Wie die Regierung die Presse fördern will

Dossier

The European Initiative for Media PluralismDie Warnungen aus den Verlagen sind laut und für die deutsche Medienlandschaft bedrohlich: Schon 2025 könnten 4,3 Millionen Menschen „nicht mehr wirtschaftlich vertretbar mit gedruckter Tageszeitung beliefert werden“, ergab eine im Mai vorgelegte Studie externer Link . 40 Prozent aller Gemeinden könnte das treffen, die ländlichsten Regionen mit weiten Wegen. In ersten Verlagen, etwa in Thüringen, wurde offen darüber nachgedacht, keine neue Druckmaschine mehr zu kaufen. Dabei hatten die Verlage zuletzt berechtigte Hoffnung auf Hilfe: Der Bundestag gab Ende vergangenen Jahres Millionen frei externer Link für die Förderung der Zustellung. Doch nun hat das Parlament überraschend ein völlig anderes Modell beschlossen. Insgesamt 220 Millionen Euro sollen nach einem neuen Beschluss vom Donnerstag aus der Staatskasse in die Presselandschaft fließen, 20 Millionen noch in diesem Jahr, der Rest in den folgenden Jahren – allerdings nicht mehr in die Zustellung der klassischen Zeitung, sondern in die „digitale Transformation“, von Zeitungen, aber auch von Zeitschriften. (…) Die Gewerkschaft [ver.di] hatte schon im Vorfeld gefordert, Fördermittel für die Presse an gute Arbeitsbedingungen zu knüpfen wie Tariflöhne für feste und gute Honorare für freie Mitarbeitende. Das müsse auch überprüfbar, die Geschäftszahlen der Verlage also transparent sein…“ Beitrag von Daniel Bouhs in der Sendung ZAPP vom 05.08.2020 externer Link – siehe dazu:

  • [Krautreporter] Warum wir rechtlich gegen die Bundesregierung vorgehen New
    „… die Bundesregierung will Druckverlage ab diesem Jahr mit insgesamt 220 Millionen Euro fördern. Digitale, unabhängige Medien wie Krautreporter bekommen: nichts. Dagegen wehren wir uns. Wir gehen rechtlich gegen die Pläne der Bundesregierung externer Link vor. Nach unserer Auffassung ist die geplante Presseförderung eklatant verfassungswidrig. Am 29. März 2021 hat unser Anwalt, der Verfassungsrechtler Wolfgang Spoerr, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) aufgefordert, es zu unterlassen, Fördergelder zu bewilligen und auszuzahlen. Hier findet ihr das Schreiben externer Link . Wir haben uns diesen Schritt gut überlegt. Zu den Grundwerten von Krautreporter gehört es, dass wir stets eine konstruktive Haltung einnehmen. Deswegen geht es uns nicht darum, anderen Medienunternehmen zu schaden. Wir sind auch nicht gegen jegliche Förderung externer Link von Journalismus. Aber wir sehen es als unsere Pflicht an, uns gegen diese Verletzung der Pressefreiheit und die Verzerrung des publizistischen Wettbewerbs durch den Staat zu wehren. (…) Digitale Medien wie Krautreporter erhalten nichts – denn wir erscheinen online. Diese Ungleichbehandlung verletzt unserer Ansicht nach die im Grundgesetz garantierte Pressefreiheit. Wenn der Staat einige Medien fördert und andere nicht, dann greift er in den freien, geistigen und wirtschaftlichen Wettbewerb von Presseunternehmen ein. Wie die vielen anderen reinen Online-Medien sollen wir dabei zusehen, wie die ohnehin privilegierten Druckverlage zusätzlich mit hunderten Millionen von Steuergeldern bedacht werden. (…) Dass wir seit unserer Gründung 2014 digital und damit zukunftssicher Journalismus produzieren, wird uns zum Nachteil ausgelegt. Der Staat fördert nur die alten Medien und übergeht digitale Medien wie uns. Auch das verletzt die Pressefreiheit. Seit Wochen sprechen wir über dieses Problem, haben darüber geschrieben externer Link, mit Forscher:innen, Lobbyist:innen und Politiker:innen gesprochen. Jetzt gehen wir den Rechtsweg. Sollte Minister Altmaier uns nicht bis zum 20. April bestätigen, dass er die Presseförderung in dieser Form unterlässt, gehen wir vor Gericht…“ Artikel von Leon Fryszer und Sebastian Esser, KR-Vorstand, vom 7. April 2021 bei den Krautreportern externer Link, siehe auch:

