Es fehlen Schutzmasken in der BRD? Da geht die Regierung doch sofort einkaufen: Aber lieber neue Atombomber

Dossier

Atombomber - nein danke!„… Laut Spiegel hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ohne Zustimmung des Koalitionspartners SPD den Kauf von 45 Kampfflugzeugen als künftige Trägersysteme für die US-Atomwaffen in Deutschland zugesagt. Die Ärzteorganisation IPPNW fordert die Bundesregierung auf, diese schwerwiegende Entscheidung zu stoppen, die erhebliche finanzielle Mittel für die Bewältigung der direkten und indirekten gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie aus der Staatskasse abziehen würde. „Eine solche erhebliche militärische Aufrüstung in Zeiten der Corana-Pandemie, die einzig sicherstellt, dass die NATO im Ernstfall hunderttausende Menschen auf einem Schlag töten kann, ist einfach skandalös“, sagt Krankenhausarzt Dr. Alex Rosen, Vorsitzender der IPPNW in Deutschland. „Während wir Ärzte und Ärztinnen versuchen, Leben zu retten, entscheidet die Verteidigungsministerin im Alleingang ein Trägersystem für eine Massenvernichtungswaffe zu kaufen.“  Laut Spiegel wurde die Entscheidung nicht mit der SPD abgestimmt. Deswegen appelliert die IPPNW an den Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich sowie die Parteivorsitzenden Saskia Esken und Norbert Borjans, gegen dieses Vorhaben ein deutliches Veto auszusprechen.  „Innerhalb der SPD besteht ein leiser Widerstand gegen den Kauf der F18, der jetzt unbedingt  laut werden muss,“ sagt Xanthe Hall, Abrüstungsreferentin der IPPNW. „Mit ICAN-Partnerorganisationen werden wir uns aktiv mit allen Politiker*innen auf Bundes-, Landes und städtische Ebene vernetzen, die sich für ein Atomwaffenverbot ausgesprochen haben, und gegen diese Entscheidung protestieren,“ kündigte sie an. Laut Berechnungen von ICAN könnten sich die Gesamtkosten von insgesamt 135 neuen Flugzeugen inkl. 90 Eurofightern über eine veranschlagte 30-jährige Nutzungszeit einschließlich der Kosten für Wartung, Treibstoff und weiteren Anpassungen auf über 100 Milliarden Euro belaufen…“ – aus der Pressemitteilung des IPPNW „Der Kauf von Atomwaffenträgern in Corona-Zeiten wäre skandalös“ vom 20. April 2020 externer Link deren taktische Ausrichtung zwar diskussionswürdig ist – die Tatsachenfeststellung aber eindeutig. Siehe dazu auch die Sonderseite der ICAN gegen die neue Rüstungsoffensive, sowie einen ausführlichen Beitrag auch über die Debatten in der Regierung, wer von der Rüstung profitieren solle, sowie eine Meldung zum aktuellen „Stand der Dinge“:

  • Atombomber-Einkauf der Bundesregierung stößt auf wachsende Kritik New
    „… Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat derweil zur hellen Freude der Rüstungskonzerne in Deutschland und Europa sowie in den USA die Spendierhosen an. Obwohl die Folgekosten der Corona-Krise bei weitem noch nicht abzusehen sind, will die CDU-Vorsitzende neue Kampfflugzeuge für die Bundeswehr anschaffen – neben 93 Maschinen vom Typ „Eurofighter“ auch 30 US-Atombomber vom Typ F-18 „Super Hornet“ und 15 F18-„Grawler“ für die elektronische Kriegführung, das heißt die Ausschaltung der gegnerischen Luftabwehr. Die Kosten für die deutschen Steuerzahler, die zu dieser komplett falschen Prioritätensetzung nicht gefragt werden, liegen im zweistelligen Milliardenbereich. Es mutet wie schierer Wahnsinn an und doch ist es die furchtbare Folge aus der Fortsetzung der nuklearen Teilhabe im Rahmen der militärischen Strukturen der NATO. Allein die 30 F-18 Atombomber kosten schätzungsweise 7,5 Milliarden Euro. Wer nicht mit den Details dieses