Rollentausch bei Eurowings: Spartenorganisation UFO und Management fordern einheitliche Tarifregelungen. ver.di besteht auf ihrem Recht, eigene Verträge abzuschließen

Dossier

lufthansa verdi jugendDie aktuelle Situation im Lufthansa-Konzern und speziell bei der Billigtochter Eurowings erinnert in vielen Facetten an den Tarifkonflikt bei der Deutschen Bahn im vergangenen Jahr. Die Unternehmensleitung setzt auf Verwirrung, schlägt Schlichtungen vor, macht unannehmbare Angebote, rudert wieder zurück und provoziert damit immer wieder Arbeitsniederlegungen. Zugleich konkurrieren verschiedene Gewerkschaften im Betrieb darum, die Beschäftigten tarifpolitisch zu vertreten. Angeheizt werden die Konflikte durch das Gesetz zur »Tarifeinheit«, das die Existenz sogenannter Minderheitsgewerkschaften in Frage stellt. Alles wie bei der Bahn also – und doch alles anders. Unter den Gewerkschaften scheinen die Rollen vertauscht zu sein…“ Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 25.11.2016 externer Link. Siehe dazu:

  • Zoff bei Eurowings. Bei der Lufthansa-Tochter eskaliert der Streit zwischen den Gewerkschaften UFO und ver.di. Gesetz zur »Tarifeinheit« verschärft Konflikte
    Die Gewerkschaften Unabhängige Flugbegleiterorganisation (UFO) und ver.di bekriegen sich bei Eurowings nun in aller Öffentlichkeit. Nachdem Gespräche über gemeinsame Tarifverhandlungen in der Nacht zum Freitag gescheitert waren, warf die Flugbegleiterorganisation der DGB-Gewerkschaft in einer Pressemitteilung vor, eine »unheilige Allianz« mit der Lufthansa-Tochter zu bilden, um UFO aus dem Tarifgeschäft zu drängen. Dazu werde auch das Gesetz zur sogenannten Tarifeinheit genutzt, das ver.di offiziell ablehne. Ver.di wies die Vorwürfe entschieden zurück.
    Seit Freitag gilt für die rund 460 Kabinenbeschäftigten bei Eurowings ein neuer Tarifvertrag. Die von ver.  di nach Arbeitsniederlegungen erreichte Einigung sieht Gehaltserhöhungen zwischen 6,25 und neun Prozent für einen Zeitraum von zweieinhalb Jahren vor. Während ver.di dies ein »sehr gutes Ergebnis für alle Flugbegleiter bei Eurowings« nennt, lässt UFO kein gutes Haar an dem Deal. Dieser enthalte »neben moderaten Gehaltserhöhungen über fast drei Jahre auch geplante Verschlechterungen bei den Arbeitsbedingungen«. Essentielle Themen seien überhaupt nicht geregelt.
    Dem Eurowings-Management warf die Flugbegleiterorganisation – die Teil der kürzlich gegründeten Industriegewerkschaft Luftverkehr (IGL) ist – vor, den ver.di-Tarifvertrag nicht innerhalb der möglichen Frist widerrufen zu haben. Offenbar wolle die Airline mit der »zahmeren« ver.di kooperieren, »um mit Hilfe des Tarifeinheitsgesetzes die Chance zu nutzen, UFO vom Tariftisch zu verdrängen«, kritisierte UFO-Tarifvorstand Nicoley Baublies. Entscheidend sei die Schaffung guter Konditionen für das Kabinenpersonal. »Eine ›schnelle Mark‹, mit unveröffentlichten Geheimpapieren und ohne Zukunftssicherung, wie sie der ver.di-Abschluss vorsieht, hilft nicht.«
    Ver.di-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle zeigte sich auf jW-Nachfrage »fassungslos« über die Vorwürfe und das Vorgehen der UFO-Spitze. Diese habe bei den 20stündigen Gesprächen keinerlei Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Die Dienstleistungsgewerkschaft sei sogar zu gemeinsamen Verhandlungen über einen neuen Manteltarifvertrag bereit gewesen, doch UFO habe ultimativ gefordert, dass der von ver.di ausgehandelte Gehaltstarif nicht in Kraft tritt. Offenbar sehe UFO »angesichts des sehr guten ver.di-Abschlusses ihre Felle davon schwimmen« und habe Eurowings mit Hilfe offener Tarifverträge im Mutterkonzern unter Druck gesetzt, die Vereinbarung mit ver.di zu unterlaufen.
