Regensburg: Ca 25 streikende Bauarbeiter besetzen Kräne bis sie ihr vom italienischen Auftraggeber endlich Geld bekommen – und erfahren viel Solidarität

Dossier

Y-Kollektiv: Ausbeutung auf Baustellen – So prekär leben Wanderarbeiter in DeutschlandDrei streikende Bauarbeiter haben in Regensburg die Nacht auf Kränen verbracht. Am Donnerstag wollen sie und ihre rund 20 Kollegen erneut auf der Baustelle gegen die ausbleibende Bezahlung protestieren. „Sie wollen den Streik erst beenden, wenn sie Geld bekommen“, sagte eine Polizeisprecherin. Auf der Baustelle im Regensburger Stadtteil Königswiesen haben am Mittwochnachmittag Bauarbeiter die spontane Streikaktion begonnen. Dabei wurden auch zwei Kräne besetzt. Nach Angaben der Streikenden wollen sie mit der Protestaktion darauf aufmerksam machen, dass sie angeblich die letzten zwei Monate kein Gehalt mehr bekommen haben. Um auf sich aufmerksam zu machen und sich Gehör zu verschaffen, schlugen die Bauarbeiter am Mittwoch mit Eisenstangen auf die Verstrebungen der Kräne. Die Polizei versuchte mit den Bauarbeitern ins Gespräch zu kommen. Ein Dolmetscher war vor Ort. Dieser versuchte zwischen den Protestierenden und ihrem eigentlichen Arbeitgeber in Italien zu vermitteln. (…) Schließlich wurde eine mögliche Einigung für den Donnerstag in Aussicht gestellt. Daraufhin hatten die Streikenden zunächst angekündigt, die Nacht auf einer Grünfläche verbringen zu wollen. Nach den Vermittlungsversuchen war ein Großteil der Arbeiter aber schließlich doch nach Hause gegangen. Drei Männer blieben aber oben auf den Baukränen. Da für sie aber keine akute Gefahr besteht, hat die Polizei am späten Nachmittag den Einsatz beendet…“ Meldung vom 06.08.2020 bei BR24 externer Link („Protestaktion in Regensburg: Bauarbeiter besetzen Kräne“) – siehe weitere Informationen:

  • Nach Streik Anfang August: Weiterer Protest wegen ausstehender Löhne in Königswiesen New
    “… Auf der Baustelle wird betriebsam gearbeitet. Kräne schwingen Europaletten durch die Luft, es wird gesägt, geflext, gehämmert. Ein normaler Arbeitstag. Ein paar Arbeiter sammeln sich aber am gegenüberliegenden Netto-Parkplatz. Vertreterinnen und Vertreter der IG BAU und anderer Gewerkschaften sind mit Warnwesten, Fahnen und Plakaten angerückt. Nach kurzer Besprechung ziehen die gemeinsam etwa zwanzig Anwesenden zur Ampelkreuzung an der Königswiesener Großbaustelle. Manche Autofahrer, die an der Ampel halten, fragen interessiert nach. Die Forderungen sind im Grunde ähnlich, wie bereits Anfang August: Die Lohnzahlungen stocken noch immer. (…) Der Baukran-Streik hatte zumindest einen ersten Erfolg. Der Generalunternehmer F & B Grundbesitz Regensburg II aus Weiden, der an der Ecke Dr.-Gessler-Straße/Friedrich-Ebert-Straße das Quartierszentrum „KönigsTOR“ bauen lässt, streckte zwei Drittel der Löhne vor und sicherte den Rest zeitnah zu. Doch bis heute soll ein Teil des Geldes ausgeblieben sein. Die Rede vor Ort ist von etwa einem Viertel – gesichert sind die Angaben nicht. Laut IG BAU tue sich selbst der Zoll schwer „das Ganze nachvollziehen zu können“. Überhaupt ist die Informationslage dünn. Die betroffenen Arbeiter – es sind heute etwa zehn zum Protest anwesend – verstehen und sprechen kein Deutsch. Ein Italienisch-Dolmetscher versucht die Kommunikation zwischen Bauarbeitern und den sich solidarisierenden Gewerkschaftsmitgliedern in Fluss zu halten. Die Arbeiter selbst berichten davon mittlerweile teilweise in Parks zu schlafen, weil ihnen seit ihrer Streikaktion der Zutritt zur Baustelle und damit auch den dortigen Unterkünften verwehrt werde. Möglicherweise kehren sie bald nach Bergamo zurück, weil sie über keine Mittel verfügen. Aber auch das ist am Montag noch unklar. „Sollen wir Steine essen?