Lohnraub und Uber im Berliner Taxigewerbe

Dossier

verdi kämpft für Mindestlohn auch für Taxis“… am Montag wird das Arbeitsgericht Berlin die Klage eines Taxifahrers verhandeln, der Opfer extremer Ausbeutung geworden ist. Im November stand er kurz vor der Obdachlosigkeit, weil ihm sein Chef ungeachtet extrem langer Arbeitszeiten seit Monaten kein Entgelt und noch viel länger nur einen Bruchteil seines Lohns gezahlt hat. (…) In dem Verfahren geht es um einen besonders schweren Fall von Lohnraub, der sich zugetragen hat, obwohl das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg im August 2018 festgestellt hatte, dass die so genannten Fiskaltaxameter für die Erfassung von Arbeitszeiten unzulässig sind (Aktenzeichen 26 Sa 1151/17). Berliner Taxibetriebe nutzen diese Art Taxameter ungeachtet des Urteils in Kombination mit einem so genannten „Pausenmodul“, um Warte- und Bereitschaftszeiten am Halteplatz als Pausen zu erfassen.…“ Meldung von Balz externer Link zur Pressemitteilung des Berliner Taxi-Soziallotsen externer Link vom 19.02.2021 zur Verhandlung vor dem Arbeitsgericht. Siehe auch Proteste gegen Uber in Berlin:

  • Über Uber beschwert: Taxifahrer protestieren zum Bundespresseball gegen den Billigkonkurrenten New
    Am Freitagnachmittag gab es um das Berliner Hotel Adlon herum eine große Polizeiabsperrung. Viel Prominenz aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik fand sich dort zum Bundespresseball ein. In Sichtweite hatte die Gruppe Taxi-Kultur eine Leinwand aufgebaut. Nach einigen technischen Problemen zu Beginn wurde deutlich, gegen wen sie protestiert. »Wir wenden uns gegen die Partnerschaft und das Sponsoring des Bundespresseballs durch den Fahrdienstanbieter Uber«, erklärte Klaus Meier von Taxi-Kultur. Es war nicht der erste Protest der Gruppe. Auf der Leinwand waren Kurzvideos einer Aktion am 22. März vor der ehemaligen Mercedes-Benz-Arena in Berlin-Friedrichshain zu sehen…“ Artikel von Peter Nowak vom 14.04.2024 in ND online externer Link
  • Protest beim Filmfest: Taxifahrer demonstrieren gegen Berlinale-Sponsor Uber
    Der US-Fahrdienstvermittler Uber ist Hauptpartner der Filmfestspiele. Das stößt auf Kritik. Jetzt äußert sich Berlinale-Chefin Rissenbeek zu den Vorwürfen.
    Am roten Teppich war am Donnerstagabend das Gedränge groß. Doch Klaus Meier und seine Mitstreiter waren nicht ins Viertel rund um den Berlinale-Palast gekommen, um Autogramme zu sammeln. Sie demonstrierten dagegen, dass die US-Mobilitätsplattform Uber bei den 73. Berliner Filmfestspielen als Partner und Geldgeber  auftritt. „Dem Konzern ist es gelungen, sich als Hauptsponsor der Berlinale ins Scheinwerferlicht zu drängeln“, sagte Meier, der sich als Berliner Taxi-Soziallotse um Taxifahrer kümmert. „Damit stellt sich das Filmfestival auf die Seite des weltweit tätigen Zerstörers von Existenzen. Das kann eigentlich nicht sein und darf sich nicht wiederholen.“ Berlin ist eine von über 10.000 Städten weltweit, in der das Technologieunternehmen Uber per App Fahrten vermittelt. Erstmals tritt es bei einer Berlinale als Hauptpartner auf – und das ärgert den ehemaligen Taxifahrer Klaus Meier. „Uber ist der Hauptverantwortliche für systematisches Lohndumping mit einem massiven Unterschreiten des gesetzlichen Mindestlohns in Berliner Mietwagen und Taxis“, heißt es auf dem Flugblatt, das die Männer am Rand der Berlinale-Eröffnung verteilen. Uber befördert die Fahrgäste nicht selbst, sondern vermittelt die Aufträge an Partnerfirmen, die für jede Order bis zu 25 Prozent Provision zahlen müssen. Unter diesen Bedingungen sei es rechnerisch nicht möglich, den Fahrern Mindestlohn zu zahlen, lautet die Kritik. So entstand der Vorwurf des Lohn- und Sozialdumpings. Er trifft auch die anderen Berliner Anbieter auf diesem Gebiet, FreeNow und Bolt…“ Artikel von Peter Neumann vom 16.02.2023 in der Berliner Zeitung online externer Link, siehe auch dazu:

    • Protest gegen Berlinale-Partner Uber
      Pünktlich zur Eröffnung der Berliner Filmfestspiele am 16.2.  fand eine Protestaktion von Berliner TaxifahrerInnen nahe der Eröffnungszeremonie statt. Grund dafür ist, dass die mit öffentlichen Geldern finanzierte Berlinale ausgerechnet den umstrittenen Beförderungsvermittler Uber zum Hauptpartner machte. Uber fährt hier mit Elektro-Limousinen die Prominenten zum roten Teppich. Im Alltag hingegen wird mit einer Konstruktion ausSubunternehmen Taxi-ähnlicher Verkehr mit Autos der unteren  Mittelklasse durchgeführt. Allein schon wegen der hohen Provision, die  an Uber zu zahlen ist, ist dies ohne massives Lohndumping nicht möglich. In anderen deutschen und europäischen Städten wurde Uber erfolgreich gestoppt. Die Taxifahrer*innen fordern als Sofortmaßnahme Taxistände vor allen Berlinale-Kinos und für die Berlinale 2024 ein Mobilitätskonzept nach ethischen Kriterien, das eng mit den Anbieter*innen des Öffentliche  Personennahverkehrs incl. Taxis zusammenarbeitet und ausbeuterische Konzerne wie Uber ausschließt. Zeitgleich gab es am selben Ort eine Kundgebung von KollegInnen der Yorck-Kinos. Sie sind trotz Berlinale im Warnstreik und setzen sic für höhere Löhne und gegen zeitliche Befristungen ein. Auch in dieser Branche werden Löhne gezahlt, die den Gesetzlichen Mindestlohn nur  wenig überschreiten.  Es kam zu einer spontanen solidarischen Zusammenarbeit;die Kolleg*nnen unterstützten sich gegenseitig bei der Ausleihe von Megaphonen und mit Parolen. Wir sind alle lohnabhängig Beschäftigte — kämpfen wir zusammen für auskömmliche Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen, über Branchengrenzen hinweg!“ Bericht vom 20.02.2023 bei der AG Taxi Berlin externer Link mit Foto
    • und den Twitter-ACC von BerlinCab Taxi externer Link
  • Taxi-Gewerbe: Lohnraub ist gängige Praxis 
    Im Interview von Peter Nowak vom 15. März 2021 in neues Deutschland online externer Link kritisiert der Soziallotse Klaus Meier die systematische Ausbeutung und den Betrug im Berliner Taxi-Gewerbe: „… Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie haben die Einnahmen zeitweise fast auf null gebracht. Die Zahl der Berliner Taxis ist im vergangenen Jahr um etwa 1000 auf unter 7000 gesunken. Etwa 400 von über 2000 Solo-Selbstständigen haben aufgegeben. In der Pandemie wurde die bis dahin gut versteckte systematische und illegale Ausbeutung sichtbar, die sich mangels Umsatzvolumens nicht mehr mit Buchhaltungstricks verschleiern ließ. Leider haben sich weder die Taxi-Aufsichtsbehörde noch das Finanzamt oder der Zoll dafür interessiert. (…) [Ein] Kollege befand sich in akuten finanziellen Nöten, sodass ihm sogar der Wohnungsverlust drohte. Der Abgleich seiner Arbeitszeitaufzeichnungen und der Lohnabrechnungen zeigte, dass ihm sein Chef nur einen Bruchteil des ihm zustehenden Lohns bezahlt hatte. Ihm wurden über Jahre bis zu 70 000 Euro vorenthalten. Vor Gericht wird jetzt über die genaue Höhe seines Anspruchs verhandelt. Bisher kam es zu keiner Einigung. Am 22. Juli wird das Verfahren fortgesetzt. (…)Das Ausmaß des Lohnraubs ist ein Extremfall. Doch es ist bekannt, dass fast alle Berliner Taxibetriebe Löhne zahlen, die weit unter dem Mindestlohn liegen. Sie nutzen ein Zusatzgerät zum Taxameter, um die Warte- und Bereitschaftszeiten an Halteplätzen als Pausen und nicht als Arbeitszeit zu erfassen. Dabei hat das Berliner Arbeitsgericht bereits 2018 in einem Urteil festgestellt, dass die Erfassung von Arbeitszeiten auf diese Weise unzulässig ist. Die Kolleg*innen werden um einen großen Teil ihres Lohns betrogen. (…) Solange den Taxibetrieben gestattet wird, ausschließlich eine Umsatzbeteiligung zu zahlen, gibt es keinen gesetzeskonformen und armutsfesten Stundenlohn. (…) Ich beginne durch meine Gespräche mit Taxifahrer*innen zu verstehen, warum sich so wenige gewerkschaftlich organisieren. Viele sehen ihre Situation als alternativlos und haben Angst vor negativen Folgen, wenn sie sich wehren. Deshalb richtet sich ihr Protest gegen Uber und so gut wie nie gegen ihre eigenen Betriebe…“
  • Lohnraub im Berliner Taxigewerbe: Nächster Verhandlungstermin im Juli 2021 
    “Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf den Gütetermin an diesem Montag, 22. Februar folgt eine Verhandlung mit Beweisaufnahme. Das Gericht hat den Parteien aufgegeben, Schichtzettel und betriebliche Arbeitszeitaufzeichnungen vorzulegen. In dem Verfahren geht es um einen besonders schweren Fall von Lohnraub. Der Kläger klagt mehrere Zehntausend Euro an Lohn von seinem Arbeitgeber ein. Hintergrund des Verfahrens ist, dass die Berliner Taxi-Betriebe die Standzeiten der Fahrerinnen und Fahrer häufig nicht als Arbeitszeiten, sondern als Pausenzeiten abrechnen. Das geschieht automatisch mittels eines Zusatzmoduls, das an das Taxameter angeschlossen ist. Diese Geräte sind nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg aus dem Jahr 2018 allerdings nicht für die Aufzeichnung von Arbeitszeiten zulässig. Die Verhandlung wird von dem Richter geführt, dessen Urteil aus der ersten Instanz durch das genannte Urteil Landesarbeitsgerichts bestätigt wurde…“ Pressemitteilung des Berliner Taxi-Soziallotsen vom 26.02.2021 per E-Mail zum Termin am : Donnerstag 22. Juli 2021 um 11:00 Uhr Arbeitsgericht Berlin, Magdeburger Platz 1, 10785 Berlin, Raum 509
  • Siehe die Homepage des Berliner Taxi-Soziallotsen externer Link und diesen beim BALZ externer Link – Berliner Arbeitslosenzentrum evangelischer Kirchenkreise e. V.
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=186794
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