Wie kommt der rechte Vormarsch zustande? Unter anderem mit neuem Sprachgebrauch in den Medien

Dossier

Heidenau 2015: Nazis raus aus den Köpfen! Plakat der Linken Sachsen„… 3. Beschönigung. Nennen Sie Rassisten „Zuwanderungskritiker“. Bezeichnen Sie alle Akteure zunächst als konservativ, höchstens aber als „rechtspopulistisch“, egal, wie extremistisch, rassistisch oder gewalttätig sie sind. Überlegen Sie sich für eindeutig Rechtsextreme lustig verharmlosende Worte wie „Nationalromantiker“. (…) 4. Passivierung. Direkt an Entschärfung und Beschönigung grenzt die Passivierung, mit der Sie rechte Täter von der Hauptperson zu allenfalls zufällig Beteiligten machen. Bei einem Nazimord wurde das Opfer nicht von einem Rechtsextremen erschossen, sondern kam durch einen Schuss zu Tode. Der sich gelöst hat. Von einer Waffe. Auf bisher unklare Weise. Wenn eine Passivierung zu umständlich ist, entscheiden Sie sich für eine Objektifizierung: Der Molotowcocktail hat das Flüchtlingsheim angezündet, nicht etwa ein rassistischer Attentäter. Je häufiger Sie sprachlich vertuschen, dass Rechtsextreme absichtsvoll und geplant handeln, um so besser…“ – das sind nur zwei von der Anleitung in 20 Schritten „So verschieben Sie eine Debatte nach rechts“ von Sascha Lobo am 26. Juni 2019 beim Spiegel online externer Link – die offensichtlich auch in den Medien viel gelesen und befolgt wurde… Siehe zu dieser Entwicklung weitere Beiträge über rechte Vorgehensweise und ihre mediale (wie auch politische) Beförderung (die der AfD im eigenen Dossier):

  • NDR-Format „Klar“ und Julia Ruhs als Moderatorin: Wenn Rechte dem angeblich links-grünen öffentlich-rechtlichen Rundfunk „Cancel-Culture“ vorwerfen
    • Julia Ruhs: Deutschlands dümmste Journalistin – „Stop making stupid people famous“ sollte die offensichtliche Lektion sein…“ New
      Wer in der Medienwelt glaubt, nicht blöd zu sein, weil er mit rechten Ressentiments zu Ruhm gelangt, der könnte ebenso gut am helllichten Tag auf den Marktplatz scheißen und hernach stolz verkünden: „Mich kennt die ganze Stadt!“ Nicht jede Journalistin ist eine Journalistin, meint unser Kolumnist.
      Es ist vermutlich eine derart offensichtliche Offensichtlichkeit, dass sie bisher noch niemand niederschreiben wollte: Die Behauptung, im öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiteten keine Konservativen, ist schon deshalb schwierig, weil die allermeisten Journalist:innen im ÖRR darum bemüht sind, ihre Parteipräferenz für sich zu behalten. (…) Julia Ruhs und Jimmy Kimmel, die beide fürs Quatscherzählen bezahlt werden, sorgten letzte Woche zeitgleich für Schlagzeilen. Ihre Sender hatten sie abgesägt. Der gebürtige New Yorker sei Donald Trump zu frech, die gebürtige Ludwigsburgerin dem NDR zu rechts. Beides gleichzusetzen wäre ein Vergleich von Äpfeln und Hohlbirnen. (…) Trump bejubelte Kimmels Mundtod, weil ein Tyrann weiß, wie sehr Spott die uneingeschränkte Machtausübung infrage stellt. (…) Julia Ruhs hingegen hatte bereits in der Pilotfolge ihres Magazins „Klar“, einer Koproduktion von NDR und BR, dicke Schnitzer fabriziert und in einer so unausgewogenen wie tendenziösen Sendung über Migration simpelste journalistische Standards nicht erfüllt. Mit WDR-Chefredakteur Stefan Brandenburg zu sprechen: „Eine Sendung vorwiegend damit zu bestreiten, alle negativen Aspekte des Themas Migration auf einmal zusammenzutragen, und das genau so anzukündigen, kommt mir ziemlich unterkomplex vor.“ Die Realität ist eben nicht, dass die Bundesrepublik in Ausländerkriminalität versinkt, sondern dass sie ohne Zuwanderung längst zusammengebrochen wäre. Gehen Sie durch Krankenhäuser, Baustellen, Kindergärten, Schlachthöfe, Bürogebäude, Verkaufsflächen oder sprechen Sie mit dem Menschen, der Ihre Amazon-Bestellungen überbringt: Migranten halten den deutschen Laden am Laufen. Ohne Migration wäre dieses Land am Ende. Auch die zweite Folge des Formats scheiterte: Anstatt die eigentlichen Probleme der Landwirtschaft aufzuzeigen (…), plapperte man rechtspopulistisches Geschwätz nach. Der niedersächsische Landesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, Ottmar Ilchmann, bezeichnete die Folge als „unterirdisch“. (…) Ironischerweise dürfte die Teilabsetzung der bislang größte Erfolg der 31-jährigen Ruhs sein, deren einziges Kunststück die Opferrolle ist und die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als persönliches Marketinginstrument für sich entdeckt hat. Sie räumt das in einem „Zeit“-Interview auch offen ein: „Ich wäre doch blöd, wenn ich’s nicht machen würde, oder?“ Nein, dann wärst du schlau. Wer in der Medienwelt glaubt, nicht blöd zu sein, weil er mit rechten Ressentiments zu Ruhm gelangt, der könnte ebenso gut am helllichten Tag auf den Marktplatz scheißen und hernach stolz verkünden: „Mich kennt die ganze Stadt!“ Wer aber eben nicht schlau ist, wird früher oder später bei „Welt“ oder „Nius“ auf der Gehaltsliste stehen, wo man Journalismus ebenfalls nicht mehr als Metier mit Verantwortung, sondern nur noch als bloßes Business versteht. (…) In der Herangehensweise unterscheidet sich Ruhs dabei nicht von der unehelichen Söder-Tochter Gloria Burkandt, die derzeit im TV-Format „Deutschlands dümmster Promi“ so tut, als ob sie Helmut Kohl und Konrad Adenauer nicht kenne und damit eine Schlagzeile nach der anderen einheimst. Dumm klickt gut, das hat sie sich abgeschaut vom Vielfraßvater. Wir blicken also auf schlichte Gemüter, die sich als Genies wähnen: Burkandt und Ruhs glauben, es sei genial, wenn jeder verstandesbegabte Mensch sie für unzurechnungsfähig hält. (…) Bedauerlicherweise sind Hagel, Burkandt, Söder und Ruhs Symptome einer zusehends verblödenden Gesellschaft. Der US-Präsident hat’s ja vorgemacht: Die Dümmsten werden die Klügsten sein. Und schuld sind leider die Medien. Als hätten wir nichts gelernt. „Stop making stupid people famous“ sollte die offensichtliche Lektion sein, die uns das mediengemachte Monster Trump gelehrt hat. Stattdessen huldigen wir der Torheit mit Sendungen wie „Deutschlands dümmster Promi“. Ach so: Falls Sie am Ende dieses Texts befinden, der Autor habe hier ja vielleicht doch ein recht schroffes Zerrbild einer Journalistin gezeichnet – tja, sehen Sie, so erging es den Migranten im Format „Klar“ eben auch. Wobei die halt vor einem potenziellen Millionenpublikum als kriminelle Messerstecher abgekanzelt wurden, während die Verunglimpfung der Journalistin lediglich vor den zwölf „Oettle über alles“-Lesern geschieht…“ Kolumne von Cornelius W. M. Oettle vom 24. September 2025 in der Kontext: Wochenzeitung externer Link („Julia Ruhs: Deutschlands dümmste Journalistin“) – im Transparenzhinweis heißt es, dass der Autor selbst für den Öffentlich-rechtlichen arbeitet und als freier Autor für Die Anstalt schreibt
