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„Euer Präsident, nicht unserer“ – die Massenproteste in Algerien gehen weiter

Eine Demonstration in Algier am 26.2.2019 - nicht nur an den Freitagen wird gegen das "5. Mandat" für Bouteflika protestiert...„… Wohl noch nie wurde ein frisch gewählter Präsident schon am Wahlabend und dann erst recht am Folgetag von überaus massiven Protestdemonstrationen im gesamten Land „begrüßt“. In der Kabylei waren in vielen Orten die Wahllokale gestürmt, zugemauert oder abgefackelt worden, die Wahlen haben in dieser großen Region gar nicht stattgefunden. In allen anderen Landesregionen war die Wahlbeteiligung lächerlich gering. Wahlveranstaltungen haben zuvor nur ganz vereinzelt stattgefunden,in geschlossenen Räumen und von der Polizei abgeschirmt. Zu Wahl standen fünf bekannte Marionetten des algerischen Militärs. „Gewählt“ wurde der 74-jährige Kandidat der FLN Abdelmadjid Tebboune. Die Wahlkommission verkündete seinen „Sieg“ mit großem Vorsprung, so dass das Regime eine Stichwahl vermieden hat. Die Wahl habe in „festlicher Stimmung“ im Lande realisiert werden können, gab die Wahlkommission bekannt. Überall nahm die Polizei Demonstrant*innen fest, im westalgerischen Oran sogar über 400 Personen…“ aus dem Beitrag „Algerien: Massenprotest geht weiter“ am 14. Dezember 2019 bei FFM online externer Link, wozu festzuhalten ist, dass die einleitende Bewertung offensichtlich zutrifft. Siehe dazu in der kleinen Materialsammlung jeweils ein Video einer vorbildlichen Wahlaktion und eines über die abendlichen Auseinandersetzungen mit den Repressionskräften des Regimes, einen Artikel der den angeblichen Wahlsieger näher vorstellt und eine linkes Dokument, als Beispiel für die Reaktionen unterschiedlichster Kreise in Algerien, zwei Überblicksbeiträge – sowie den Hinweis auf den bisher letzten unserer zahlreichen Beiträge zu den Massenprotesten:

„Non au coup de force électoral ! Notre mobilisation populaire continue !“ am 14. Dezember 2019 bei Europe Solidaire externer Link dokumentiert, ist die Stellungnahme der Direction Nationale du Parti socialiste des Travailleurs (PST), die hier als Beispiel steht für ähnliche Erklärungen diverser progressiver Gruppierungen, die allesamt die Wahlfarce kritisieren und die Tatsache unterstreichen, dass die Proteste weiter gehen, zu denen auch sie erneut aufrufen.

„Sieg für „den Auserwählten“„ von Paul-Anton Krüger am 13. Dezember 2019 in der SZ online externer Link stellt unter anderem den Mann vor: „… In Algier versuchte die Polizei, die Menge mit Schlagstöcken und Wasserwerfern auseinanderzutreiben, wich aber zurück, als sich immer mehr Demonstranten versammelten. In der mehrheitlich von Berbern bewohnten Kabylei kam es zu heftigen Auseinandersetzungen. Die Region war zudem Ausgangspunkt und neben Algier eines der Zentren der landesweiten Proteste, die im Februar begonnen hatten. Auch am Freitag gingen Zehntausende auf die Straßen und wandten sich gegen das Wahlergebnis. Sie sehen es als Versuch einer undurchsichtigen Elite aus Offizieren, Politikern und Geschäftsleuten, das alte System zu retten, das die Algerier halb furchtsam und halb verächtlich le pouvoir nennen, die Macht. Sie nehmen Tebboune seine Äußerungen nicht ab, er wolle „Politik und Geld trennen“ und sei unabhängig vom Militär. Tebboune hatte etwa darauf verwiesen, dass sein Sohn derzeit wegen Geldwäsche in Zusammenhang mit einem spektakulären Fall von Kokain-Schmuggel in Untersuchungshaft sitze. Auch rief er in Erinnerung, dass er 2017 nach weniger als drei Monaten als Premier vom damaligen Präsidenten Abdelaziz Bouteflika geschasst worden war...“

„Ah, si les veaux de fRance pouvaient suivre l’exemple de nos amis Algériens“ von und bei Arnold Rothstein externer Link (Facebook) ist ein kurzes Video über die Stimmabgabe in Algier: Lange Schlange von Menschen, die serienweise ihren Wahlzettel dahin werfen, wofür er gemacht ist – in eine öffentliche Mülltonne…Unsere Wahlempfehlung haben sie nicht gebraucht.

„Algérie: affrontements hier soir à Tizi Ouzou“ am 13. Dezember 2019 im Twitter-Kanal von Ter Ter et Liberté externer Link ist ein Video über die Konfrontationen, die sich am „Wahl“-Abend vor allem in der Kabylei entwickelt haben, die Repression gelang nicht.

„Algerien jubelt nicht“ von Claudia Altmann am 15. Dezember 2019 in neues deutschland online externer Link unter anderem zur Repression gegen die ununterbrochenen Proteste und mit Anmerkungen zur Wahlbeteiligung: „… In mehreren Städten im Nordwesten ging die Polizei mit Schlagstöcken und Tränengas gegen friedliche Protestierende vor. Nach Angaben der algerischen Liga für Menschenrechte (LADDH) gab es zahlreiche Verletzte und mehrere Hundert Festnahmen. In den sozialen Netzwerken sorgten Videos von Polizisten, die wehrlose Frauen und Männer zusammenschlugen, für Empörung. »Selbst Frauen und Kinder, die sich in Hauseingänge geflüchtet hatten, wurden dort noch mit Tränengas attackiert«, beschrieb LADDH-Vizepräsident Said Salhi. Es sei das erste Mal seit Beginn der Protestbewegung, dass deren Anhänger in einer ganzen Region derartiger Gewalt ausgesetzt gewesen seien. (…) Tatsächlich haben ihm offiziell nur 4,9 Millionen von 24 Millionen Wahlberechtigten ihre Stimme gegeben. Selbst diese Zahl ist angesichts gähnender Leere in vielen Wahlbüros am Tag der der Abstimmung und der Enthaltung der nahezu gesamten östlich Algiers gelegenen Berberregion der Kabylei umstritten. Oppositionellen Kreisen zufolge soll die Beteiligung im einstelligen Bereich liegen...“

„Not my president, say Algerians, as army’s candidate claims electoral victory despite massive poll boycott and continuing protests“ am 15. Dezember 2019 beim Mena Solidarity Network externer Link ist ein umfangreicher Überblick über die (minimale) Wahlbeteiligung vor allem in der Kabylei – wo auch ein gemeinsamer Streikaufruf autonomer Gewerkschaften sichtbar großen Erfolg hatte, durchaus im Gegensatz zu anderen Regionen Algeriens, vielleicht noch mit Ausnahme der Hauptstadt.

„Gana presidencia de Argelia Tebún de la elite gobernante con gigantesca abstención electoral“ am 14. Dezember 2019 bei Clajadep-LaHaine externer Link ist eine Zusammenstellung von Meldungen, die die vorherigen Informationen ergänzt um die Liste der ersten Gratulanten: Spanien und Ägypten, Nicaragua und Venezuela…

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=159416
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