Herzstücks der NATO-Strategie befasst ist, wird sich fragen, wozu Deutschland Atombomber brauchen sollte, hat es doch mit der Ratifizierung des Atomwaffensperrvertrags auf Atomwaffen verzichtet. Die Bundesregierung will, dass Deutschland, unter Bruch von Grundgesetz und Völkerrecht, heimliche Atommacht bleibt. Nukleare Teilhabe bedeutet ja nichts anders, als dass die US-Atomwaffen, die in Deutschland in Büchel lagern, im Kriegsfall nach Freigabe des US-Präsidenten von der Bundeswehr eingesetzt werden könnten. Und hier schließt sich der Kreis. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist gegenüber ihrem US-Amtskollegen Mark Esper unvorsichtigerweise vorgeprescht und hat den Kauf der 45 US-Kampfflugzeuge in Aussicht gestellt. In der Sitzung des Verteidigungsausschusses konnte sie die Vorwürfe, dabei das Parlament missachtet zu haben, nicht ausräumen. Der medial inszenierte Streit innerhalb der Koalition ist allerdings lediglich ein Sturm im Wasserglas…“ – aus dem Beitrag „Gesundheitsschutz statt Atombomber“ von Sevim Dagdelen am 23. April 2020 bei telepolis externer Link. Siehe dazu auch einen weiteren aktuellen Kommentar aus der Friedensforschung:

    • „Ministerium will Flugzeuge für Kernwaffen kaufen: Das ist moralisch und rechtlich fragwürdig“ von Moritz Kütt am 23. April 2020 in der FR online externer Link dazu: „… Moralisch gilt: Vor einem Monat hat UN-Generalsekretär António Guterres in der Corona-Krise zu einem globalen Waffenstillstand aufgerufen. Insbesondere in Krisenzeiten muss die Notwendigkeit von Militärausgaben besonders sorgfältig geprüft werden. Jede einzelne F18 kostet etwa so viel wie 2000 bis 3000 intensiv-medizinische Beatmungsgeräte, die weltweit dringend zum Schutz von Leben benötigt werden. Statt deutsche Steuerzahlerinnen und -zahler den potenziellen Einsatz von Massenvernichtungswaffen finanzieren zu lassen, sollten diese Mittel die internationale Gemeinschaft in der Krisenbewältigung unterstützen. Welche Folgen hätte ein Verzicht auf den Kauf der Flugzeuge? Ohne alternative Trägersysteme würde sich Deutschland langfristig aus der nuklearen Teilhabe verabschieden. In der Regierungskoalition gilt jedoch die Fortsetzung der nuklearen Teilhabe als gesetzt. Die derzeitige Corona-Krise zeigt uns die Grenzen menschlichen Handelns auf und hat gravierende Auswirkungen auf unser globales Zusammenleben. Nach der Krise wird vieles anders sein, als es vorher gewesen ist. Statt jetzt über den Erhalt eines Waffensystems für die nächsten Jahrzehnte zu entscheiden, sollte vielmehr folgende Frage gestellt werden: Sind Kernwaffen nach der Corona-Krise noch systemrelevant? Ein Verzicht auf die F18 würde den Weg frei machen für eine ernsthafte Debatte über Sinn und Zweck der Kernwaffen in Deutschland. Das politisch ausgegebene Ziel weltweiter nuklearer Abrüstung könnte ernsthaft verfolgt werden...“
  • „Atombomber? Nein danke!“ der Internationalen Kampagne zur Abschaffung der Atomwaffen externer Link (ICAN) ist die Sonderseite gegen diesen neuen Hochrüstungsschritt, worin aufgerufen wird: „Die Bundesregierung plant den Kauf neuer Kampfflugzeuge. Diese dienen auch dem Einsatz von US-Atomwaffen und ersetzen das Tornado-Flugzeug. Damit rückt der Abzug der in Deutschland stationierten US-Atombomben in weite Ferne und die Fähigkeit Deutschlands, sich an einem Atomkrieg zu beteiligen, bleibt für Jahrzehnte erhalten. Der Bundestag sollte über diese Frage öffentlich debattieren und darüber abstimmen. Schreiben Sie deshalb eine Mail an Ihre/n Abgeordnete/n und fordern Sie dazu auf, den Kauf neuer Kampfflugzeuge für Deutschland zu verhindern…“
