladesh des centaines d’ouvrières de l’industrie textile bloquent les routes“ am 18. April 2020 im Twitter-Kanal von Conseils Ouvriers externer Link meldet (mit Foto) Straßenblockaden an verschiedenen Orten in Bangladesch gegen Entlassungen. Im folgenden Thread gibt es noch weitere Informationen und Verweise auf Meldungen bürgerlicher Medien…
  • Streiks von Textilarbeiterinnen in Myanmar „Für bezahlte Freistellungen“ meldet Asien Aktuell am 04. April 2020 externer Link: „Dagon Seikkan, Yangon: An die 1500 ArbeiterInnen aus 4 Fabriken demonstrierten für die Schließung ihrer Fabriken für den April. Am 25.3. hat die Regierung angeordnet, dass die Hälfte der Angestellten des Staates zuhause bleiben sollen. Das fordern jetzt auch die TextilarbeiterInnen, natürlich bei voller Bezahlung. „Wir leben von Lohnzahlung zu Lohnzahlung“. Die vier bestreikten Fabriken sind die Blue Diamond (Handtaschen), die Bluebird Enterprise (Rucksäcke), die Rainhouse Myanmar (Regenmäntel) und die Handschuhfabrik Mayshar Myanmar“.
  • Streik von Textilarbeiterinnen aus Kambodscha  „Für die Auszahlung der Löhne“ meldet Asien Aktuell am 01. April 2020 externer Link: „An die 1000 ArbeiterInnen der Canteran Apparel (Kapital aus Malaysia) protestierten vor der Fabrik, weil die Löhne nicht gezahlt worden sind. Die Firma sagt, wegen der Coronaviruskrise würden viele Käufer nicht bezahlen. Sie weigerte sich allerdings, schriftlich die Zahlung der Löhne zu versprechen“.
  • „Brands’ Responsibility in COVID-19 Humanitarian Crisis:Contribute to Garment Workers’ Relief“ Anfang April 2020 bei der Asia Floor Wage Alliance externer Link ist die Stellungnahme und der Forderungskatalog des transnationalen gewerkschaftlichen Zusammenschlusses in der aktuellen Situation, ein Dokument, das auch als Offener Brief an die Unternehmerverbände der verschiedenen Länder übermittelt wurde. Der Kern des Forderungskatalogs, neben der Sicherung der normalen Lohnzahlung ist eine Sonderzahlung der Unternehmen von 2% des letzten Jahresumsatzes an die Belegschaften, um deren wirtschaftliche Sicherheit für zwei Monate zu gewährleisten. Was im Übrigen keinesfalls bedeuten würde, dass die Unternehmen „profitlos“ blieben. Unterzeichnet ist das Dokument (neben der Allianz) von 19 Gewerkschaften aus Kambodscha, Indien, Indonesien, Pakistan und Sri Lanka.
  • „Linke Demokratische Allianz fordert Sofortmaßnahmen gegen die Corona-Pandemie“ am 04. April 2020 bei den Rote Fahne News externer Link über die Initiative eines linken Zusammenschlusses in Bangladesch, die mit folgendem gemeinsamen Forderungskatalog mobilisiert: „Sofortige Bereitstellung von mindestens eine Millarde Tk (Taka) durch die Regierung, um genügend Corona-Tests, Gesundheitstrainings und medizinische Ausrüstung bereit zu stellen. Längerfristig müssen dafür 20 Milliarden TK gegen die Verbreitung des Coronavirus zur Verfügung stehen. / Bau von Krankenhäusern und Aufbau von Spezialabteilungen zur Behandlung der Corona-Patienten. Zur Not sollten dazu auch gute Hotels zur Verfügung gestellt werden. Ebenso müssen Ärzte und medizinisches Personal eingestellt werden. / Einrichtung von spezialisierten Labors. / Bereitstellung von Reis, Hülsenfrüchten, Desinfektionsmitteln und Seife für die Werktätigen und die einfachen Leute zu subventionierten Preisen. Spekulation und Preistreiberei müssen kontrolliert und bestraft werden. / Bereitstellung von sicheren Unterkünften für die armen Menschen, die in den Slums wohnen. Sicherstellung ihrer Ernährung, wenn sie keine Verdienstmöglichkeiten mehr haben. / Übernahme der Behandlungskosten für Arbeiter durch den Staat. / Besondere Schutzmaßnahmen für alle die an öffentlichen Arbeiten beteiligt sind, einschließlich Ärzten, medizinischem Personal, Journalisten, Transportarbeitern und Polizei“.
  • „„Die Krise ist eine Chance““ am 17. April 2020 in der taz online ist ein Interview externer Link von Heike Holdingshausen mit Gisela Burckhardt (Femnet), worin diese unter anderem ausführt: „… Save mit Sitz in Tamil-Nadu kümmert sich aktuell vor allem um Arbeitsmigranten. Sie werden in der Regel von Agenten angeworben, an Fabriken vermittelt und auch von ihnen bezahlt. Jetzt sind sie besonders schlecht dran. Nach Hause können sie nicht, es fahren keine Busse mehr. Und die indische Sozialversicherung greift nicht, weil sie bundesstaatlich organisiert ist und nicht für Migranten da ist. Also verteilt Save an sie Weizen, Reis, Öl und Bohnen – für 20 Euro kann man eine vierköpfige Familie zwei Wochen am Leben halten. In Bangladesch unterstützen wir eine Organisation, die an Arbeiterinnen mit Lebensmitteln und Infomaterial versorgen, damit sie sich vor Corona schützen können. (…) Deshalb haben wir als zivilgesellschaftliche Vertreter*innen im Textilbündnis auch eine Pause akzeptiert. Aber ich sehe eben auch die Not der Arbeiter und Arbeiterinnen in den Produktionsländern. Die Ironie ist doch, dass sie für Produkte arbeiten, die wir gar nicht brauchen. Sie werden auch gar nicht mehr voll verkauft, viel landet auf der Müllhalde oder wird verbrannt. Dafür haben die Näherinnen geschuftet? In den vergangenen Jahren ist der Druck auf die ArbeiterInnen, immer mehr, immer schneller, immer effizienter zu arbeiten, gewachsen. Die Coronakrise wäre die Chance, diesen Unsinn zu hinterfragen und künftig weniger Ware zu produzieren, die dafür nachhaltig…“

Siehe zur Textilindustrie in Corona-Zeiten am Beispiel Bangladesch:

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170859
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