    • Konflikt um NDR-Format „Klar“: Julia Ruhs als Moderatorin abgesetzt – Rechte wittern eine Kampagne des angeblich links-grünen öffentlich-rechtlichen Rundfunks
      „Innerhalb des Norddeutschen Rundfunks (NDR) soll sich laut Recherchen der Welt in den vergangenen Monaten ein interner Konflikt um das Format „Klar“ und die Moderatorin Julia Ruhs entwickelt haben. Nun hat sich der Sender offenbar entschieden, Ruhs in dem gemeinsam mit dem Bayrischen Rundfunk (BR) produzierten Reportageformat nicht weiter einzusetzen. In dem Reportageformat sollten auch vermeintlich heikle Themen besprochen werden, so ging es in den bisherigen Folgen um Migration, Corona oder um die Bauernproteste und wachsende Unzufriedenheit von Landwirten. Die bisherigen Folgen sorgten für breite mediale Kritik. Im „ZDF Magazin Royale“ nannte Jan Böhmermann die Sendung mit dem Titel „Migration – was falsch läuft“ etwa „rechtspopulistischen Quatsch“, der Verein „Neue Deutsche Medienmacher:innen“ bezeichnete sie als „Tiefpunkt in der Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“. (…) Ruhs, ebenfalls Kolumnistin bei Focus-Online, wurde auch bekannt durch ihre Kritik an „queeren Gaga-Workshops“ und „wokem Irrsinn“ oder ihrem Buch „Links-grüne Meinungsmacht“. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnete sie als „bekannteste konservative Stimme der ARD“ und als „Kulturkämpferin“. (…) In einem offenen Brief haben sich laut Welt fast 250 Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Senders von „Klar“ distanziert. In diesem soll der Vorwurf erhoben werden, die Sendung über Migration verletzte „in unseren Augen eine Reihe von Grundsätzen unserer journalistischen Arbeit und kommt unserem öffentlich-rechtlichen Auftrag gemäß NDR-Staatsvertrag nicht nach“. Weiterhin wolle das Format „offenbar spalten, das wird auch in der Moderation deutlich formuliert“…“ Artikel von Jonas Kähler und Wlada Froschgeiser vom 17. September 2025 in der taz online externer Link
    • Kontroverse um Moderation des NDR-Formats „Klar“: ver.di verweist auf Staatsferne des Rundfunks
      „… Die Ministerpräsidenten Bayerns und Schleswig-Holsteins kritisierten die Personalentscheidung. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte gar finanzielle Konsequenzen für den Sender. Zuletzt wurde auch die Rolle der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) im Sender und im Rundfunkrat thematisiert. Christoph Schmitz-Dethlefsen, für Medien zuständiges Mitglied im ver.di-Bundesvorstand, sieht Klarstellungsbedarf in der Debatte. „Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist staatsfern. Hier missverstehen zwei Landesfürsten ihre Rolle, wenn sie bestimmtes Personal bei den Sendern bestellen. Und Linnemanns Forderung nach finanziellen Konsequenzen für den NDR ist als Versuch politischer Einflussnahme vollkommen inakzeptabel“, kritisiert Schmitz-Dethlefsen die Äußerungen der Ministerpräsidenten Daniel Günther und Markus Söder. „Die Sendung ‚Klar‘ hat nach der ersten Folge in der Gesellschaft für Diskussionen und Kritik zur fachlich-journalistischen Qualität gesorgt. Mit dieser Kritik befassen sich seitdem auch die Beschäftigten im NDR, wir als Gewerkschaft im Rundfunksender und auch der NDR-Rundfunkrat. Genau so sehen es die innere Rundfunkfreiheit und der Auftrag an die gesellschaftliche Programmaufsicht durch Rundfunkgremien vor.“ Zu der Sendung war eine Programmbeschwerde beim NDR eingereicht worden. Schmitz-Dethlefsen: „Wenn sich der Programmausschuss mit einer Programmbeschwerde befasst, ist das kein ‚Angriff‘ – es ist seine verfassungsgemäße Aufgabe. Mitglieder der Rundfunkgremien wegen ihrer dortigen Tätigkeit als aktivistisch zu diffamieren, ist kein guter Stil. Die Überprüfung von Programmbeschwerden mit Blick auf journalistische Sorgfalt und die Einhaltung von Programmgrundsätzen ist eine notwendige Arbeit, die Anerkennung verdient – und Ausdruck einer staatsfernen Rundfunkverfassung ist.“ Der im April erschienene offene Brief von Beschäftigten zu „Klar“ werde unzulässigerweise mit einer senderinternen Diskussion im Juni in Verbindung gebracht. Hierzu Schmitz-Dethlefsen: „Nach der veränderten Einstufung der AfD durch den Bundesverfassungsschutz haben die Kolleginnen und Kollegen im NDR in einer von ver.di organisierten Veranstaltung selbstverständlich die Diskussion darüber geführt, wie mit der Partei künftig journalistisch umzugehen sei. Solche Debatten anzutreiben verstehen wir richtigerweise als Rolle einer mitgliederstarken Gewerkschaft im Rundfunk – zumal in einem öffentlich-rechtlichen Rundfunksender mit gesellschaftlicher Verantwortung, der seit seiner Gründung als NWDR sowohl der Staatsferne als auch der Förderung der Demokratie verpflichtet ist.“ ver.di-Pressemitteilung vom 18. September 2025 externer Link
    • Format „Klar“: Keine Einmischung in Runfunkbelange
      Der Deutsche Journalisten-Verband weist mit deutlicher Kritik die Einmischungen führender CDU-Politiker in Personal- und Programmfragen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zurück.