  • „Fauler Tornado-Kompromiss“ von Jürgen Wagner am 26. März 2020 bei IMI-Online externer Link zu dieser Rüstungsoffensive – und der Debatte um die Frage, welche Konzerne davon profitieren sollen: „… Seit mehr als zwei Jahren tobt in Deutschland der Streit um die Nachfolge der alternden Tornado-Flotte, die bis 2025 über die Bühne sein soll. Involviert sind dabei eine ganze Reihe interessierter Akteure vom Militär über die Industrie und die Gewerkschaften bis hin zur Politik. Zur Auswahl standen dabei lange drei Modelle: die F-35 von Lockheed Martin; die F-18 von Boeing; und dann noch die EU-Hausmarke Eurofighter von Airbus. Da jede Option für eine grundlegende Richtungsentscheidung steht, wurde die Entscheidung immer wieder verschoben, endgültig wird sie wohl auch erst von der nächsten Bundesregierung gefällt werden. Nachdem die F-35 schon länger aus dem Rennen war, wurde Ende März 2020 aber berichtet, nun sei eine Vorentscheidung gefallen, die man auch als faulen – und vor allem auch teuren – Kompromiss bezeichnen könnte: demzufolge soll eine Mischflotte aus bis zu 90 Eurofighter und 45 F-18 angeschafft werden. Damit wird versucht, eine ganze Reihe von Fliegen mit einer riesigen Milliardenklappe zu schlagen. So kam die unmittelbar kampfstärkste, kostengünstigste und deshalb von vielen Militärs bevorzugte F-35 deshalb nicht zum Zug, weil damit die Realisierungschancen des geplanten deutsch-französischen Kampfflugzeugs („Future Combat Air System“, FCAS), ein Kernprojekt bei der Herausbildung einer von den USA unabhängigeren Militärmacht EUropa, deutlich gesunken wären. Ein US-Produkt muss es aber aus Sicht der Politik schon allein deshalb sein, weil weiter krampfhaft an der Nuklearen Teilhabe der NATO festgehalten wird. Die dafür erforderlichen Trägerfähigkeiten werden bislang über die Tornados bereitgestellt. Deshalb führt aus diesem Blickwinkel an der F-18 kaum ein Weg vorbei, da die USA in gewohnter America First-Manier recht unverblümt signalisiert hatten, sie wären nur für die F-18 in der Lage das erforderliche Zertifikat rechtzeitig bis 2025 auszustellen. Dies rief allerdings dann wiederum Industrie, Politik und Gewerkschaften auf den Plan, die aus Sorge um Profite und Arbeitsplätze die Eurofighter-Variante stärkten. Herauskommen wird aus diesem üblen Interessenskompott augenscheinlich nun wohl also eine Art Kampfflieger-Gemischtwarenladen, der voraussichtlich Unsummen verschlingen wird...“
  • „Tornado-Entscheidung: Verschoben“ am 18. April 2020 ebenfalls bei IMI-Online externer Link meldet zur jüngsten Wendung: „… Kürzlich hatte es noch den Anschein, als sei eine nahezu Entscheidung in Sachen Tornado-Entscheidung gefallen. Für Freitag hatte Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer angekündigt, endgültig für eine der verschiedenen im Raum stehenden Optionen den Vorzug geben zu wollen. Doch die Entscheidung musste nun laut Spiegel Online verschoben werden, nachdem die vom Verteidigungsministerium präferierte Mischlösung aus Eurofightern und 2 F-18-Modellen bei den Sozialdemokraten auf Widerstand trifft. Die Spiegel-Interpretation allerdings, dass der Widerstand hauptsächlich auf Rolf Mützenich, den Chef der SPD-Bundestagsfraktion,  zurückzuführen sei, weil dieser generell die Nachfolge solange torpedieren wolle, bis es kein geeignetes Trägersystem für die in Detschland lagernden US-Atomwaffen mehr gäbe, ist – wenn überhaupt – wohl nur ein Teil der Wahrheit…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=170879
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