Wir trauern um Bodo Zeuner

Bodo ZeunerErst am Morgen des 2. Dezember hat uns die traurige Nachricht erreicht, dass wir mit Bodo Zeuner unser Vereinsgründungsmitglied und guten Freund verloren haben… Die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt hat bereits einen ersten Nachruf externer Link verfasst, auf den wir gerne verweisen und hieraus hier teilweise zitieren:

Unser Ehrenmitglied Bodo Zeuner ist am Dienstagmorgen, den 30. November 2021 im Alter von 79 Jahren nach langer Krankheit gestorben. Wie seine Familie mitteilte, starb er friedlich zuhause in Anwesenheit seiner Liebsten. Bodo hatte ein erfülltes und gutes Leben. (…) Für unsere Stiftung hat Bodo Zeuner sich bleibende Verdienste erworben. Nicht umsonst ist ihm nach seinem Ausscheiden aus dem Kuratorium im August dieses Jahres die Ehrenmitgliedschaft verliehen worden. Wir blicken mit großer Dankbarkeit auf mehr als drei Jahrzehnte zurück, in der Bodo für unsere Stiftung gewirkt hat. Bodo war in den 1980er-Jahren Sprecher des “Arbeitskreises Arbeitszeitverkürzung” und des “Solidaritätskomitees für die entlassenen BMW-Gewerkschafter” und damit ein zentraler Wegbereiter der Stiftung. Bodo hat den Gewerkschafter und BMW-Betriebsrat und späteren Stifter Peter Vollmer 1990 bei der Stiftungsgründung mit Rat und Tat begleitet. Er gehörte 25 Jahre dem Vorstand an, davon 23 Jahre als Peters Stellvertreter, zudem war er nach seiner Zeit im Vorstand sechs Jahre Mitglied des Kuratoriums unserer Stiftung. Bodo hat viele von uns geprägt, sei es als Lehrer, als Genosse oder als Freund. Bodo war sanftmütig, klar und hatte große intellektuelle Kraft. Mit ihm zusammen zu sein, zusammenzuarbeiten und zusammen zu kämpfen war stets eine Freude. Bodo wird uns fehlen. Unserer Erinnerung aber bleibt er für immer verhaftet…” LabourNet Germany schließt sich dem an, auch im Namen des Vereins! 

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Auf dieser Trauerseite sollen Nachrufe veröffentlicht werden – die Funktion eines virtuellen Kondolenzbuches für persönliche Eintragungen ist aus technischen Gründen leider nicht möglich, bitte diese an redaktion@labournet.de senden!

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  • Überlebensfragen der Gewerkschaften: Anregungen, Begegnungen, Erfahrungen mit und von Bodo New
    „… Immer wieder wies Bodo darauf hin, wie wichtig und notwendig eine Globalisierung der Gewerkschaften auch als Antwort auf die Globalisierung der Kapitalien ist. Bestandteil dieser Antworten müssen auch neue Arbeitskampfformen sein. Sinnvollerweise unter Einbeziehung und Partizipation von Teilen der Zivilgesellschaften. Die alte soziale Bewegung Gewerkschaft sollte sich zu einer Gewerkschaft als soziale Bewegung neu weiter entwickeln, „als Teil einer internationalen Gegenmacht und Regulierung im Interesse von Menschenwürde und guter Arbeit“, so Bodo 2004. Dem möchte ich hinzufügen: Das Treffen von haupt- und ehrenamtlichen Spitzenfunktionären in Tagungstempeln irgendwo in der ersten bis dritten Welt kann hilfreich sein für den Aufbau internationaler Solidarität, sie auch überhaupt erleichtern. Es ist allerdings noch nicht die im globalen Kapitalismus notwendige supranationale Solidarität. Auch hier gilt: Die Kraft kommt aus den Wurzeln und weniger aus den Wipfeln. Ausnahmen bestätigen diese Erfahrungen. (…)
    Für uns als gewerkschaftlich, auch als hauptamtlich Aktive war Bodo wichtig. Sein Interesse an den Problemen in den „Maschinenräumen“ der alten und neuen sozialen Bewegung Gewerkschaft  und seine praktizierte Solidarität ob als Referent, als Unterstützer mit seiner Unterschrift und gelegentlichen Interventionen bei ehemaligen Studenten in den höheren Gewerkschaftsetagen ist nur schwer zu ersetzen.