      So übte etwa Schleswig-Holsteins CDU-Ministerpräsident Daniel Günther scharfe Kritik an der Entscheidung des Norddeutschen Rundfunks (NDR), nicht mehr mit „Klar“-Moderatorin Julia Ruhs zusammenzuarbeiten. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte ein Einfrieren des Rundfunkbeitrags als Reaktion auf die Personalie. Kritik kam auch von CSU-Ministerpräsident Markus Söder und CDU-Fraktionschef Jens Spahn. „Die Drohung, den Rundfunkbeitrag einzufrieren, ist pure Erpressung und wäre verfassungswidrig. Der CDU-Generalsekretär sollte wissen, dass dies die Rundfunkfreiheit verletzt“, sagt DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster. „Die Einmischung in Personalfragen geht eindeutig zu weit.“ Die behaupteten Mobbingvorwürfe gegen den NDR müssten aufgeklärt werden, so der DJV-Vorsitzende. Zuständig dafür seien die Rundfunkgremien und nicht die sozialen Netzwerke, in denen die Personalie Ruhs hohe Wellen schlage…“ djv-Pressemitteilung vom 19.09.2025 externer Link
    • Von wegen „Cancel-Culture“: Der NDR trennt sich von der umstrittenen Moderatorin Julia Ruhs. Das ist keine linke Agenda, wie Rechte fabulieren. Das ist Qualitätssicherung
      „Hier sind wir wieder, in der nächsten Runde des „Cancel-Culture“-Karussells. Die Absetzung von Julia Ruhs durch den NDR hat eine neue Debatte über die Ausrichtung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Gang gesetzt. Zuvor moderierte sie drei Folgen des Reportageformats „Klar“, das nicht zuletzt von anderen Journalist*innen hinsichtlich der Qualität stark kritisiert wurde. So eine Gelegenheit, gegen eine vermeintliche links-grüne Meinungshegemonie zu schießen, lassen führende Politiker*innen selten sausen. Ein „Tiefpunkt deutscher Debattenkultur“, klagt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann und fordert, die ÖRR-Gebühren einzufrieren, damit Druck entstehe und Reformen passierten. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) spricht von einem „extrem schlechten Signal“ und übergeht eine NDR-Veranstaltung zum Intendantenwechsel. Stattdessen besuchte er eine Veranstaltung in Kiel, auf der Ruhs’ neues Buch „Links-grüne Meinungsmacht – Die Spaltung unseres Landes“ vorgestellt wurde. (…) Was war passiert? (…) Wie der Sender mittlerweile in einer Pressemitteilung bestätigt, lebt die Idee weiter – nur Julia Ruhs steht in den vom NDR produzierten Folgen nicht weiter vor der Kamera. Während sie die BR-Folgen weiterhin anleitet, wird Tanit Koch den Job ab 2026 für den NDR übernehmen, wie aus einer Pressemitteilung vom Freitagnachmittag hervorgeht. Die bisherige Karriere von Koch ist markant. Unter anderem war sie zwei Jahre lang Chefredakteurin der Bild und leitete später die Wahlkampfkommunikation von Armin Laschet. Genau wie Julia Ruhs schreibt Tanit Koch auch für Focus. (…) Rechte Medien wittern in dieser Kritik durch Mitarbeitende des ÖRR eine Einseitigkeit des ÖRR; der Cicero etwa trauert der „einzigen konservativen Journalistin im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ nach. (…) Aber von einer Cancel-Culture kann keine Rede sein. Wie der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) in einer Pressemitteilung schreibt, sei es Fakt, dass Ruhs nicht aus dem ÖRR rausgeschmissen werde, sondern weiterhin „Klar“ moderieren dürfe – fortan eben beim BR und im Wechsel mit anderen Kolleg*innen. Nichts daran rechtfertige Aufgeregtheit bis in höchste politische Kreise. (…) Dass 250 Mitarbeiter*innen sich gegen ihre Vorgesetzten auflehnen, ist kein Ausdruck von Cancel-Culture, sondern gelebter Widerstand. Ihrer Kritik an der journalistischen Qualität steht eine repräsentative Befragung des Senders entgegen. (…) Die spaltende Rhetorik, die sie in der „Klar“-Folge über Migration beobachten, lehnen sie deshalb ab – ganz gleich, ob sie den Zuschauer*innen Freude bereitet oder nicht. Ruhs mache es „fassungslos“, dass hier nicht die Zuschauer*innen eine Rolle spielten, sondern „politische Befindlichkeiten“, wie sie in einem Interview mit dem Cicero sagt. Natürlich ist es wichtig, dass das geplante Programm auch gut beim Publikum ankommt und nicht ins Leere gesendet wird. Doch genauso ist es Aufgabe aller Mitarbeitenden, einzuschreiten, wenn sie die Vorschriften eines Grundsatzes verletzt sehen. Mit „politischen Befindlichkeiten“ hat das überhaupt nichts am Hut. Gecancelt wurde hier niemand. Es wurden nur die redaktionellen Vorschriften des NDR-Staatsvertrags beachtet, nämlich die Sorgfaltspflicht. (…) Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (parteilos) warnte den öffentlich-rechtlichen Rundfunk im Fernsehsender der Welt vor einem Akzeptanzverlust. Weite Teile der Bevölkerung hätten den Eindruck, dass der ÖRR einseitig berichte. „Und das ist ein Problem, weil die Öffentlich-Rechtlichen von großer Akzeptanz leben.“ Damit hat er recht. Doch liegt der Akzeptanzverlust wirklich an der NDR-Trennung von Ruhs? Oder nicht vielmehr daran, dass manche in der Wahrung journalistischer Standards einen hegemonialen linken Mob sehen und darstellen wollen? Letzteres lässt sich aktuell in jeglichen konservativen bis rechten Medien und in den Äußerungen von Günther, Linnemann oder Weimer beobachten.“ Kommentar von Wlada Froschgeiser und Jonas Kähler vom 19. September 2025 in der taz online externer Link
    • Faktencheck: Julia Ruhs wurde nicht „abgesetzt“ – rechte Inszenierung
      „Julia Ruhs wurde nie „abgesetzt“ – sie moderiert genauso viele Sendungen wie zuvor im gleichen Programm, das sogar ausgebaut wird. Nur halt nicht mehr alleine – nämlich mit Tanit Koch, die ebenfalls konservativ ist. Dieser Mythos verschleiert die wahren rechten Attacken auf die Pressefreiheit und den Rechtsruck beim ÖRR – und das ist ein Problem. (…)Tatsächlich ist die Pressefreiheit derzeit an vielen Ecken in Gefahr – allerdings vor allem durch rechte Akteure. Journalisten werden online und auf der Straße bedroht, beleidigt und angegriffen; ihnen wird mit Folter, Vergewaltigung und Mord gedroht. Rechtsextreme Gruppen und eine immer aggressiver auftretende AfD markieren Medienleute als Feinde und hetzen ihre Anhänger auf. Reporter ohne Grenzen verzeichnete 2024 in Deutschland 89 Übergriffe auf Medienschaffende – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr. Solche Attacken kommen besonders häufig aus verschwörungsideologischen und rechtsextremen Kreisen. Diejenigen, die sich durch diese neue Erzählung bestätigt sehen natürlich. Viele Journalistinnen ziehen sich frustriert aus sozialen Netzwerken zurück oder meiden Demonstrationen, weil sie um ihre Sicherheit fürchten. Diese realen Fälle von „Canceln“ im Sinne von Mundtotmachen finden tagtäglich statt – nur empören sich darüber weit weniger Politiker der Union. (…) Der Fall Julia Ruhs ist kein echter Skandal um Meinungsunterdrückung, sondern ein lehrbuchmäßiges Beispiel für eine künstliche Empörungsinszenierung. Julia Ruhs wird nicht „gecancelt“, sondern bleibt an Bord – und verkauft das trotzdem als Angriff auf die Meinungsfreiheit. Es gibt am Ende mehr konservative Moderatorinnen. Wir sollten uns vielleicht eher darüber empören, dass jetzt ehemalige Wahlkampfberaterinnen konservativer Kanzlerkandidaten beim NDR moderieren. Aber das wird nicht passieren, denn der ÖRR muss als „links-grün“ bezeichnet werden. Die Verschiebung hat geklappt. Rechte Strategen nutzen aber diese Erzählung, um den Öffentlich-Rechtlichen insgesamt anzugreifen und eigene Agenda durchzudrücken. Mit Erfolg. Die Gefahr dabei: Mit jedem solcher aufgeblasenen Skandale wird die Öffentlichkeit ein Stück weiter von der Realität entfremdet. Statt sachlich über Qualität und Vielfalt in den Medien zu debattieren, tobt ein Kampfbegriff wie „Cancel Culture“ durch die Medien. Und verdeckt tatsächliche Angriffe auf die Pressefreiheit. Wirkliche Gefahren für die Pressefreiheit gehen am Ende derweil von jenen aus, die am lautesten „Zensur!