LAG München: Crowdworker sind keine Arbeitnehmer

faircrowdwork.org: Community, Beratung und Hilfe für Crowdworker. Für faire Arbeit in der Cloud!“… Crowdworker sind keine Angestellten. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) München am Mittwoch entschieden. Personen, denen sogenannte Mikrojobs über eine Internetplattform vermittelt werden, stünden mit dem Betreiber in keinem arbeitsvertraglichen Verhältnis, weil sie nicht verpflichtet seien, die Aufträge zu übernehmen (Urt. v. 04.12.2019, Az. 8 Sa 146/19). (…) Vor dem LAG in München hatte ein Mikrojobber darauf geklagt, Angestellter der Internetfirma zu sein, die ihm die Jobs vermittelte. (…) Aus seiner Sicht bestand zwischen ihm und der Plattform ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Die beklagte Internetfirma hielt dagegen, der Kläger sei selbstständig und habe als Selbstständiger Aufträge übernommen. Erstinstanzlich hatte das Arbeitsgericht (ArbG) München seine Klage abgewiesen. Nach den gesetzlichen Vorgaben liegt ein Arbeitsvertrag nur dann vor, wenn ein Mitarbeiter verpflichtet ist, seine Leistung zu erbringen – und zwar weisungsgebunden, fremdbestimmt und in persönlicher Abhängigkeit. (…) Die Basisvereinbarung zwischen Plattformbetreiber und dem Münchener erfülle die Voraussetzungen aber schon deswegen nicht, weil der Crowdworker nicht dazu verpflichtet sei, die angebotenen Aufträge anzunehmen, entschied die Kammer. Daran ändere auch der mögliche Druck des Mannes nichts, auf zukünftige Aufträge angewiesen zu sein, weil er sich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts auf diese Weise verdient hatte. Der 52-Jährige könne sich nicht auf die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer berufen. (…) Die IG Metall wolle die Urteilsbegründung abwarten und dann entscheiden, ob sie vor das BAG gehe. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zugelassen. …“ Beitrag vom 04.12.2019 bei Legal Tribune Online externer Link und ein Kommentar:

  • Crowdworker bleiben (vorerst) allein zu Haus. Ohne ein Arbeitsverhältnis. Die IG Metall zeigt sich enttäuscht, andere hingegen sind zufrieden
    “… Solange die Tätigkeiten der Crowdworker im Wesentlichen nur kleine Zuverdienste generiert haben, musste man keine arbeits- und sozialrechtlichen Konflikte erwarten. Das beginnt sich zu verändern – auch dadurch bedingt, dass es (bei aller Vorsicht angesichts der Datengrundlagen) offensichtlich eine größer werdende Zahl an Menschen gibt, die daraus ihren Lebensunterhalt bestreiten. Und weil auch die Gewerkschaften in den vergangenen Jahren registriert haben, dass sich hier eine ganz eigene Welt der Beschäftigung ausdifferenziert und sie – vor allem die IG Metall – versuchen, dort rechtzeitig Fuß zu fassen. Der Anspruch ist kein geringerer, als sich als Interessenvertretung auch für die Crowdworker zu verankern. Ein noch mühsameres Geschäft als die Organisierung von „normalen“ Arbeitnehmern in real existierenden Betrieben. Apropos Arbeitnehmer – natürlich wäre es für die Gewerkschaften mehr als hilfreich, wenn die Crowdworker auch als Arbeitnehmer gelten würden und man sie entsprechend behandeln müsste. Das ist heute nicht der Fall, gilt doch das, was sie tun, als selbstständige Tätigkeit. In diesem Kontext muss man nun einen nun eine neue Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München sehen: Das Gericht war mit folgendem Sachverhalt konfrontiert: »Er fotografierte Teesorten im Supermarkt oder Werbebildschirme in Tankstellen. Fast 3.000 solcher Aufträge hatte er in elf Monaten erledigt, im Schnitt verdiente er damit rund 1.700 Euro pro Monat: Für Peter Schmidt* war die App Roamler ein wichtiger Bestandteil seines Einkommens. (…) Und weiter führt das Gericht zum vorliegenden Fall aus: »Die Basisvereinbarung erfüllt die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält. Der Umstand, dass der Kläger tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient hat und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen hat, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führt nach der bestehenden Gesetzeslage nicht dazu, dass der Kläger die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen kann. Die Basisvereinbarung konnte deshalb als bloßer Rahmenvertrag auch per Email wirksam gekündigt werden.« (…) Das Unternehmen Roamler hat ein interessantes Geschäftsmodell mit Blick auf die Crowdworker, die die Aufträge abarbeiten. Dazu findet man beispielsweise solche Hinweise: »Eine übliche Registrierung reicht hier leider nicht aus, da sich zu viele Mitglieder (Roamler genannt) in einem Umkreis gegenseitig zu viel Konkurrenz machen würden und der Nutzen des Einzelnen zu gering wird. Daher ist eine Registrierung nur über eine Einladung durch bestehende Mitglieder oder als Initiativbewerbung möglich. Bei der Initiativbewerbung wird lediglich geprüft, ob in deinem Umfeld nicht doch schon genug Roamler vorhanden sind. Sobald Du dich erfolgreich registriert hast, musst Du dich mit kleinen Testaufgaben qualifizieren. Du startest mit Level 1 und kannst mit den 6 bis 7 Tests Erfahrungspunkte sammeln. Dafür erhälst Du bereits etwa 500 Erfahrungspunkte und steigst in Level 2 auf, wodurch Du Zugriff auf bezahlte Aufträge erhälst. Außerdem kannst Du nun 2 Aufträge gleichzeitig annehmen. Ab 1750 Erfahrungspunkten erreichst Du Level 3 und kannst von nun an 3 Aufträge gleichzeitig annehmen und erhälst außerdem eine Einladungsberechtigung. Das bedeutet, dass Du jemanden zu Roamler einladen kannst und an seinen Verdiensten mit 2% beteiligt wirst. Außerdem erhälst Du 2€, sobald dieser Level 2 erreicht. Ab 4250 Erfahrungspunkten bist Du auf Level 4, kannst 4 Aufträge gleichzeitig annehmen und erhälst zwei weitere Einladungsberechtigungen. Mit 8250 Erfahrungspunkten hast Du dann das letzte Level erreicht.«…“ Beitrag vom 06.12.2019 von und bei Stefan Sell externer Link
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