    Und seine Kritiken waren gepaart mit Hoffnung. Und die war nicht nur materialistisch oder gar zynisch begründet wie „im Kapitalismus wird es Gewerkschaften geben müssen.“ Mir erschien er da eher als Anhänger von Ernst Bloch „man muss ins Gelingen verliebt sein, nicht ins Scheitern“. Das Gelingen konnte, besser sollte auch durch Probieren, sich Wehren, Kämpfen erreicht werden können…“  Aus dem Text des Redebeitrags von Anton Kobel bei der Trauerfeier für Bodo Zeuner am Freitag, 26.8.22 in Berlin unter dem Motto „Gewerkschaftliche Solidarität – Eines jener einfachen Dinge, die schwer zu machen sind“
  • Trauerrede von Detlef Hensche bei der Beerdigung von Bodo Zeuner
    „… Wir erinnern an einen uns nahestehenden Menschen, an einen Freund und Weggefährten, der uns allen ein reiches Erbe hinterlassen hat: Als Wissenschaftler, der über Politik, über Parteien und Gewerkschaften, über Hochschule, Bildung und Medien geforscht und publiziert hat; und der als politischer, eingreifender Mensch nicht gezögert hat, gegen Inhumanität, Ungerechtigkeit, Machtanmaßung und Pharisäertum aufzustehen.
    Legendär ist der bereits in jungen Jahren durchgefochtene Konflikt mit dem autokratischen Spiegel-Herausgeber Augstein, ein folgenreicher Konflikt, der letztlich auch für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg bestimmt hat.
    Nicht minder bekannt sind seine Interventionen, um die Gewerkschaften an ihren ureigensten Auftrag zu erinnern und Solidarität anzumahnen, hierzulande wie grenzüberschreitend, das zweifellos härteste Brot gewerkschaftlicher Arbeit.
    Beides – Wissenschaft und Einspruch – bilden eine Einheit…“ Aus der Trauerrede von Detlef Hensche bei der Beerdigung von Bodo Zeuner im engsten Kreis
  • Bodo Zeuner (1942 – 1921) 
    „… Die politischen Felder, auf denen Bodo jahrelang unterwegs war, sind jedenfalls weit. Neben seinen beruflichen Aktivitäten in der Lehre oder der „Arbeitsstelle für nat. und internat. Gewerkschaftspolitk“ gehörten dazu seine herausragende Rolle im jahrelangen Prozess und Erfolg der von BMW gekündigten oppositionellen Betriebsräte im Berliner Werk, die dann auch persönliche Freundschaften begündete. Deren wichtigster politischer Ausdruck wurde die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt mit Bodo als stellvertretendem Vorsitzenden. Für die im Vorstand herrschende angenehme Streitkuktur hatte er wesentlichen Anteil. Der Verstorbene war Gründungsmitglied von Labournet, aktives Mitglied des Forums „Arbeitswelten Deutschland China“ und Co-Autor einer Studie, die sich mit der Empfänglichkeit rechtsextremistischen Gedankenguts in den Gewerkschaften befasste. Obwohl er nie eine Alternative zur oppositionellen Arbeit in den DGB-Gewerkschaften sah, entstanden daraus keine engstirnigen Loyalitäten. So verteidigte er auf dem Podium einer FAU-Veranstaltung diese gegen Angriffe auf das Koalitionsrecht. In einer seiner letzten Auftritte würdige er den 100sten Jahrestag der Novemberrevolution. Bodo, unser Freund und Genosse, wir haben dir viel zu verdanken.“ Nachruf von Jochen Gester aus der SoZ Nr. 12/2021 externer Link
  • Wir erinnern an Bodo Zeuner: Selbstermächtigung und Befähigung zu solidarischem Handeln