“ schreien. Es sind genau die Kräfte, die mit Drohungen, Druck auf Journalisten und Eingriffen in die Rundfunkfreiheit ihre eigenen Positionen durchpeitschen wollen. Die Katastrophe in den USA erwartet so auch uns. Julia Ruhs wird also weiterhin im Fernsehen präsent sein, wir kriegen eine zweite konservative Moderatorin, aber ihr Mythos vom „Opfer der Cancel Culture“ wird bleiben – angetrieben von denen, die daraus politisches Kapital schlagen. Denn am Ende schadet er uns allen. Lassen wir uns von solchen Inszenierungen nicht täuschen, sondern bleiben wir klar bei den Fakten. Nur so lassen sich echte Meinungsvielfalt und Neutralität im Medienbetrieb verteidigen.“ Faktencheck von Thomas Laschyk vom 19. September 2025 beim Volksverpetzer externer Link
  • Medien müssen nicht neutral sein – Wir brauchen Widerstand im Journalismus
    Die Alternativpresse hat in der Bundesrepublik eine große Tradition: Stattzeitungen, Szeneblätter der Studierendenbewegung, Organe von Bürgerinitiativen, eine überregionale Tageszeitung wie die „taz“. Wer heute daran anknüpft – und sich dem Hang zu falscher Ausgewogenheit widersetzt. Disruptionsstrategie heißt der etwas sperrige Fachausdruck: Neue rechte Propagandisten eignen sich Begriffe, Symbole und Sprachbilder ihrer politischen Gegner an – und verkehren deren Bedeutung. Einer davon ist die Bezeichnung „alternative Medien“. Historisch passte die auf die Presse der Studierendenbewegung, auf Stattzeitungen, die Organe von Bürgerinitiativen. Oder auch auf die 1978 gegründete linksalternative Tageszeitung „taz“. Und heute? „Alternativ“ oder „frei“ nennen sich inzwischen rechte und verschwörungsideologische Medien, ein Imperium ist herangewachsen aus verschiedenen Blogs, AfD-naher Presse, Internetradios und Videoformaten. Organe, die in Wirklichkeit so wenig alternativ sind, wie die AfD eine Alternative in der Parteienlandschaft ist. (…) In seinem 2025 erschienenen Buch „Alternative Medien. Definition, Geschichte und Bedeutung“ beschäftigt sich der österreichische Jurist und Medienethiker Luis Paulitsch ausführlich mit jenem Teil der Medienlandschaft, der sich bewusst von den etablierten Medien unterscheidet – als Gegenöffentlichkeit. Paulitsch schreibt: „Lange Zeit setzte man ,alternativ‘ mit der politischen Linken gleich. In den 1990er-Jahren wurde ein Modewort daraus, ehe die politische Rechte den Begriff zunehmend vereinnahmt. Heute wird ,alternativ‘ im rechten Spektrum inflationär angewandt. Dementsprechend nutzen auch einige rechtsgerichtete Medien das Wort zu PR- und Werbezwecken.“ Vielen von ihnen gehe es gar nicht um Berichterstattung, sondern um Propaganda. Möglich geworden sei diese rechte Raumnahme unter anderem deshalb, weil einst als „alternativ“ gestartete Medien wie die „taz“ im Laufe der Jahre selbst Teil des Mainstreams geworden seien.
    Insgesamt benötigt die Medienwelt gerade in Zeiten eines gesellschaftlichen Rechtsrucks Alternativen, ein Korrektiv zu den zuweilen stromlinienförmig erscheinenden Qualitätsmedien, mehr renitente Journalist:innen in den Redaktionen. Genau anders aber, als sich die rechtsradikalen Propagandisten von „Compact“, Kontrafunk, „Deutschland-Kurier“ & Co. das wünschen: Die werten etablierte Zeitungen und den ö
    ffentlich-rechtlichen Rundfunk ab mit Begriffen wie „Mainstreammedien“, „Staatsfunk“ oder „Lügenpresse“. Es ist das Gegenteil konstruktiver, dezidierter Medienkritik…“ Artikel von Matthias Meisner am 11.9.2025 bei den Volksverpetzern externer Link – als Auszug aus dem Buch „Mut zum Unmut“ externer Link von Matthias Meisner und Paul Starzmann
  • »Neutralität« im Journalismus: Haltungsschäden sind schlecht fürs Rückgrat 
    Im deutschen Journalismus sind Pro-und-Contra-Formate sehr beliebt. Man lässt zwei Personen miteinander diskutieren, die gegensätzliche Meinungen vertreten, oder man publiziert zu einem Thema zwei Artikel mit zwei verschiedenen Ansichten. Das klingt erstmal nach einer guten Idee. Das Medienhaus nimmt damit eine neutrale Position ein, indem es einfach die Arena öffnet für die Debatte. Und Debatten brauchen wir in einer lebendigen Demokratie. (…) De facto sieht es anders aus: Die Debattenformate haben zu einer »False Balance« geführt. Es ist ein Problem, wenn immer zwei Leute mit gegensätzlichen Ansichten eingeladen werden, auch bei Themen, wo es nicht um Meinungen geht, sondern um harte wissenschaftliche Fakten wie den Klimawandel. Der allergrößte Teil der Wissenschaft ist sich einig, dass es den Klimawandel gibt und dass er menschengemacht ist. Nur ein klitzekleiner Prozentsatz von Forschern stimmt damit nicht überein. Wenn nun aber in Talkshow und Streit-Formaten zwei Leute für jeweils Pro beziehungsweise Contra sitzen, bekommt das Publikum den Eindruck, dass 50 Prozent der Wissenschaftler*innen den Klimawandel als Tatsache anerkennen, und 50 Prozent nicht. In Wirklichkeit aber ist das Verhältnis 99 Prozent zu ein Prozent. Das heißt, es wird ein falscher Eindruck von Ausgewogenheit hergestellt – »false balance« –, wo eigentlich ein ganz anderer Sachverhalt besteht.
    Mit anderen Worten: Die sogenannten Streitformate sollten besser über Probleme diskutieren. Oder über Meinungen. Nicht aber Fakten zur Debatte stellen. (…)
    Gerade beim Öffentlich-Rechtlichen Rundfunk nehmen viele Leute an, dass dieser zur »Neutralität« verpflichtet sei. Aber davon steht gar nichts im Medienstaatsvertrag, sondern dort heißt es, dass die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Gewährleistung einer »unabhängigen, sachlichen, wahrheitsgemäßen und umfassenden Information und Berichterstattung« verpflichtet sind. Der SWR stellt klar externer Link, dass »unabhängig und wahrheitsgetreu« nicht dasselbe ist wie neutral. Ein*e Journalist*in kann sehr wohl wahrheitsgetreu sagen, dass Präsident Donald Trump über den Ausgang der US-Wahlen von 2020 lügt, oder dass die AfD rechtsextrem ist. Medienschaffende müssen Partei ergreifen – nämlich für die Wahrheit
    …“ Kommentar von Sheila Mysorekar vom 04.09.2025 in ND online externer Link
  • Wie rechtspopulistisch will die ARD eigentlich noch werden?