    Es könne weder von unveröffentlichten Geheimpapieren noch von Verschlechterungen im ver.di-Tarif die Rede sein, betonte Behle, die in der Dienstleistungsgewerkschaft den Fachbereich Verkehr leitet. Die Einigung enthalte lediglich die dargestellten Gehaltserhöhungen. Zudem habe ver.di »schweren Herzens« den Manteltarifvertrag von UFO für ein Jahr übernommen. Darin seien in der Tat viele Regelungen verbesserungswürdig, zum Beispiel zur Arbeitszeit, zu Lohnbestandteilen und zur Altersvorsorge. Die ver.di- Tarifkommission bei Eurowings werde in den kommenden Monaten darüber diskutieren, welche Verbesserungen sie Ende nächsten Jahres anstreben will. Eine formale Beschäftigungssicherung, wie sie UFO offenbar vorschwebt, hält ver.di indes für unnötig. Der Konzern setze bei seiner Tochter Eurowings auf Expan­sion, nicht auf Personalabbau, erläuterte Behle, die auch im Aufsichtsrat der Lufthansa sitzt. Betriebsbedingte Kündigungen seien daher ohnehin nicht zu erwarten.
    Im Gegensatz zu UFO sehen die ver. di-Mitglieder bei Eurowings die erzielte Vereinbarung offensichtlich positiv: 94 Prozent von ihnen sprachen sich laut ver.di in einer Abstimmung dafür aus. Es gebe »eine durchweg positive Resonanz«, so Behle. Dies auch vor dem Hintergrund, dass UFO in den vergangenen sieben Jahren keinerlei Gehaltserhöhung herausgeholt habe.
    Behle dementierte vehement, die gesetzliche »Tarifeinheit« nutzen zu wollen, um die kleinere UFO bei Eurowings zu verdrängen. »Wir haben uns eindeutig gegen das Gesetz ausgesprochen und wollen auch nicht, dass es hier zur Anwendung kommt«, so die Gewerkschafterin. Schließlich habe ver.di selbst Verfassungsbeschwerde eingelegt. Darüber – und über die Beschwerden der Spartengewerkschaften – wird am 24. und 25. Januar 2017 in Karlsruhe verhandelt.Artikel von Daniel Behruzi aus der jungen Welt vom 17.12.2016 – wir danken dem Autor!
  • Ver.di und UFO: Tarifgespräche mit Eurowings gescheitert
    „… Die Gespräche zwischen der Lufthansa-Tochter Eurowings und den Gewerkschaften UFO und ver.di über einheitliche Tarifverträge für Flugbegleiter sind laut UFO gescheitert. „Wir haben nach wie vor den klaren Auftrag unserer Mitglieder, bessere Tarifbedingungen für sie zu verhandeln“, sagte die stellvertretende UFO-Vorsitzende Sylvia De la Cruz. Damit drohen Eurowings erneut Streiks des Kabinenpersonals. Die konkurrierenden Gewerkschaften wollten zusammen mit dem Unternehmen ein Abkommen schließen, das den Flugbegleitern bei Eurowings einheitliche Tarifverträge ermöglichen sollte. Verdi hatte Anfang Dezember mit Eurowings einen Abschluss erreicht, den UFO scharf kritisiert und als „massive Provokation“ bezeichnet hatte.  (…) UFO-Tarifvorstand Nicoley Baublies: „Leider bleibt uns deshalb nichts anderes übrig, als mit den ’normalen‘ gewerkschaftlichen Mitteln die Ziele der EW-Mitarbeiter zu verfolgen und mit dem besseren Vertrag auch die Mehrheit der Kabinenmitarbeiter bei Eurowings zu überzeugen.“ Konkrete Pläne für Streiks oder andere Aktionen nannte Baublies aber nicht…“ Agenturmeldung vom 16. Dezember 2016 bei tagesschau.de externer Link
  • Wichtig im Artikel von Daniel Behruzi in junge Welt vom 25.11.2016 externer Link: „… Einen unguten Beigeschmack hat es allerdings, dass manche ver.di-Funktionäre auf das Gesetz zur sogenannten Tarifeinheit verweisen, um ihre Ansprüche zu untermauern. So erklärt Carola Werner, Sprecherin der ver.di-Tarifkommission bei Eurowings Kabine, im Interview mit der Gewerkschaftszeitung Verkehrsreport: »Wir sind die Mehrheitsgewerkschaft. Wenn der Arbeitgeber nach Tarifeinheitsgesetz vorginge und auszählen ließe, wäre das schnell geklärt.« Der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske hatte in der Auseinandersetzung um das Gesetz stets betont, seine Gewerkschaft werde dieses nicht nutzen, um gegen konkurrierende Organisationen vorzugehen. In der Verfassungsbeschwerde, die ver.di gegen die gesetzlich verordnete »Tarifeinheit« vorgelegt hat, wird auch auf die komplexe Tarifsituation im Lufthansa-Konzern verwiesen…“
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=107614
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