“, äußert einer der Protestierenden. (…) Gewerkschaftssekretärin Petra Katens nimmt in der Königswiesener Angelegenheit auch die Politik in die Pflicht. „Wie weit sind wir eigentlich in Deutschland, dass ausländische Arbeiter hier so behandelt werden?“ Dass es immer wieder zu solchen Vorfällen komme, hänge auch mit der Gesetzeslage zusammen, die das eben auch zulasse, so die Bau-Gewerkschafterin…“ Artikel von Martin Oswald vom 17.08.2020 bei regensburg-digital externer Link
  • Großbaustelle in Königswiesen: Streik auf Baukränen – Lohn noch nicht komplett überwiesen
    „Mehr als 24 Stunden befanden sich rund 25 Bauarbeiter im Streik, ehe sie am vergangenen Donnerstag kurz nach 13 Uhr die besetzten Kräne auf der Baustelle an der Dr.-Gessler-Straße wieder freigaben. Zuvor hatte der Bauträger, die F & B Grundbesitz Regensburg II GmbH mit Sitz in Weiden, einen Teil der ausstehenden Lohnforderungen überwiesen. Auf den Rest des Geldes warten die Arbeiter noch immer. (…) Es ist Mittwochfrüh als mehrere Arbeiter eines Subunternehmens mit Sitz in Bergamo in den Streik treten. Sie blockieren die Einfahrt zur Baustelle. Einige von ihnen besetzen zwei der Baukräne und klopfen immer wieder mit Hämmern gegen die Verstrebungen der Baumaschinen, um so auf sich aufmerksam zu machen. (…) Den Streikenden geht es bei der ganzen Sache vor allem um Persönliches. „Viele von uns haben Familien und seit 45 Tagen keinen einzigen Euro mehr bekommen“, erklärt ein Mann auf Englisch. Weder Wasser und Essen noch ein Zugticket nach Hause könnten sie sich leisten. Unterstützung bekommen sie durch einige Personen aus dem angrenzenden Wohnheim. „Wir haben Wasser und Kaffee von ein paar jungen Leuten bekommen“, sagt der Mann dankbar. Die Polizei hingegen ist in seinen Augen zu lasch. „In Frankreich oder Italien hätte man schon längst hart durch gegriffen“, ist er sich sicher. Gegen wen die Polizei aus seiner Sicht hier vorgehen soll, bleibt unklar. (…) „Das fängt ja schon bei den Unterkünften und den Hygienebedingungen an”, erklärt er. Die seien schon vor Corona auf vielen Baustellen eine Katastrophe gewesen. Seit Wochen stellen er und seine Kollegen unzählige Missachtungen der aktuell geltenden Hygiene- und Gesundheitsregeln fest. „Abstand und Maske werden so gut wie nirgends eingehalten. Und auch Toiletten oder Waschbereiche sind katastrophal.” Auch auf der Baustelle in Königswiesen ist von Mundschutz und Abstand wenig zu sehen. Nichts zu sehen ist aber auch von dem noch ausstehenden Geld. Zwei Drittel hatte F & B am Donnerstag zunächst überwiesen und die restliche Summe zeitnah zugesichert. Wie die IG BAU Mittwochvormittag mitteilte, gäbe es noch keinen weiteren Zahlungseingang. Daher werde man vermutlich diesen Donnerstag vor der Baustelle eine Kundgebung abhalten.“ Bericht von Michael Bothner vom 12. August 2020 bei regensburg-digital externer Link
  • Auf Kräne geklettert: Bauarbeiter beenden Streik in Regensburg 
    Drei Bauarbeiter saßen mehr als 24 Stunden auf einem Kran, weil sie seit 45 Tagen keinen Lohn bekamen. Am Donnerstagnachmittag wurde das Geld überwiesen. (…) Drei Männer waren auf einen der Kräne geklettert und harrten dort mehr als 24 Stunden aus. Mittwochmittag kamen sie freiwillig wieder herunter. Zunächst war noch unklar, gegen wen sich der Zorn der zum Großteil aus Ägypten stammenden Arbeiter richtete. Doch wie Karin Paul, zuständige Einsatzleiterin der Polizeiinspektion Süd, am Donnerstag vor Ort mitteilte, sei das Geld wohl irgendwo in den Verwirrungen der „Sub-Sub-Sub-Unternehmen“ nicht mehr weitergereicht