    Es geht ein Schreckgespenst umher in den Fluren der öffentlich-rechtlichen ARD, und dieses Gespenst heißt: „woke“. Der Senderverbund tut alles, um es zu vertreiben. Es sind gerade paradiesische Zeiten für abgehalfterte Komiker, ideenlose TV-Desperados und Experten in populistischer Provokation. Denn sie verfügen neuerdings über eine Zauberformel, die ihnen Zugang zu auskömmlichen Honoraren und breiter Öffentlichkeit sichert. Und diese Zauberformel lautet: „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen.“ Mit diesem magischen Refrain und einigen menschenfeindlichen Provokationen müssen sie sich nur an die Anstalten der ARD wenden, und schon räumt man ihnen einen begehrten Sendeplatz frei, wo sie dann ungezügelt Hass und Hetze verbreiten dürfen. Denn die öffentlich-rechtliche Anstalt ist offensichtlich inzwischen vollkommen mürbe geschossen. Jahrelang hat man ihr vorgehalten, sie sei nichts als indoktrinierter Staatsfunk. Mit vereinten Kräften verbreiteten Schwurbler, Wuttrolle, besorgte Bürger und hetzerische Springerpresse die Botschaft, die Öffentlich-Rechtlichen verschwendeten unsere Gebühren ausschließlich für politisch korrekte Propaganda und verbreiteten nichts als links-grün versiffte Ideologie. Wobei mit Ideologie hier all das gemeint ist, was fröhliche Diskriminierung und zwanglose Hetze nicht gutheißt. (…) Von dieser gebetsmühlenartig wiederholten Trottel-Argumentation sind die Senderchefs der ARD inzwischen wohl derart traumatisiert, dass sie Tag und Nacht darüber grübeln, wie sie die schrecklichen Vorwürfe entkräften können. (…) Die ARD hat inzwischen leider derart schlimm der Mumm verlassen, dass sie jeden windigen Bewirtschafter von Reizthemen dankbar und ergeben wie einen Rettungsring umarmt, nur damit sie ein Alibi hat, wenn irgendeine Alice oder irgendein Björn wieder daherkommt und ihnen woke Gesinnung vorwirft. (…) Es geht ein Schreckgespenst in den Fluren der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt umher, und das Gespenst heißt: woke. Die ARD scheint inzwischen bereit, alles zu tun, nur um es zu vertreiben. (…) In dem altehrwürdigen Sturmgeschütz der Demokratie gibt es inzwischen offensichtlich auf allen Hierarchien Bestrebungen, ganz bewusst AfD-Themen zu bewirtschaften. Nur so ist zu erklären, warum die Journalistin Julia Ruhs in der Pilotfolge ihres neuen, vom BR und NDR produzierten Reportage-Formats „Klar“ vollkommen enthemmt migrationsfeindliche und rechtspopulistische Narrative bespielen darf. Nur so ist zu erklären, dass ARD-Lieblingspopulist Dieter Nuhr nun auch noch seine unappetitliche Weltsicht bei Maischberger verbreiten darf. Und nur so ist zu erklären, warum jemand wie Serdar Somuncu neuerdings die Sendung „Suite – der Kulturtalk“ beim RBB bekommt. Eine Kultursendung für den selbst ernannten Hassprediger Somuncu! (…) Dass die ARD ausgerechnet zur Feier ihres 75. Jubiläums einen Hallervorden-Sketch sendet, der gezielt Minderheiten diskriminiert, war kein Unfall, sondern steht symptomatisch für den Wandel innerhalb des Hauses. Betrachtet man die aktuelle Entwicklung in den Sendern der ARD, beschleicht einen das ungute Gefühl, dass die Entscheidungsträger langsam versuchen, schon mal ihre Karriere abzusichern für den Fall, dass die AfD an die Macht kommen sollte. So haben Weidel und Höcke dann weniger Arbeit beim Gleichschalten.“ Kommentar von Stephan Maus vom 17. April 2025 im Stern online externer Link

  • Medien-Analyse: Kaum Nachrichten über Waffenexporte und Menschenrechtsverletzungen – dafür Migrationspolitik
    „Wichtige Themen haben es nach Einschätzung von Fachleuten zunehmend schwer, in den Medien wahrgenommen zu werden. Zu diesem Schluss kommt die Initiative Nachrichtenaufklärung (INA) in ihrer am Donnerstag in Köln veröffentlichten Liste mit den zehn relevantesten vergessenen Themen des vergangenen Jahres. Wichtige Nachrichten würden verstärkt durch wenige Dauerbrenner-Themen verdrängt, erklärte Hektor Haarkötter, INA-Vorsitzender und Professor für politische Kommunikation an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. (…) Auf Platz eins der verdrängten Themen des vergangenen Jahres sieht die INA die Folgen deutscher Kleinwaffen-Exporte in Kriegsgebiete. Weltweit würden mehr als 250.000 Kinder und Jugendliche in militärischen Konflikten und kriegerischen Handlungen eingesetzt und vor allem mit Kleinwaffen ausgerüstet. Deutschland als zweitgrößter Exporteur von Kleinwaffen habe trotz internationaler Abkommen seine Rüstungspolitik nicht ausreichend angepasst. In deutschen Medien werde darüber praktisch nicht berichtet. (…)
    Gleiches gelte für die katastrophale Lage der Menschen im Flüchtlingslager auf der griechischen Insel Samos. Über die dortigen menschenunwürdigen Lebensbedingungen werde kaum berichtet, erklärte die Initiative. Ebenso hätten deutsche Medien das Verbot von Menschenrechtsorganisationen in Äthiopien im November 2024 kaum thematisiert. Deutschland habe als Mitglied des UN-Menschenrechtsrates durch seine Enthaltung bei wichtigen Abstimmungen die Straflosigkeit in dem Land begünstigt. Auf Platz vier der Liste sieht die Initiative die stark gestiegene Zahl derjenigen Menschen, die sich trotz eines Vollzeitjobs keine Wohnung leisten könnten. Zu wenig berichtet werde außerdem über die Bildungsungerechtigkeit für Pflege- und Heimkinder, die sinkende Zahl tödlicher Arbeitsunfälle, oder die unaufgearbeitete Geschichte der DDR-Vertragsarbeiter aus Mosambik. (…)
    Zu den am meisten verdrängten gehört auch das Risiko medizinischer Fehleinschätzungen bei Menschen mit Migrationshintergrund. Menschen aus südländischen Ländern berichteten häufig von schmerzhaften medizinischen Erfahrungen, die durch Missverständnisse und kulturelle Unterschiede verursacht wurden. Studien zeigen, dass Diskriminierung im Gesundheitswesen systematisch auftritt und besonders Frauen, Muslime, Schwarze und Asiaten betrifft. Laut einer Studie mussten 34,4 % der Menschen mit Migrationshintergrund schon ihre Ärzte aufgrund von Diskriminierung wechseln. Die INA veröffentlicht jährlich gemeinsam mit der Nachrichtenredaktion des Deutschlandfunks eine Liste der zehn am meisten „vergessenen Nachrichten“. Die Themen werden von einer Jury aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Journalistinnen und Journalisten auf Grundlage von Vorschlägen aus der Bevölkerung gekürt.“
    Meldung vom 27. März 2025 im MiGAZIN externer Link
  • Triumph des Volkswillens. Zum Sprachgebrauch der Medien von ARD bis RTL2 und von »FAZ« bis »Taz«.
    „… Apropos Vokabular und Umgang mit Wörtern: In den Medien war an diesem Wahlabend und danach viel vom »Volkswillen« oder einem »Willen des Volkes« die Rede, weil den meisten Journalisten heutzutage gar nicht mehr auffällt, wenn sie mit der größten Selbstverständlichkeit Begriffe übernehmen, die von den Spin Doctors der Rechtsextremen in Umlauf gebracht wurden. Einen »Volkswillen« gab es zuletzt unterm Führer. Heute gibt es ihn ebenso wenig, wie es ein »Volk« gibt. Was es hingegen gibt, sind Klasseninteressen und eine Bevölkerung. Aber man wird Fernsehjournalisten wohl auch künftig nicht zu Sprachkritik- und Materialismus-Schulungen schicken. Na ja, was sollten sie auch dort? Schlimmstenfalls müssten sie etwas lesen, das länger ist als ein Tweet. Dort könnten sie jedenfalls unter Umständen sogar noch etwas anderes lernen als eigenständiges Denken, nämlich dass Sprache und die Prägung von Begriffen der Schlüssel zur Macht sind.