    • Kritik an einseitigen Pressesubventionen: Wehrhaftes Digitalmedium
      Die Presseförderung des Bundes bervorzugt Printmedien. Das Onlinemedium „Krautreporter“ findet das verfassungswidrig – und droht, zu klagen…“ Artikel von Erica Zingher vom 8.4.2021 in der taz online externer Link
  • [Aufruf] Gegen eine Wettbewerbsverzerrung auf Kosten von Digitalen Publishern
    Die Bundesregierung will Tageszeitungen, Zeitschriften und Anzeigenblätter in den nächsten Jahren mit 220 Millionen Euro fördern. Mit dem Geld solle die “Medienvielfalt und -verbreitung” gefördert, der Journalismus gestärkt und der “dringend gebotene Transformationsprozess im Bereich der Abonnementzeitungen” befördert werden. 1. Der neu formierte “Arbeitskreis Digitale Publisher” ist in großer Sorge, dass diese Förderung zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung auf Kosten von Digitalen Publishern führt, die in den vergangenen Jahren mit erheblichen Risiken und meist ohne jede Förderung neue journalistische Angebote aufgebaut haben. Wir fordern, dass die Bundesregierung auf eine Förderung ausgewählter Medien verzichtet, oder uns neue digitale Akteure gleich behandelt. 2. Wir sind überzeugt: eine Förderung von Medien ist nur dann sinnvoll, wenn sie der demokratischen Öffentlichkeit nutzt. Darum sollte nicht die Auflage das Kriterium einer möglichen Förderung sein, sondern Schaffung und Erhalt journalistischer Arbeit. Die Bundesregierung sollte journalistische Produktion fördern, also die Arbeit von festangestellten und freien Journalistinnen und Journalisten. Dabei darf sie nicht in den journalistischen Prozess eingreifen oder den Anschein einer Einflussnahme erwecken…“ Aufruf vom 27.11.2020 beim Arbeitskreis Digitale Publisher externer Link
  • Subventionen für Presse: Zeigt her eure Auflage
    Mit einem millionenschweren Subventionspaket will die Bundesregierung kriselnde Presseverlage retten. Nun ist klar, wie das Geld verteilt werden soll. Die geplante staatliche Millionenförderung von deutschen Presseverlagen soll an die Auflagen von Zeitungen und Zeitschriften gekoppelt werden. Als neutraler Verteilungsmaßstab biete sich „die aktuelle Reichweite oder Auflage“ an, heißt es in einem Konzept des Bundeswirtschaftsministeriums, aus dem die dpa und das Branchenmagazin Horizont externer Link zitieren. Rund 59 Prozent der Fördersumme soll auf Abonnementzeitungen entfallen, rund 11 Prozent auf Abonnementzeitschriften und rund 30 Prozent auf Anzeigenblätter mit einem redaktionellen Anteil von mindestens 30 Prozent. Voraussetzung für die Zahlung sei, dass die Verlage Investitionen ins Digitale nachweisen können. Dazu zählen unter anderem der Aufbau von Onlineshops, die Entwicklung von Apps, Bezahlsystemen und Podcasts und die digitale Schulung der MitarbeiterInnen. Im Juli hatte der Bundestag eine Förderung von bis zu 220 Millionen Euro auf mehrere Jahre verteilt für Presseverlage beschlossen. (…) Der Deutsche Journalisten-Verband kritisierte den Entwurf. Durch das Zugrundelegen von Auflagen würden die große Medienkonzerne über die Maßen bezuschusst, während für kleinere Verlage „kaum etwas übrig“ bliebe. Das treibe die Medienkonzentration weiter voran. Der DJV und Verdi fordern, die Auszahlung an gute Arbeitsbedingungen, Tariflöhne und faire Honorare für Freie zu knüpfen…“ Artikel von Anne Fromm vom 29.10.2020 in der taz online externer Link
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=188798
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