worden. „Die italienische Firma, bei der die Streikenden angestellt sind, haben das Geld selbst nicht erhalten und konnten daher die Löhne nicht mehr zahlen“, erklärt Paul. Die Polizei tritt vor Ort auch als Vermittler zwischen den Streikenden und dem Bauherren, der Investor F&B Grundbesitz Regensburg II GmbH auf. Mehrfach ruft ein Mann „Bastardo“ und „Mafioso“ in Richtung des Bauherren Michael Fritsch. Die Stimmung vor Ort ist auf beiden Seiten sehr angespannt. Zwar versichert Fritsch, mit der Situation selbst nichts zu tun zu haben – er sei für die 25 Arbeiter eigentlich gar nicht zuständig. „Wir sind jetzt trotzdem in Vorleistung gegangen und haben einen Teil der offenen Summe auf das Konto der Firma in Bergamo überwiesen.“ Die Bauarbeiter ermahnt er dabei immer wieder, den Streik zu beenden, sobald das Geld eingegangen ist. „Auch, damit am Ende nicht doch noch jemandem etwas passiert.“ (…) Ab 11.30 Uhr haben sich gegenüber der Baustelle auch ein Dutzend Demonstranten zu einer Solidaritätskundgebung eingefunden. „Streik“ steht auf einem der Transparente. Sie fordern auch die übrigen Arbeiter, die über eine andere Firma angestellt sind, auf, sich dem Streik anzuschließen. Ohne Erfolg. Einige der Bauarbeiter erklären stattdessen ihr Unverständnis für den Streik und behaupten, da gehe es gar nicht um unbezahlten Lohn. Doch genauer wollen sie nicht darauf eingehen…“ Artikel von Michael Bothner vom 06.08.2020 in onetz.de externer Link, siehe auch:

    • Bauarbeiter beenden Streik auf Kränen. Rund 24 Stunden verbrachten die Männer aus Italien in der Höhe, weil sie keinen Lohn bekommen hatten. Ihre Aktion war offenbar erfolgreich
      Es ist Donnerstagnachmittag, als der letzte Bauarbeiter vom Kran steigt. Der Streik ist vorbei. Nach rund 24 Stunden in der Höhe, bei großer Hitze, am Ende waren es fast 30 Grad auf der Baustelle in Königswiesen, im Regensburger Westen. „Sie wollen den Streik erst beenden, wenn sie Geld bekommen haben“, hatte eine Polizeisprecherin am Donnerstagmorgen gesagt. Da protestierten noch rund 20 Arbeiter auf der Baustelle, drei von ihnen hatten die Nacht auf Kränen verbracht. Sie protestierten, weil sie seit zwei Monaten keinen Lohn bekommen haben sollen. Offenbar mit Erfolg. Die Bauarbeiter werden ihr Geld wohl kriegen. (…) Bei der Firma handelt es sich offenbar um ein Subunternehmen, das wiederum von einem Subunternehmen der Immobilienfirma F&B Grundbesitz Regensburg II GmbH beauftragt wurde, der das Baugrundstück in Königswiesengehört. So kompliziert die Verflechtung der Firmen klingt, so kompliziert gestalteten sich dann zunächst wohl auch die Vermittlungsversuche der Polizei mit den Arbeitern. Erst am Donnerstag, im Laufe des Vormittags, zeichnete sich dann eine Lösung ab. Zwar habe man bereits am Mittwoch entschieden, „dass wir dem Subunternehmer eine direkte Zahlung leisten werden“, damit er den Arbeitern dieses Geld als Lohn auszahlen könne, sagte F&B-Geschäftsführer Michael Fritsch. Doch erst am Donnerstagvormittag „konnte mit dem Subunternehmer eine Vereinbarung getroffen werden“, bald darauf seien die Arbeiter dann von den Kränen gestiegen. Unternehmer Fritsch legt Wert darauf, dass seine Firma „schwer bis gar nicht Einfluss nehmen“ könne, wenn ein Subunternehmer seinen Mitarbeitern keinen Lohn bezahle – und dass es seitens seiner Firma „keine rechtliche Verpflichtung“ gegeben habe, für den offenbar zahlungsunwilligen Subunternehmer einzuspringen. Er wisse nicht, „ob wir das Geld wiedersehen“, sagte Fritsch…“ Artikel von Andreas Glas vom 6. August 2020 in der Süddeutschen Zeitung online externer Link
  • Die zweite Kundgebung um 18:00 Uhr ist abgesagt!  