    Wie sehr die drastische Rechtsentwicklung des Landes, die wir seit Jahren erleben, bereits die Wahrnehmung und den Verstand vieler getrübt hat, zeigt der Sprachgebrauch der Medien von ARD bis RTL2 und von »FAZ« bis »Taz«. Das geht so weit, dass das gegenwärtige politische Koordinatensystem, wie es von vielen deutschen Journalisten dargestellt wird, groteske Züge aufweist: Die AfD, die der Sprachkritiker Stefan Gärtner jüngst einen »Nazihaufen« nannte, gilt offiziell als »konservativ-bürgerlich«; das Treiben der rassistischen Merz-CDU gilt mittlerweile offiziell als »Politik der Mitte«; die opportunistischen Abschiebungs-, Aufrüstungs- und Sozialkahlschlagsparteien SPD und Grüne gelten offiziell als »links«; und eine kreuzbrave, gemäßigt sozialdemokratische Partei wie die »Linke«, die sich dreimal stündlich selbst dann zur Verfassung der BRD bekennt, wenn man sie nicht dazu auffordert, gilt offiziell als »extremistisch« und »radikaler Rand des politischen Spektrums«.
    Selbst wenn die AfD in den unzähligen Interviews, die man nach wie vor mit ihren Funktionären führt (was in Zukunft vermutlich noch exzessiver betrieben wird, so steht zu befürchten), lautstark eine »stabile Mitte-Rechts-Koalition« vorschlägt oder ankündigt, »endlich Politik für unser Land« machen oder »Deutschland nach vorne bringen« zu wollen, ist das nichts als hohles Wortgeklingel, dessen Hauptzweck dreierlei ist: die Simulation von Tatkraft, das erfolgreiche Abrufen nationalistischer Ressentiments bei gleichzeitiger Selbstverharmlosung und die Vernebelung ihrer tatsächlichen Pläne. Am Wahlabend beantwortete Alice Weidel wie üblich keine einzige Frage, sondern laberte, wie sie das immer tut, einfach stur ihren propagandistischen Stiefel in sämtliche Mikros, die ihr bereitwillig hingehalten werden. Selbst wenn sie ihren Redeschwall morgen mit einem Sack voll Goebbels-Zitaten spicken würde, säßen die Journalistendarsteller des deutschen Fernsehens wohl bloß lächelnd da und würden brav die Begriffe apportieren, die ihnen hingeworfen werden. So geht das seit vielen Jahren
    …“ Artikel von Thomas Blum vom 03.03.2025 in ND online externer Link („Triumph des Volkswillens. Der Weg ist das Ziel: Seit Jahren arbeitet die AfD daran, alles nach rechts zu verschieben, was geht. Und es gibt genug willige Vollstrecker“)

  • We saw what we fucking saw: Die freiwillige Selbstverzwergung des deutschen Journalismus am Beispiel Elon Musks Hitlergruß
    • We saw what we fucking saw: Die freiwillige Selbstverzwergung des deutschen Journalismus
      „Beim Springen über Elon Musks neues Stöckchen – seinen ausgestreckten rechten Arm – sollten wir zumindest versuchen, die Mechanismen des Spiels aufzuzeigen. In einer Hinsicht markiert die Berichterstattung über Musks Hitlergruß ein neues Level. Die Botschaft allzu vieler Journalisten lautet: Traut euren Augen nicht! (…)
      Nun geht es aber doch um Musks aktuelles „Stöckchen“ (Lenz Jacobsen, Zeit Online). Was man wohl betonen muss: „Ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß“ (so lautet der Vorspann eines taz-Kommentars). Beziehungsweise: „Ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß ist ein Hitlergruß“ (so lautet die Überschrift von Jacobsens erwähntem Zeit-Online-Kommentar). Man muss es betonen, weil es auch Berichterstattung gibt, die einen anderen Eindruck zu erwecken versucht.
      Thomas Laschyk („Volksverpetzer“) zählt Beispiele auf: „Hitlergruß-ähnliche Geste“, „Hitlergruß?“, „mutmaßlicher Hitlergruß“, „irritiert mit Hitlergruß-ähnlicher Geste“ und „Aufregung um seltsame Musk-Geste“.
      Ergänzen könnte man u.v.a. noch „umstrittene Geste“ (FAZ mit Agenturen) und „eine Geste, die manch einen an einen Hitlergruß erinnert“ (Kerstin Klein, ARD-US-Korrespondentin in der 20-Uhr-„Tagesschau“). Noch drolliger ist die „New York Times“-Überschrift „Elon Musk entfacht Online-Spekulationen über die Bedeutung einer Handbewegung“. Laschyk meint, „dass Rechtsradikale die offensichtliche Geste leugnen“, sei nicht verwunderlich. Aber: „Dass (…) auch so viele seriöse deutsche Medien unfähig sind, Fakten auszusprechen, ist ein großes Problem.“ Wobei ja noch interessant ist: Es sind deutsche Rechtsradikale, die sagen, dass der Hitlergruß keiner war. Anderswo konnten sich Neonazis gar nicht mehr einkriegen vor Freude (siehe „Wired“ und US-„Rolling Stone“) (…) Thomas Laschyk zitiert beim „Volksverpetzer“ zustimmend Lea Schönborn (Krautreporter): „Mit dem Drumherumreden wird die Wahrnehmung vieler Menschen in Frage gestellt. Was diese Medienschlagzeilen bewirken, ist perfide. Sie senden die Botschaft: ‚Traue deinen eigenen Augen nicht!‘ Ist das nicht das genaue Gegenteil des Auftrags von Reporter:innen?“ Diese hier skizzierte Perfidie kommt mir tatsächlich neu vor. Dass Journalisten als Wegbereiter des Rechtsextremismus agieren (aus Opportunismus oder weil sie vernarrt sind in False Balance), ist keine Überraschung. Ungewohnt scheint es mir zu sein, dass es jetzt Journalisten gibt, die ihrem Publikum sagen: Glaubt ja nicht, was ihr gesehen habt! Wie diese Kollegin von der „Washington Post“. Und ach, bei der „Welt“ schreiben sie Hitlergruß jetzt schon in Anführungszeichen.
      Die letztjährige Bert-Donnepp-Preisträgerin Nadia Zaboura kommt in einem Thread zum Thema „Hitlergruß und Realitätsabwehr“ zu einem Fazit, das sie so ähnlich auch schon aus anderen Anlässen formuliert hat: „Die m.E. aus freien Stücken vollzogene Selbstverzwergung des deutschen Journalismus als Chronisten des Faschismus, als Bezweifelnde des Faktischen (…) führt zwangsläufig in die Selbstzerstörung des Journalismus – als Beruf sowie als Demokratie-sichernde Struktur.“
      Normalerweise habe ich weder Mitleid mit solide bezahlten Festangestellten, die in den Galeeren der Nachrichtenproduktion ackern, noch mit den mehr als solide bezahlten Entscheidern. Jetzt frage ich mich aber doch: Kann es denn psychisch gesund sein, die Realität derart zu verschleiern, wie es die „Mutmaßlicher Hitlergruß“-Fraktion und die „Hitlergruß-ähnlich“-Fraktion tut. Man sollte vielleicht nicht nur fragen: Was tut ihr dem Journalismus, was tut ihr der Demokratie an? Sondern auch: Was tut ihr eigentlich euch an?
      …“  Kolumne „Das Altpapier“ am 22. Januar 2025 von René Martens im MDR externer Link (alles verlinkt!), siehe auch: 
    • Hitlergruß im Faktencheck?