    In den 1980er Jahren stand die IG Metall vor der heißen Phase im Kampf um die 35-Stunden-Woche. Bodo Zeuner, Professor der politischen Wissenschaften, hatte einen Arbeitskreis Arbeitszeitverkürzung gegründet. In ihm kamen junge Student*innen und aktive Gewerkschafter*innen zusammen, um diese Auseinandersetzung politisch zu begleiten. Wir lernten dort viel voneinander und unterstützten die Kampagne zur Arbeitszeitverkürzung öffentlich. In diese Zeit fiel auch die Kündigung von drei Gewerkschaftern bei BMW. Alle drei hatten sich besonders für die 35-Stunden-Woche eingesetzt. Auf Initiative von Bodo Zeuner gründete sich ein Solidaritätskomitee. Dessen intensive Arbeit führte nach über drei Jahren dazu, dass BMW die drei Gewerkschafter wieder einstellen musste. Es war sein Kampf gegen Arbeitsunrecht, der zu diesem Erfolg führte. Bodo hatte ausgezeichnete journalistische Fähigkeiten und gute Kontakte. Die Beziehung und Freundschaft zu den Kolleginnen und Kollegen bei BMW führte unter anderem dazu, dass er sich an einem Austauschprojekt zwischen britischen und deutschen Gewerkschafter*innen beteiligte. (…) Dass Bodo die internationale Gewerkschaftsarbeit im Blick hatte, war nicht neu. Schon früh hatte er mit seinen Studentinnen und Studenten Exkursionen nach Italien organisiert, um die dortige Arbeiterbewegung zu studieren. Als die deutschen Investitionen der Autoindustrie in China immer mehr zunahmen, war ihm das Grund genug, sich die Arbeitsbeziehungen in China sowie die Rechte und Möglichkeiten der Arbeiterbewegung unter die Lupe zu nehmen. (…) Der Arbeitskreis Internationalismus konnte sich immer auf die Expertise und die Unterstützung von Bodo Zeuner stützen. Und wir waren nicht die einzigen. Viele seiner früheren Student*innen und Doktorand*innen engagieren sich heute in der (auch hauptamtlichen) Gewerkschaftsarbeit. Durch die Lehre bei Bodo waren sie für diese Aufgaben gut vorbereitet. Zu ihnen gehört auch Regina Katerndahl, Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Berlin. Sie erinnert sich sehr gerne an die Begegnungen mit ihm…“ Nachruf des Arbeitskreises Internationalismus der IG Metall Berlin (AKI) vom  15.12.2021 bei der IG Metall Berlin externer Link
  • Traueranzeigen der Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt für Bodo Zeuner
    Wir trauern um unser Ehrenmitglied Bodo Zeuner (26.08.1942 – 30.11.2021)
    Bodo hat unsere Stiftung maßgeblich beeinflusst – als Ratgeber bei der Gründung sowie über Jahrzehnte hinweg als Mitglied des Vorstands und Kuratoriums. Wir verlieren einen bescheidenen, sanftmütigen, klugen und leidenschaftlichen Mitstreiter für Menschenwürde in der Arbeitswelt und gegen Arbeitsunrecht im Betrieb. Selbstermächtigung zu kritischem Denken und die Befähigung zu solidarischem Handeln – das waren Bodos zentrale Anliegen. Wir bleiben Bodo für immer verbunden. Für die Stiftung Menschenwürde und Arbeitswelt…“ Traueranzeige in der taz vom 11.12.2021  und diejenige im Tagesspiegel vom 12.12.2021
  • [express] Wir trauern: Bodo Zeuner (1942 – 2021). Am 30. November 2021 ist Bodo Zeuner im Alter von 79 Jahren gestorben. 