    • SozialrevolutionäreAktion am 6.8.20 externer Link (Twitter): „Die zweite Kundgebung heute um 18:00 Uhr am Neupfarrplatz ist abgesagt. Auf der Grundlage unseres derzeitigen Wissensstands können wir das nicht guten Gewissens machen. Wir bleiben dran, falls sich etwas ändert.“ und ihre Stellungnahme dazu: “ Die Kundgebung heute Abend am Neupfarrplatz ist abgesagt. Wir können nicht mit Klarheit auf die Straße gehen, wenn wir die genaue Situation der Beteiligten noch nicht genau verstehen. Klar ist, dass manche ihren Lohn erhalten, manche nicht. Klar ist auch, dass hier durch viele Subunternehmen die Löhne gedrückt und die Arbeiter*innen gespalten werden. Ein vereinter Streik gegen jegliche Kapitalisten ist natürlich dringend notwendig und vollkommen gerechtfertigt. Was wir nicht unterstützen, ist ein Streik im Namen der Chef*innen eines Subunternehmens, das nicht bezahlt wird. Natürlich Unterstützen wir die Forderung, dass jeder hier seinen Lohn erhält. Wir fordern aber vielmehr, dass der Reichtum, der hier geschaffen wird an kein Unternehmen oder Subunternehmen geht, sondern bei denen bleibt, die ihn erschaffen.“
    • SozialrevolutionäreAktion am 6.8.20 externer Link (Twitter): „… Einige Arbeiter sagen sie haben ihren Lohn nicht erhalten, andere behaupten sie streiken dafür, dass „ihr“ Subunternehmen ausbezahlt werden soll. An dieser Stelle: Wir solidarisieren uns nicht mit dem Ausbeuterbetrieb! Es gibt sprachlich bedingte Kommunikationsschwierigkeiten, sollte es zutreffen, dass sie für ihr Kapitalistenunternehmen streiken, wird die zweite Kundgebung heute abend nicht stattfinden. Der Streik als politisches Druckmittel ist Kampfform der Arbeiter*innen – mit diesen wollen wir uns solidarisch erklären – nicht mit den Verursachern und Gewinnern der Ausbeutung!
  • Soliaufruf von SozialrevolutionäreAktion externer Link auf Twitter zu Solidaritäts-Kundgebungen am Donnerstag, 6.8.: Um 11.30 Uhr an der Baustelle und um 18 Uhr auf dem Neupfarrplatz
  • Für aktuelle Meldungen empfehlen wir @SRA_Regensburg externer Link
  • Update zum Streik von Autonomie Magazin externer Link: „Die Arbeiter wurden von der Baustelle geschmissen und sind nebenan um weiter zu streiken, Support ist erwünscht.  Es laufen noch Verhandlungen über die Lohnfortzahlung. Die Bauleitung möchte sie schnellstmöglich nach Italien zurückschicken.“
  • Arbeiter verbrachten Nacht auf Kränen. 25 Bauleute protestieren gegen ausbleibende Lohnzahlungen. Nun äußert sich der Generalunternehmer der Baustelle
    Sie klopfen weiter: Seit sechs Uhr morgens hämmern Bauarbeiter in Königswiesen wieder gegen Kräne auf einer Großbaustelle. Seit zwei Monaten seien sie nicht von ihrem Arbeitgeber bezahlt worden, teilten die Männer der Mittelbayerischen mit. Drei von ihnen harren seit gestern auf Kränen aus, erklärt Hani Abdelfattah. Der 45-jährige Ägypter, der selbst auf der Baustelle arbeitet und in den Streik getreten ist, fühlt sich im Stich gelassen. „Die Arbeiter sitzen seit gestern da oben – seit 30 Stunden ohne Essen, ohne Trinken. Niemand kümmert sich um sie, auch nicht Polizei“, sagt er…“ Artikel von Franziska Sandig, Micha Matthes und Daniel Steffen vom 06. August 2020 bei mittelbayerische.de externer Link – ab da leider kostenpflichtig
  • Lt. mittelbayerische.de externer Link ist der Bauherr der Investor F&B Grundbesitz Regensburg II, der italienische Sub sei bislang unbekannt
Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=176443
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