      Journalismus muss nun in einer Realität agieren, in der alte Regeln aufgehoben wurden und jeden Tag eine neue Grenzüberschreitung passiert. Es ist wie ein Fiebertraum, aber da müssen wir durch…“ Kolumne von Olivera Stajić vom 22. Jänner 2025 in derstandard.at externer Link
    • Medien zu Trumps Amtsantritt: Erst die Ruhe, dann der Sturm
      Sheila Mysorekar kommentiert die Berichterstattung deutscher Medien über den Amtsantritt von Donald Trump…“ Artikel von Sheila Mysorekar vom 23.01.2025 in ND online externer Link
    • Siehe auch unser Beispiel Schweden: In Schweden ist der Hitlergruß von Musk ein solcher („Hitlerhälsning“) – debattiert wird, ob der Streik von IF Metall gegen Tesla davon ideologisch profitieren kann
  • [Raul Zelik] Mein Vorsatz 2025: Entschlossener hassen. Die politische Mitte wirbt mit »gegen den Hass«. Dabei setzt der Faschismus auf Befriedung nach innen 
    „Seit einigen Jahren gehört »Gegen den Hass« zu den Lieblings-Statements der selbst erklärten »Zivilgesellschaft«. Hunderte Kultur-, Medien- und Bildungsprojekte haben das Motto für Aktionstage und Kampagnen verwendet, die Publizistin Carolin Emcke mit einem gleichnamigen Buch 2016 den Friedenspreis des Buchhandels erhalten. Gemeint ist die Botschaft natürlich immer irgendwie faschismuskritisch. Der politische Extremismus so heißt es, sei schuld gewesen am Siegeszug der Barbarei. Hätten Nazis und Kommunisten nicht so abgrundtief gehasst, wäre die Weimarer Demokratie bewahrt und Auschwitz verhindert worden. Man muss kein*e Historiker*in sein, um zu erkennen, was für ein hanebücherner Unsinn mit dem Gegen-den-Hass-Talk verbreitet wird. Denn was hat der Nazi-Barbarei wohl eher den Weg bereitet: der Hass der Kommunist*innen, die Nazis noch 1933 aus ihren Vierteln prügelten, oder die bürgerliche Gemütlichkeit, mit der Konservative und Liberale Hitler erst zum Reichskanzler machten und dann mit allen Vollmachten ausstatteten? (…) Meine Antwort (…) ist klar: Hätte die deutsche Gesellschaft den Faschismus doch nur ordentlich gehasst! (…) Tatsächlich bestand die historische Mission des Faschismus sowohl in Deutschland als auch in Italien darin, die Menschen »zusammenzuführen«. Nach den revolutionären Kämpfen der 1910er und 1920er Jahre galt es, das »Volk« miteinander zu versöhnen – vom Industriellen bis zum Tagelöhner. Der Kampf zwischen den Klassen und jede Ideologie, die den Hass zwischen diesen befeuerte, wurde deshalb unter Strafe gestellt. (…) Hass an sich ist gewiss nichts Positives. Aber umgekehrt sollten wir eben doch auch daran erinnern, dass »innerer Frieden« und »Gemütlichkeit« tragende Säulen des Faschismus sind. Wenn Goebbels’ Propagandamaschine neben sentimentalen Rühr- und Heimatstücken auch rassistische Hetze produzierte, darf das niemanden überraschen. Es sind zwei Seiten derselben Medaille. (…) Deshalb ist es sicher keine blendende antifaschistische Idee, wenn jetzt gefordert wird, »den Hass im Netz« per polizeilicher Strafverfolgung zu unterbinden. Es gibt Formen des Hasses, die viel zu wenig Raum bekommen: Hass auf soziale Ungleichheit, Unterdrückung, Ausgrenzung, menschliche Gleichgültigkeit und die Willkür der Staatsgewalt zum Beispiel. »Ein intensives Gefühl der Abneigung und Feindseligkeit« – wie der Hass enzyklopädisch definiert wird – ist nämlich notwendige Voraussetzung dafür, dass man Verhältnisse nicht einfach hinnimmt. Hier wären »mehr Hass« und »weniger Toleranz« durchaus angebracht. Wenn sich Rassismus, Misogynie und Vernichtungsfantasien heute überall breitmachen, hängt das auch damit zusammen, dass ein emanzipatorischer Hass schwer vorstellbar geworden ist. Wenn sich niemand mehr dazu bekennt, dass die von oben geschaffene Normalität ekelhaft ist, richtet sich die allgemeine Frustration gegen Schwächere und »Andere«. Mein Vorsatz für 2025 lautet deshalb: mich weniger einlullen lassen und entschlossener hassen. An einer wesentlichen Unterscheidung würde ich dabei allerdings festhalten. Mein Hass soll sich nicht gegen Personen, sondern Strukturen richten. Emanzipatorische Kämpfe haben die Verhältnisse im Blick, die Personen wie Elon Musk und Björn Höcke hervorbringen – nicht die einzelnen, letztlich immer austauschbaren Individuen.“ Kommentar von Raul Zelik vom 29. Dezember 2024 in Neues Deutschland online externer Link (Mag macht mit) – siehe auch:
  • »Rechte Propaganda will Gefühle vom Verstand abspalten«
    Der Sozialwissenschaftler Alex Demirović im Interview über die Massenmanipulation der Nazis und linke Gegenpropaganda (…) Für mich folgert daraus, dass es viel mehr Berichterstattung über antifaschistische Praxis geben müsste. Münzenbergs Schlussfolgerung hieß »Angreifen, angreifen, angreifen«, also an jedem erdenklichen Punkt linke Gegenpropaganda zu entwickeln. Das bedeutet heute zum Beispiel, in den sozialen Medien Gegenpositionen und Antifa-Arbeit zu entwickeln und die Algorithmen dementsprechend zu trainieren. Ich denke zudem auch, dass wir den konventionellen Journalismus deutlicher kritisieren sollten. Beispielsweise verstehe ich nicht, warum der Wahlaufruf von Elon Musk nicht systematisch gegen die AfD gewendet wird. Kritisiert wird ja vor allem, Musk mische sich von außerhalb in die deutsche Politik ein. Aber die Meinungsäußerung von außen ist das geringere Problem. Viel entscheidender ist doch, dass die AfD von einem superreichen US-Tech-Milliardär unterstützt wird, der über ein globales Satellitensystem und eine Kommunikationsplattform verfügt, der den US-Staat umbauen, die EU, die Gewerkschaften, den Wohlfahrtsstaat und die Demokratie zerstören will. Die extreme Rechte ist das Projekt globaler kapitalistischer Eliten – das sollte im Zentrum linker Gegenpropaganda stehen.“ Interview von Raul Zelik vom 03.01.2025 in ND online externer Link
  • Rechtes Framing im Journalismus: Von Stimmungsmache gegen die Schwächsten bis Medienversagen in der Sicherheitsdebatte
    • Rechtes Framing im Journalismus: Stimmungsmache gegen die Schwächsten
      Bei Themen wie Migration oder Bürgergeld übernehmen selbst etablierte Medien bis hin zu den Öffentlich-Rechtlichen immer häufiger populistische Strategien und rechtes Framing. Eine dramatische Entwicklung, zumal die Branche vor riesigen inhaltlichen Herausforderungen steht. (…)
      Anbiedern beim Publikum und realitätsfernes rechtes Framing – das sind nur zwei ungute Entwicklungen, die einem derzeit in den etablierten Medien auffallen. Eine weitere: Die, sagen wir mal, unternehmerfreundlichen Stimmen, die schon immer stark waren, werden schärfer. Der Leiter des FAZ-Wirtschaftsressorts forderte kürzlich die Kürzung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf 80 Prozent. Seine Argumentation: „Eine geringere Lohnfortzahlung wird jeden potentiellen ‚Blaumacher‘ zum Nachdenken bringen, ob er oder sie es sich wirklich leisten kann, krankzufeiern.“
      Fast zeitgleich knöpfte sich ein Kommentatorenkollege vom „Stern“ Mitarbeitende von VW sowie die für sie zuständigen Gewerkschafter vor, die Ihren Unmut über vom Konzern geplante Sparmaßnahmen geäußert hatten. Das „Problem“, so der Autor, sei: „Wer bei Volkswagen arbeitet, hat über Jahrzehnte wie die Made im Speck gelebt (…) Ein VW-Vertrag ist wie ein Lottoschein mit sechs Richtigen.“
      Solche Kommentare werfen auch die Frage auf: Warum sind diese Menschen eigentlich Journalisten geworden?