    Trotz bereits länger andauernder gravierender Herzprobleme und einer zunehmenden Schwäche war Bodo auch nach seiner Hochschultätigkeit bis zuletzt politisch aktiv, vor allem im Forum Arbeitswelten, das sich um den Austausch zwischen Lohnabhängigen in Deutschland und China bemüht und in dem auch der express mitarbeitet. Einige von uns hatten das Glück, Bodo 2007 persönlich bei einer Studienreise in China kennenzulernen und mit ihm im Forum Arbeitswelten zusammenarbeiten zu können, wo er zusammen mit seiner Lebensgefährtin Ingeborg Wick wichtige Impulse gab. (…) Bodo Zeuner war bis zuletzt Mitglied des Sozialistischen Büros (SB). Er nutzte und ver-stand seine akademische Tätigkeit immer auch als Beitrag zu politischen Emanzipa¬tions-prozessen und Veränderungen. So war er u.a. lange für den Arbeitersolidaritätsfonds (ASOF e.V.) aktiv, der zur Hochzeit der Gewerkschaftsausschlüsse für kritische gewerkschaftliche Kolleg:innen gegründet wurde und Kolleg:innen, die von unternehmerischer oder gewerk-schaftlicher Repression bedroht waren, nicht nur finanzielle Unterstützung bot. Sein enger, nicht nur theoretischer Bezug zu Fragen der Lohnabhängigkeit und der Gewerkschaften drückte sich auch in seiner langjährigen Tätigkeit für die Stiftung Menschenwürde und Ar-beitswelt aus, die unsere internationalen Konferenzen mit TIE und zahlreiche weitere Projekte finanziell unterstützt hat. Im vergangenen Jahr hat Bodo innerhalb weniger Wochen gemeinsam mit Ingeborg und Anne Scheidhauer das Buch »Revolte in Hongkong« von Au Loong Yu aus dem Englischen übersetzt.
    Wir werden ihn als einen Menschen in Erinnerung behalten, der klare, emanzipatorische Positionen hatte, die er in der ihm eigenen Weise unerschrocken, beharrlich und doch stets sachlich auch in Kontroversen vertrat – und als einen Menschen, der im persönlichen Umgang sehr warmherzig war. Bodos Tod ist ein großer Verlust für die kritische Politikwissenschaft, die Gewerkschaften und eine internationale Solidaritätsarbeit von unten.
    Um das Leben und Wirken von Bodo umfassend und öffentlich zu würdigen, ist für 2022, sofern es Corona zulässt, eine größere Feier geplant, zu der sich ein Vorbereitungskreis rechtzeitig zu Wort melden wird…“ Nachruf der express-Redaktion in express – Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit – 12/2021
  • Rainer Knirsch:
    Bodos Engagement gegen „Arbeitsunrecht“ bleibt unvergessen. Besonders mit seinen Studierenden im „Solidaritätskomitee für die entlassenen BMW-Gewerkschafter“ beim Kampf um „Macht und Recht“ im Berliner BMW-Motorradwerk (1984-87). Diese solidarische Mobilisierung Tausender von Menschen bewirkte den Erfolg! Als einer der – zusammen mit Peter Vollmer und Hans Köbrich – betroffenen Akteure, in herzlicher Erinnerung, Rainer Knirsch (7.12.21)
  • Bodo Zeuner: Selber denken macht schlau. Ein engagierter linker Intellektueller: Zum Tod des Politikwissenschaftlers Bodo Zeuner
    Am 1. Dezember ist Bodo Zeuner im Alter von 79 Jahren verstorben. Er war ein leidenschaftlicher Gegner der Mächtigen in Wirtschaft, Staat und Gesellschaft, die über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden und über deren Leben bestimmen. Er verstand Demokratie als Selbstbestimmung und wandte sich vehement dagegen, wenn sie verletzt, missachtet oder unterdrückt wurde. Schon als Schüler zeigte er auf dem Johanneum in Hamburg, wohin seine Familie im Krieg aus Königsberg geflohen war, journalistisches wie politisches Talent, als er eine kritisch-satirische Schülerzeitschrift mitgründete. Er merkte, dass Schreiben aus Opposition und Empörung Spaß macht und etwas bewirken, aber auch gefährlich werden kann. Beinahe wäre er vom Gymnasium geflogen…“ Nachruf von Karl Lauschke vom 03.12.2021 im ND online externer Link mit umfangreicher Darstellung von Bodos Leben (von der Stiftung und dem LabourNet abgesehen)

Wer mehr über Bodo Zeuner erfahren möchte, sei auf sein Buch verwiesen: Kritik und Hoffnung. Politische und politikwissenschaftliche Texte von Bodo Zeuner aus 50 Jahren. Weitere Literaturhinweise folgen alsbald… Wir empfehlen zudem die Volltextrecherche im LabourNet Germany!

Kurzlink: https://www.labournet.de/?p=195901
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