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Broschüre und Interview über 30 Jahre gewerkschaftliche Zusammenarbeit in Europa: Was Belegschaften vom „Fall Gillette“ lernen können
Interview von Gerhard Klas vom Mai 2025 auf dem Blog der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt
mit zwei Autor:innen von „Solidarität statt Konkurrenz“, Jutta Schneider, langjährige Betriebsrätin von Gillette in Berlin, und Hermann Nehls, Unterstützer und damals Sozialsekretär des Kirchlichen Dienstes in der Arbeitswelt: „… Hermann Nehls: Das Thema „Solidarität statt Konkurrenz“ ist weiter aktuell. Im Fall von Gillette ging es um die Zusammenarbeit zwischen Betrieben über Ländergrenzen hinweg. Die Situation von Gillette damals ist auch heute noch typisch: wenn es um den Abbau von Arbeitsplätzen geht, arbeiten die Geschäftsführungen gerne mit Halbwahrheiten und Lügen. Betriebsräte werden gegeneinander ausgespielt. Unsere Geschichte bei Gillette gibt ein Beispiel über die Möglichkeiten der Gegenwehr…“ Siehe mehr aus dem Interview und die Broschüre darüber:
- Weiter aus dem Interview von Gerhard Klas vom Mai 2025 auf dem Blog der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt
: „(…) Jutta Schneider: Die Unternehmensleitung hat gesagt, wir investieren da, wo für uns die Bedingungen passen. Am Anfang, 1986, war vor allem die wöchentliche Betriebsnutzungszeit das wichtigste Kriterium, sie sollte von 120 auf 144 Stunden ausgedehnt werden. Gefordert wurde regelmäßige Wochenendarbeit an Samstagen in Früh- und Spätschicht. Die neue Woche sollte dann mit der Nachtschicht von Sonntag auf Montag beginnen. Viele unserer 1.200 Kolleg:innen in Berlin waren entsetzt, als sie davon erfuhren. Uns wurde erzählt, die anderen Fabriken hätten der Wochenendarbeit schon längst zugestimmt. Aber wir hatten da unsere Zweifel und wollten das überprüfen. (…) Hermann Nehls: (…) Von der IG Metall wurden damals solche Betriebskontakte nicht gefördert, das lief, wenn überhaupt, alles über die Gewerkschaftsapparate. Die Kontaktaufnahme zu den Kolleg:innen in England war jedenfalls erfolgreich und wir trafen uns in einem Pub am Rande des Werkes. Im Gespräch kam heraus, dass die Informationen des Managements in Berlin einfach nicht stimmten. In Isleworth waren gar keine Investitionen geplant, und auch die Infos zur Arbeitszeit waren falsch. (…) Jutta Schneider: Als nächstes hat Hermann Kontakt zu den spanischen Kolleg:innen aufgenommen. (…) Unsere Geschäftsführung hat überhaupt nicht damit gerechnet, dass wir das überprüfen konnten. Dieser Punkt der authentischen Information ist ganz wesentlich bei der Zusammenarbeit. Man darf dem Management einfach nichts glauben. (…) Als die französischen Kolleg:innen ihren Besuch in Berlin ankündigten, verhingen sie ein Hausverbot. Die durften uns nicht im Betrieb besuchen. Die Geschäftsleitung bestimmt, welche Kontakte stattfinden und welche nicht, hieß es aus der Chefetage. Und so kam es, dass wir uns im IG Metall-Haus treffen mussten. (…) Hermann Nehls: Es gab Proteste, auch in Form einer gemeinsamen Erklärung für den Erhalt aller Arbeitsplätze. Eine Aktion der französischen Kolleg:innen erzielte eine etwas größere Öffentlichkeit: Sie hatten den Mont Blanc bestiegen und auf dem Gipfel ein Transparent gegen die Werksschließung gehisst. Im Himalaya waren sie auch. Aber der Druck hat einfach nicht ausgereicht. Jutta Schneider: Im Ergebnis hat es nichts genützt. Der Zusammenschluss von Einzelbetrieben ist nicht ausreichend, um eine Konzernpolitik gänzlich zu ändern. (…) Es ist schlimm, wie die Konzerne sich auf breiter Front durchsetzen können. Unser ganzes Tun und Handeln und Kämpfen war wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Es war sicher ein guter Anfang, aber es bedarf noch ganz anderer Mittel und Hebel, um weiter voranzukommen. Und da sind auch die Gewerkschaften und die Politik gefragt, nicht nur die Belegschaften. Im Moment kann man da allerdings wenig erwarten. Und das ist eben das Schlimme: Als wir unser Buch geschrieben haben, war gerade Wahlkampf zur Europawahl 2024. Da war überhaupt keine Rede von der Arbeitswelt und der Situation der Arbeitnehmer:innen. Auch die Eurobetriebsräte spielen nicht die Rolle, die sie spielen könnten. Sie vertreten nicht die Gesamtheit der Beschäftigten in den Unternehmen. Tausende von ausgegliederten Kolleginnen und Kollegen in den ganzen Subunternehmen sind außen vor. (…) Hermann Nehls: Mit unserer Vernetzungsarbeit bei Gillette ist es gelungen, eine Vertrauensebene herzustellen. Gewiss stellen Online-Konferenzen für den Austausch von Informationen eine Erleichterung dar, sie können aber auf keinen Fall den Aufbau persönlicher Beziehungen ersetzen. Und dabei geht es eben nicht nur um Betriebsratsvorsitzende, sondern um den Kontakt der Belegschaften untereinander. Die meisten waren Betriebsräte oder Vertrauensleute. Zu den informellen Treffen kamen aber auch andere interessierte Kolleg:innen, vor allem bei den späteren Treffen mit den polnischen Kolleg:innen…“
- „Solidarität statt Konkurrenz – Gillette: 30 Jahre gewerkschaftliche Zusammenarbeit in Europa“ von Jutta Schneider, Hermann Nehls und Stefan Loibl erschien bei Die Bochmacher zum Preis von 12 Euro, 82 Seiten – siehe Infos bei Die Buchmacherei