      …“ Artikel von René Martens vom 06.11.2024 in der Kontext-Wochenzeitung externer Link
    • #286 Off The Record: Das Medienversagen in der Sicherheitsdebatte
      In der neuen Folge unseres Hintergrundpodcasts verarbeiten wir die Debatte um das Sicherheitspaket. Es geht um die Diskursverschiebung nach rechts, um das Auseinanderdriften von Politik und Zivilgesellschaft – und um Journalist:innen als Treiber von Überwachung.
      Die Debatte um das sogenannte Sicherheitspaket externer Link nach dem Anschlag von Solingen externer Link hat viele bei uns im Team erschüttert. Mit Verschärfungen in der Asylpolitik und einem massiven Überwachungsausbau wollte die selbsternannte Fortschrittskoalition die Opposition rechtsaußen überholen. Das ist vorerst zwar teilweise gescheitert – aber nicht am Widerstand innerhalb der Koalition oder aus der Zivilgesellschaft, sondern an der CDU, der die Maßnahmen immer noch nicht weit genug gingen. Auch die mediale Debatte war dominiert von Forderungen nach immer noch krasseren Maßnahmen, um das „Sicherheitsgefühl“ der Menschen zu verbessern. Von evidenzbasierter Innen- und Sicherheitspolitik keine Spur.
      In der neuen Folge Off The Record stellen wir uns deshalb schwere Fragen: Warum ist es der Zivilgesellschaft und uns als Medium nicht gelungen, mit unserer Kritik überhaupt nur gehört zu werden? Wie kann es sein, dass im Bundestag so schmerzlich Stimmen für Humanität und Bürgerrechte fehlen? Warum lassen Journalist:innen die Regierung mit billigen Scheinlösungen durchkommen? Und wer fragt noch nach den Folgen dieser Politik für marginalisierte gesellschaftliche Gruppen?
      Daniel Leisegang und Markus Reuter sprechen mit mir über eine getriebene Ampel im Endstadium, über die Verschiebung des Diskurses nach rechts und über Journalismus, der zu oft Politik- mit Sportberichterstattung verwechselt. Am Ende wagen wir einen Ausblick auf künftige politische Verhältnisse, die wahrscheinlich noch schwieriger werden. Und wir überlegen, was Zivilgesellschaft, Medien und gerade wir bei netzpolitik.org künftig anders machen müssen…“ Der Podcast von netzpolitik.org von Ingo Dachwitz vom 09.11.2024 externer Link Audio Datei
    • Es müssen also nicht immer Interviews sein… Siehe unser Dossier: Presse-Umgang mit „Alternative für Deutschland“: Je weniger, desto besser
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  • „Neue Wörter, alter Hass“ von Jakob Guhl am 01. Juli 2019 in der taz online externer Link kommentiert: „… „Remigration“ strebt somit nach der Herstellung größtmöglicher „ethnokultureller“ Homogenität. Auch hier spielt die Sprache eine wichtige Rolle: „ethnokulturell“ verschleiert, wie eng „Kultur“ und „Ethnie“ innerhalb der identitären Gedankenwelt miteinander verbunden sind. Genauso gut könnten sie daher von der Herstellung einer völkischen Reinheit sprechen. Die Identitären sprechen jedoch von „Ethnopluralismus“. Im Vergleich mit dem Vokabular traditioneller rechtsextremer Gruppen klingt dies moderater, so, als wollten die Identitären niemandem etwas zuleide tun. Doch in letzter Konsequenz ist die Forderung nach Remigration in einem vielfältigen Europa eine Forderung nach ethnischer Säuberung. (…) Bei den regelmäßig in Schnellroda stattfindenden Konferenzen des Instituts für Staatspolitik, die eine Schlüsselrolle bei der ideologischen Schulung des identitären Nachwuchses spielen, sprachen in den vergangenen Jahren nicht weniger als sieben AfD-Vertreter. Darunter befanden sich der Vorsitzende des völkischen „Flügels“ innerhalb der AfD, Björn Höcke, sowie der Europawahlkandidat Hans-Thomas Tillschneider, welcher ein Büro im Haus der identitären Gruppe „Kontrakultur“ in Halle hat, aber auch die beiden Vorsitzenden der Bundespartei, Jörg Meuthen und Alexander Gauland…
  • „Hitzeopfer des Tages: Hans-Georg Maaßen“ von Sebastian Carlens am 01. Juli 2019 in der jungen Welt externer Link zu einer weiteren rechtsradikalen Standard-Taktik: „… Andere Sorgen hat der ehemalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen. Der Mann ist mittlerweile als Aufmerksamkeitstäter unterwegs, missverstanden fühlt er sich auch: »Ausgerechnet mich in die rechte Ecke zu stellen, empfinde ich als unverschämt«, befand er in der Bild am Sonntag. Ja, wie kommen die Leute da nur drauf? An Maaßen selbst, seinem einfühlsamen Verständnis für einen braunen Wutmob in Chemnitz, an seiner liebevollen Betreuung von AfD-Abgeordneten kann es nicht liegen, denn gerade unter seiner Ägide habe der Verfassungsschutz »das ihm Mögliche« getan, um »Rechtsextremismus zu bekämpfen«. Insgesamt: »keine Versäumnisse« beim Kampf gegen rechte Gewalt. Warum werden dann in diesem Land eigentlich Menschen von Neonazis ermordet? Und dann noch so viele? Auch darauf hat Maaßen eine Antwort: »die andauernden Delegitimierungs- und Diskreditierungskampagnen der früheren SED« gegen den Verfassungsschutz…“
  • „„Hart aber fair“: AfD-Politiker Uwe Junge darf am längsten reden, WDR-Rundfunkrat schaltet sich ein“ von D.J. Frederiksson am  02. Juli 2019 in der FR online externer Link über die mediale Beförderung rechtsradikaler Aktivisten: „… Natürlich gibt es auch diese Woche so ein paar ärgerliche Aussetzer von Plasberg und seiner Redaktion. Wieder einmal wird eine absurde Kausal-Umkehrung nicht nur geduldet, sondern von Plasberg selbst wiederholt: Die Behauptung, dass der rechte Terror deswegen so lange unerkannt und unbekämpft geblieben ist, weil der Verfassungsschutz mit dem massiven Islamismusproblem alle Hände voll zu tun hatte, ist ähnlich glaubhaft wie eine Mordkommission, die ihre miserable Aufklärungsquote mit all den Brandstiftungen erklärt. Nicht nur sollten beiden Themenfelder gänzlich unabhängig voneinander sein, sondern man darf auch erwarten, dass sowohl Mordkommission als auch Verfassungsschutz entsprechend ausgerüstet werden, um ihre verdammte Hauptaufgabe zu erledigen, anstatt sich über widersprüchliche Prioritäten zu beklagen…“

Siehe zum Thema auch im LabourNet (nur u.a.):

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=151122
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